Parlamentskorrespondenz Nr. 1227 vom 12.11.2015

EU-Anpassung bei Hypothekar- und Immobilienkrediten

Nationalrat beschließt Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz

Wien (PK) –Im Anschluss an die Debatte über das Strahlenschutzgesetz beschloss der Nationalrat mehrheitlich Anpassungen bei Hypothekar- und Immobilienkrediten. Keine Mehrheit faden hingegen Oppositionsanträge zu Änderungen im Verbraucher- und Konsumentenschutz sowie die Forderung nach weiteren Ausnahmen aus dem Hypothekar- und Immobilienkreditvertragsgesetz.

Außerdem wurde das Vierte Zusatzprotokoll zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen ratifiziert, wodurch das Auslieferungsverfahren gegenüber Nicht-EU-Staaten vereinfacht wird.

Anpassung der Regelungen für Hypothekar- und Immobilienkredite an EU-Standards

Das österreichische Hypothekar- und Immobilienkreditvertragsrecht wird an die EU-Standards für Wohnimmobilienkredite angepasst. Dabei bleiben bisherigen Regelungen weitgehend bestehen. Justizminister Wolfgang Brandstetter hob dazu hervor, nur Hypothekar- und Immobilienkreditverträge seien von dem neuen Gesetz umfasst, alle anderen Kredite unterliegen weiterhin dem Verbraucherkreditgesetz. Mit der Umsetzung der europäischen Richtlinie sind umfangreiche Informationspflichten durch Kreditgeber und Kreditvermittler vorgesehen. Eine Kreditwürdigkeitsprüfung dient künftig als Voraussetzung für die Kreditvergabe. Weiters erhalten VerbraucherInnen eine Bedenkzeit von sieben Tagen nach Erhalt des Kreditangebots. Auch wird ein Rücktrittsrecht eingeführt, von diesem kann Gebrauch gemacht werden, wenn VerbraucherInnen die Vertragserklärung kurz nach Eingang der vorvertraglichen Informationen abgegeben haben. Das Gesetz wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien, der Grünen, der FPÖ und des Teams Stronach beschlossen.

Eigenheime führen langfristig zu leistbarem Wohnen und bieten den BürgerInnen Sicherheit, führte Michaela Steinacker (V) aus und unterstrich, mit dem Gesetz würde ein vernünftiger Weg für mehr Sicherheit der KonsumentInnen geschaffen. Zudem begrüßte die Abgeordnete die Höchstgrenze von einem Prozent bei der Entschädigung des Kreditunternehmens bei vorzeitiger Kreditrückzahlung.

Für Ruth Becher (S) befürworte sie die erhöhte Transparenz und die Einführung der Bedenkzeit für KonsumentInnen, was den Hypothekarmarkt zu einem sicheren Markt mache. Auch Fraktionskollege Harald Troch (S) trat für strenge Normen zum Schutz der Verbraucher ein und freute sich insbesondere über die neuen Regelungen im Bereich der Kreditwerbung. Künftig müssten Kreditinstitute mit einem repräsentativen Zinssatz werben, dadurch entstünde bessere Vergleichbarkeit für die VerbraucherInnen. Obwohl das bestehende Verbraucherkreditgesetz für Johannes Jarlolim (S) bereits ein sehr gutes System liefere, hob der Abgeordnete die Regelungen zur vorzeitigen Kreditrückzahlung im neuen Hypothekar- und Immobilienkreditvertragsgesetz positiv hervor.

Demgegenüber sah Nikolaus Scherak (N) vermehrte bürokratische Aufwände durch das neue Gesetz und brachte einen Abänderungsantrag, der weitere Ausnahmen aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes vorsah, ein. Scherak sprach sich gegen das neue Rücktrittsrecht aus, da dies eine Unsicherheit und Belastung für Unternehmen darstelle. Die NEOS seien für den Verbraucherschutz, jedoch schießen die neuen Regelungen über das Ziel hinaus, betonte Scherak. Harald Stefan (F) begründete die Zustimmung seiner Partei zu dem Antrag der NEOS mit einer Ablehnung des Rücktrittsrechts. Dieses bringe Unsicherheiten in Fällen, bei denen mehrere Parteien vorvertragliche Pflichten eingehen. Grundsätzlich begrüße die FPÖ jedoch die Regelungen, deshalb gebe sie in dritter Lesung ihre Zustimmung für den Gesetzesentwurf. Der Antrag der NEOS blieb mit den Stimmen von FPÖ und Team Stronach in der Minderheit.

Aygül Berivan Aslan (G) sah die Notwendigkeit bei der Pfandleihe Sonderbestimmungen zum Konsumentenschutz vorzusehen, da diese vermehrt von stark armutsgefährdetem Klientel eingegangen würden. Ein diesbezüglicher Antrag der Grünen, das Verbraucherkreditgesetz weitestgehend auch auf Pfandleiverträge auszudehnen, fand bei der Abstimmung keine Mehrheit. Nikolaus Scherak (N) sah durch die Forderungen der Grünen einen Bürokratieanstieg, der nicht im Sinne des Instituts der Pfandleihe sei. Deshalb könne er dem Antrag nicht zustimmen. Auch dieser Antrag fand keine Mehrheit.

Harald Stefan (F) forderte den Justizminister mit einem Entschließungsantrag dazu auf, ein einheitliches Konsumentenschutzrecht vorzulegen. Der Antrag blieb mit den Stimmen von FPÖ, NEOS und Team Stronach ebenfalls in der Minderheit.

Auslieferungsverfahren gegenüber Nicht-EU-Staaten werden vereinfacht

Das Auslieferungsverfahren gegenüber Nicht-EU-Mitgliedstaaten wird vereinfacht und beschleunigt. Das Vierte Zusatzprotokoll zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen sieht vor, dass die Auslieferung mit Zustimmung der auszuliefernden Person bereits auf der Grundlage des Fahndungsersuchens bewilligt werden kann. Daneben werden die Durchführung des Auslieferungsverfahrens und die Übergabe der auszuliefernden Person an den ersuchenden Staat an kurze Fristen gebunden, wodurch die Dauer der Auslieferungshaft und des Verfahrens verringert werden kann. Zusätzlich wird die Kommunikation per Telefax oder E-Mail für zulässig erklärt.

Mit der Ratifizierung würde die bestehende Rechtslage an die heutigen Bedürfnisse angepasst, führte Klaus Feichtinger (S) aus, der gemeinsam mit Johannes Jarolim und Petra Bayr (beide S) die Vereinfachungen unterstrich. Während Jarolim die Ermöglichung der Haft im Heimatstaat hervorhob, stand für Bayr die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und des Völkerrechts im Vordergrund. Bernd Schönegger (V) sah durch die Neuregelung eine Stärkung der Kriminalitätsbekämpfung. Für ihn handelt es sich dabei um ein positives Beispiel der Zusammenarbeit der europäischen Mitgliedsstaaten. Das Abkommen wurde mit den Stimmen aller Fraktionen ratifiziert. (Fortsetzung Nationalrat) gro