Parlamentskorrespondenz Nr. 768 vom 01.07.2015

Verschärfter Kampf gegen Sozialbetrug erhält gesetzliche Grundlage

Mystery-Shopping soll keine "überschießende" Regelung werden

Wien (PK) – Der Sozialausschuss befasste sich heute mit dem Vorhaben der Regierung, den Kampf gegen Sozialbetrug weiter zu forcieren. Dieses Ziel verfolgt ein eigenes Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz. Es wurde unter Berücksichtigung eines SPÖ-ÖVP-Abänderungsantrags mehrheitlich angenommen. Ein umstrittener Passus des Gesetzes zum Mystery-Shopping in Arztpraxen soll bis zur Abstimmung im Plenum noch eine weitere Klärung erhalten, um hier keine "überschießende" Regelung zu erzeugen. Mehrheitlich beschlossen wurde des Weiteren ein im Ausschuss eingebrachter Entschließungsantrag der Koalitionsparteien zur technischen Weiterentwicklung der E-Card. Außerdem wurde ein Antrag der Grünen gegen Lohndumping mit der Regierungsvorlage miterledigt, nachdem die Grünen sich zufrieden zeigten, dass ihre Forderungen in weiten Bereichen bereits erfüllt wurden.

Weitere Oppositionsanträge wurden hingegen vertagt bzw. abgelehnt. Das Team Stronach fordert eine rigorose Wohnsitz-Überprüfung zur Vermeidung von Sozialbetrug. Dieser Antrag wurde, ebenso wie ein Antrag der FPÖ auf Durchführung einer Potenzialanalyse bei den Sozialversicherungsträgern, vertagt. Ein Antrag der NEOS auf Präzisierung der Bestimmungen im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) im Fall der nachträglichen Einstufung von AuftragnehmerInnen als unselbständig Beschäftigte durch die Sozialversicherung wurde abgelehnt.

Identifizierung von Scheinfirmen soll erleichtert werden

Mit den Bestimmungen des Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes und begleitenden Gesetzesänderungen (692 d.B.) sollen unter anderem Scheinfirmen leichter identifiziert und entsprechende Konsequenzen gezogen werden können. Es ist vorgesehen, die Zusammenarbeit der Behörden zu verbessern, die Haftung für Auftraggeber von Scheinfirmen auszuweiten und die missbräuchliche Verwendung der E-Card weiter zurückzudrängen. Durch den Maßnahmenmix erwartet sich das Sozialministerium eine Reduktion der Einnahmenausfälle durch Sozialbetrug von zumindest 250 Mio. € pro Jahr. Für 2016 geht das Ressort konkret von einem Plus im Bundeshaushalt von 107,6 Mio. € und einem Plus bei den Sozialversicherungsträgern von 156,9 Mio. € aus. In Kraft treten sollen die neuen Bestimmungen mit 1. Jänner 2016.

Grundsätzlich wird von zwei Arten von Scheinfirmen ausgegangen: jene, die vorrangig darauf ausgerichtet sind, Löhne, Lohnabgaben und Sozialversicherungsbeiträge durch die Verschleierung des wahren Dienstgebers zu verkürzen, und jene, die Personen zur Sozialversicherung anmelden, um Leistungen zu lukrieren, ohne dass diese tatsächlich eine unselbständige Beschäftigung aufnehmen. Bei Vorliegen eines entsprechenden Verdachts müssen Firmen innerhalb von sieben Tagen den Behörden entsprechende Unterlagen vorlegen.

Auch für die Beschäftigten hat die Klassifizierung ihres Arbeitgebers als Scheinunternehmen Konsequenzen. Ihre Pflichtversicherung erlischt rückwirkend, wenn sie der Aufforderung zum persönlichen Erscheinen beim Versicherungsträger nicht innerhalb von sechs Wochen nachkommen bzw. wenn sie nicht glaubhaft machen können, dass sie tatsächlich Arbeitsleistungen verrichtet haben. Gegebenenfalls hat die Krankenkasse den wahren Dienstgeber zu eruieren. ArbeitnehmerInnen sind überdies verpflichtet, bei Betriebsstätten-Kontrollen der Behörden wegen eines begründeten Verdachts auf Sozialbetrug Auskünfte zu erteilen. Die Krankenkassen müssen zudem Risiko- und Auffälligkeitsanalysen durchführen, um Schwarzarbeit und Scheinanmeldungen leichter erkennen zu können.

Ausschussobmann Josef Muchitsch (S) sah in dem Gesetz einen wichtigen Schritt, um Sozialbetrug rascher erkennen und abstellen zu können. Mit ihm lege man auch eine wichtige Grundlage für die Verbesserung des Bundesvergabegesetzes, zu dem er bald eine Novelle erwarte. August Wöginger (V) zeigte sich ebenfalls überzeugt, dass hier eine wichtige Maßnahme zur Verhinderung von Sozialbetrug gesetzt wird. Das komme sowohl den österreichischen Wirtschaftstreibenden als auch den ArbeitnehmerInnen zugute.

Nicht völlig überzeugt zeigten sich die Oppositionsparteien. Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) meinte, man erreiche vielleicht, dass bestimmte Scheinfirmen ihre Tätigkeit einstellen müssen, solange man aber nicht die Personen dahinter erfasse, sei zu erwarten, dass sofort neue an ihre Stelle treten. Zudem seien manche Stellen, die ebenfalls zu den Geschädigten gehören können, nicht berücksichtigt. Ohne ausreichende Ausstattung der Finanzpolizei, die die Hauptlast der Ermittlungen tragen müsse, werde das Gesetz auch nicht exekutierbar sein. Die FPÖ könne daher nicht zustimmen.

Birgit Schatz (G) sah das Gesetz grundsätzlich positiv, meinte aber, dass sie nicht überzeugt sei, dass die Regelungen genug Rücksicht auf die Arbeitsrealität besonders junger Branchen nehmen. Das müsse bald evaluiert werden, meinte sie. Im Gesetz fehlen ihr auch ausreichende Bestimmungen, die sicherstellen, dass Auftraggeber nicht nur für entgangene Sozialversicherungsbeiträge, sondern auch für Löhne haftbar gemacht werden. Außerdem vermisse sie ausreichende Vorkehrungen für den Insolvenzentgeltfonds, für den steigende Kosten zu erwarten sind.

Starke Bedenken äußerte die Fraktion der NEOS. NEOS-Mandatar Gerald Loacker sprach von einer "Vorratsdatenspeicherung" aufgrund der aus seiner Sicht zu langen Speicherung der erhobenen Firmendaten. Er brachte einen umfassenden Abänderungsantrag ein, mit dem unter anderem die Datenspeicherung in ihrem Umfang beschränkt und auf ein Jahr begrenzt werden soll. In diesem Sinne legte er auch einen Antrag auf Ausschussfeststellung vor, in der er fordert, dass Daten nur in Fällen, wo ein tatsächlicher Betrugsverdacht besteht, gespeichert werden. Beide Anträge wurden abgelehnt, nachdem ihnen keine der anderen Fraktionen beitreten wollte.

Sozialminister Hundstorfer erwartet sich abschreckende Wirkung gegen Sozialbetrug  

Bundesminister Rudolf Hundstorfer erläuterte, mit dem Gesetz nehme man jenen sehr kleinen Teil von Firmen und Personen in Österreich ins Visier, die nur vorgeben, Teil der österreichischen Wirtschaft zu sein, in Wirklichkeit aber ständig neue Wege suchen, um Sozialabgaben zu vermeiden oder ungerechtfertigt Sozialleistungen in Anspruch nehmen zu können. Der Staat müsse deshalb seinerseits die gesetzlichen Handhaben gegen diese Praktiken weiterentwickeln. Er hoffe, dass von der neuen gesetzlichen Handhabe eine abschreckende Wirkung ausgeht.

Eingehend auf Detailfragen der Abgeordneten teilte Hundstorfer unter anderem Abgeordneter Schatz mit, dass die Arbeitgeberhaftung für Löhne, die im ersten Entwurf noch gefehlt hat, nun berücksichtigt sei. Auch für Ansprüche des AMS und anderer Institutionen biete das Gesetz ausreichend Handhabe, da die Sozialversicherung alle Bereiche abdecke. Sie hebe die Gelder ein und verteile sie entsprechend. Die Finanzpolizei sei ein wichtiger Partner, sie sei derzeit mit 511 MitarbeiterInnen ausgestattet und werde sicherlich nicht verkleinert. Hundstorfer verwies auch auf Pläne des Finanzressorts, die Abteilung 2016 oder 2017 noch personell aufzustocken.

Für die Risikoanalyse und Erkennung von Sozialbetrug sei von einer österreichischen Firma eine eigene hochwertige Software erarbeitet worden. Der Entwicklungsprozess des Risikoanalyse-Tools habe eine gewisse Zeit in Anspruch genommen, sagte Hundstorfer, doch nun verfüge man über ein gutes Instrument, das auch ausbaufähig sei. Aus praktischen Gründen fokussiere das Tool derzeit besonders auf das für Scheinfirmen besonders anfällige Baugewerbe. Selbstverständlich könne es aber von allen Sozialversicherungen eingesetzt werden und andere Branchen erfassen, sagte der Sozialminister.

Mystery-Shopping in Arztpraxen: ÖVP zeigt sich gesprächsbereit

Die missbräuchliche Verwendung der E-Card soll mit dem Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz ebenfalls weiter eingedämmt werden. Das Gesetzespaket sieht dazu verpflichtende Ausweiskontrollen in Spitalsambulanzen vor. Auch niedergelassene ÄrztInnen sind künftig angehalten, die Identität unbekannter PatientInnen zu überprüfen. Zur Überprüfung ärztlicher Leistungsverrechnungen sollen die Krankenkassen künftig "Mystery-Shopper" einsetzen und dafür eigene E-Cards ausstellen können.

Zu letzterem Punkt meinte Abgeordnete Waltraud Dietrich (T), dass die Bekämpfung von Sozialbetrug wichtig sei und sie das Gesetz grundsätzlich befürworte. Nicht zustimmen könne sie aber dem geplanten Mystery-Shopping, hier werde das Vertrauensverhältnis zu den ÄrztInnen beschädigt.

Der Ausschuss fasste auf Antrag der Abgeordneten Josef Muchitsch (S) und August Wöginger (V) eine Entschließung zum Thema Weiterentwicklung der E-Card. Das Sozial- und das Gesundheitsministerium sollen demnach den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger mit der Erarbeitung einer Strategie zur Weiterentwicklung der E-Card nach neuesten technischen Standards beauftragen. Abgeordnete Gertrude Aubauer (V) meinte, es sei nach heutigem technischen Stand möglich, E-Cards mit Fotos zu versehen, denkbar wäre auch die Aufnahme biometrischer Daten. Ihr Fraktionskollege Michael Hammer betonte, dass eine solche Änderung Zeit brauche und auch eine Kostenfrage sei. Ähnlich argumentierte Markus Vogl (S). Birgit Schatz hielt die angedachten Erweiterungen der E-Card für unnötig aufwendig und überzogen. Dieser Entschließungsantrag wurde schließlich mit der Mehrheit von SPÖ, ÖVP und NEOS angenommen.

Zur Regierungsvorlage brachten die Abgeordneten Muchitsch und Wöginger im Zuge der Beratungen einen Abänderungsantrag ein, der unter anderem klar regelt, welches Finanzamt für das Verfahren zur Feststellung von Scheinunternehmen zuständig ist. Überdies soll der Betrieb der Sozialbetrugsdatenbank dem Bundesrechenzentrum übertragen werden. In Reaktion auf ein EuGH-Urteil sind darüber hinaus Änderungen im Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz vorgesehen. Um Staatshaftungen zu vermeiden, wird gesetzlich verankert, dass ArbeitnehmerInnen im Falle einer Insolvenz ihres Arbeitgebers zumindest die Hälfte ihres Anspruchs auf eine Betriebspension und unverfallbare Anwartschaften zusteht. Die Geschäftsstellen des Insolvenzfonds sollen aus Gründen der Flexibilität künftig per Verordnung festgelegt werden.

Der Abänderungsantrag zum Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz wurde mit der Mehrheit von SPÖ, ÖVP und Team Stronach beschlossen. Die restlichen Teile des Gesetzes fanden die Zustimmung von SPÖ, ÖVP und Grünen. Grün-Mandatarin Birgit Schatz kündigte an, ihre Fraktion werde die Abänderungen prüfen und behalte sich eine eventuelle Zustimmung im Plenum vor.

Als miterledigt gilt ein Antrag der Grünen, der einen stärkeren Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping fordert (343/A). Schatz zeigte sich zufrieden darüber, dass die Regierung einen großen Teil der Forderungen umgesetzt hat. Einige Fragen seien jedoch noch nicht zufriedenstellend gelöst, etwa die Verbandsklage und ausreichende Kontrollstrukturen, meinte sie und kündigte an, dass die Grünen hier weiter Anträge stellen werden.

Leistungen der Sozialversicherung: Team Stronach fordert rigorose Wohnsitz-Überprüfung

Das Team Stronach ist für eine genauere Überprüfung des Wohnsitzes beim Bezug von Leistungen aus der Sozialversicherung und ein entsprechendes Kontrollsystems (1239/A(E)). Damit soll laut Klubobfrau Dietrich der missbräuchliche Bezug von Leistungen, etwa durch unzulässige Mitversicherungen, unterbunden werden. Konkret kann sie sich etwa einen automatischen Datenaustausch zwischen den Sozialversicherungsträgern und dem Zentralen Melderegister vorstellen. ÖVP-Abgeordneter Michael Hammer verwies darauf, dass dieser Austausch bereits laufend verbessert wird. Sein Vertagungsantrag wurde mit Mehrheit von SPÖ und ÖVP angenommen.

FPÖ für Potenzialanalyse einer verstärkten Zusammenarbeit der Sozialversicherungsträger

Die FPÖ hat bereits wiederholt gefordert, die 22 österreichischen Sozialversicherungsträger zusammenzulegen. Nun fordert sie, zuvor mittels einer Potenzialanalyse zu erheben, inwieweit durch eine verstärkte Zusammenarbeit einzelner Träger eine Effizienzsteigerung möglich ist und Kosten gesenkt werden können (1176/A(E)). Der Antrag wurde, nachdem Abgeordneter Hammer festgestellt hatte, dass die Regierung ständig an Maßnahmen der Effizienzsteigerung arbeitet, von SPÖ und ÖVP vertagt.

NEOS wollen Änderung des ASVG bei nachträglicher Einstufung von AuftragnehmerInnen als unselbständig Beschäftigte

Die NEOS haben kein Verständnis dafür, dass selbständige AuftragnehmerInnen von den Gebietskrankenkassen immer wieder rückwirkend als unselbständig Beschäftigte eingestuft werden, ohne dass die Betroffenen und die für sie zuständige Krankenkasse, die SVA, ausreichend Mitsprachemöglichkeit haben. Auch die beim Hauptverband eingerichtete Schlichtungsstelle für strittige Fälle bringt ihnen zufolge keine ausreichende Rechtssicherheit. Es könnte sogar der Fall eintreten, dass in weiterer Folge das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz zur Anwendung gebracht wird, kritisierte Abgeordneter Gerald Loacker (N).

Loacker will daher im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) festschreiben, dass eine rückwirkende Umwandlung erbrachter Werk- und Dienstleistungen in ein unselbständiges Beschäftigungsverhältnis jedenfalls dann unzulässig ist, wenn die betroffenen AuftragnehmerInnen eine facheinschlägige Gewerbe- bzw. Berufsberechtigung aufweisen, alle sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Meldepflichten erfüllt haben und die an sie ausbezahlten Honorare den kollektivvertraglich festgelegten Mindestlohntarif nicht unterschreiten. Damit wäre seiner Meinung nach gewährleistet, dass prekären Beschäftigungsverhältnissen nicht Vorschub geleistet wird, und die erforderliche gesetzliche Präzisierung gegeben (1206/A). Der Antrag wurde jedoch, nachdem er keine Unterstützung bei den anderen Fraktionen fand, abgelehnt.

Arbeitsmarktöffnung für Asylwerbende: SPÖ und ÖVP für Beibehaltung des Status quo

Ob Asylwerbende Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt haben sollen, darüber gehen die Meinungen unter den Parlamentsparteien weiterhin auseinander. Während die FPÖ ihre klare Haltung gegen eine Arbeitsmarktöffnung für AsylantInnen und andere AusländerInnen in drei Anträgen deponierte, sehen die NEOS in einer weiteren Öffnung des Arbeitsmarkts mehr Vor- als Nachteile. Wie die Grünen erinnerten sie zudem an eine Richtlinie der Europäischen Union betreffend Arbeitsmöglichkeiten für Asylwerbende, der Österreich mit seiner derzeitigen Gesetzeslage nicht entspreche. Die ÖVP bewertet die geltenden Regelungen hingegen als völlig ausreichend, wobei die Volkspartei einräumte, es brauche in der Bevölkerung mehr Bewusstseinsbildung in dieser Frage. Sozialminister Rudolf Hundstorfer hielt fest, Zugangssperren wie von der FPÖ gefordert, kämen für ihn nicht in Frage, schon in Hinblick auf die Freizügigkeit in der Europäischen Union. Dennoch habe er auf EU-Ebene durchgesetzt, dass Österreich seinen Arbeitsmarkt für BürgerInnen aus dem jüngsten Mitgliedsland Kroatien für die nächsten drei Jahre nicht vollständig öffnen muss. Die Regierungsfraktionen vertagten schließlich sämtliche Oppositionsanträge.

Anregungen von FPÖ und NEOS für Änderungen bei Ausländerbeschäftigung in der Warteschleife

Neben einer Beibehaltung des Verbots für Asylwerbende, regulär zu arbeiten (1131/A(E)), verlangen die Freiheitlichen von der Regierung auch ein Maßnahmenpaket zur sektoralen Arbeitsmarktbeschränkung in heiklen Branchen wie dem Baugewerbe (1130/A(E)). Jedoch ist nach Vorstellung von Antragsteller Herbert Kickl nicht nur Drittstaatsangehörigen, sondern auch EU-BürgerInnen der Zugang zu einigen Wirtschaftsbereichen zu verbieten, um der Arbeitslosigkeit unter InländerInnen beizukommen. Solange seine Forderung nach sektoralen Beschränkungen nicht greift, will er einen absoluten Stopp von Beitragserhöhungen in der Arbeitslosenversicherung verankert wissen.

Außerdem urgiert die FPÖ einen sektoralen und temporären Stopp für die Entsendung ausländischer ArbeitnehmerInnen nach Österreich, und zwar abhängig von der allgemeinen Konjunkturentwicklung und der branchenspezifischen Arbeitslosigkeit (1177/A(E)). Die FPÖ-Forderungen würde den österreichischen Arbeitsmarkt nachhaltig entlasten, argumentierte Peter Wurm mit Hinweis auf Zahlen von Ende Juni, wonach der Anstieg von Arbeitslosen ausländischer Herkunft doppelt so hoch gewesen sei wie bei InländerInnen. Als "Wahnsinn" titulierte der Freiheitliche vor diesem Hintergrund das Bestreben der NEOS, den Arbeitsmarkt auch für AsylwerberInnen zu öffnen; immerhin würde der Großteil Asylsuchender den Eintritt in den Arbeitsmarkt gar nicht oder nur im Bereich der Hilfsarbeit schaffen. Seine Parteikollegin Dagmar Belakowitsch-Jenewein zog nach, angesichts der angespannten Wirtschaftslage mache es keinen Sinn, AsylwerberInnen am heimischen Arbeitsmarkt zu integrieren.

Tatsächlich haben die NEOS eine gänzlich andere Sichtweise als die Freiheitlichen zur Arbeitsmarktöffnung für AusländerInnen. NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker drängt darauf, AsylwerberInnen echte Arbeitsmöglichkeiten zu geben (740/A(E)). So könne ein Abrutschen dieser Personen in die Schwarzarbeit vermieden werden und Österreich würde auch EU-Vorgaben entsprechen, wonach AsylwerberInnen spätestens neun Monate nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz sowie mit erfolgter Arbeitsmarktprüfung einen effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten müssen. Durch die Arbeitsmarktprüfung wird erhoben, ob eine freie Stelle nicht durch InländerInnen oder bereits integrierte AusländerInnen besetzt werden kann. Ähnlich wie Loacker warnte auch Birgit Schatz (G), aufgrund der überlangen Asylverfahren in Österreich würden Betroffene allzu leicht in die Illegalität gedrängt. Mit der der Arbeitsmarktsituation angemessenen Regelungen, wie eben der Arbeitsmarktprüfung, sei daher Asylwerbenden reguläre Arbeit zu ermöglichen; und zwar auch außerhalb gemeinnütziger Tätigkeiten, wie wiederum Loacker hervorhob.

Sehr wohl sei das lange Warten im Rahmen eines Asylverfahrens äußerst unbefriedigend, bestätigte Franz-Joseph Huainigg (V). Allerdings hielt er Grünen und NEOS vor Augen, eine Öffnung des Arbeitsmarkts würde im Moment nur die Ängste der Bevölkerung schüren. Nötig seien daher Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung, um die Furcht vor Arbeitsplatzverlust aufgrund neuer Konkurrenz abzubauen. Sinnvoll wertet er zudem die Möglichkeit für Flüchtlinge, in freiwilligen Organisationen mitzuarbeiten, nicht zuletzt im Sinne der Integration. Etwas schärfer wandte sich Johann Höfinger (V) gegen die NEOS-Forderung, würden dadurch doch Anreize geschaffen, die man aufgrund der "zugespitzten Situation" am Arbeitsmarkt nicht erfüllen könne, sagte er besonders in Bezug auf Flüchtlinge, die nicht aus Kriegsgründen nach Europa kommen. An die FPÖ gerichtet erinnerte seitens der ÖVP Gertrude Aubauer, dank der strengen Beschäftigungsregeln für Asylwerbende in Österreich hätten von den insgesamt 35.000 Personen in Grundversorgung aktuell nur 200 Beschäftigung, viele davon seien Lehrlinge. Zum generellen Stopp für Arbeitskräftezuzug aus dem Ausland erinnerte sie an die laufenden Prüfungen, wo österreichische Betriebe unter Arbeitskräftemangel leiden.

Hundstorfer verwahrt sich gegen Fremdenfeindlichkeit am Arbeitsmarkt

"Fremdenfeindlichkeit pur" warf Sozialminister Hundstorfer der FPÖ vor, dabei lebe das Tourismus- und Exportland Österreich von Kontakten ins Ausland. Besonders stieß er sich an dem Gedanken, Arbeitsmarktbeschränkungen auch für EU-BürgerInnen vorzusehen: "Wir leben in einem gemeinsamen Europa mit Spielregeln für alle", betonte er. Solange UnionsbürgerInnen hierzulande gemäß der kollektivvertraglichen Regeln arbeiten, sei ihnen dies schon aus EU-rechtlichen Grünen nicht zu verwehren - auch hinsichtlich des Bezugs von Leistungen wie Familienbeihilfe oder Ausgleichszulage, zumal die Behörden hier eingehend jeden Fall prüften. So werde etwa bei BezieherInnen der Familienbeihilfe mit Kindern in einem anderen EU-Land erhoben, ob es diesen Nachwuchs wirklich gibt. Aufgrund der EU-Verträge, die Leistungstransfer im Binnenmarkt erlaubten, werde sodann die Leistung ausbezahlt; falls der Ehepartner oder die Ehepartnerin im Heimatland gleichzeitig ebenfalls Familienbeihilfe bezieht, reduziere man eben die österreichische Leistung um diesen Betrag. (Fortsetzung Sozialausschuss) sox/rei