Parlamentskorrespondenz Nr. 977 vom 23.09.2015

NEOS will Versorgungsposten in Wiener Stadtsenat abschaffen

Nicht amtsführende StadträtInnen der Bundeshauptstadt erneut Thema im Nationalrat

Wien (PK) – Der 11. Oktober soll in den Augen der NEOS nicht nur der Tag der Wien-Wahl sein. Bis dahin wollen sie auch die Änderung der Bundesverfassung zur Abschaffung der nicht amtsführenden StadträtInnen in der Bundeshauptstadt auf den Weg gebracht sehen. Im Nationalrat drängte die Pinke Fraktion heute auf das Ende der Ausschussberatungen über die dazu beantragte Verfassungsnovelle binnen zweieinhalb Wochen. Bei einer Kurzen Debatte über die laut NEOS unnötigen und teuren Posten in der Wiener Stadtverwaltung stieß der Vorschlag aber bei SPÖ, ÖVP und FPÖ auf Ablehnung und blieb somit in der Minderheit.

Strukturreform zwischen Landes- und Bundespolitik

Schon seit Monaten ziehe sich die Diskussion über Wiens nicht amtsführende StadträtInnen, ohne Ergebnis, führte Beate Meinl-Reisinger (N) ins Treffen. Zuletzt sei der NEOS-Antrag zur Abschaffung dieses Wiener "Unikums" beim Verfassungsausschuss im Juni einmal mehr mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit vertagt worden. Das beweise die "Handlungsunfähigkeit der Politik", prangerte die NEOS-Spitzenkandidatin für Wien an. Obwohl nur eine "Mini-Strukturreform" im Raum stehe, herrsche Stillstand. In ihrem Antrag heißt es, eine moderne Demokratie sollte besser auf die Kontrolle der Opposition im Landtag bauen, anstatt "hoch bezahlte weiße Elefanten in der Landesregierung" als vorgebliche Kontrollinstanz vorzusehen. Die Summe der Bezüge der vier nicht amtsführenden StadträtInnen belaufe sich auf 3 Mio. € pro Legislaturperiode. Daniela Musiol (G) pflichtete bei, Wiens nicht amtsführende StadträtInnen gehörten endlich abgeschafft, denn Regierung und Opposition müssten in einem demokratischen System klar getrennt werden. Wichtig sei lediglich, dass der Informationsfluss an alle Parteien transparent ist.

Eine Änderung der Verfassung ist laut NEOS-Antrag deshalb erforderlich, weil diese festschreibt, dass im Gemeinderat vertretene Wahlparteien nach Maßgabe ihrer Stärke Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand haben. Konkret solle es durch eine Adaptierung des Artikel 112 B-VG dem Wiener Landtag ermöglicht werden, die Wiener Stadtverfassung zu ändern und damit die nicht amtsführenden StadträtInnen abzuschaffen. Hier widersprach Wolfgang Gerstl (V): So Wien den Artikel 36 der Stadtverfassung aufhebt, würden die nicht amtsführenden StadträtInnen automatisch der Vergangenheit angehören, sagte er. Außerdem verfüge Innsbruck ebenso über derartige Posten, sie seien also keineswegs eine Wiener Eigenart. Zu bedenken gab der ÖVP-Verfassungssprecher überdies, die Mehrzahl der Gemeinden spreche sich für eine parteipolitische Zusammenarbeit aus, ungeachtet der Verteilung von Regierung und Opposition. SPÖ-Mandatar Harald Troch sieht hier überhaupt "keinen Anlass, dass der Nationalrat von sich aus aktiv wird". Eine Demokratiereform dieser Art gehöre zunächst im Wiener Landtag diskutiert, meinte er und warnte vor "Schnellschüssen", die der politischen Praxis zuwiderlaufen. Musiol hielt dem entgegen, als "selbstbewusster Bundesverfassungsgesetzgeber" brauche der Nationalrat keinen Zuruf von einem Landtag.

Für die FPÖ empfahl Dagmar Belakowitsch-Jenewein indes, anstatt die nicht amtsführenden StadträtInnen komplett abzuschaffen, sollten ihnen lieber Ressorts zugeteilt werden. Die bestehenden Regelungen stammten nämlich noch aus der Zeit der "SPÖ-Alleinregierung". An der NEOS-Forderung beanstandete sie, diese sei tatsächlich ein "Schritt in mehr Intransparenz", weg von einem im Grunde guten System. Über diese Haltung der Freiheitlichen wunderte sich wiederum Team Stronach-Abgeordneter Christoph Hagen; immerhin gehe es hier um Steuergeld, das tunlichst sparsam verwendet werden sollte. "Proporz abschaffen, Verwaltung abbauen", appellierte er namens seiner Fraktion.

An Trochs Warnung vor einem "Schnellschuss" stieß sich Nikolaus Scherak, denn der fragliche Antrag seiner Fraktion sei bereits 10 Monate alt. Und selbst wenn nach den Worten von Gerstl der Wiener Landtag die nicht amtsführenden StadträtInnen selbstständig abschaffen kann, mangle es offenbar am Willen, da man die Möglichkeit bislang nicht genutzt habe. Insgesamt sieht er wie Meinl-Reisinger auch abseits des Wiener Proporzsystems viel Änderungsbedarf im politischen Gefüge: Von einer Kürzung der Parteienförderung bis zur Abschaffung von Ämtern der Landespolitik, die in den Augen der NEOS wenig Einfluss haben, namentlich der Vizepräsident des Wiener Stadtschulrats, die Vizebezirksvorsteher und der Vizebürgermeister. (Fortsetzung Nationalrat) rei