Parlamentskorrespondenz Nr. 761 vom 01.07.2015

Bundesrat gegen Scheinsubsidiarität bei Verwendung von GVO

EU-Ausschuss lehnt Verordnungsentwurf der Kommission ab - Mitteilung an EU-Institutionen einstimmig beschlossen

Wien (PK) – Der EU-Ausschuss des Bundesrats bekräftigte heute seine Ablehnung des Verordnungsvorschlags der Kommission, es den Mitgliedstaaten freizustellen, ob sie die Verwendung von zugelassenen genetisch veränderten Lebens– und Futtermittel erlauben wollen oder nicht. Anders als beim nationalen Selbstbestimmungsrecht für den Anbau gentechnisch veränderter Organismen (GVO) befürchten die LändervertreterInnen in diesem Zusammenhang eine Verschlechterung im Vergleich zur gegenwärtigen Situation.

Wie in der Sitzung vom 11. Juni 2015 angekündigt (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 637/2015) beschlossen die Ausschussmitglieder daher einstimmig eine von Edgar Mayer (V/V), Stefan Schennach (S/W), Monika Mühlwerth (F/W) und Marco Schreuder (G/W) vorgelegte Mitteilung an die Kommission, den Rat und das Europäische Parlament, in der sie ihre gravierenden Bedenken artikulieren und von "Scheinsubsidiarität" sprechen, die hier die Kommission einräumen will. Der Verordnungsvorschlag stehe in einem Spannungsverhältnis mit dem Subsidiaritätsprinzip, so die Bundesrätinnen und Bundesräte, er sei nicht geeignet, das angestrebte Ziel der Erweiterung des Spielraums der Mitgliedstaaten zu erreichen. Auch die Bundesländer haben sich in einer einheitlichen Stellungnahme äußerst kritisch zum EU-Gesetzesentwurf geäußert.

Die Ausschussmitglieder stoßen sich vor allem daran, dass sich die Mitgliedstaaten bei ihrer Entscheidung nicht auf Gründe im Zusammenhang mit der Bewertung von Gesundheits- und Umweltrisiken berufen dürfen, da diese nach Ansicht der Kommission bereits im Zulassungsverfahren und durch die Risikobewertung der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) umfassend abgehandelt seien. Damit würde die Möglichkeit der Mitgliedsländer, die Verwendung von GVO und gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln zu untersagen, in der Praxis extrem eingeschränkt. Es seien aber gerade die Aspekte des Schutzes menschlicher und tierischer Gesundheit sowie des Umweltschutzes, die gegen die Zulassung von GVO und gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln sprechen, geben die Bundesrätinnen und Bundesräte zu bedenken.

Sie befürchten zudem, dass künftig im Risikobewertungsverfahren von GVO ein liberalerer Beurteilungsmaßstab angelegt werden könnte, da eine nähere Berücksichtigung der mitgliedstaatlichen Interessen zumindest der Form nach ohnehin in den vorgesehenen Untersagungsmöglichkeiten enthalten ist. Wenn somit eine höhere Anzahl an GVOs zugelassen werden, die Untersagungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten sich aber als zahnlos und fiktiv erweisen, würde im Ergebnis die Zahl der in Europa zugelassenen GVO und gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermittel steigen, warnt die Länderkammer. Die Gefahr werde weiter durch die Tatsache verschärft, als durch die Unkontrollierbarkeit des Warenverkehrs in Europa, selbst im Falle der Untersagung, keine Möglichkeit bestünde, die faktische Einfuhr von GVO zu verhindern.

Da die Untersagung zudem mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Verbot der Ungleichbehandlung inländischer und nicht-inländischer Erzeugnisse im Einklang stehen muss, wird es bei unterschiedlichen Vorgangsweisen in den Mitgliedsländern schwierig und mit dem Binnenmarkt nicht kompatibel sein, zu erklären, warum man Markthemmnisse haben will, hatten die Bundesrätinnen und Bundesräte schon in der letzten Ausschusssitzung argumentiert. "Der Trick ist durchschaubar", merkte auch heute Stefan Schennach (S/W) in Richtung EU-Kommission an, man wolle offensichtlich die Mitgliedstaaten in eine Zwangsjacke bringen, etwas zu bewilligen, was sie an sich nicht wollen. Dem schloss sich auch Ferdinand Tiefnig (V/O) an, der vor allem auf die Unkontrollierbarkeit des Warenverkehrs und mögliche Wettbewerbsnachteile hinwies. (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) jan


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