Parlamentskorrespondenz Nr. 1395 vom 09.12.2015

Strache sieht Sicherheitsgefährdung durch Masseneinwanderung

Heftige Debatte im Nationalrat über Lösungen in der Flüchtlingsfrage

Wien (PK) – Derzeit komme es unter dem Deckmantel des Asyls zu einer unkontrollierten Masseneinwanderung nach Europa, was die Sicherheit der ÖsterreicherInnen massiv gefährde, erklärte FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache zu Beginn der heutigen Nationalratssitzung. In der von den Freiheitlichen beantragten Aktuellen Stunde mit dem Titel "Sicherheit statt Asylchaos" warf er der Bundesregierung völliges Versagen und Chaos vor. Innenministerin Mikl-Leitner sprach von großen Herausforderungen, die nur gemeinsam bewältigt werden können und setzte auf nationale und europäische Lösungen. Im konkreten sprach sie dabei die Weiterentwicklung des Staatsschutzes sowie die für 15. Dezember angekündigte Präsentation des neuen europäischen Grenzschutzkonzepts durch den zuständigen Kommissar Avramopoulos an.

Strache wirft der Regierung gemeingefährliches und unverantwortliches Handeln vor  

Als völlig gescheitert bezeichnete FPÖ-Klubobmann Heinz Christian Strache die Reaktion der politisch Verantwortlichen auf die aktuelle Flüchtlingskrise, die eigentlich gar keine ist. Es handle sich nämlich vielmehr um eine Massenzuwanderung von primär jungen Männern, die unter dem Deckmantel des Asyls in ihre Wunschländer reisen wollen. Die Tatsache, dass seit Anfang September über 500.000 Personen unkontrolliert und ohne Registrierung nach Österreich hereingelassen wurden, könne nur als gemeingefährlich eingestuft werden. Strache wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass einige der Attentäter von Paris höchstwahrscheinlich über die Balkanroute eingereist sind.

Anstatt endlich einmal die nationalstaatliche Verantwortung wahrzunehmen, um dem dramatischen Versagen der EU in Bezug auf die Sicherung der Außengrenzen etwas entgegenzusetzen, herrsche Chaos auf allen Ebenen, kritisierte Strache. Dies reiche von einer völlig unkoordinierten Vorgangsweise bei der Unterbringung der Menschen, peinlichen Auftritten von Bundeskanzler und Vizekanzler bei den Pressefoyers, den Streitigkeiten um den Begriff Grenzzaun bis hin zum Bruch von unzähligen Gesetzen. Er forderte die Innenministerin auf, endlich effiziente Maßnahmen zu setzen, wie etwa das Verbot von islamistischen Vereinen und Moscheen, ein konsequentes Vorgehen gegen radikale Moslems und Syrien-RückkehrerInnen sowie den Entzug der Staatsbürgerschaft, wenn Personen für Terrororganisation tätig sind. Stattdessen drangsaliere man gesetzestreue und unbescholtene Bürger, wie die Vorschläge bezüglich der Vorratsdatenspeicherung oder des Verbots von legalen Waffen belegen. Die Bundesregierung ist schon längst rücktrittsreif, es brauche dringend Neuwahlen, forderte Strache.  

Auch FPÖ-Mandatar Gernot Darmann ortete eine massive und verantwortungslose Realitätsverweigerung von Seiten der politisch Verantwortlichen. Er trat dafür ein, dass alle Personen, die im Mittelmeer aufgegriffen werden, in ihre Herkunftsländer zurückgebracht werden. Nur damit würde man der Schleppermafia einen Strich durch die Rechnung machen. Wenig anfreunden konnten sich Darmann und sein Fraktionskollege Walter Rosenkranz mit dem Vorschlag von Justizminister Brandstetter, das Asylwesen nach Europa auszulagern. Jedes Land müsse das Recht haben, darüber zu entscheiden, wer einwandern kann und wer nicht, betonten sie.

Mikl-Leitner weist auf nationale Maßnahmen sowie europäisches Grenzschutzkonzept hin

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner versicherte, dass die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie ein kontrollierter Zutritt nach Österreich für sie oberste Priorität haben. Aus diesem Grund werden auch die baulichen Maßnahmen in Spielfeld so rasch wie möglich umgesetzt. Noch dringlicher sei aber die Frage der Sicherung der europäischen Außengrenzen, erklärte die Ministerin, weil davon auch der Weiterbestand des Schengen-Abkommens abhänge. Der für Migration zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos habe angekündigt, am 15. Dezember ein Konzept für den europäischen Grenzschutz vorzustellen, das eine wichtige Grundlage für die weitere Vorgangsweise in der EU darstellen wird.

Richtig sei, dass unser Land, gemeinsam mit Deutschland und Schweden, vor sehr großen Herausforderungen in der Flüchtlingsfrage steht, räumte Mikl-Leitner ein, heuer wurden bereits mehr als 81.900 Asylanträge in Österreich gestellt. Die Suche nach Quartieren müsse daher intensiv fortgesetzt werden, damit alle Menschen im Winter ein  Dach über dem Kopf haben. Der Bund werde daher auch von seinem Durchgriffsrecht Gebrauch machen, wenn die Länder ihre Quote nicht erfüllen, bekräftigte sie. Angesichts solch großer Aufgaben sei es überhaupt nicht hilfreich, Ängste zu schüren oder falsche Tatsachen zu behaupten. Vehement wehrte sie sich dagegen, ständig Flüchtlinge und AsylwerberInnen mit Verbrechern gleichzusetzen. Dagegen sprechen schon die Zahlen, erklärte die Ministerin, so seien etwa die Kriminalitätsraten in den Grenzgebieten von September bis Ende November im Vergleich zum Vorjahr gesunken: Spielfeld minus 3,3 %, Bad Radkersburg minus 24,9 %, Raum Salzburg minus 14,6 %.  

Was den Terrorakt in Paris angeht, so habe es sich dabei um Anschläge gehandelt, die sich nicht nur gegen die Zivilbevölkerung richteten, sondern generell gegen die europäischen Werte und Lebensweise. Die Bundesregierung nehme die Gefahren, die vom Terrorismus ausgehen, sehr ernst und habe bereits zahlreiche Maßnahmen (z.B. Anti-Terrorpaket, Grenzkontrollgesetz, Verschärfung der Schleierfahndung, Stärkung des Verfassungsschutzes und der Spezialeinheiten etc.) gesetzt. Man gehe nun noch einen Schritt weiter und stelle sich die Frage, ob der Staat wirklich gut aufgestellt sei im Kampf gegen Terrorismus, Cyber-Kriminalität oder Naturkatastrophen. Darüber soll unter der Federführung der Universität Wien und unter Einbeziehung von ExpertInnen eine breite Diskussion gestartet werden, kündigte die Ministerin an.

SPÖ und ÖVP für faire Lastenverteilung in der Europäischen Union

SPÖ-Vertreter Otto Pendl war der Auffassung, dass jedem Menschen, der um Asyl bittet, ein rechtsstaatliches Verfahren garantiert werden muss. Niemand könne im Vorhinein beurteilen, ob eine Person wirklich schutzbedürftig oder als Wirtschaftsflüchtling einzustufen sei. Da man natürlich wissen wolle, wer zu uns ins Land kommt, betonte Pendl, müsse es einen Fortschritt bei der Sicherung der europäischen Außengrenzen geben. Gefordert sei auch die Solidarität der Mitgliedstaaten, denn es gehe nicht an, dass man nur die Vorteile genießt, aber keine Verantwortung übernehmen will. Eine gemeinsame Lösung sei auch deshalb dringend notwendig, um den Schleppern endlich den Wind aus den Segeln zu nehmen, war Angela Lueger (S) überzeugt.

Niemand habe bestritten, dass die aktuelle Situation außerordentlich schwierig ist, meinte ÖVP-Mandatar Werner Amon. Die Rede des Klubobmann Strache oder die negative Stimmungsmache mancher FPÖ-Vertreter leisten aber sicherlich keinen konstruktiven Beitrag, um die zahlreichen Probleme zu lösen. Außerdem sei Österreich nach Island und Dänemark das drittsicherste Land der Welt, erinnerte Dorothea Schittenhelm (V). Auch wenn manche Diskussionsprozesse sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene leider oft lange dauern, so sei entscheidend, dass am Ende immer demokratisch entschieden wird, hob Amon hervor. Keine Alternative gebe es seiner Meinung nach auch zur Europäischen Union, denn nur sie sei am Ende des Tages imstande, ein solches Problem zu schultern. Mit dem Asyl auf Zeit und der Einschränkung des Familiennachzugs habe man auch auf nationaler Ebene klare Signale gesetzt, zeigte Schittenhelm auf.

Grüne: Bessere Hilfe vor Ort und faire Aufteilung innerhalb der EU

Für die Abgeordnete der Grünen, Alev Korun, war es ein großes Anliegen, gemeinsam Herausforderungen zu meistern und nicht bloß mit dem Finger auf den anderen zu zeigen. Da man täglich davon lesen müsse, dass Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken, sei es enorm wichtig, den Schleppern die Geschäftsgrundlage zu entziehen. Dies könne ihrer Meinung nach nur dann gelingen, wenn einerseits die Lebensbedingungen der vier Millionen Syrer, die in die angrenzenden Länder geflüchtet sind, deutlich verbessert werden und andererseits eine faire Aufteilung der Schutzsuchenden innerhalb der EU gewährleistet wird. Matthias Köchl (G) hob die Bedeutung des Beitrags der Zivilgesellschaft hervor, die in vielen Bereichen, in denen die Politik versagt hat, einspringen musste. Wenn man die Bevölkerung ehrlich informiere und rechtzeitig einbinde, dann könnte man sich viele Probleme ersparen.

NEOS wirft Regierung Scheinlösungen und Forcierung des Überwachungsstaates vor

Nikolaus Scherak (N) meinte, dass das unkoordinierte und chaotische Agieren der Bundesregierung viel zur Verunsicherung der Bevölkerung beigetragen habe. Ständig würden neue und wenig durchdachte Vorschläge präsentiert, die nur als Scheinlösungen bezeichnet werden können. NEOS-Mandatar Nikolaus Alm hielt schon die Themenwahl der Freiheitlichen für die Aktuelle Stunde für problematisch, da es seiner Meinung nach keinen Zusammenhang zwischen Sicherheit und Asyl gibt. Auch nicht der Terror stelle die größte Bedrohung für die Sicherheit dar, sondern die Reaktion darauf, urteilte der Redner, da ein Überwachungsstaat die Freiheit des einzelnen gefährde. Kontinuierlich würden immer mehr Freiheiten eingeschränkt, was zu verheerenden Effekten führe. So lehnte Alm etwa auch den Vorschlag des Bezirksvorstehers der Grünen ab, die Verteilung des Korans auf der Wiener Mariahilferstraße verbieten zu wollen. Darüber sollten Gerichte entscheiden, aber keine Regionalpolitiker. Was das neue Staatsschutzgesetz angeht, so müsse bei heiklen Fragen sehr sensibel vorgegangen und u.a. ein Rechtsschutz sowie verstärkte parlamentarische Kontrolle eingebaut werden.

Team Stronach: Interessen der ÖsterreicherInnen sollten Vorrang haben

Robert Lugar vom Team Stronach plädierte dafür, die Vernunft einzuschalten und die Bedürfnisse der österreichischen Bevölkerung in den Mittelpunkt zu stellen. Niemand konnte ihm bislang erklären, welchen Sinn es machen soll, jene Glaubenskriege, die in den Flüchtlingsländern herrschen, nach Europa zu importieren. Keine Antwort gebe es auch auf die Frage, warum man massenweise Muslime einwandern lässt, die nachweislich Parallelgesellschaften schaffen. Ein Beispiel dafür sehe man in Wien, wo über 5.000 Kinder in private islamische Kindergärten gesteckt werden, um hauptsächlich den Koran zu lernen. Für fragwürdig hielt Lugar auch die Errichtung des sündteuren Grenzzauns in Spielfeld, weil man damit nur die Flüchtlingsströme kanalisieren wolle. Wenn man keine echten Kontrollen durchführt und die Menschen nicht wieder in ihre Heimat zurückschickt, dann könne man sich diese Ausgaben ersparen, argumentierte auch Christoph Hagen.

Die Politik der Innenministerin, die in einem Asylchaos gemündet habe, verunsichere die Bevölkerung massiv, meinte Jessi Lintl (A). Unverständlich sei für sie vor allem, warum sich Mikl-Leitner dagegen ausgesprochen hat, dass PolizistInnen in der Freizeit keine Waffen mit sich führen dürfen. Auch habe sie es unterlassen, Asylobergrenzen festzulegen sowie umgehend und rechtzeitig Grenzkontrollen einzuführen.

Rupert Doppler (A) hielt das Durchgriffsrecht des Bundes für einen massiven Fehler, da in einer so sensiblen Frage die Länder und Gemeinden nicht bevormundet werden dürfen. Die Menschen wollen endlich Lösungen von der Politik, urteilte Susanne Winter (A), in vielen Gemeinden wie z.B. in Spielfeld sei die Situation einfach nicht mehr tragbar. Generell gab sie zu bedenken, dass die derzeitige Art des Wirtschaftens, die auf unbeschränktem Wachstum und der Ausbeutung anderer Kontinente fußt, Ursache für viele kriegerischer Konflikte sei. (Fortsetzung Nationalrat) sue