Parlamentskorrespondenz Nr. 1170 vom 30.10.2015

Der Nationalfonds - später Ausdruck der Verantwortung

Der Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus hat seit seiner Gründung viele Aufgaben übernommen und bewältigt

Wien (PK) - Der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus wurde 1995 zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung und damit der Wiederherstellung der demokratischen Republik Österreich gegründet. Damit hat die Republik spät aber doch ihre besondere Verantwortung gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus zum Ausdruck gebracht. Diese Anerkennung stellt aber auch einen wichtigen Beitrag zu einer gesellschaftspolitischen Sensibilisierung im Hinblick auf die Wahrnehmung einzelner Opfergruppen und die unterschiedlichen Formen der Verfolgung dar, wie auf der Website des Fonds unterstrichen wird.

Zentrale Aufgabe des Nationalfonds sind die Gestezahlungen -Individualzahlungen in der Höhe von jeweils 5.087,10 € an NS-Opfer. Berücksichtigt werden dabei alle Opfer des Nationalsozialismus, auch jene, die in Österreich lange keine oder nur eine unzureichende Anerkennung erfahren haben. Dazu zählen etwa Roma und Sinti, "Spanienkämpfer", Kärntner Slowenen, die "Kinder vom Spiegelgrund", Opfer der NS-Militärjustiz, Homosexuelle, aber auch die von der Aussiedlung aus dem "Döllersheimer Ländchen" (Allentsteig/NÖ) Betroffenen oder Wehrdienstverweigerer und Deserteure aus der Deutschen Wehrmacht. Seit dem Bestehen des Nationalfonds wurden ca. 31.400 Anträge bearbeitet und rund 156 Mio. € ausbezahlt.

Zahlreiche weitere Aufgabenfelder

Im Mai 1999 wurde der Härteausgleichsfonds eingerichtet, aus dem Zahlungen an jene erfolgen, die die Voraussetzungen für die Zuerkennung nach dem Nationalfondsgesetz zwar weitgehend, jedoch nicht zur Gänze erfüllen. Daraus wurden bisher 91 Auszahlungen zu je 5.087,10 € vorgenommen.

Aus dem Raubgoldfonds (Nazi Persecutee Relief Fund) wurden 48 Auszahlungen zu je 5.087,10 € vorgenommen. Dieser speiste sich aus Mitteln, die aufgrund des Verzichts diverser Staaten auf ihren Restbestand am so genannten Raubgold frei geworden waren. Der Nationalfonds verwaltete den auf die Republik Österreich entfallenden Teil der Gelder. Die Mittel sind seit 2010 aufgebraucht.

Zudem wurde der Nationalfonds im Jahr 2001 in Umsetzung des Washingtoner Abkommens mit der Entschädigung für entzogene Mietrechte, Hausrat und persönliche Wertgegenstände betraut. Für diesen Zweck wurde an über 20.000 Berechtigte ein Betrag von jeweils 7.630 € sowie Nachzahlungen von jeweils 1.000 € ausbezahlt; insgesamt gelangten umgerechnet 175 Mio. € zur Verteilung.

Ein Hauptaugenmerk des Nationalfonds liegt auf der Förderung von Projekten, wobei insbesondere soziale, medizinische und psychotherapeutische Projekte zugunsten von überlebenden Opfern im Vordergrund stehen. Es werden aber auch wissenschaftliche Projekte unterstützt; dem bildungspolitischen Aspekt und Gedenkprojekten wird dabei besonderes Augenmerk geschenkt. Dafür wendete der Fonds bislang insgesamt 25,13 Mio. € auf.

Zudem hat der Fonds Aufgaben aus dem Kunstrestitutionsgesetz übernommen und richtete 2006 eine Online-Kunstdatenbank ein, die Informationen zu über 9.100 Objekten enthält.

Der Fonds wurde 2009 mit der Neugestaltung der österreichischen Ausstellung im Block 17 des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau in Polen beauftragt, die den Titel "Entfernung. Österreich in Auschwitz" trägt.

Schließlich fungiert der Fonds als österreichische Koordinierungsstelle im Rahmen der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) international.

Zu den Aufgaben des Nationalfonds zählt überdies die administrative Unterstützung des 2010 eingerichteten Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich und des 2001 eingerichteten und mit 210 Mio. US-Dollar dotierten Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus. Die Vermögensentschädigung durch den Entschädigungsfonds ist weitgehend abgeschlossen, die Naturalrestitution wird bis 2018 abgeschlossen sein, danach wird dieser Fonds aufgelöst.  

Im Jänner 2013 stellte der Nationalfonds das in deutscher und englischer Version abrufbare Findbuch für Opfer des Nationalsozialismus (www.findbuch.at) vor. Das Online-Portal ermöglicht eine Suche nach Materialien zu NS-Vermögensentziehungen und österreichischen Restitutions- und Entschädigungsmaßnahmen in mehreren österreichischen Archiven.

Die Leitung des Nationalfonds

Von Anfang an leitete Hannah Lessing als Generalsekretärin den Nationalfonds. Oberstes Organ des Fonds ist das Kuratorium, an dessen Spitze derzeit Doris Bures in ihrer Funktion als Präsidentin des Nationalrats steht. Dem Kuratorium gehören unter anderem auch ihre beiden Stellvertreter im Präsidium, Karlheinz Kopf und Norbert Hofer, sowie Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner an. Erster Vorsitzender des Kuratoriums war der jetzige Bundespräsident und damalige Nationalratspräsident Heinz Fischer, ihm folgten Andreas Khol und Barbara Prammer.

Nähere Informationen über den Nationalfonds, seine Aufgaben, seine Arbeit und seine Organe stehen auf der Website des Fonds https://nationalfonds.org/ zur Verfügung. (Schluss) jan

HINWEIS: Fotos von der Veranstaltung zu 20 Jahre Nationalfonds finden Sie im Fotoalbum auf www.parlament.gv.at.