Parlamentskorrespondenz Nr. 1402 vom 09.12.2015

Gerichtsgebühren werden mit 1. Jänner 2016 gesenkt

Nationalrat stimmt Gerichtsgebührennovelle einstimmig zu

Wien (PK) – Rechtsmittelgebühren werden mit nächstem Jahr insbesondere in Exekutionsverfahren, in Insolvenzverfahren, in Pflegschafts- und Unterhaltssachen sowie im Außerstreitverfahren gesenkt. Reduziert werden auch die Gebühren für die Firmenbuch-Abfragen. Zudem können darin künftig auch sogenannte Diakritika wie der Zirkumflex etwa bei Namen dargestellt werden. Der entsprechenden Gerichtsgebührennovelle stimmte der Nationalrat heute einstimmig zu. Ein mit der Novelle mitverhandelter Antrag der NEOS, in dem sie einen Gerichtsgebührenrechner fordern, durch den sich BürgerInnen bereits vorab online über entstehende Kosten eines Gerichtsverfahrens informieren können, wurde abgelehnt.

Die Grünen stimmten der Gerichtsgebührennovelle zwar zu, vermissten aber sozialpolitische Überlegungen bei der Senkung der Gebühren. Die Gerichtsgebührenreform wird sich Albert Steinhauser zufolge monetär nämlich vor allem im Bereich des Grund- und Firmenbuchs niederschlagen, gerade sozial bedürftige BürgerInnen hätten von der Gebührensenkung damit nur wenig. Die Grünen fordern von Brandstetter deswegen eine umfassende Evaluierung der Gerichtsgebühren, die offenlegen soll, inwiefern das derzeitige Gebührenniveau sozial schwächeren Gruppen am Zugang zum Recht hindert. Der Antrag wurde im Plenum abgelehnt. Auch die übrigen Oppositionsparteien stimmten zwar grundsätzlich für die geplanten Senkungen in der Novelle, kritisierten aber ähnlich wie die Grünen die noch immer zu hohen Kosten für Rechtssuchende. Sie befürchten, dass damit nicht jede Bürgerin bzw. jeder Bürger gleichermaßen zu seinem Recht kommen kann. Zu hohe Gebühren stellen eine Hürde dar, so die Argumentation.

Die Justizverwaltung sei zu 120 % durch Gerichtsgebühren überfinanziert, bemängelte etwa Harald Stefan von den Freiheitlichen, in Wahrheit handle es sich hierbei um verdeckte Steuern. Davon könne man nicht sprechen, meinte Brandstetter, zudem seien solche "Zahlenspielereien" nicht das Wesentliche, sondern dort Gebührensenkungen vorzunehmen, wo sie am meisten gebraucht werden. Mit der Novelle sieht der Justizminister auch die sozial schwächeren Teile der Bevölkerung – es wird von rund 5,2 Mio. € jährlich ausgegangen - entlastet, weil sie Bereiche betreffen würde, mit denen der "Normalbürger täglich zu tun hat". Dass den BürgerInnen vom Gebührenüberschuss von etwa 189 Mio. € jährlich nun 5 Mio. € zurückgegeben werden, war für Steinhauser kein Grund zum Feiern, wie er sagte. Gerichte seien in Österreich gewinnbringende Unternehmen, zudem sei es ein untragbarer Zustand, das allgemeine Budget auf Kosten der Rechtssuchenden zu sanieren. Ein Aspekt, der auch von NEOS-Abgeordneten Nikolaus Scherak angesprochen wurde. Es könne nicht sein, dass die Bürgerinnen, die versuchen, zu ihrem Recht zu kommen, zu Melkkühen werden, um Budgetlöcher zu stopfen. "Man muss den Menschen einen möglichst einfachen Weg geben, um zu ihrem Recht zu kommen", sagte Scherak.

Christoph Hagen (T) sprach von einem ersten, guten Schritt in Sachen Gebührensenkung, sah aber noch weiteren Handlungsbedarf etwa im Unterhaltsrecht. Gerhard Schmid (A) bemängelte, dass Gerichtskosten für Laien oft nur schwer nachvollziehbar sind.

Von Seiten der ÖVP gab es ausschließlich positive Wortmeldungen zur Gerichtsgebührennovelle. Ein gutes Signal neben den Gebührensenkungen sind für Nikolaus Berlakovich (V) die bald erlaubten diakritischen Zeichen im Firmenbuch. Damit komme es zu einer Internationalisierung der Wirtschaft, wie er meinte. Der Vorwurf des Populismus bei Gebührensenkungen sei in diesem Fall nicht angebracht, sagte Georg Vetter (V), zumal es sich bei der Gerichtsgebührennovelle um eine Gesetzesreparatur handelt. Hintergrund der Neuregelung ist nämlich ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs. Sein Fraktionskollege Bernd Schönegger (V) nutzte die Gelegenheit, um über den "exzellent ausgebauten Rechtsstaat" zu sprechen, der für alle BürgerInnen sicherstelle, zu fairen und gerechten Verfahren zu kommen.

Als ersten Schritt in die richtige Richtung bewertete Klaus Uwe Feichtinger von der SPÖ die geplanten Senkungen, äußerte aber gleichzeitig seine Hoffnung, noch weitere Gebührenreduktionen im Justizbereich vorzunehmen. Der Antrag der NEOS für einen Gebührenrechner habe zwar "einen gewissen Charme", bei Gerichtsverfahren würden aber viele Variablen, etwa Anwalts- oder Sachverständigenkosten, anfallen, die im Vorhinein nicht exakt kalkuliert werden könnten. Das Thema will Feichtinger aber weiterhin auf der politischen Agenda sehen. (Fortsetzung Nationalrat) keg