Parlamentskorrespondenz Nr. 732 vom 26.06.2015

Neu im Finanzausschuss

Steuerreform 2015/16 - Regierungsentwürfe und Anträge der Grünen

Wien (PK) – Die zahlreichen und umfangreichen Materialien, die den Abgeordneten vor dem Finanzausschuss der kommenden Woche zum Thema "Steuerreform" vorliegen, wurden in den letzten Tagen um ein Paket mit Gesetzentwürfen der Bundesregierung und um Anträge der Grünen für ein sozial gerechteres und ökologisches Steuersystem vermehrt. Wesentliche Inhalte dieser Dokumente werden im Folgenden dargestellt.  

Regierung: Bürger entlasten, Wirtschaft stärken, System vereinfachen

Mit einer Steuerreform 2015/2016 (684 d.B. ) will die Regierung die LohnsteuerzahlerInnen und PensionistInen mit 4,9 Mrd. €, die Familien zusätzlich mit 100 Mio. € und die Wirtschaft mit 100 Mio. € im Jahr 2016 und mit 200 Mio. € ab 2017 entlasten. Die Erhöhung der Kaufkraft soll Konsum, Wirtschaft und Beschäftigung beleben und das Budget durch höhere Steuereinnahmen und mit geringeren Ausgaben bei der Finanzierung der Arbeitslosigkeit entlasten. Diese Selbstfinanzierung der Steuerreform beziffert die Regierung mit 850 Mio. €. Um die gebotene Budgetneutralität zu gewährleisten, besteht ein Gegenfinanzierungsbedarf von 5,1 Mrd. € im Jahr 2016 und von 5,2 Mrd. € ab 2017. Der größte Teil dieses Betrags - 1,9 Mrd. € - soll aus der Betrugsbekämpfung kommen: 900 Mio. € durch Einführung der Registrierkassen- und Belegpflicht, 700 Mio. € durch Lockerung des Bankgeheimnisses, 200 Mio. € durch Maßnahmen gegen den Sozialbetrug und 100 Mio. € durch Ausschaltung des Mehrwert- und Mineralölsteuerbetrugs. Einsparungen in der Verwaltung und bei Förderungen - ein Drittel bei den Bundesländern und zwei Drittel beim Bund – sollen das Budget um 1,1 Mrd. € entlasten. 900 Mio. € will die Regierung durch die Anhebung begünstigter Mehrwertsteuersätze, die höhere Besteuerung privat genutzter Dienstwagen und das Auslaufen der Absetzmöglichkeiten bei Wohnraumbeschaffung sowie durch einen geringeren Abschreibungssatz bei Gewerbeimmobilien hereinbringen. Auf 350 Mio. € schätzt die Regierung schließlich die Mehreinnahmen durch Erhöhung vermögensbezogener Steuern.

Herzstück der Steuerreform 2016 sind die neuen Lohnsteuer-Tarifstufen und -sätze: Statt drei gibt es künftig sechs Lohnsteuerstufen, wobei die Freigrenze bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 11.000 € bleibt. Einkommensteile zwischen 11.000 € und 18.000 € werden mit einem Eingangssteuersatz von 25% (bisher 36,5%) besteuert. Auf der nächsten Stufe bis 31.000 € werden 35% eingehoben. Die dritte Stufe (31.000 € bis 60.000 €) wird mit 42% und die vierte Stufe (bis 90.000 €) mit 48% besteuert. Darüber gilt ein Satz von 50%. Ab 1 Mio. € Jahresverdienst steigt der Spitzensteuersatz – auf fünf Jahre befristet - auf 55%. Die Höchstbeitragsgrundlage zur Sozialversicherung wird außertourlich um etwa 100 € angehoben. Für Einkommen unter der Steuerfreigrenze wird die Negativsteuer von derzeit 110 € auf maximal 400 € erhöht, davon werden künftig auch KleinpensionistInnen mit maximal 110 € profitieren können. Diese Erhöhung gilt teilweise schon 2015. Für Familien wird der Kinderfreibetrag von 220 € auf 400 € aufgestockt. Die Wirtschaft wird 2016 um 100 Mio. €, ab 2017 um 200 Mio. € entlastet – durch Begünstigung der Beteiligung von MitarbeiterInnen und Erleichterungen bei der Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen.

Viele Neuerungen im Einkommensteuergesetz

Über die Lohnsteuertarifreform hinaus wird im Einkommensteuergesetz der Arbeitnehmerabsetzbetrag in den auf 400 € erhöhten Verkehrsabsetzbetrag integriert. ArbeitnehmerInnen mit geringen Einkommen bekommen Sozialversicherungsbeiträge von bis zu 400 € jährlich bei der Veranlagung zurückerstattet. Für PendlerInnen erhöht sich der Erstattungsbetrag auf bis zu 500 €. PensionistInnen mit geringen Einkommen bekommen bis zu 110 € jährlich an Sozialversicherungsbeiträgen rückerstattet. Zudem wird eine Grundlage für eine automatische Arbeitnehmerveranlagung geschaffen. "Topf"-Sonderausgaben (Versicherungen, Wohnraumschaffung und -sanierung) sind noch bis 2020 absetzbar, wenn der Vertragsabschluss oder der Baubeginn vor dem 1. Jänner 2016 liegt. Im Zuge der Verdoppelung des Kinderfreibetrags wird der gesplittete Kinderfreibetrag von 132 € auf 300 € angehoben.

Bei der Ausschüttung eines Bilanzgewinnes wird die wahlweise Behandlung als Gewinnausschüttung oder Einlagenrückzahlung eingeschränkt und eine Verwendungsreihenfolge eingeführt. Bei der Besteuerung von Grundstücksverkäufen wird der Steuersatz von 25% auf 30% angehoben; der Inflationsabschlag entfällt. Im Gegenzug wird der Ausgleich von Verlusten bei Grundstücksverkäufen mit Überschüssen aus Vermietung und Verpachtung erleichtert. Statt 50% können nunmehr 60% des Verlustes über 15 Jahre mit Überschüssen aus Vermietung und Verpachtung ausgeglichen werden. Der gekürzte Verlust kann im Jahr seiner Entstehung mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ausgeglichen werden.

Neue Regeln für die Abschreibung von Betriebsgebäuden

Bei betrieblich genutzten Gebäuden wird der Satz der Absetzung für Abnutzung ab 2016 auf 2,5% vereinheitlicht. Für Betriebsgebäude, die zu Wohnzwecken vermietet sind, wird der Abschreibungssatz von 2% auf 1,5% gesenkt. Die Anschaffungskosten bebauter Mietgrundstücke werden bei Vermietung und Verpachtung zu 60% auf das Gebäude und zu 40% auf den Grund aufgeteilt, Abweichungen werden per Verordnung geregelt. Die Neuregelung gilt in der Regel auch für bereits vermietete Gebäude. Für Betriebsgebäude gilt diese pauschale Aufteilung nicht, dort wird die Aufteilung nach den konkreten Verhältnissen vorgenommen.

Bei der Instandsetzung und Instandhaltung von Wohngebäuden wird der Zeitraum für die Verteilung der Aufwendungen außerhalb von Betrieben sowie bei Betriebsgebäuden, die zu Wohnzwecken vermietet sind, von zehn auf 15 Jahre verlängert, dies gilt ab 2016 auch für laufende Zehntelabsetzungen bei Instandsetzungen.

Höhere Forschungsprämie - Bildungsfreibetrag und -prämie entfallen   

Im Gegenzug zum Entfall von Bildungsfreibetrag und Bildungsprämie ab 2016 wird die Forschungsprämie von 10% auf 12% angehoben. Bei der Begünstigung gemeinnütziger Spenden dürfen zum Schutz der Spender die Vermögen einer begünstigten Körperschaft – auch im Falle ihrer Auflösung oder bei Entfall des Zwecks einer Spende – künftig nur für begünstigte Zwecke verwendet werden.

Höhere Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen

Bei der Besteuerung von Kapitalvermögen gilt der besondere Steuersatz von 25% nur mehr für Einkünfte aus Sparbüchern und nicht verbrieften sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten. Andere Einkünfte aus Kapitalvermögen werden ab 2016 mit 27,5% besteuert. Die verfassungsrechtliche Grundlage für die Einführung zweier unterschiedlicher Kapitalertragsteuersätze schafft ein Bundesverfassungsgesetz zur Änderung des Endbesteuerungsgsetzes, das die Regierung dem Nationalrat im Zusammenhang mit dem Entwurf der Steuerreform vorgelegt hat (683 d.B.). Betrieblicher Verlustausgleich und Tauschvorgänge werden geregelt. Ist die Haftung des Abzugsverpflichteten nicht durchsetzbar, ergeht die Steuervorschreibung der Kapitalerträge an den Empfänger. Verluste von MitunternehmerInnen werden bei negativem Kapitalkonto künftig per "Wartetaste" mit künftigen Gewinnen aus der jeweiligen Beteiligung oder Einlage verrechnet. Eine sofortige Berücksichtigung des Verlusts wird stärker an unternehmerische Tätigkeit oder an die Übernahme einer unbeschränkten Haftung geknüpft. Verluste von Einnahmen-Ausgaben-Rechnern können zeitlich unbegrenzt vorgetragen werden.

Automatischer Datenaustausch bei Sonderausgaben

Daten über Spenden, Beiträge zu Kirchen, zur freiwilligen Weiterversicherung und über den Nachkauf von Versicherungszeiten werden ab 2017 bei Sonderausgaben automatisch zwischen dem Empfänger und der Finanzverwaltung ausgetauscht und vom Finanzamt ohne weiteren Bearbeitungsaufwand in den Bescheid übernommen. Damit werden künftig Manipulationsmöglichkeiten ausgeschlossen.

Steuerpflichtige, die von März 2015 bis Ende 2016 eine elektronische Registrierkasse oder ein elektronisches Kassensystem anschaffen oder ihr Aufzeichnungssystem umrüsten, können die Anschaffungs- oder Umrüstungskosten sofort abschreiben und erhalten eine Prämie. Im internationalen Wettbewerb der Forschungsstandorte um die besten Köpfe erhalten Wissenschaftler und Forscher Anreize für den Zuzug nach Österreich. Zusätzlich zur Entlastung bei Auslandseinkünften werden der Zuzugsaufwand und Steuernachteile auf Inlandseinkünfte pauschal mit einem Freibetrag abgegolten.

Erhöhung bestimmter begünstigter Mehrwertsteuersätze auf 13% 

Das Umsatzsteuergesetz wird vereinfacht und Sonderregelungen über den Leistungsort abgeschafft. Leistungen von Wohnungseigentümergemeinschaften und Vermietern bei der Bereitstellung von Fahrzeugabstellplätzen werden gleichgestellt und die Normalwertregelung auf Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ausgedehnt. Der ermäßigte Steuersatz von 10% wird für bestimmte Umsätze (Lieferungen und Einfuhr von lebenden Tieren und Pflanzen sowie Futtermitteln, Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen u.a.) auf 13% erhöht. Die Aufteilung eines pauschalen Entgelts, das Beherbergung und Verköstigung beinhaltet (z.B. Halbpension) erfolgt im Verhältnis der Einzelverkaufspreise. Liegen keine Einzelverkaufspreise vor, wird nach den Kosten aufgeteilt. Der ermäßigte Steuersatz von 12% beim Ab-Hof-Verkauf von Wein wird aus EU-rechtlichen Gründen auf 13% erhöht. Die land- und forstwirtschaftliche Pauschalierung wird entsprechend angepasst. Der Steuersatz für Eintrittskarten zu Sportveranstaltungen wird mit 13% festgesetzt und der Vorsteuerabzug auf betriebliche Elektro-Pkw ausgedehnt.

Besserer Spielerschutz

Im Glücksspielgesetz wird der Spielerschutz und die Rechtsdurchsetzung durch verfahrensrechtliche Klarstellungen gestärkt. Ziel: Konsequenteres Vorgehen gegen illegales Glücksspiel im Interesse des Jugend- und Spielerschutzes sowie der sozialen Sicherheit von Familien und Kindern.

Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz

Bei Grundstücken in der Land- und Forstwirtschaft wird wegen der 2015 eingeführten neuen Einheitswerte an der bisherigen Besteuerung festgehalten. Zur Bemessungsgrundlage wird bei unentgeltlichem oder teilentgeltlichem Erwerb der Grundstückswert, der nur für Zwecke der Grunderwerbsteuer ermittelt wird. Abgefedert wird diese Umstellung der Bemessungsgrundlage mit einem höheren Betriebsfreibetrag von 900.000 €, einem Stufentarif für unentgeltliche Erwerbsvorgänge (beginnend mit 0,5%), dem Grundsatz der Unentgeltlichkeit innerhalb der Familie, der Deckelung der Steuer für den unentgeltlichen Anteil bei Betriebsübertragungen mit 0,5%, einem Steuersatz von 0,5% bei Anteilsvereinigungen, der Übertragung aller Anteile oder Umgründungen, durch Steuerbefreiung bei Erbschaften von Ehegatten oder eingetragenem Partner beim Hauptwohnsitz bis 150 m2 Wohnnutzfläche und mit der Möglichkeit, die  Steuer in fünf gleichen Jahresbeträgen zu entrichten. Derzeit praktizierte Konstruktionen zur Steuervermeidung bei Anteilsübertragungen und -vereinigungen in Personen- und Kapitalgesellschaften werden künftig hintangehalten. Im Normverbrauchsabgabegesetz verhindert eine Ergänzung, dass die widerrechtliche Verwendung eines Fahrzeuges mit ausländischer Zulassung zu einer geringeren Normverbrauchsabgabe führt.

Der Kampf gegen den Umsatzbetrug wird verschärft

Im Kampf gegen den Umsatzsteuerbetrug wird eine generelle Einzelaufzeichnungs- und Einzelerfassungspflicht von Barumsätzen und eine allgemeine Registrierkassenpflicht samt technischen Vorkehrungen gegen die Manipulation von Registrierkassen sowie eine allgemeine Belegerteilungsverpflichtung eingeführt.

Neuerungen im Finanzstrafgesetz

Im Finanzstrafgesetz sind bei fahrlässigen Hinterziehungen künftig erst bei grober Fahrlässigkeit Strafen vorgesehen. Das gilt nicht bei der fahrlässigen Hinterziehung der Mineralölsteuer durch Missbrauch von Gasöl. Neue Strafen werden für die systematische Manipulation automationsunterstützter Aufzeichnungssysteme eingeführt. Die Verwendung personenbezogener Daten wird genauer geregelt, Bestimmungen für Telekommunikationsauskünfte modernisiert und die Zulässigkeit der Einsichtnahme in Fahndungsdaten sowie die Abnahme von Fingerabdrücken geregelt. Die Regierungsvorlage sieht vor, den Rechtsschutz bei Auskünften über IP-Adressen in verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren einem Rechtsschutzbeauftragten beim Bundesminister für Finanzen zu übertragen.

Der neue Österreichfonds, seine Aufgaben und seine Finanzierung

Im Finanzausgleichsgesetz wird vorgesehen, die Mehreinnahmen von 50 Mio. €, die jährlich aus dem befristeten Lohnsteuersatz von 55% erwartet werden, per Vorwegabzug des Bundesanteils zur Dotierung des Österreichfonds zu verwenden. Der Fonds soll zu 50% Grundlagen- sowie angewandte Forschung fördern und zu 50% Forschungen und Entwicklungen für zukünftige industrielle Technologien und Produktionen mit den Schwerpunkten Mobilität und Energie sowie Informations- und Kommunikationstechnologien der Zukunft eingesetzt werden.

Derzeit haben die Gemeinden einen Anteil von 96% an der Grunderwerbsteuer. Zur Gegenfinanzierung der Steuerreform werden die ab 2016 erwarteten Mehreinnahmen von 30 Mio. € gemäß den Anteilen der Gebietskörperschaften zu zwei Dritteln auf den Bund und zu einem Drittel auf Länder und Gemeinden verteilt. Mehreinnahmen aus Vorzieheffekten gehen weiterhin zu 96% an die Gemeinden.

Im Krankenkassen-Strukturfondsgesetz wird der Verwaltungsfonds, der zur zielorientierten Steuerung der Gebietskrankenkassen und einer langfristig ausgeglichenen Gebarung der Gebietskrankenkassen finanziell beiträgt, ab 2016 jährlich wieder mit 10 Mio. € dotiert.

Einschränkung des Bankgeheimnisses in Finanzverfahren

Derzeit wird das Bankgeheimnis bei der Verfolgung von Finanzvergehen erst durch die Einleitung eines Strafverfahrens aufgehoben. Die Finanzbehörden können daher bankspezifische Angaben des Steuerpflichtigen nicht überprüfen und Finanzdelikte wie Schwarzgeldumsätze nur schwer entdecken und beweisen. Um abgabenrechtliche Verfahren im Interesse der Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen schneller und einfacher abzuwickeln, schlägt die Regierung vor, Finanzverfahren vom Bankgeheimnis auszunehmen. Mit einem Kontenregister- und Konteneinschaugesetz will die Regierung ein zentrales Kontenregister schaffen, auf das Staatsanwaltschaften, Strafgerichte, Finanzstrafbehörden, das Bundesfinanzgericht und Abgabenbehörden des Bundes zugreifen können. Diese Aufweichung des Bankgeheimnisses setzt eine Änderung des Bankwesengesetzes voraus, die der Nationalrat nur mit Zweidrittelmehrheit beschließen kann. Um ungewollte Kapitalabflüsse wegen der Einschränkung des Bankgeheimnisses  hintanzuhalten, verpflichtet ein Kapitalabfluss-Meldegesetz die Banken, größere Kapitalabflüsse bereits ab 1. März 2015 zu melden. Zugleich wird die EU-Richtlinie zur Einführung des globalen Standards für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen umgesetzt und der automatische Informationsaustausch in Steuersachen auf Informationen über Finanzkonten erweitert. Dem dient die Erlassung eines Gemeinsamer Meldestandard-Gesetzes samt Änderungen im EU-Amtshilfegesetz (685 d.B. ). 

Grüne für Steuerstrukturreform zur Entlastung des Faktors Arbeit

In einem Entschließungsantrag fasst Bruno Rossmann (G) die Vorschläge der Grünen für eine Steuerstrukturreform zusammen, die den Faktor Arbeit entlasten soll und zur Gegenfinanzierung einen Beitrag von den reichsten 10% der privaten Haushalte einfordert. Konkret wollen die Grünen eine Erbschafts- und Schenkungssteuer mit progressivem Tarif und eine Erbersatzsteuer für Privatstiftungen nach deutschem Vorbild einführen (1223/A(E) ).

Den AntragstellerInnen geht es um ein gerechteres Steuersystem. Derzeit seien Steuern auf Erwerbsarbeit im internationalen Vergleich hoch, während Vermögen in Österreich wenig besteuert würden. Daher konzentrierten sich die Vermögen zunehmend bei weniger Menschen, während die realen Pro-Kopf-Einkommen sinken. Mehr als ein Drittel aller Vermögen im Land gehörten einem Prozent der ÖsterreicherInnen – die unteren 50% der Haushalte müssten sich 2,2% des Gesamtvermögens teilen. "Die Vermögen der Reichen und Superreichen gehen auf Erbschaften zurück und haben wenig mit Leistung zu tun", liest man im Antrag der Grünen. Diese Schieflage korrigiere die Regierung mit ihrer Steuerreform nicht. Sie bringe lediglich eine Tarifanpassung in der Lohn- und Einkommensteuer, aber keine SteuerSTRUKTURreform, kritisieren die Grünen. Der SPÖ/ÖVP-Tarif für die Einkommensteuer entlaste hohe Einkommen und Männereinkommen zu stark, niedrige (Frauen)-Einkommen aber zu schwach. Privater Konsum und Konjunktur würden zu wenig gestärkt, die Entlastung hoher Einkommen würde direkt "in den Sparstrumpf wandern", argumentiert Rossmann. Da die Gegenfinanzierung für die Tarifanpassung im Regierungskonzept auf tönernen Beinen stehe, drohten wirtschaftlich schädliche Sparpakete, schreiben die Grünen weiter.

Das Steuermodell 90/10 der Grünen sieht Strukturveränderungen vor, von denen 90% der Steuerpflichtigen profitieren würden. 10% der reichsten Haushalte würden einen fairen Beitrag leisten und etwa 50% der Entlastung niedriger und mittlerer Einkommensgruppen finanzieren, wobei Frauen und Männer gleich stark profitieren sollen, unterstreichen die Grünen. Die Gegenfinanzierung sei im Modell der Grünen seriös berechnet. "Daher drohen keine Sparpakete", schreibt Rossmann.

Die Grünen wollen den Lohn- und Einkommensteuer-Tarif senken und die Sozialversicherungsbeiträge linear einschleifen. Das führe zu einer überproportionalen Entlastung sehr niedriger Einkommen um 14% oder 80 € monatlich und zur Entlastung mittlerer Fraueneinkommen um 4,3% oder 50 € monatlich). Das mittleren Männereinkommen wird um 4,4% oder 70 € monatlich entlastet, bei der Höchstbeitragsgrundlage beträgt die Entlastung 1,6% oder 45 € monatlich. Das Bruttomonatseinkommen eines Nationalratsabgeordneten von 8.583 € würde um 21 € pro Monat steigen, rechnen die Grünen zum Vergleich vor.

Diese Tarifentlastung im Umfang von 4 Mrd. € soll durch einen Beitrag der reichsten 10% der privaten Haushalte finanziert werden. Die Grünen schlagen eine progressive Erbschafts- und Schenkungssteuer mit einem Freibetrag von 500.000 € vor, von der sie Einzahlungen von 1,5 Mrd. € (mittelfristig 2 Mrd. €) erwarten. Dazu kommt eine Stiftungsmilliarde durch Erbschaftssteuer auf Privatstiftungen nach deutschem Vorbild. Die Details einer Reform der Grundsteuer, der Streichung von Steuerbegünstigungen und Förderungen wollen die Grünen mit ExpertInnen ausarbeiten. Außerdem sagen die Grünen dem Steuerbetrug, insbesondere bei der Umsatz- und Körperschaftsteuer, aggressiven Steuerplanungen und dem Verschieben von Gewinnen den Kampf an und wollen damit national 500 Mio. € (mittelfristig 1 Mrd. €) lukrieren.

Das Modell der Grünen zur "ökologischen Umsteuerung"

In einem weiteren Entschließungsantrag unterbreiten die Grünen Vorschläge für eine ökologische Steuerreform (1226/A(E) ). Es gelte das historische Zeitfenster niedriger Energiepreisen zu nutzen, um unter dem Motto "Ökologisches Umsteuern" dem Klimawandel und der Ressourcenverschwendung und den Schadstoff-Ausstoss gegenzusteuern. Die Grünen schlagen eine aufkommensneutrale ökosoziale Steuerreform als Antwort auf Klimawandel, hohe Steuerbelastung von Arbeit und Erwerb und auf die hohe Arbeitslosigkeit vor. Die Grünen wollen die Wirtschaft umsteuern, das Verhalten der privaten Haushalte ändern und den Motor zur Energiewende beschleunigen. Im Gegenzug sollen Lohnnebenkosten für Unternehmen und Sozialversicherungsbeiträge privater Haushalte gesenkt werden, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Die AntragstellerInnen wollen Schadstoffe und den Verbrauch (fossiler) Energie höher besteuern und im Gegenzug die Schonung von Ressourcen belohnen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen zielen auf eine aufkommensneutrale Umsteuerung von 4 Mrd. € in zwei Etappen (2016 und 2019). Konkret schlagen die AntragstellerInnen vor, bis 2019 2,3 Mrd. € oder 55% des Aufkommens durch Senkung der Sozialversicherungsbeiträge um 300 € pro Erwachsenen und eine Steuergutschrift von 150 € pro Kind jährlich an die Haushalte zurückfließen zu lassen und die entfallenden SV-Beiträge den Sozialversicherungen zu refundieren. 1,4 Mrd. € (35% des Aufkommens) sollen im Endausbau 2019 an die Unternehmen (Industrie, Dienstleistungen, Gewerbe) zur Senkung lohnsummenbezogener Abgaben rückverteilt werden. 10% der Mittel fließen in einen Härtefonds für Einkommensschwache, insbesondere für PendlerInnen im ländlichen Raum und in Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz.

Verteuern wollen die Grünen den Verbrauch fossiler Energieträger und anderer umweltbelastender Stoffe (CO2-Emissionen) sowie den Straßenverkehr durch Schadstoffsteuern: Sie wollen den Dieselsteuersatz an den Benzinsteuersatz angleichen, die Lkw-Maut auf das nachgeordnete Straßennetz ausweiten, einen Zuschlag auf die Flugabgabe einheben sowie die Nova-Befreiung für Fiskal-Lkw aufheben. Vorgeschlagen werden auch eine Energieabgabe auf Elektrizität von 1 Cent/kWh - unter Beibehaltung der Rückvergütungsregelung für energieintensive Unternehmen - sowie eine CO2-Steuer auf fossile Energieträger (Erdgas, Kohle, Mineralölprodukte) ohne Emissionshandel vor. Um Doppelbelastungen, etwa in der Stahlindustrie, zu vermeiden, sollen Anlagen, die dem Emissionshandelsregime unterliegen, ausgenommen werden. (Schluss) fru