Parlamentskorrespondenz Nr. 1412 vom 10.12.2015

FPÖ sieht Geheimnisse rund um den EURATOM-Vertrag

Kurze Debatte über Anfragebeantwortung von Umweltminister Andrä Rupprechter

Wien (PK) – Die Freiheitlichen machten heute die Europäische Atomgemeinschaft, kurz EURATOM, zum Gegenstand einer Kurzen Debatte im Nationalrat. Grundlage dafür war die Beantwortung der schriftlichen Anfrage von Werner Neubauer (F) über den EURATOM-Vertrag durch Umweltminister Andrä Rupprechter. Die FPÖ kritisiert, dass sehr wenig über die Arbeit und Funktionsweise des Vertrages bekannt seien. Zudem komme nicht an die Öffentlichkeit, welche Entscheidungen von welchen Gremien getroffen werden. Die Freiheitlichen sehen darin "Geheimniskrämerei". Zudem fordern sie den Ausstieg Österreichs aus EURATOM. Das ist aus rechtlicher Sicht nicht möglich, ohne dabei aus der gesamten Europäischen Union auszutreten, wie Justizminister Wolfgang Brandstetter stellvertretend für den Umweltminister im Nationalrat erklärte.

FPÖ: Österreich muss aus EURATOM aussteigen

Werner Neubauer (F) kritisierte den dünnen Informationsgehalt im Antwortschreiben Rupprechters. "Wir haben das Recht, Antworten zu bekommen", sagte er. Zudem sei ein Ausstieg Österreichs aus EURATOM durch den Lissabon-Vertrag gedeckt. Bereits bei der Volksabstimmung über Zwentendorf 1978 habe sich ganz Österreich gegen die Nutzung von Kernenergie ausgesprochen, auch im Parlament gebe es einen Konsens, er könne deswegen nicht verstehen, warum man an dem EURATOM-Vertrag festhalte. Für ihn "das Grundübel, das Atomkraft in Europa ausmacht", weil damit die Finanzierung von Atomkraft und die Sanierung von Kraftwerken ermöglicht werde. "Das Geld wäre besser in erneuerbare Energie investiert, als in die Kassen eines Atomlobbyvereines", positionierte sich auch sein Fraktionskollege Walter Rauch (F) unmissverständlich. Bei EURATOM sei es zudem schwierig, Entscheidungsträger zu definieren und namhaft zu machen. Von Transparenz kann aus seiner Sicht keine Rede sein, es handle sich rund um EURATOM definitiv um eine "Geheimniskrämerei".

Brandstetter: Ausstieg nicht möglich

Justizminister Wolfgang Brandstetter informierte über den Standpunkt der Bundesregierung in Sachen EURATOM. Es sei rechtlich geklärt, dass ein einseitiger Ausstieg aus dem Vertrag nicht möglich ist. Österreich würde sich dadurch zudem kein Geld sparen, weil es schon seit Jahrzehnten kein eigenes Budget dafür gebe. Auch den Vorwurf der Geheimnistuerei wies Brandstetter ab. Informationen über die EURATOM-Gremien habe Rupprechter in einer vorangehenden Anfragebeantwortung bereits gegeben. Die Bundesregierung verfolge weiterhin eine konsequente Anti-Atompolitik, weder Tschernobyl noch Fukushima hätten aber zu einem weltweiten Umdenken geführt. Solange es noch Kernkraftwerke gibt, brauche es deswegen gute Argumente auf politischer Ebene und das Drängen auf nukleare Sicherheit. Österreich will eine Reform des EURATOM-Vertrags erreichen, was es aber braucht, sei eine gesamteuropäische Energiewende, sagte Brandstetter.

"Raus aus EURATOM", so die klare Botschaft von Gabriela Moser (G), es handle sich dabei nämlich um einen Verein, der Atomkraft unterstützt. Bei der Frage, ob das rechtlich auch möglich ist, gehen die Meinungen weit auseinander, meinte Moser, und regte eine Revision beim Verfassungsdienst an. Die Diskussion über Atomkraftgegnerschaft ziehe sich dabei schon seit Jahren durch das Parlament. Zum Teil seien Fortschritte zu erkennen, zum Teil Rückschritte.

SPÖ und NEOS orten keine "Geheimniskrämerei"

SPÖ und NEOS konnten den Vorwurf der Geheimhaltung von Informationen über EURATOM nicht nachvollziehen. Die Arbeit des Gremiums sei kein Geheimnis, meinte etwa Christine Muttonen (S), die in diesem Zusammenhang auch auf "intensive und offene Diskussionen" über EURATOM und Atomkraft allgemein im Parlament verwies. Sogar im Frühjahr habe es ein Hearing mit ExpertInnen über rechtliche und politische Möglichkeiten einer EURATOM-Reform gegeben, erklärte sie.

Anfragebeantwortungen seien nicht dazu da, um die eigene Google-Recherche zu ersetzen, meinte auch Claudia Angela Gamon (N), die Debatte würde einfach die schwierige Beziehung der FPÖ zur Europäischen Union aufzeigen und belegen, dass die Freiheitlichen "durch diese Schiene" medial mit dem Austritt aus der Europäischen Union spielen. Die besten Verfassungsrechtler Österreichs hätten bereits gezeigt, dass ein Ausstieg Österreichs aus EURATOM nicht möglich ist, ohne dabei aus der EU auszutreten. Es mache zudem keinen Sinn, bei diesem Thema zu einer Nationalstaatlichkeit zurückzukehren.

Nikolaus Berlakovich (V) machte auch auf die "eindeutigen Stellungnahmen" der RechtsexpertInnen hinsichtlich eines EURATOM-Ausstiegs aufmerksam. Österreichs Ziel sei immer gewesen, dort zu investieren, wo es um Sicherheit geht. Zudem sei man bestrebt, den Vertrag zu ändern. Widersinnig ist aus seiner Sicht, bei Klimaschutz auf Atomkraft zu setzen, wie das etwa auch bei der Weltklimaschutzkonferenz in Paris diskutiert werde. Zu verzeichnen sei nämlich eine Renaissance der Atomkraft. Österreichs Weg, auf erneuerbare Energie zu setzen, ist aus seiner Sicht der richtige. 

Die Katastrophen in Tschernobyl oder Fukushima würden viel zu schnell verdrängt, die Thematik sollte ernster genommen werden, sagte Leopold Steinbichler vom Team Stronach. Die Diskussion müsse auch aus konsumentenschutzrechtlicher Sicht geführt werden, meinte er und regte eine Haftpflicht für den Betrieb von Atomkraftwerken und Endlagern an. (Fortsetzung Nationalrat) keg