Parlamentskorrespondenz Nr. 1069 vom 09.10.2015

Klubwechsel: Unterschiedliche Reaktionen auf Reformpapier

Diskussion soll Ende Oktober im Geschäftsordnungs-Komitee fortgesetzt werden

Wien (PK) – Die ersten Reaktionen auf das von Nationalratspräsidentin Doris Bures in Auftrag gegebene Rechtsgutachten zum Thema Klubwechsel sind unterschiedlich ausgefallen. Im Anschluss an die Präsidialkonferenz, bei der das Reformpapier diskutiert wurde, kamen insbesondere von der FPÖ und vom Team Stronach kritische Töne. Er halte es für keine gute Idee, bei der Klubförderung etwas zu ändern, nur weil die ÖVP zuletzt einige Abgeordnete abgeworben hat, meinte etwa Team-Stronach-Klubchef Robert Lugar gegenüber den Medien. Schließlich bräuchten Abgeordnete Mitarbeiter und eine adäquate Büroinfrastruktur für ihre Arbeit. Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer erachtet es vor allem für notwendig, die Vorschläge zur Ausschusszusammensetzung noch genauer unter die Lupe nehmen. Seiner Ansicht nach könnte es problematisch sein, wenn es im Ausschuss andere Mehrheitsverhältnisse als im Plenum gibt.

Grundsätzlich positiv, was die Reformvorschläge zur Klubförderung betrifft, äußerte sich hingegen Grün-Abgeordneter Dieter Brosz. Bei einem Klubwechsel solle es keine "Transfergelder" wie im Fußball geben, meinte er. In Bezug auf die Zusammensetzung der Ausschüsse liegen ihm zufolge mehrere Vorschläge am Tisch, über die man diskutieren könne. Gerade für diesen Bereich hält NEOS-Klubchef Matthias Strolz eine Lösung für vorrangig, und zwar noch vor der Einsetzung des nächsten Untersuchungsausschusses. Die NEOS seien dafür, dass das Team Stronach auch in künftigen Untersuchungsausschüssen vertreten ist, betonte er.

Zur Frage der Klubförderung merkte Strolz an, das Abwerben von Abgeordneten anderer Klubs schade der Glaubwürdigkeit der Politik und dürfe kein "Geschäftsmodell" sein. Er will die Vorschläge Öhlingers aber erst nach einer gewissen "Abkühlphase" diskutieren. Schließlich sei es auch klar, dass Abgeordnete Infrastruktur brauchen. Zweiter Nationalratspräsident Karlheinz Kopf verwies auf die bevorstehende Diskussion im Geschäftsordnungskomitee, wobei ihm zufolge auch ein Gutachten des Parlamentarismus-Experten Werner Zögernitz vorliegt.

Nationalratspräsidentin Doris Bures bekräftige ihren Wunsch nach einer ernsthaften Diskussion über die Vorschläge. Es tue dem Parlament nicht gut, wenn in der Öffentlichkeit auch nur der geringste Anschein entstehe, dass hinter einem Klubwechsel monetäre Interessen stehen, sagte sie. Nicht rütteln will Bures an der Bestimmung, dass ein Klub seinen Klubstatus verliert, wenn er weniger als fünf Abgeordnete hat.

Verfassungsexperte Theo Öhlinger kann sich im vorliegenden Rechtsgutachten vor allem in zwei Punkten neue Regelungen vorstellen, um dem Wählerwillen besser gerecht zu werden (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1067/2015). So könnte ihm zufolge die Zusammensetzung der Ausschüsse auf Basis des Wahlergebnisses am Beginn einer Legislaturperiode festgelegt und für die Dauer der gesamten Periode eingefroren werden. Einem Klub, dem es gelingt, andere Abgeordnete anzuwerben, sollte keine höhere Klubförderung bekommen, der kleiner werdende Klub aber dennoch Geld verlieren. (Schluss) gs