Parlamentskorrespondenz Nr. 664 vom 18.06.2015

Gemeinsame Initiative für den Fortbestand von Nebenbahnen

Nationalratsabgeordnete fordern Infrastrukturkonzepte für den ländlichen Raum

Wien (PK) – Der Ausbau des Schienen- und Straßenverkehrs war Inhalt weiterer Debatten zu Verkehrsthemen in der heutigen Nationalratssitzung. Der Weiterbestand der Bahnlinie Oberwart-Friedberg ist aufgrund von Anstrengungen des Landes Burgenland nunmehr sichergestellt. Damit ist das Anliegen einer Bürgerinitiative, die für die Aufrechterhaltung und Aufwertung von Betrieb und Infrastruktur der Bahnlinie als wichtige Eisenbahnverbindung des Südburgenlands nach Wien eintrat, erfüllt. Basierend auf einem Antrag der Grünen zu diesem Thema hat der Verkehrsausschuss eine einstimmige Entschließung gefasst, die fordert, dass bei weiteren Regionalbahnstrecken ebenfalls die Möglichkeiten für einen Fortbestand geprüft werden. Diese Entschließung wurde einstimmig vom Plenum bestätigt.

Güterverkehr auf der Bahnlinie Oberwart-Friedberg bleibt erhalten

Johann Hell (S) erläuterte das Konzept, mit dem es nun gelungen sei, die Bahnlinie Oberwart-Friedberg zu erhalten. Es gebe noch weitere Nebenbahnstrecken, die schwer wirtschaftlich zu führen sind, weshalb es Bestellungen von Leistungen der öffentlichen Hand geben müsse. Der Entschließungsantrag ziele darauf ab, den klimafreundlichen und wirtschaftlich bedeutsamen Eisenbahnverkehr aufrecht zu erhalten.

Johann Singer (V) verwies auf einen Rechnungshofbericht, der die Wirtschaftlichkeit von Nebenbahnen beleuchtet. Österreich habe ein sehr dichtes Streckennetz an Bahnlinien, von denen viele allerdings wenig Verkehrsaufkommen und einen sehr geringe Kostendeckungsgrad haben. Der Rechnungshof stelle daher den hohen Mitteleinsatz für den Erhalt des Personenverkehrs dort in Frage und sehe den Bus als günstigeres Verkehrsmittel. Für den Güterverkehr sei laut Bericht hingegen die Bahn vorzuziehen. Die Lokalbahnen brauchen ein Konzept, das sie attraktiv erhält, meinte Singer. Fritz Grillitsch (V) freute sich über die Entscheidung zum Bau des Semmering-Basistunnels. Davon werde vor allem die Obersteiermark als Wirtschaftsstandort profitieren und die Zukunft der Jugend der Region sichern, meinte er. Nikolaus Berlakovich (V) verwies auf die grundlegende Bedeutung der Frage der Mobilität für ländliche Regionen. Schlechte Infrastruktur führe zu Abwanderung, daher gelte es, das Angebot auf Straße und Schiene auszubauen. Er hoffe daher, dass die Versprechen, die für eine Verbesserung der Bahn-Infrastruktur im Südburgenland gemacht wurden, erfüllt werden.

Gerhard Deimek (F) sah es als notwendig an, dass Güter- und Personenverkehr einer Strecke in einer Hand bleiben. Die Frage der Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit der Bahn sei nicht nur ein reiner Kostenfaktor merkte er. So sollten zum Beispiel gefährliche Transporte, wie Holztransport, eher auf der Schiene erfolgen. Für Regionen wie das Südburgenland sei eine gute Infrastruktur notwendig, wenn die Menschen dort eine Zukunft haben sollen, gab auch er zu bedenken.

Christiane Brunner (G) hielt fest, die Erhaltung der Bahnstrecke sei vor allem dem Einsatz einer Bürgerinitiative zu verdanken, der sie dafür ihren Dank ausspreche. Erfreulich sei, dass aus der Bürgerinitiative auch eine parlamentarische entstanden sei, meinte sie. Damit sei hoffentlich eine Basis für den Erhalt anderer Regionalbahnen gelegt worden. Harald Walser (G) wies auf das Projekts S-Bahn FL.A.CH. hin, das Liechtenstein, Österreich und die Schweiz besser verbinden soll. Der Integrierte Taktverkehr setze einen zweigleisigen Ausbau der Strecke, die für die PendlerInnen dieser Region enorm wichtig sei, voraus. Er hoffe, dass es dem Verkehrsminister gelingen werde, die beiden Nachbarstaaten von der Wichtigkeit ihrer Beteiligung am Projekt zu überzeugen.

Christoph Hagen (T) zeigte sich erfreut, dass die Strecke, für die er sich selbst ebenfalls viele Jahre eingesetzt habe, nun gesichert sei. Ein gutes Verkehrsnetz sei wichtig für die BürgerInnen im ländlichen Raum. In vielen Fällen habe man bei Nebenbahnen leider den falschen Weg eingeschlagen und diese zerstört. Er hoffe, dass man aus den Fehlern der Vergangenheit lerne.

Erfreut darüber, dass eine Bürgerinitiative vom Parlament aufgegriffen werde, zeigte sich der Obmann des Ausschusses Michael Pock (N). Allerdings müsse in Zukunft das Tempo der Auseinandersetzung mit Anliegen von BürgerInnen beschleunigt werden.

Verkehrspolitik müsse zuallerst die Interessen der NutzerInnen im Auge haben, betonte Verkehrsminister Alois Stöger. Unternehmen wie ÖBB und Postbus sichern die Mobilität und damit Freiheit vieler Menschen, insbesondere in strukturschwachen Gebieten, sagte er. Stöger sprach sich für die Stärkung und Aufwertung der Bahnverbindungen in den Regionen aus. Ein wichtiger Faktor, um Verkehrsmittel wie die Bahn attraktiver zu machen, sei der Integrierte Taktfahrplan, betonte er.

Grüne hinterfragen Postamtsschließungen

Die Grünen sehen bei der Schließung von Postgeschäftsstellen unnötige "Geheimnistuerei" und fordern in einem von Abgeordneter Gabriela Moser (G) eingebrachten Antrag mehr Transparenz über die Entscheidungsgrundlagen. Sie fanden damit aber keine Mehrheit.

Die großen Spielräume, die dem Unternehmen Post AG bei Geschäftsstellenschließungen eingeräumt wurden, gingen zu Lasten der Postkunden, vor allem im ländlichen Raum, stellte Gabriela Moser fest. Das Grundproblem sei, dass das Postmarktgesetz für die Post AG keine ausreichende Definition von Versorgungssicherheit und keine klaren Transparenzbestimmungen enthalte. Durch den Zwang der Post, an die Börse zu gehen, sei die reine Wirtschaftlichkeit auf Kosten des Serviceangebots in den Vordergrund gerückt worden.

Notwendig sei die Veröffentlichung aller Entscheidungen, Sachverständigengutachten und Stellungnahmen in Zusammenhang mit Postämterschließungen, argumentierte wie Moser auch FPÖ-Mandatarin Carmen Schimanek. Schimanek meinte, es gebe nicht nur ein Problem für den ländlichen Raum, sogar eine Stadt wie Kufstein mit 20.000 EinwohnerInnen werde in Zukunft nur mehr zwei Postämter haben. Der ländliche Raum werde immer mehr ausgedünnt, klagte sie.

Die Frage sei nicht die Anzahl der Postämter, sondern die Transparenz der Entscheidungen über Postamtsschließungen, meinte Nikolaus Scherak (N). Die Regierungsparteien würden zwar über immer mehr Kontrolle der BürgerInnen nachdenken, sie dächten aber nicht daran, diesen Informationen zu Entscheidungen wie Postamtsschließungen zu geben. Das sei ein absurder Zustand, meinte Scherak. Auch sein Fraktionskollege Josef Schellhorn stieß ins selbe Horn und sagte, dass die Regierung Transparenz nur bei den BürgerInnen, aber nicht bei sich selbst anstrebe.

Elisabeth Hakel (S) verwies auf die hohe Dichte von Postgeschäftsstellen in Österreich, die Serviceleistung sei europaweit einzigartig. Durch gesetzliche Regelungen im Postmarktgesetz sei sichergestellt, dass diese auf hohem Niveau bleibe. Die Entscheidungen über Postamtsschließungen würden bereits veröffentlicht, stellte sie fest. Grenzen für die Veröffentlichung von Entscheidungen der Post AG sah sie dort, wo es um Betriebsgeheimnisse geht.

Andreas Ottenschläger (V) stellte ebenfalls fest, dass das Angebot an Postannahmestellen vor allem durch die Postpartner dichter sei als früher und über das im Postmarktgesetz festgelegte Ausmaß hinausgehe. Schließungen von Postämtern erfolgten in einem sehr transparenten Prozess, unterstrich er. Im Allgemeinen suche man einen Postpartner als Ersatz.

Für mehr Transparenz anstelle von Geheimnistuerei sprach sich auch Leopold Steinbichler (T) aus. Die Argumentation der verbesserten Postversorgung ließ er nicht gelten. Oft würden Postpartner nach kurzer Zeit wieder geschlossen. Zudem könnten diese den Briefträger von früher nicht adäquat ersetzen. Die Arbeitsbedingungen der Postangestellten würden vielmehr zunehmend verschlechtert, sagte Steinbichler, auch dieses Themas müsse man sich annehmen. Die Infrastruktur des ländlichen Raumes werde immer mehr ausgedünnt. Man brauche sich dann nicht wundern, wenn dort die Kaufkraft sinke, meinte der Abgeordnete.

FPÖ fordert raschen Ausbau der A5 und Verkehrsentlastung für Poysdorf

Ein Antrag von Abgeordneten der FPÖ spricht sich für den vorgezogenen Ausbau der Autobahn A5 im Teilabschnitt der Stadtgemeinde Poysdorf (Poysdorf, Wetzelsdorf und Erdberg) aus. Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. SPÖ und ÖVP wiesen darauf hin, dass die ASFINAG den Baubeginn der Umfahrung bereits für Ende 2015 in Aussicht gestellt hat. Eine Neuplanung würde nur Verzögerungen und Mehrkosten nach sich ziehen.

Thomas Schellenbacher (F) stellte fest, der Antrag habe sich insofern teilweise erledigt, als der Baubeginn bald erfolgen werde. Er hoffe nur, dass der Bau tatsächlich bald erfolge und so für die AnrainerInnen rasch die angekündigte Entlastung bringt. Antragsteller Walter Rosenkranz (F) bemängelte, sein Antrag sei bereits 2013 eingebracht und auf die lange Bank geschoben worden. Nun stehe man vor vollendete Tatsachen. Das Problem in Poysdorf sei schon längst bekannt, sagte Rosenkranz. Die Fragwürdigkeit der Verkehrspolitik Niederösterreichs zeigt sich seiner Meinung nach exemplarisch am Fall Poysdorf.

Anton Heinzl (S) verwies auf die großen Anstrengungen des Bundes für den Ausbau der Infrastruktur, nämlich Straße, Schiene und Internet. Während das Bahnnetz hohen Nachholbedarf habe, gehe es im hochrangigen Straßenbau nur mehr um den Lückenschluss, einer dieser Fälle sei die A5. Hier sei der Bau bereits geplant, das Vorziehen eines Streckenabschnitts würde aufgrund der nötigen Neuplanung noch größere Verzögerungen verursachen.

Christoph Hagen (T) nahm den Antrag zum Anlass, die Verbesserung der Infrastruktur für den ländlichen Raum zu fordern.

Johannes Schmuckenschlager (V) hatte Verständnis für die Anliegen der Gemeinde Poysdorf, ein Vorziehen des Teilabschnitts würde aber das gewünschte Ziel nicht erreichen. Die Entscheidungen der Landespolitik in dieser Frage seien richtig.

Georg Willi (G) sagte, die Landespolitik habe sich gegen die notwendige Umfahrung Poysdorf entschieden und darauf gewartet, dass die ASFINAG die Planung übernehme. Da Tschechien sich festgelegt habe, auf seiner Seite keine Autobahn zu bauen, sei sie auf österreichischer Seite völlig unnötig. Das Projekt sei völlig überdimensioniert und reine Geldverschwendung.

Verkehrsminister Alois Stöger hielt dazu fest, dass er mit dem Verkehrsminister Tschechiens im Gespräch sei, da sehr wohl Interesse an einer Anbindung auf tschechischer Seite bestehe.

Michael Pock (N) stellte fest, der Fall Poysdorf sei ein Beispiel dafür, dass die Planung solcher Bauprojekte die Bedürfnisse der BürgerInnen viel früher berücksichtigen müsse. Damit könnte die Politik Probleme früher erkennen, viel Ärger vermeiden und viel Steuergeld einsparen. (Fortsetzung Nationalrat) sox