Parlamentskorrespondenz Nr. 1210 vom 11.11.2015

Nationalrat: Wie gut ist das Krisenmanagement Werner Faymanns?

Unterschiedliche Antworten auf eine Anfrage des Teams Stronach

Wien (PK) - "Wo ist Kanzler Faymann in der gefährlichsten Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Flüchtlingskrise seit 1945?" - Antworten auf die Dringliche Anfrage dieses Titels erhielt das Team Stronach heute im Nationalrat von Staatssekretärin Sonja Steßl, die den in Brüssel tätigen Bundeskanzler parlamentarisch vertrat. Mangel an Lösungskompetenz lautete der Vorwurf der AntragstellerInnen gegenüber Regierung und Bundeskanzler. Die Lage Österreichs sei besorgniserregend, befand Team Stronach-Klubobmann Robert Lugar und listete in seiner Begründung auf: Rekordarbeitslosigkeit, Rekordschulden, Rekordabgaben, Probleme am Wirtschaftsstandort, 1,2 Millionen armutsgefährdete ÖsterreicherInnen, Reformstau bei Bildung, Verwaltung und Pensionen und nun das Versagen der Regierung in der größten internationalen Flüchtlingskrise seit 1945.

Lugar gegen Einladung von Menschen, für die in Europa kein Platz ist   

Die Anfrage an den abwesenden Bundeskanzler erklärte Team Stronach-Klubobmann Robert Lugar mit Versäumnissen bei der Information seiner Fraktion über Faymanns heutigen Termin in Brüssel. Nachdem die ÖsterreicherInnen seit Jahren darauf warten, dass die Regierung bei dringend notwendigen Reformen endlich in die Gänge kommt, ducke sich Faymann nun auch in der Flüchtlingskrise weg – wie immer, wenn Probleme gelöst werden müssen. Sollen Flüchtlinge registriert werden, brauche es einen Zaun, nicht eine "Tür mit Seitenteilen". Dies deshalb, weil Österreich Flüchtlinge nach dem Dublin-Vertrag nur dann zurückschicken könne, wenn diese bei der Einreise registriert wurden. Solange Schutzbedürftigen über die Grenze kommen, ohne registriert zu werden, könne man auch nicht wissen, ob es sich nicht vielmehr um Drogenhändler oder IS-Kämpfer handle. Lugar will mehr Menschen, die jetzt viel Geld dafür zahlen, um nach Europa geschleppt zu werden, zurückschicken, als ein Signal, damit die Menschen in ihrer Region bleiben. Denn es habe keinen Sinn, Menschen – von denen 80% nur einen Pflichtschulabschluss haben, nach Europa einzuladen, wo für diese Menschen kein Platz sei.

Arbeitsverweigerung lautet der Vorwurf Lugars an den Bundeskanzler auch beim Thema Arbeitslosigkeit. Die Regierung verzichte im Interesse der Banken drauf, Arbeitsplätze durch Förderung von Betriebsgründungen zu schaffen. Reformen brauche es auch in der Gewerbeordnung, die entrümpelt gehöre, um den Unternehmergeist zu fördern. Den Widerstand der Gewerkschaften gegen Mitarbeiterbeteiligungen nannte Lugar als eine der Ursachen dafür, dass die VOEST mehr in den USA investiere als in Österreich. Bei der Aufhebung der Ladenöffnungszeiten bringe die ÖVP nichts weiter, obwohl davon 10.000 neue Arbeitsplätze zu erwarten wären. Auch ohne Berücksichtigung zehntausender Flüchtlinge fehlten in Österreich 40.000 Wohnungen, die Regierung beabsichtige aber lediglich, 30.000 Wohnungen zu bauen, das sei zu wenig und löse auch die Probleme auf dem Arbeitsmarkt nicht, schloss Lugar.

Steßl: Österreich ist ein stabiles Land – ein Erfolg Werner Faymanns

Bundeskanzler Faymann nehme heute am EU-Afrika-Gipfel mit 60 Staats- und Regierungschefs teil, bei dem es auch um die Flüchtlingskrise gehe – diesen Termin kenne das Team Stronach seit Monaten, hielt  Staatssekretärin Sonja Steßl eingangs ihrer Anfragebeantwortung fest. Dann erinnerte Sonja Steßl daran, wie erfolgreich Werner Faymann Österreich durch die Finanz- und Wirtschaftskrise geführt und dafür gesorgt habe, dass Österreich nach wie vor eines der stabilsten Länder der Welt sei. Aktuell werde die Krisenbewältigung mit der Steuerreform 2016 fortgesetzt, die 5 Mrd. € an Entlastung für Millionen ÖsterreicherInnen bringe. Zu nennen seien auch die Beiträge der Bundesregierung unter Werner Faymann zur Stabilisierung der Eurozone, der Banken, zur nachhaltigen Sicherung der Sozialversicherung, die Einführung der Stabilitätsabgabe und jüngst die Wohnbauoffensive sowie die Senkung der Lohnnebenkosten.

Priorität habe für die Bundesregierung der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, sagte Steßl, informierte über eine weiter steigende Beschäftigung und zusätzliche Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik, unter anderem auch für die Vorbereitung von Flüchtlingen auf den Arbeitsmarkt. Dazu kündigte die Staatssekretärin ein Anerkennungsgesetz für die Berufsqualifikationen von Flüchtlingen an.

In den Wohnbau investiere die Bundesregierung mehr als 5,25 Mio. € jährlich zusätzlich und erwarte dadurch 20.000 Jobs mehr. Die Gewerbeordnung werde laufend novelliert, KMU erhalten mehr Förderungen und bessere alternative Finanzierungen und die Neugründung von Unternehmen wurde erleichtert.

Flüchtlingsbewegungen müssen auf eine menschliche Art abgewickelt werden, hielt Steßl fest. Priorität haben aber Strategien gegen die Fluchtursachen und die Einrichtung von Hotspots an den EU-Außengrenzen sowie die Kooperation mit der Türkei. Für die Finanzierung der Aufwendungen für Flüchtlinge werde im Budget 2016 vorgesorgt und Rechtssicherheit für NGOs geschaffen. 350 Mio. € mehr wurden für die Bewältigung der Flüchtlingskrise zur Verfügung gestellt. Für 2016 werden die Kosten auf 750 Mio. € bis 1,2 Mrd. € geschätzt, teilte die Staatssekretärin mit.

Zur Sicherung der Grenzübertritts in Spielfeld werden auch bauliche Maßnahmen ergriffen und die Koordination mit Slowenien und Kroatien wird verbessert. Sonja Steßl erteilt einer Politik des Abgrenzens und Umzäunung von EU-Ländern aber eine klare Absage. Priorität haben die Sicherung der EU-Außengrenze, die Errichtung von Hot-Spots, wo über Asylverfahren entschieden wird. Die Debatte über Sicherheitszonen in Syrien sei bereits im Gange.

In ihren Antworten auf Detailfragen informiert die Staatssekretärin über die Ergebnisse des jüngsten Arbeitsmarktgipfels und kündigt die Präsentation der Bildungsreform für 17. November an. Das Pensionsantrittsalter steige, die Pensionskosten entwickelten sich besser als erwartet und die Bemühungen der Regierung, Menschen länger im Arbeitsprozess halten, zeigten Erfolge. Zahlreiche Maßnahmen der Verwaltungsreform zielten auf Vereinfachungen, Entbürokratisierungen, Effizienzsteigerungen und Erleichterungen für die BürgerInnen, sei es bei Wohnsitzänderungen, in der Gewerbeordnung, bei Unternehmensgründungen oder bei der Arbeitnehmerveranlagung.

Dietrich: Regierung versagt bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise

Einen Krisenmanager nach dem Vorbild des gestern verstorbenen deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt wünscht sich Waltraud Dietrich (T) an der Spitze der Bundesregierung. Zur Verantwortung des Bundeskanzlers zähle auch die Festsetzung einer Belastungsgrenze für das Land beim ungeordneten Zustrom von Flüchtlingen, meinte Dietrich und wies auf die berechtigten Ängste der Menschen hin. Immerhin werde die Zahl der Flüchtlinge weltweit mit 60 Mio. angegeben. Müssen die Österreicher damit rechnen, dass Wohnungen für Flüchtlinge beschlagnahmt werden müssen?, fragte Dietrich und verlangte eine ehrliche Antwort auf die Frage, wie viele Flüchtlinge das österreichische Sozialsystem verkraften kann. Österreich brauche eine Bundesregierung mit Weitsicht und Problemlösungskraft.

Muchitsch: Österreich ist Vorbild bei der Krisenbewältigung

Kein Land hat die Krise so gut bewältigt wie Österreich unter der Regierung Faymann, sagte Josef Muchitsch (S) und warf dem Team Stronach vor, bei der Darstellung der Situation Österreichs maßlos ins Negative zu übertreiben. Weder hätten Asylwerber Zugang zum Arbeitsmarkt noch bestehe ein Anlass, das Land schlecht zu reden. Das verunsichere Investoren und schade dem Wirtschaftsstandort. Es gebe 32.000 offene Stellen bei steigender Beschäftigung – diese Chance sollte man nutzen und Österreich aus der Krise herausinvestieren. Das Wohnbauprogramm schaffe zusätzliche Jobs und die Steuerreform sei ein wichtiges und richtiges Signal in Richtung Wachstum durch höhere Kaufkraft.  

Wöginger sieht keinen Grund, Österreich schlecht zu reden

Auch August Wöginger von der ÖVP riet dazu, die Fakten im Auge zu behalten und darauf zu verzichten Österreich schlecht zu reden. Die österreichische Wirtschaft entwickle sich im internationalen Vergleich gut. Das Land habe eine gute Position bei den Arbeitsmarktdaten, die hohen Staatsschulden sinken und die Steuerreform mit einer Entlastung von 5 Mrd. € werde international beachtet. Pessimismus sei nicht angebracht. 30.000 Wohnungen und 20.000 Jobs mehr – das ist der jüngste Kraftakt der Bundesregierung, um die Wirtschaft anzukurbeln, dazu kommt eine Lohnnebenkostensenkung. Die verstärkte Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer bewähre sich, setzte Wöginger fort und bekannte sich auch zu mehr Flexibilisierung und Transparenz auf dem Arbeitsmarkt. Hinsichtlich der Flüchtlinge warb der Redner für Anstand, Hausverstand und Hilfe für Menschen, die in Not sind, aber gegen eine übertriebene "Willkommenskultur".

Belakowitsch–Jenewein verlangt Konjunkturpaket für kleine Betriebe 

Es nütze nichts, Österreich angesichts von 400.000 Arbeitslosen schön oder gut zu reden, sagt Dagmar Belakowitsch–Jenewein (F). Es würden Maßnahmen in die richtige Richtung gesetzt, räumte die Rednerin ein, aber nicht genug. Die Stimmung in der Koalition sei schlecht und die ÖVP betreibe Politik für die Großindustrie statt für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Konkret verlangte Belakowitsch–Jenewein Maßnahmen gegen intransparente Subunternehmer und Scheinfirmen – das wäre ein Konjunkturpaket für KMU. Das Modell Lehre für AsylwerberInnen sei kein Erfolgsmodell, 40% der jungen Flüchtlinge brechen ihre Lehrausbildung und Arbeitsmarktprobleme durch den Zuzug von Billigarbeitskräften aus dem Osten seien durch das Lohn- und Sozialdumpinggesetz nicht behoben werden.

Lichtenecker: Nutzen wir die Chancen der Immigration

Ruperta Lichtenecker (G) erinnerte das Team Stronach an ihren Namensgeber, der als Wirtschaftsflüchtling in Kanada die Möglichkeit hatte, ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen. Heute habe Kanada eine ethnisch bunte Regierung mit einem Frauenanteil von 50%. Es lohne sich auf Menschen zuzugehen, die vor Krieg und Not fliehen und die Chancen der Immigration zu nutzen. Überdies sei es schäbig, politisches Kleingeld auf dem Rücken schutzbedürftiger Menschen wechseln zu wollen. Jeder dritte Unternehmer in Wien hat Migrationshintergrund, vor allem in wissensintensiven Branchen. Der Wirtschaftsstandort profitiere von Immigration, hielt Lichtenecker fest.

Schellhorn: Diese Regierung belastet die Wirtschaft   

Serienweise Mehrbelastungen der Wirtschaft durch die Bundesregierung sieht Josef Schellhorn (N). Es verwundere nicht, dass eine depressive Stimmung vorherrsche und es nicht gelinge, die Wirtschaft auf Wachstumskurs zu bringen. Der Arbeitsmarktgipfel war bestenfalls ein "Maulwurfshügel", der die von der Wirtschaft verlangte Flexibilisierung der Arbeitszeit nicht erreicht habe. An dieser Stelle lobte der Redner den neuen Metaller-KV, der in Richtung Arbeitszeitflexibilisierung gehe. Mit einem Entschließungsantrag seiner Fraktion brach Schellhorn eine Lanze für die Flexibilisierung der Arbeitszeit nach deutschem Vorbild und forderte einen Gesetzesvorschlag für Jahresarbeitszeitmodelle und die Zulassung von maximal 12-stündigen Arbeitstage bei gleichbleibender Wochenarbeitszeit. (Fortsetzung Dringliche/Nationalrat) fru