Parlamentskorrespondenz Nr. 29 vom 19.01.2016

Einkommensschere: Heinisch-Hosek für noch mehr Einkommenstransparenz

Gleichbehandlungsausschuss bespricht sich mit Sozialpartnern

Wien (PK) – Der letzte Bericht zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen des Frauenministeriums zeigt, dass der Gender Gap am österreichischen Arbeitsmarkt noch immer hoch ist. Rund drei Viertel jener, die in Österreich in Teilzeit arbeiten, sind Frauen zwischen 25 und 49 Jahren mit Kindern. Die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern macht sich dabei auch in den Kollektivverträgen bemerkbar. Warum die Situation für Frauen am Arbeitsmarkt trotz aller Bemühungen gegen Entgeltdiskriminierung noch immer keine bessere ist, wollte der Gleichbehandlungsausschuss heute in einer allgemeinen Aussprache mit den Präsidenten der Arbeiter- , Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer sowie dem Österreichischen Gewerkschaftsbund besprechen. Der Einladung sind aber nicht die Sozialpartner-Chefs selbst gefolgt, sondern ihre VertreterInnen Alice Kundtner (AK), Anna Maria Hochhauser (WKO), Josef Plank (LKÖ) sowie Bernhard Achitz (ÖGB), was im Ausschuss wiederum besonders bei den Grünen und der FPÖ zu Kritik führte und etwa von Seiten Carmen Schimaneks (F) als "Nichtachtung des Parlaments" ausgelegt wurde.

Heinisch-Hosek will Gesetz für Einkommenstransparenz "nachschärfen"

In ihrem Einleitungsstatement meinte die Frauenministerin, dass es ein "Bündel an Maßnahmen" etwa auch in der Familien- und Länderpolitik brauche, um die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern zu verringern. Sie selbst steht dafür ein, beim Gesetz zur Einkommenstransparenz und den verpflichtenden Gehaltsangaben bei Stellenausschreibungen nachzuschärfen.

"Der Gender Pay Gap muss weiter geschlossen werden. Gleichwertiger Lohn für gleichwertige Arbeit," sagte auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer, für den es als SPÖ-Kandidat für die Bundespräsidentenwahl der letzte parlamentarische Ausschuss als Sozialminister war. Die erst kürzlich verabschiedeten gesetzlichen Schritte, etwa die Informationspflicht für Unternehmen gegenüber Teilzeitbeschäftigten, wenn eine Vollzeitstelle ausgeschrieben wird, oder die arbeitsrechtlichen Verbesserungen bei All-In-Verträgen müssten weiter fortgeführt werden. Aus seiner Sicht sind es nämlich diese "kleinen Maßnahmen", die die Vereinbarkeitsfrage verbessern können. Es sei zwar ein Beschäftigungsanstieg bei Frauen zu verzeichnen, besonders aber bei jenen zwischen 55 und 60 Jahren müsse die Situation noch verbessert werden.

Geht es um Frauenteilzeit, ist für Heinisch-Hosek der bundesweite Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen "das Gebot der Stunde". Hundstorfer machte klar, dass herbeigewünschte Öffnungszeiten von 60 Stunden pro Woche mit ausschließlich Vollzeitarbeitsplätzen nicht abzudecken seien. Aus diesem Grund gebe es etwa im Einzelhandel vermehrt Teilzeitjobs. "Es ist aber besser, ich steige mit Teilzeit ein, als gar nicht", meinte er. Als Verpflichtung erachtete es Hundstorfer zudem, Frauen über Arbeitszeitmodelle ausreichend zu informieren. Dass in Österreich so wenige Männer Teilzeitjobs haben, sei mit Blick nach Skandinavien zudem gesellschaftspolitisch begründet.

Angesprochen von Elisabeth Grossmann (S) auf die Situation von Migrantinnen, verwies der Sozialminister auf das Zusatzbudget von 70 Mio. € für Asylberechtigte, von denen wiederum die Hälfte, wie bei der aktiven Arbeitsmarktförderung der Fall, an Frauen geht. "Die Grundsatzlogik wird auch hier durchgezogen", so Hundstorfer.

Achitz kann sich anonymisierte Bewerbungen vorstellen

Der leitende Sekretär des ÖGB Bernhard Achitz sagte, dass durch die verpflichtenden Einkommensberichte für ArbeitgeberInnen, die mehr als 150 ArbeitnehmerInnen beschäftigen, Diskriminierung abgebaut werden konnte. Als einen wesentlichen Schritt sah er zudem die verpflichtenden Gehaltsangaben bei Stelleninseraten, regte zugleich aber auch eine Ausweitung auf den Öffentlichen Dienst an. Dass Kollektivverträge seit nunmehr zwei Jahren online abrufbar sind, helfe Frauen zudem bei Gehaltsverhandlungen. "Kollektivverträge sind ein wesentliches Instrument, um Diskriminierung vorzubeugen", meinte er, aber auch das beste Instrument könne falsch angewendet werden. So würden etwa vermehrt Frauen in der falschen Entlohnungsgruppe unterentlohnt werden. Als weitere Maßnahme gegen Lohnungleichheiten zwischen Frauen und Männern kann sich Achitz anonymisierte Bewerbungen vorstellen. Diese Option sollte aus seiner Sicht evaluiert werden. In Sachen Einkommensberichte müssten ihm zufolge "überbordende Geheimhaltungsbestimmungen" gelockert werden, um es BetriebsrätInnen zu ermöglichen, die Belegschaft im Unternehmen zu informieren.

Plank: Hohe Flexibilität in der Landwirtschaft kommt Frauen entgegen

Josef Plank, Generalsekretär-Stellvertreter der Landwirtschaftskammer Österreich berichtete dem Gleichbehandlungsausschuss, dass 35% der bäuerlichen Betriebe von Frauen geführt werden. Obwohl es in der Landwirtschaft zirka 70 unterschiedliche Berufsbilder gibt, existieren in diesem Sektor noch immer traditionelle frauen- sowie männerdominierende Berufe, was sich auch im Gehalt widerspiegeln würde, so Plank. An sich gehe man in der Land- und Forstwirtschaft aber einen guten Weg in der Frage der Gleichbehandlung. Was den Frauen in der Landwirtschaft aber entgegenkommen würde, sei die hohe Flexibilität.

Kundtner: Längere Abwesenheiten von Frauen am Arbeitsmarkt vermeiden

Alice Kundtner, Direktor-Stellvertreterin und Bereichsleiterin für Soziales der Bundesarbeiterkammer brachte die Problematik bei der Berechnung von Einkommensunterschieden in die Diskussion ein. Es komme darauf an, in welcher Berufssparte man sich befinde, dennoch würden Frauen grundsätzlich noch immer als "Zuverdienerinnen" gesehen. Frauen würden aber auch weniger stark um ihr Gehalt verhandeln, meinte sie. Was die Einkommensberichte betrifft, müssten die Ergebnisse und Analysen nun in die Personalentwicklung von Betrieben einfließen. Die größte Ursache für die Einkommensunterschiede ist aus ihrer Sicht aber die Arbeitszeit. Handlungsbedarf sah sie auch in Sachen Einkommenstransparenz. Wichtig sei zudem die Abkehr von traditionellen Rollenbildern, meinte sie und sprach sich deswegen für den sogenannten Papamonat aus, um längere Abwesenheiten von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu vermeiden.

Hochhauser: Von Diskriminierung kann keine Rede sein

Die Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich, Anna Maria Hochhauser, verwies darauf, dass es bei Zahlen über Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern unterschiedliche Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen gebe. An sich könne von Diskriminierung keine Rede sein, meinte sie. Berücksichtige man nämlich objektive Faktoren wie das Alter, die Berufserfahrung oder die Arbeitszeit, ergebe sich ein Wert von lediglich 5,4%. Trotzdem dürfe dieser Wert nicht totgeschwiegen werden, obwohl das Credo "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" aus Sicht Hochhausers der Realität entspricht. Rund 99% der ArbeitnehmerInnen in Österreich seien durch Kollektivverträge abgedeckt, führte die WKO-Generalsekretärin ins Treffen. Bei der Einkommenstransparenz gesetzlich nachzubessern, ist für sie deshalb nicht notwendig. Angesetzt werden müsse hingegen beim Abbau von Stereotypen in der Berufswahl und dem flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung, um Frauen mehr Vollzeitbeschäftigung zu ermöglichen.

Dass auch der Öffentliche Dienst bei den Einkommensberichten nachziehen soll, erachtet neben Achitz auch Plank für erforderlich. Von Sanktionen gegenüber Unternehmen hielt er nichts. Auch Hochhauser meinte, dass man keine Strafkultur fördern dürfe, mit Anreizen für Betriebe könne man aus ihrer Sicht mehr für Frauen erreichen. Gegen Sanktionen wandte sich außerdem Dorothea Schittenhelm (V). Berivan Aslan (G) hingegen sprach sich dafür aus, die Einkommensberichte zu verbessern. Unternehmen müssten daraus aber auch die notwendigen Handlungen setzen, sonst würden diese nichts bringen, gab sie zu bedenken.

Für den Abbau der "strukturellen Benachteiligung" von Frauen, etwa wenn diese durch fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten zur Teilzeit gezwungen werden, trat Claudia Gamon (N) ein. Christoph Hagen (T) meinte, dass es in vielen Fällen zu einfach gemacht werde, in Teilzeit zu arbeiten. Frauen werden aus seiner Sicht zu viele Anreize gegeben, nur 50% zu arbeiten.

Die FrauensprecherInnen werden nächste Woche darüber beraten, die Präsidenten der Sozialpartner im zweiten Halbjahr erneut zu einer Aussprache in den Gleichbehandlungsausschuss einzuladen. (Schluss) keg