Parlamentskorrespondenz Nr. 754 vom 30.06.2015

Heinisch-Hosek offen für mehr Autonomie an Pädagogischen Hochschulen

Unterrichtsausschuss begrüßt Empfehlungen des Qualitätssicherheitsrats zur neuen PädagogInnenausbildung

Wien (PK) - Die neue LehrerInnenausbildung soll Wissenschaftlichkeit und Schulpraxis verbinden – allein, vielfach fehlt der Ausbildungsform das angemessen qualifizierte Ausbildungspersonal. Zudem begegnen sich Universitäten und Pädagogische Hochschulen, die in der reformierten PädagogInnenausbildung zusammenarbeiten, noch nicht auf gleicher Augenhöhe. Zu diesen Erkenntnissen kommt der Qualitätssicherungsrat (QSR) im aktuellen Bericht zur Umsetzung der PädagogInnenausbildung NEU. Der Vorsitzende des Qualitätssicherungsrats Andreas Schnider und seine Stellvertreterin Christiane Spiel erneuerten heute bei der Debatte darüber im Unterrichtsausschuss des Nationalrats ihren Appell, bundesweit die Kooperationen zwischen den zuständigen Bildungsinstitutionen zu verstärken, um die Praxisorientierung an den Universitäten und die Forschung an den Pädagogischen Hochschulen voranzutreiben. Essentiell sei auch, den Austausch zwischen den Fächern zu fördern, um ein Gesamtverständnis von Allgemeinbildung in Österreich zu etablieren.

Für Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek befindet sich trotz aller Hürden die neue PädagogInnenausbildung auf einem guten Weg, wobei die Empfehlungen des QSR immer als sinnvolle Ratschläge aufgegriffen würden. Durch die intensiven Arbeiten sei ihrem Ressort gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium im letzten Jahr gelungen, regionale Cluster zur Kooperation von Unis und PH auf die Beine zu stellen, in denen das Niveau der Curricula annähernd gleich sei, sagte sie mit Hinweis auf die vier Verbundregionen zur neuen PädagogInnenausbildung. Konkret sind dies die Verbünde Mitte (Oberösterreich, Salzburg), Nordost (Wien, Niederösterreich), West (Tirol, Vorarlberg) und Südost (Steiermark, Kärnten, Burgenland). Offen zeigte sich die Ministerin überdies dafür, Pädagogischen Hochschulen mehr autonome Entscheidungen zuzugestehen; der Bedarf in dieser Hinsicht sei nur klar zu artikulieren.

Seitens der Abgeordneten wurde die Bedeutung der QSR-Schlussfolgerungen parteiübergreifend gewürdigt; einstimmig sprach sich der Unterrichtsausschuss dafür aus, in seinem Unterausschuss die Problemfelder mit ExpertInnen noch eingehender zu erörtern.

Kooperationsmängel an Unis und PH bei neuer PädagogInnenausbildung

Universitäten und Pädagogische Hochschulen (PH) sollen in der LehrerInnenausbildung künftig enger zusammenarbeiten und ihre Studienpläne einander angleichen sowie gleichwertige Aufnahmeverfahren einführen. Für jedes Lehramt ist ein akademischer Abschluss vorgesehen. Zentrale Aufgabe des gemeinsam mit der neuen PädagogInnenausbildung geschaffenen Qualitätssicherungsrats ist es, die Entwicklung der Lehramtsstudien beratend zu begleiten. Die QSR-Mitglieder eruieren dabei Problemfelder und leiten daraus Empfehlungen ab, mit denen die Bildungs- und Wissenschaftspolitik aber auch die Studienanbieter, also Universitäten und Pädagogische Hochschulen, ein hohes Studienniveau gewährleisten sollen. Dringenden Handlungsbedarf sehen die QSR-BildungsexpertInnen Schnider und Spiel hinsichtlich Personalausstattung für die neuen Lehramtsstudien. Derzeit bestehe in wesentlichen Bereichen der PädagogInnenbildung sowohl an Pädagogischen Hochschulen als auch an Universitäten eindeutig ein Mangel an wissenschaftlich und professionsorientiert qualifiziertem Lehrpersonal, so Schnider, der als Beispiel die universitäre Unterausstattung im Bereich der praxisorientierten Fachdidaktik nannte. Demgegenüber stehe ein Mangel an wissenschaftlichem Lehrpersonal für die Primarstufe, hielt Spiel fest und forderte entsprechende Doktorratsprogramme zur Heranbildung von ausreichend qualifizierten ExpertInnen. Zudem ortet sie generell ein Problem beim heimischen Verständnis von Allgemeinbildung: der Diskurs zwischen den Fächern zur Schaffung gesamtheitlicher Bildungskonzepte fehle – erforderlich sei, den Blick auf das Gemeinsame zwischen den einzelnen Unterrichtsfeldern zu richten.

Organisatorisch drängen die BildungsexpertInnen ebenfalls auf Änderungen, um die Zusammenarbeit von PH und Unis zu verbessern. Neben einer Harmonisierung des Studienrechts für Universitäten und Pädagogische Hochschulen empfehlen sie vor allem, den PH-Rektoraten ausreichend Entscheidungsbefugnisse in Personal- und Budgetfragen zu geben. Um die Pädagogischen Hochschulen beim Aufbau einer tertiären Kultur zu unterstützen, wäre auch der dienstrechtlich bereits verankerte Forschungsaspekt endlich umzusetzen, regte Schnider an, sodass die akademische Zusammenarbeit mit den Universitäten eine gute Basis erhält. Allerdings dürfe man nicht generalisieren, relativierte er zugleich; am Beispiel des Südostverbunds sei zu sehen, dass die Kooperation zwischen den zuständigen Bildungseinrichtungen durchaus funktioniere.

Wichtig ist es, adäquate Bedingungen für berufsbegleitende Masterstudien anzubieten und die Studienreform in ihrer pädagogisch-praktischen Situation zu evaluieren – wobei man auch die Sicht der Studierenden zu berücksichtigen habe, wie Spiel betonte.

Neuorientierung von Universitäten und Pädagogischen Hochschulen bei LehrerInnenbildung nötig

Seitens der Abgeordneten wurden die Empfehlungen des Qualitätssicherheitsrats durchwegs dankbar aufgegriffen, denn die Arbeit der QSR-Mitglieder sei essentiell zur bestmöglichen Umsetzung der neuen LehrerInnenausbildung. Fraglos bestünden noch Probleme bei der Kooperation zwischen Universitäten und Pädagogischen Hochschulen, nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen historischen Entwicklung der Institutionen, skizzierten Karlheinz Töcherle (V) und Elisabeth Grossmann (S). Während aus universitärer Sicht das Lehramt häufig auf die Fachwissenschaft verkürzt werde, hinderten Ressourcenmängel wie fehlende Bibliotheken oder Labors die Pädagogischen Hochschulen daran, sich näher mit der Forschung zu befassen, zeigte Töchterle auf. An einer engeren Kooperation der Bildungsinstitutionen führe daher kein Weg vorbei, damit eine qualitativ hochwertige LehrerInnenausbildung realisiert wird, folgerte der ÖVP-Wissenschaftssprecher. Grossmann bezeichnete die Erkenntnisse des QSR als Handlungsanleitung für die Politik, österreichweit optimale Bedingungen für die PädagogInnenbildung NEU zu schaffen – aller Herausforderungen, speziell in Bezug auf Ressourcenengpässe, zum Trotz. Tatsächlich scheitere die Kooperation von Unis und PH oft am unterschiedlichen Selbstverständnis der Einrichtungen. In Anlehnung an Spiels Aufruf zu einem ganzheitlichen Bildungsverständnis plädierte Grossmann zudem dafür, Lehramtsstudierenden neben Fachwissen auch fächerübergreifende Kompetenzen wie Herangehensweisen zur Konfliktlösung zu vermitteln.

Der QSR-Anregung, Pädagogischen Hochschulen im Sinne des Zusammenspiels mit Universitäten mehr Autonomie einzuräumen, gefiel ÖVP-Bildungssprecherin Brigitte Jank, die sich eine Stärkung der Verantwortung an PH dadurch erwartet. Sigrid Maurer (G) schlug überhaupt vor, Pädagogische Hochschulen als eigene Organisationseinheiten in die Universitäten einzugliedern; damit wären auch Ressourcenprobleme an PH einfacher zu beheben. Martina Schenk (T) bedauerte die Ressourcenknappheit besonders hinsichtlich der pädagogisch praktischen Ausbildung in den reformierten Lehramtsstudien. Nicht vergessen werde dürfe, angehenden PädagogInnen genug Grundkenntnisse der inklusiven Pädagogik beizubringen, mahnte Franz-Joseph Huainigg (V), etwa den Umgang mit blinden oder gehörlosen SchülerInnen. Außerdem erinnerte der ÖVP-Abgeordnete an den Vorsatz, mehr Lehramtsstudierende mit Behinderung an Pädagogischen Hochschulen aufzunehmen.

Die Kritikpunkte im QSR-Bericht deckten sich vielfach mit den Einwänden der Grünen gegen die gesetzliche Grundlage der neuen PädagogInnenausbildung, befand Abgeordneter Harald Walser (G). Neben einer klareren Strukturierung der Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Pädagogischen Hochschulen sowie einer Harmonisierung der LehrerInnenausbildung für 10 bis 14-jährige SchülerInnen bzw. die darauffolgende Altersgruppe drängte der Grünen-Bildungssprecher vor allem darauf, für ElementarpädagogInnen ebenfalls eine akademische Ausbildung vorzusehen. Wie Walser warnten auch die Bildungssprecher von FPÖ und NEOS, Walter Rosenkranz und Matthias Strolz, die KindergartenpädagogInnen fühlten sich durch ihren Ausschluss aus der neuen PädagogInnenausbildung vernachlässigt, vermehrte Unzufriedenheit mache sich unter ihnen breit. Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern in Sachen Kindergartenwesen verschlimmerten die Lage nur, meinte Rosenkranz. Strolz plädierte dafür, das Thema in den kommenden Finanzausgleichsverhandlungen prioritär zu bearbeiten.

Die Elementarpädagogik werde in die Bildungsreform mitaufgenommen, versicherte Bildungsministerin Heinisch-Hosek, und im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich gerade hinsichtlich Finanzierung zu überdenken sein. Aufgeschlossen zeigte sie sich für den Gedanken, zwecks Qualitätssicherung den Bereich Elementarpädagogik inklusive akademische Ausbildung zur Bundeskompetenz zu machen, zumal Kindergärten als wichtige erste Bildungseinrichtungen einen entscheidenden Beitrag zur frühzeitigen Behebung von Bildungsdefiziten leisteten. Anfreunden kann sich die Bundesministerin auch mit einer erweiterten Autonomie an Pädagogischen Hochschulen, wenn klargemacht werde, wo genau Bedarf an mehr Entscheidungsfreiheit besteht. Dezidiert wandte sie sich aber gegen eine Überführung der PH an die Universitäten, da der Praxisbezug zu den Schulen darunter leiden würde. Gegen eine sofortige Eingliederung der Pädagogischen Hochschulen in die Universitäten spreche, dass dadurch leicht Professionalisierung bzw. Wissenschaftlichkeit in der Gesamtausbildung verloren gehen, bestätigte QSR-Vorsitzender Schnider. Eine Annäherung der Bildungseinrichtungen bei der LehrerInnenausbildung habe vielmehr schrittweise zu erfolgen.(Fortsetzung Unterrichtsausschuss) rei


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