Parlamentskorrespondenz Nr. 1035 vom 01.10.2015

Kontrolle von Bioprodukten wird in eigenem Gesetz geregelt

Gesundheitsausschuss befasst sich mit dem Thema Lebensmittelsicherheit

Wien (PK) – Die Kontrolle von biologischen Lebensmitteln sowie von Produkten mit geschützten Herkunftsangaben und von traditionellen Spezialitäten wird künftig in einem eigenen Gesetz geregelt. Der Gesundheitsausschuss des Nationalrats stimmte heute einem entsprechenden Entwurf von Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser zu. Mit dem Gesetz sollen einschlägige EU-Vorgaben umgesetzt werden, zudem will man mit einem dichteren Kontrollnetz das Vertrauen der KonsumentInnen in Bioprodukte und geographisch geschützte Erzeugnisse stärken. Der Beschluss fiel mit den Stimmen der Koalitionsparteien und des Team Stronach, zuvor wurden mittels Abänderungsantrag noch einige Detailänderungen vorgenommen.

Debattiert wurde im Ausschuss auch über den Lebensmittelsicherheitsbericht 2014, der den ProduzentInnen und dem österreichischen Handel grundsätzlich ein gutes Zeugnis ausstellt. Nur 0,3% der bei Kontrolluntersuchungen gezogenen Proben haben sich als gesundheitsschädlich erwiesen. Die Opposition machte sich unter anderem für eine sinnvolle Verwertung abgelaufener Lebensmittel, ein Verbot glyphosathältiger Pflanzenschutzmittel und eine Untersuchung gesundheitsschädlicher Auswirkungen von Lebensmittelverpackungen mit Bisphenol A stark, konnte sich mit entsprechenden Anträgen zumindest vorläufig aber nicht durchsetzen.

Neuer rechtlicher Rahmen für Kontrolle von Bioprodukten

Das mit S-V-T-Mehrheit angenommene EU-Qualitätsregelungen-Durchführungsgesetz (777 d.B.) gibt den rechtlichen Rahmen für die amtliche Kontrolle von biologischen Lebensmitteln sowie von Produkten mit geschützten Ursprungs- und Herkunftsangaben (g.U., g.g.A.) und von traditionellen Spirituosenspezialitäten wie z.B. steirisches Kürbiskernöl, Tiroler Speck oder Inländerrum vor. Dabei wird grundsätzlich am derzeitigen Kontrollsystem festgehalten, ein neuer Kontrollausschuss im Gesundheitsministerium soll die Arbeit der Behörden und der Kontrollstellen künftig aber besser koordinieren und für einen verbesserten Informationsaustausch sorgen. Außerdem wird im Gesundheitsressort ein Beirat für die biologische Produktion, im Landwirtschaftsressort ein Beirat für geschützte Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben eingerichtet.

Um den Schutz von VerbraucherInnen vor Täuschung zu erhöhen, ist überdies eine Erhöhung des Strafrahmens sowie eine Verlängerung der derzeit geltenden allgemeinen einjährigen Frist zur Verfolgung schwerwiegender Kennzeichnungsverstöße auf zwei Jahre vorgesehen. Künftig sind Geldstrafen bis zu 50.000 € (im Wiederholungsfall 100.000 €) möglich.

Einige Bestimmungen des Gesetzes wurden heute durch einen Abänderungsantrag der Koalitionsparteien noch präzisiert. Zudem wurde dem Kontrollausschuss auch die Aufgabe übertragen, Maßnahmenkataloge mit Handlungsanleitungen für die Kontrollstellen und die Landesbehörden im Falle von Verstößen gegen die EU-Verordnungen zu erarbeiten. Leichte Verstöße wie fehlende Unterlagen könnten durchaus von den Kontrollstellen selbst sanktioniert werden, während bei schweren Verstößen eine Meldung an die Landesbehörden zwingend sein solle, erläuterte ÖVP-Abgeordneter Franz Leonhard Eßl die Intention dieser Bestimmung. SPÖ-Abgeordneter Michael Ehmann erwartet sich vom Gesetz generell eine verbesserte Kontrolle und wies auch auf vereinfachte Antragsverfahren für geografische Herkunftskennzeichen hin.

Vorsichtig positiv zum Gesetz äußerte sich auch Grün-Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber. Wenn das Gesetz gut vollzogen werde, sei es brauchbar, meinte er. Allerdings ortet Pirklhuber trotz des Abänderungsantrags der Koalitionsparteien noch zahlreiche unklare Punkte im Gesetz, die seiner Ansicht nach zu Missverständnissen führen könnten. Er fürchtet überdies einen hohen Verwaltungsaufwand im Bereich der Bio-Kontrolle und sprach sich in diesem Sinn dafür aus, "überschießende Elemente" im Gesetz nochmals zu durchforsten. Um KonsumentInnen besser vor Irreführung und Täuschung zu schützen, schlägt Pirklhuber die Verankerung eines ausdrücklichen Irreführungsverbots als Zielbestimmung des Gesetzes vor. Ein von den Grünen eingebrachter Abänderungsantrag wurde heute vom Ausschuss abgelehnt, Abgeordneter Eßl sagte aber zu, die Vorschläge bis zum Plenum des Nationalrats noch zu prüfen.

FPÖ-Abgeordneter Harald Jannach gab zu bedenken, dass mit dem Gesetz das Problem der "legalen Irreführung der KonsumentInnen" nicht gelöst werde. So sage etwa die Herkunftsbezeichnung "geschützte geografische Angabe" (g.g.A.) nichts über die geografische Herkunft des Rohstoffs aus. So müsse etwa das Schweinefleisch für Tiroler Speck nicht aus Tirol stammen, sondern komme, wie Abgeordneter Pirklhuber ergänzte, vielfach aus Dänemark. Seitens der NEOS begründete Gerald Loacker die Ablehnung des Gesetzes mit der seiner Ansicht nach vorgesehenen Überbürokratisierung der Verfahren.

Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser hält eine fortgesetzte Diskussion über eine bessere Information von KonsumentInnen über den Inhalt von Produkten für notwendig. Sie will einen alternativen Weg suchen, wenn es weiter nicht gelingt, ein österreichweit einheitliches Qualitätsgütesiegel für österreichische Produkte zu schaffen.

Lebensmittelsicherheit: Kennzeichnungsmängel sind größtes Problem

Der Lebensmittelsicherheitsbericht (III-189 d.B.) wurde vom Gesundheitsausschuss von allen Fraktionen mit Ausnahme der FPÖ zur Kenntnis genommen. Aus dem Bericht geht unter anderem hervor, dass im vergangenen Jahr von den Lebensmittelaufsichtsbehörden insgesamt 43.507 Betriebskontrollen durchgeführt und 28.158 Proben begutachtet wurden. In 23.668 Fällen (84,1 %) ergaben die Probenuntersuchungen keine Beanstandungen, nur 93 Proben (0,3%) wurden als gesundheitsschädlich, 1.066 (3,8%) als für den menschlichen Verzehr bzw. für den bestimmungsgemäßen Gebrauch ungeeignet eingestuft. Die häufigsten Beanstandungsgründe waren erneut Kennzeichnungsmängel und zur Irreführung geeignete Angaben (9,1%). 3,8% der Proben wurden aus diversen anderen Gründen, etwa wegen Verstößen gegen Hygiene- oder Trinkwasserverordnungen, bemängelt. Der höchste Anteil an gesundheitsschädlichen Proben fand sich bei Gebrauchsgegenständen (8,7 %), gefolgt von Spielwaren (3,1%) und Meeresfischen (2,2%).

In der Debatte hob Abgeordneter Michael Ehmann (S) die Bedeutung von Lebensmittelkontrollen für die KonsumentInnen hervor. Die Kontrollen funktionierten, Österreich sei gut unterwegs, interpretierte Abgeordneter Johann Höfinger (V) den Bericht. Angesichts des hohen Anteils an Kennzeichnungsmängeln bei den Beanstandungen würde sich Höfinger allerdings mehr Nachsicht bei geringfügigen Verstößen von Kleinerzeugern gegen die Etikettierungsverordnung wünschen.

Auch Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) hinterfragte hohe Strafen für kleine LandwirtInnen bei Fehlauszeichnungen. Er verwies überdies auf das Problem, dass in manchen Produkten oft ein ganzer Pestizidcocktail gefunden wird, ohne dass einzelne Grenzwerte überschritten werden. Zur Frage der Irreführung merkte Team Stronach-Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer an, wo Österreich draufstehe, müsse Österreich auch wirklich drinnen sein.

Gesundheitsministerin Oberhauser machte darauf aufmerksam, dass die Kennzeichnung von Lebensmitteln europäisches Recht sei. Sie erachtete eine korrekte Auszeichnung zudem als wichtig für die KonsumentInnen. FPÖ-Abgeordneten Peter Wurm informierte Oberhauser, dass ihres Wissens nach bislang noch keine Strafen wegen eines Verstoßes gegen die Allergenverordnung verhängt wurden. Es gebe allgemein kaum Beschwerden, weder von KonsumentInnen, noch aus der Gastronomie, sagte sie. Auf Pestizide wird ihr zufolge bei Untersuchungen ein besonderes Auge geworfen.

FPÖ will Vernichtung von Lebensmittel gesetzlich unterbinden

Auf Basis eines Antrags der FPÖ (1200/A(E)) diskutierte  der Ausschuss über den Umstand, dass in Österreich Lebensmittel tonnenweise im Müll landen. Nicht nur in den Haushalten würde viel Essbares weggeschmissen, auch der Lebensmittelhandel und die Gastronomie würden große Mengen an Lebensmittel vernichten, die das Ablaufdatum zwar überschritten haben, zum Verzehr aber noch einwandfrei geeignet wären, kritisiert FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm. Insgesamt würden jährlich in Österreich 1,3 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeschmissen. Die FPÖ fordert in diesem Sinn ein eigenes Bundesgesetz zum Stopp der Vernichtung von Lebensmitteln.

Die Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig (S) und Martina Diesner-Wais (V) zeigten zwar Verständnis für die Intention des Antrags, Diesner-Wais hält eine gesetzliche Regelung aber für nicht möglich. Vielmehr gilt es ihrer Meinung nach, ein verstärktes Bewusstsein für die Problematik zu schaffen, sowohl in der Wirtschaft als auch in den Haushalten.

Dass der Antrag schließlich vertagt und nicht abgelehnt wurde, bedauerte NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker. Man solle der Öffentlichkeit klar vor Augen führen, welch "unsinnige Forderungen" von der FPÖ kommen, meinte er. Für Loacker selbst wären flexiblere Ladenöffnungszeiten eine zielführende Maßnahme zur geringeren Vernichtung von Lebensmitteln, dann müssten KonsumentInnen auch weniger auf Vorrat kaufen.

FPÖ-Abgeordneter Wurm macht als Hauptursache für die Lebensmittelverschwendung hingegen den "Bürokratiewahnsinn" in Österreich und in der EU aus. Er verwies beispielsweise darauf, dass ErzeugerInnen auch dann haften, wenn sie abgelaufene Produkte verschenken. Überdies habe man das funktionierende Kreislaufsystem bei der Schweinefütterung mutwillig zerstört. Sozialmärkte sind für Wurm keine nachhaltige Lösung, dort lande nur ein Prozent der vergeudeten Lebensmittel.

Gesundheitsministerin Oberhauser versicherte der FPÖ, dass sich die Regierung mit dem sehr breit gefächerten Thema befasse. Jeder müsse sich aber auch selbst an der Nase nehmen, mahnte sie.

Glyphosat und Bisphenol A bleiben umstritten

Ebenfalls keine Entscheidung wurde über Anträge der Grünen (1064/A(E) ) und des Team Stronach (1289/A(E) ) getroffen, die auf ein Verbot glyphosathältiger Pflanzenschutzmittel bzw. eine völliges Verbot von Glyphosat abzielen. Wie Gesundheitsministerin Oberhauser berichtete, laufen eingeleitete Prüfungen auf EU-Ebene noch. Ihr zufolge hat sich zudem bereits einiges bewegt, so wollen einige Baumärkte künftig keine glyphosathältigen Pflanzenschutzmittel mehr anbieten. Auch die Asfinag verwende die Mittel nicht mehr, die ÖBB hätten großflächige Besprühungen eingestellt. Auch Abgeordneter Johann Höfinger (V) sprach sich dafür aus, die derzeit europaweit laufenden Untersuchungen abzuwarten.

Wolfgang Pirklhuber (G) und Ulrike Weigerstorfer (T) hatten ihre Anträge damit begründet, dass eine WHO-Agentur das Pestizid als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft hat. Frankreich habe mit einem sofortigen Verbot reagiert, forderte Weigerstorfer die Regierung auf, "etwas mutiger zu sein". Pirklhuber wies auf neue Untersuchungen hin, wonach Glyphosat auch massive Auswirkungen auf das Bodenleben habe. Der Antrag der Grünen wurde schließlich vertagt, jener des Team Stroanch an den Landwirtschaftsausschuss weitergeleitet.

Mit einer ähnlichen Begründung vertagt wurde auch ein Antrag des Team Stronach, die gesundheitlichen Auswirkungen von Bisphenol A in Lebensmittelverpackungen zu evaluieren und mögliche Ersatzstoffe wie Lignin zu prüfen (354/A(E)). Die Evaluierung auf europäischer Ebene laufe noch, teilte Gesundheitsministerin Oberhauser mit. Für sie ist es auch fraglich, ob alternative Weichmacher nicht noch gesundheitsschädlicher als Bisphenol A sind.

Team Stronach urgiert verschärfte Kastrationspflicht von Katzen

Schließlich lehnte der Gesundheitsausschuss gegen die Stimmen der FPÖ und des Team Stronach einen Entschließungsantrag von Abgeordneter Weigerstorfer betreffend die Kastrationspflicht von Katzen (642/A(E)) ab. Um verwilderte Katzenpopulationen zu vermeiden, fordert Weigerstorfer eine Adaptierung der Tierhaltungsverordnung in mehreren Punkten.

Die Initiative wurde von Abgeordnetem Dietmar Keck (S) mit dem Argument abgelehnt, dass einigen Anliegen des Team Stronach ohnehin mit der bevorstehenden Novelle der 2. Tierhaltungsverordnung Rechnung getragen würde. Im Falle von Streunerkatzen, die keinen Besitzer haben, sei es aber nicht möglich, jemanden zur Kastration zu verpflichten. Diese Meinung teilten auch ÖVP-Abgeordnete Martina Diesner-Wais und Grün-Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) gs