Parlamentskorrespondenz Nr. 1061 vom 07.10.2015

Klug will vermehrt auf Nachhaltigkeitsfaktor im Sport setzen

Individuelle Förderung von SpitzensportlerInnen soll vorangetrieben, das Gießkannenprinzip beendet werden

Wien (PK) – Sportminister Gerald Klug will im österreichischen Spitzensport zukünftig vermehrt auf Nachhaltigkeit setzen. Die individuelle Professionalisierung soll vorangetrieben werden, in Sachen Förderung und Betreuung der AthletInnen will er sich vom Gießkannenprinzip gänzlich verabschieden, wie er heute in der Aktuellen Aussprache im Sportausschuss des Nationalrats sagte. Klare Worte fand Klug außerdem gegenüber der Freiheitlichen Sportsprecherin Petra Steger, die die Unterbringung von Flüchtlingen im Wiener Fery Dusika Stadion massiv kritisierte. Die vier Oppositionsanträge etwa zur Öffnung der Forststraßen für MountainbikerInnen oder zur Schaffung einer Sportstätten-Koordinierungsstelle, mit denen sich der Sportausschuss heute außerdem befasste, wurden allesamt vertagt.

Klug: Professionalisierung von SportlerInnen vorantreiben

Österreich sei im Jahr 2015 in Sachen Sport noch nicht im Finale, aber auf einem guten Weg, so die einleitenden Worte des Sportministers. Gerade im Wintersport gebe es große Erfolge, Österreich habe sich aber auch im Sommersport sehr gut weiterentwickelt. Als Beispiel nannte Klug die Qualifikation der Österreichischen Fußballnationalmannschaft für die Europameisterschaft 2016. "Wir befinden uns auf dem Weg nach Frankreich", zeigte sich der Minister sichtlich erfreut. Auch die Medaillen bei der Tischtennis-Europameisterschaft seien ein "sporthistorischer Erfolg", der 11. Platz des Fußballnationalteams auf der Weltrangliste sei zudem einer nachhaltigen Sportpolitik zu verdanken. Hier will Klug in Zukunft auch verstärkt ansetzen. Das Projekt Rio2016, in dem AthletInnen mit einer finanziellen Basis von 20 Mio. € individuell und zielgerichtet in den Bereichen Taktik, Technik und Material für die Olympischen Sommerspiele nächstes Jahr in Rio de Janeiro vorbereitet werden, zeige bereits 300 Tage vor Austragungsstart mit der Qualifikation sämtlicher Sportarten wie Kanu, Rudern oder Segeln große Erfolge. London habe zu einem innerstaatlichen Umdenken bei der Förderung des Leistungssports geführt, für Rio sei Österreich inhaltlich neu aufgestellt. Entscheidend ist für Klug aber, schon jetzt über Rio2016 hinauszudenken und die Weichen für einen Nachhaltigkeitsfaktor im österreichischen Spitzensport zu legen. Gefordert sind hier laut dem Minister "alle maßgeblichen Player", nämlich Bund, Länder und die Sportverbände.

Umso wichtiger erachtete er die bereits gestartete Strategie2018, die Strukturen etwa beim Nachwuchsleistungssport, im beruflichen Umfeld für SportlerInnen, in der wissenschaftlichen Betreuung und in der Spitzensportinfrastruktur verbessern und professionalisieren soll. 13 Projekte befinden sich daraus bereits in Umsetzung. Die Strategie wurde insbesondere von Hermann Krist, Marianne Gusenbauer-Jäger (beide S) sowie Michaela Steinacker (V) im Ausschuss positiv bewertet.

Geht es um die Spitzensportförderung, will Klug verstärkt jene Verbände unterstützen, die professionell arbeiten und individuelle Weiterentwicklung der AthletInnen bzw. Talente ins Auge fassen. Die Einführung von Erfolgskriterien sei ein erster Schritt dazu, "die Zeit der Gießkannenförderung ist vorbei", meinte Klug. Nach wie vor gehen dem Sportminister zufolge zu viele Talente am Weg zur Spitze verloren. Dieser Drop-Out soll mit sogenannten "Talente-Nestern" in Zukunft verhindert werden.

Im Kontext der zunehmenden Technisierung aller Lebensbereiche meinte Klug, dass es bereits im Kindesalter maßgeblich sei, Begeisterung für Bewegung und Sport zu wecken. Dafür wurden vom Sportministerium Mittel aufgestockt, mit dem Projekt "Kinder gesund bewegen" konnte man Klug zufolge so 94% der Volksschulen und 77% der Kindergärten erreichen.

Klug machte außerdem auf die wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Positiveffekte von Sport aufmerksam. So werde jeder siebzehnte Euro der Bruttowertschöpfung in Österreich direkt oder indirekt durch Sport erwirtschaftet, bei der Beschäftigung gelte dies wiederum für jeden dreizehnten Arbeitsplatz.

Was die Strategiegruppe Gender Equality im österreichischen Sport betrifft, sollen die ersten Ergebnisse Anfang des nächsten Jahres vorgestellt werden, wie der Minister Nurten Yilmaz (S) und Georg Willi (G) informierte. Die für das zweite Halbjahr 2015 vorausgesagte Förderdatenbank befindet sich zudem gerade in der Ausschreibungsphase, die Datenbank werde in jedem Fall aufgestellt, leider sei das etwa aufgrund rechtlicher Rahmenbedingungen nicht so schnell und einfach möglich, wie Klug sagte.

FPÖ kritisiert Flüchtlingsunterbringung in Sportzentren

Die Flüchtlingssituation kam durch die FPÖ auch auf die Agenda des Sportausschusses. Harsche Kritik kam von Petra Steger (F) gegenüber der Unterbringung von Flüchtlingen in Wiener Sportzentren, konkret im Fall des Fery Dusika Stadions in der Leopoldstadt. Bei einem Mangel an Sportstätten in Österreich sei nicht nachvollziehbar, warum SportlerInnen einfach ausquartiert wurden. Vielen Top-AthletInnen wurde so ein ideales Training verwehrt, so das Argument Stegers, die auch von gesundheitlichen Gefahren durch ansteckende Krankheiten in den Trainingshallen sprach. Entsprechende Schreiben von Eltern an die Abgeordnete hätten darüber berichtet. "Es gibt keine gesellschaftliche Gruppe, die die FPÖ nicht gegen die Flüchtlinge aufhetzt", quittierte Abgeordneter Julian Schmid (G) die Argumentation der FPÖ.

Sportminister Klug wandte sich vehement gegen die Ausführungen der Freiheitlichen Sportsprecherin. Die Flüchtlingsfrage, diese besondere Herausforderung für ganz Österreich, könne nur gelöst werden, wenn alle zusammenhelfen. Wien habe besonders in der Zeit des großen Zustroms sehr professionell gearbeitet und Tolles geleistet. Keine einzige Sportlerin oder kein einziger Sportler habe sich aufgrund der Flüchtlingsunterbringung wegen mangelnder Trainingsmöglichkeiten an das Sportministerium gewandt, zudem habe es sich um eine temporäre Ausnahmesituation gehandelt.

Was die Zukunft des Multiversums angeht, meinte Klug gegenüber Ulrike Weigerstorfer (T), dass er die Sportstätte grundsätzlich als sinnvolles Projekt ansieht, der Bund seit Bekanntwerden diverser Vorwürfe sämtliche Zahlungen aber eingestellt habe. Die weitere Vorgehensweise würde sich nun in rechtlicher Prüfung befinden.

Sportanlagen an Schulen: Grüne sehen Klug bei Bildungsreform gefordert

Gegenüber Julian Schmid und Dieter Brosz (G) sprach sich Klug prinzipiell für eine Weiterentwicklung der Sportstätteninfrastruktur an Schulen aus. Die Grünen sehen den Minister im Kontext der Bildungsreform gefordert, nun entsprechende Verhandlungen voranzutreiben, etwa was eine Öffnung der Schulsportanlagen während der Sommerferien betrifft. Seit den 1990iger Jahren werde die Verantwortung in dieser Frage zwischen dem Bildungs- und dem Sportministerium hin- und hergeschoben, bemängelte Brosz. Entsprechenden Bedarf habe er bereits artikuliert, meinte Klug, bei der Öffnung der Sportstätten handle es sich aber um eine "holprige Gemengelage".

Noch weiterer Diskussionsbedarf in der Frage der Öffnung der Forststraßen für MountainbikerInnen  

Ein Antrag der Grünen war sodann Ausgangspunkt für eine ausführliche Debatte über die Vor- und Nachteile einer Öffnung der Forststraßen für MountainbikerInnen. Da es österreichweit sehr unterschiedliche Regelungen und auch diverse Nutzungskonflikte gebe, sollte eine einheitliche gesetzliche Regelung mit genau festgelegten Rahmenbedingungen gefunden werden, meinte SPÖ-Klubchef Andreas Schieder. Es gehe dabei keineswegs um die Nutzung aller Waldwege, sondern nur um die Forststraßen, bekräftigte er, damit etwa Familien am Sonntag einen Fahrradausflug im Grünen machen können. Dies hätte auch positive Auswirkungen auf den Tourismus, wie die Beispiele in Bayern, der Schweiz oder Südtirol belegen. Die ÖVP-Mandatare Johannes Rauch und Johannes Schmuckenschlager sprachen sich gegen eine Zwangslösung aus und vertraten die Auffassung, dass man weiterhin wie bisher ein Einvernehmen mit den Grundeigentümern finden sollte. Außerdem seien schon jetzt 27.000 Kilometer Forststraßen für Mountainbikes frei gegeben.

Georg Willi wies darauf hin, dass je nach Bundesland weit über 90 % der österreichischen Forststraßen für RadfahrerInnen gesperrt sind (1249/A(E) ). Die Straßen würden aber aufgrund ihrer Auslegung für Schwer-Lkws genug Platz für ein Miteinander verschiedener NutzerInnen haben. Die Grünen fordern deshalb unter Beibehaltung des besonderen Stellenwerts des Naturschutzes und der Waldbewirtschaftung von der Bundesregierung eine generelle Öffnung der Forststraßen für MountainbikerInnen.

Auch in seiner Fraktion sind die Meinungen zu diesem Thema geteilt, räumte Abgeordneter Peter Wurm von der FPÖ an. Er hielt es für sinnvoll, ein Expertenhearing abzuhalten. 

Da es in dieser Frage offenbar noch einigen Diskussions- und Überzeugungsbedarf gebe und auch eine Arbeitsgruppe im Ressort eingesetzt wurde, stellte Hermann Krist (S) einen Vertagungsantrag, der mehrheitlich angenommen wurde. Er hoffe, dass bis zum nächsten Ausschusstermin Anfang Dezember bereits eine Lösung präsentiert werden könne.

Weiters vertagt: Anträge betreffend Ombudsstelle, Sportstätten-Koordinierungsstelle und Vereinbarkeit von Beruf und Sport

Die Freiheitlichen forderten von der Bundesregierung die Schaffung einer Sportstätten-Koordinierungsstelle. Diese soll Vereinen, Sportlern und Verbänden eine Hilfe sein, wenn es darum geht, geeignete Sportstätten für Wettkämpfe oder Trainings zu finden, erläuterte FPÖ-Abgeordnete Petra Steger (1342/A(E) ). Aus eigener Erfahrung wisse sie, dass dabei oft große Probleme auftreten können. In einem weiteren Antrag (1344/(E) ) setzte Steger für bessere Vereinbarkeit von Sport und Beruf ein. Unternehmen und ArbeitgeberInnen sollen wirtschaftliche Anreize gegeben werden, wenn diese JungsportlerInnen in der Zeit ihrer aktiven Sportkarriere ein Beschäftigungsverhältnis beziehungsweise eine Lehrstelle anbieten. Für SportlerInnen sei es nämlich oftmals unmöglich, sich neben ihrer Karriere auch in anderen Berufsfeldern zu etablieren, so die Argumentation.

NEOS-Vertreter Niko Alm plädierte generell für eine Gleichbehandlung aller gesellschaftlichen Aktivitäten und lehnte eine Bevorzugung des Sports ab. 

SPÖ-Mandatar Hermann Krist verwies auf die laufenden Verhandlungen über die Sportstrategie 2018, wo es u.a. auch um die von der FPÖ aufgeworfenen Fragen geht. Von ihm eingebrachte Vertagungsanträge wurden mehrheitlich angenommen.

Die Grünen sprachen sich in einem Entschließungsantrag (454/A(E)) für die Einrichtung einer weisungsfreien Sportombudsstelle aus. Damit SportlerInnen im Fall von Missständen in Verbänden, Meinungsverschiedenheiten und Ungerechtigkeiten nicht auf sich alleine gestellt bleiben, sollte für Betroffene eine Ansprechstelle zur Verfügung stehen. Dadurch könnten Missstände gemeldet, Vorwürfe objektiv überprüft und entsprechende Empfehlungen für Verbesserungen ausgesprochen werden. Da ihm von Seiten des Ministeriums glaubhaft versichert wurde, dass an der Umsetzung dieses Anliegens gearbeitet werde, sprach sich Brosz selbst für die Vertagung seines Antrags aus. (Schluss) keg/sue


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