Parlamentskorrespondenz Nr. 668 vom 18.06.2015

Nationalrat: Behandlung des Urheberrechts wird zum Streitpunkt

Grüne, NEOS und Team Stronach fordern Expertenhearing zur Novelle

Wien (PK) - Die Auseinandersetzung über den Fristsetzungsantrag der Koalitionsparteien, dem Justizausschuss zur Behandlung der Urheberrechtsnovelle eine Frist bis zum 6. Juli 2015 zu setzen, fand im Nationalrat heute Nachmittag ihre Fortführung. Bereits am Vormittag hatte die Opposition kritisiert, die Regierungsparteien hätten den Antrag kurzfristig eingebracht, ohne eine Diskussion darüber zu verlangen. Damit habe man der Opposition keine Gelegenheit gegeben, ihre Meinung dazu zu äußern. Vorgeworfen wird SPÖ und ÖVP auch, mit dieser Vorgangsweise ein Expertenhearing zum Thema Urheberrecht im Justizausschuss verhindern zu wollen. Daher nahmen FPÖ, Grüne, Team Stronach und NEOS die Gelegenheit wahr, nochmals eine Geschäftsordnungsdebatte darüber zu initiieren (siehe Meldung der Parlamentskorrespondenz Nr. 662/2015).

Laut Johannes Jarolim ist der Hintergrund des Fristsetzungsantrags der Koalitionsparteien, "diese wesentliche Materie", über die bereits lange diskutiert worden sei, noch vor dem Sommer zu beschließen. Außerdem hätten es Grüne und NEOS verhindert, dass die Novelle am 30. Juni auf die Tagesordnung des Justizausschusses gesetzt und folglich behandelt wird. In einem sehr aufwendigen Diskussionsprozess sei es gelungen, einen Kompromiss zwischen den Interessen der KünstlerInnen, KonsumentInnen und der Industrie zustande zu bringen, bei dem "das Unglück bei allen zirka gleich groß ist", argumentierte er die Vorgangsweise. So wie Jarolim verteidigte auch Michaela Steinacker (V) den Entwurf zum Urheberrecht, und hielt mit den Worten von Justizminister Wolfgang Brandstetter fest, dass dieser an moderne Entwicklungen angepasst und ein hohes Maß an Rechtssicherheit bieten soll. Dem Vorwurf der Opposition, ein Expertenhearing verhindern zu wollen, begegnete Steinacker mit der Bemerkung, zum Urheberrecht sei bereits über zehn Jahre mit KünstlerInnen, Wirtschaftstreibenden und AutorInnen diskutiert worden.

"Guter Kompromiss, schlechtes Gesetz", sagte Walter Rosenkranz (F) und machte klar, dass die Freiheitlichen für eine Behandlung der Novelle am 30. Juni gestimmt hätten. Hearings habe es aus Sicht Rosenkranz' nämlich schon genug gegeben, VertreterInnen aus der Wirtschaft und KünstlerInnen hätten bereits genügend Stellungnahmen abgegeben. Gewinner der Novelle sei schlichtweg aber nur die Republik Österreich mit ihren Budgetschulden, bemängelte er. An sich sei das Gesetz für das 20., nicht aber für das 21. Jahrhundert brauchbar.

Ohne Regierung wäre das Parlament schon längst in der Lage gewesen, eine abgesicherte Lösung in Sachen Urheberrecht zu entwickeln, die Regierungsfraktionen seien aber zurückgepfiffen worden, um mit den Lobbys hinter verschlossenen Türen weiter zu verhandeln, so die Einschätzung von Wolfgang Zinggl (G). Die Rechtssicherheit werde durch die Novelle nicht verbessert, die Höhe der Festplattenabgabe sei für niemanden befriedigend und die freie Werknutzung sei nicht entsprechend ausgestaltet, sagte Zinggl zum Entwurf.

"Wir fordern ein Hearing, weil wir das Gefühl haben, dass die Regierungsparteien drüberfahren wollen", stellte Waltraud Dietrich vom Team Stronach klar. Eine siebentägige Frist hätte 80 kritische Stellungnahmen eingebracht, das wiederum würde zeigen, dass sich das Parlament Zeit für ein Hearing im Justizausschuss nehmen sollte. Grundsätzlich sei die Urheberrechtsnovelle notwendig, weil Neue Medien eine neue Rechtsgrundlage brauchten, wie Dietrich sagte.

Nikolaus Alm von den NEOS sprach sich angesichts des eingebrachten Entwurfs dezidiert für ein Expertenhearing im Parlament aus. Diesem Kompromiss dürfe nicht zugestimmt werden, auch aufgrund der Regelungen für die Festplattensteuer, die, laut Alm, der "eigentliche Knackpunkt" in der Novelle ist. Es braucht unabhängige ExpertInnen, die keine InteressenvertreterInnen sind, geht es nach dem NEOS-Abgeordneten. Die Novelle würde sich modernen Entwicklungen nicht anpassen, außerdem finde damit kein gerechter Ausgleich statt, so die Prognosen Alms. (Fortsetzung Nationalrat) (keg)