Parlamentskorrespondenz Nr. 748 vom 30.06.2015

Reform des Weisungsrechts passiert den Justizausschuss

Novelle des Staatsanwaltschaftsgesetzes schafft Grundlage für Weisungsrat

Wien (PK) – Die Reform des ministeriellen Weisungsrechts ist nun unter Dach und Fach. Eine heute vom Justizausschuss verabschiedete Novelle zum Staatsanwaltschaftsgesetz legt die rechtliche Basis für die Einrichtung eines sogenannten Weisungsrats, der den Minister in allen Fällen, in denen dieser eine Weisung erteilt, beraten soll. Für das neue Gesetz, von dem sich Justizminister Brandstetter vor allem eine entscheidende Weiterentwicklung in Richtung Transparenz erwartet, stimmten neben den Regierungsparteien auch die Freiheitlichen. Die Grünen lehnten die Reform als "Feigenblatt" ab und forderten ihrerseits die Schaffung einer unabhängigen Bundesstaatsanwaltschaft. Kritik kam auch von NEOS und Team Stronach, die von einem schlechten Kompromiss sprachen, der nicht geeignet ist, die Unabhängigkeit der Justiz sicherzustellen.

Beirat aus ExpertInnen zur Beratung des Ministers bei Ausübung des Weisungsrechts

Kernstück der Novelle (669 d.B.) ist die Einrichtung eines im Justizministerium angesiedelten Beirats aus ExpertInnen und PraktikerInnen, der den Minister bei der Ausübung seines Weisungsrechts beraten soll. Diesem sogenannten Weisungsrat gehören der Generalprokurator als Vorsitzender sowie zwei weitere Mitglieder an, die auf Basis einer Vorauswahl durch den Rechtsschutzbeauftragten nach Anhörung der PräsidentInnen der Höchstgerichte vom Bundespräsidenten für sieben Jahre ernannt werden. Aufgabe des Weisungsrats ist die Beratung des Justizministers in jenen Fällen, in denen dieser eine Weisung in einem bestimmten Verfahren erteilt, sowie in Strafsachen gegen oberste Organe.  

Der Minister kann zudem den Weisungsrat befassen, wenn er dies aufgrund des außergewöhnlichen Interesses der Öffentlichkeit an einer Strafsache oder wegen einer möglichen Befangenheit für erforderlich hält. Dem Weisungsrat obliegt es, eine schriftliche Äußerung zum Erledigungsentwurf des Ministers zu erstatten, die allerdings nicht bindend ist. Trägt der Minister dem Rat des Gremiums nicht Rechnung, so hat er dies in einem jährlichen Bericht an das Parlament offenzulegen. Wird ein Verfahren nach der Befassung des Weisungsrats durch eine Weisung eingestellt, sieht das Gesetz zudem die Möglichkeit der Überprüfung durch den Rechtsschutzbeauftragten vor, der seinerseits einen Antrag auf Fortführung des Verfahrens einbringen kann.   

Ein weiterer Gesichtspunkt der Novelle ist die Einschränkung der Berichtspflichten der Staatsanwaltschaften, von der sich die Regierung eine Verkürzung der Verfahren erwartet. Darüber hinaus wird auch eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für ein die Anonymität wahrendes Hinweisgebersystem – die so genannte Whistleblower-Hotline – bei Wirtschafts- und Korruptionsstrafsachen geschaffen.

Novelle zwischen "gutem Kompromiss" und "Feigenblatt"

Ein guter Kompromiss und eine Verbesserung gegenüber der derzeitigen Situation sei diese Reform, betonte SPÖ-Justizsprecher Johannes Jarolim, erinnerte aber, seine Fraktion hätte eigentlich der Einführung einer Bundesstaatsanwaltschaft den Vorzug gegeben. Für ÖVP-Abgeordneten Nikolaus Berlakovich wiederum bringt die Novelle eine klare Verantwortung des Bundesminister. Als besonders wichtig bezeichnete er es dabei, dass durch Transparenz nun die Information der Öffentlichkeit über die Entscheidungen in Weisungsfragen gewährleistet ist. Sein Fraktionskollege Friedrich Ofenauer wandte überdies ein, eine Bundesstaatsanwaltschaft würde das Problem der politischen Beeinflussung nicht lösen, sondern bloß die Gefahr des Entstehens einer Parallelbehörde mit sich bringen. Zustimmung kam auch von der FPÖ, deren Sprecher Philipp Schrangl vor allem die parlamentarische Kontrolle in Sachen Weisungsrat begrüßte. Fest stand für ihn dabei auch, dass eine Staatsanwaltschaft nicht zum Staat im Staat werden dürfe.

Kritik an der Neuregelung des Weisungsrechts übten die Grünen, deren Justizsprecher Albert Steinhauser von einer Scheinlösung sprach, die im Grund alles beim Alten belasse, zumal der Justizminister auch weiterhin berechtigt sei, Weisungen zu erteilen. Ein  bloßes "Feigenblatt" sei die Novelle, pflichtete ihm auch seine Fraktionskollegin Gabriela Moser bei. In einem Entschließungsantrag (781/A(E)), der bei der Abstimmung in der Minderheit blieb, forderte Steinhauser die Schaffung einer gänzlich von der Regierung unabhängigen Weisungsspitze für die Staatsanwaltschaften in Form eines in der Verfassung verankerten Bundesstaatsanwalts. Dieser sollte vom Nationalrat für maximal eine Amtsperiode von acht Jahren gewählt und ausschließlich dem Parlament verantwortlich sein.

Als falschen Kompromiss qualifizierte Niklaus Scherak namens der NEOS die neuen Bestimmungen. Er sah in den Weisungen an die Staatsanwaltschaft grundsätzlich einen Verstoß gegen das Prinzip der Gewaltenteilung und unterstützte den Vorschlag der Grünen auf Einrichtung einer unabhängigen Bundesstaatsanwaltschaft. Kathrin Nachbaur (T) meinte zwar, sie habe kein Problem mit dem Weisungsrecht des Ministers, die Rolle der Generalprokuratur sei im Zusammenhang mit dem Weisungsrat aber kein gutes Signal. Besser wäre jedenfalls die Befassung eines unabhängigen basisdemokratisch legitimierten Justizrates.

Für Justizminister Wolfgang Brandstetter bedeutet die Reform einen Fortschritt, der vor allem Transparenz sicherstellt. Der Ressortschef sah zudem die Chance, dass nunmehr die Weisungen ihre Rolle als Dauerbrenner der Tagespolitik verlieren. Es gehe jedenfalls um mehr als bloß um Weisungen. Wer die Verantwortung hat, der muss auch die Möglichkeit haben einzugreifen, dies habe aber auf transparenter Basis zu geschehen. In allen Fällen, wo öffentliches Interesse vorliegt, wird durch diese Reform die Transparenz für die Öffentlichkeit gewährleistet, betonte Brandstetter und hob überdies auch die zusätzliche Kontrolle durch den Rechtsschutzbeauftragten hervor. (Schluss Justizausschuss) hof