Parlamentskorrespondenz Nr. 89 vom 03.02.2016

EU setzt auf neue Kompetenzen und gemeinsamen Forschungsraum

Jahresvorschau des Wissenschaftsministeriums auf EU-Vorhaben

Wien (PK) – Wissenschaft und Forschung spielen eine wichtige Rolle, um den Herausforderungen einer sich rasch wandelnden Welt und neu entstehender Arbeitsmärkte zu begegnen, hält der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft in seiner Jahresvorschau auf EU-Vorhaben für 2016 fest (III-231 d.B. und III-572-BR). Dabei konzentriert sich die EU auf einige zentrale Vorhaben. Zu diesen gehört die Umsetzung des Forschungsförderungsprogramms Horizon 2020 und die Weiterentwicklung des gemeinsamen europäischen Forschungsraum ebenso wie die "Agenda für neue Kompetenzen" ("New skills agenda for Europe").

Die europäische Agenda für neue Kompetenzen umfasst unter anderem die gegenseitige Anerkennung von Qualifikationen und andere Initiativen zur Modernisierung der Hochschulbildung. Insbesondere geht es um die Förderung der sozialen Gerechtigkeit, der sozialen Eingliederung und der gemeinsamen europäischen Werte. Geplant ist eine mid-term Review des ERASMUS+ Programms im Jahr 2017.

Die niederländische Ratspräsidentschaft will 2016 die Hochschulbildung verstärkt in den Vordergrund rücken. Was den Bereich Forschung und Innovation angeht, soll die nunmehr abgeschlossene Ex-Post Evaluierung des 7. Forschungsrahmenprogramms diskutiert werden. Die Schlussfolgerungen daraus sollen in die Umsetzung des laufenden "Horizon 2020" und in die Planung des nächsten Rahmenprogramms einfließen.

Europäischer Forschungsraum braucht weitere Umsetzungsschritte

Das Projekt zur Entwicklung eines Europäischen Forschungsraums (EFR, englisch ERA) begann im Jahr 2000 und hat das Ziel, die Fragmentierung von Wissenschaft und Forschung in Europa, die durch nationalstaatliche Grenzen, national orientierte Forschungspolitik und unterschiedliche Regeln und Systeme zur Forschungsorganisation und –förderung entstanden ist, zu überwinden. Im Ergebnis soll ein europäischer Raum der Freizügigkeit für Forscherinnen und Forscher und des freien Austausches wissenschaftlicher Erkenntnisse und Technologien entstehen. Mit dem Vertrag von Lissabon im Jahr 2009 wurde der EFR im EU-Primärrecht verankert. Noch sind nicht alle Ziele erreicht. Im Jahr 2015 wurde daher ein Fahrplan zur Weiterentwicklung des EFR bis 2020 ("ERA Roadmap 2015-2020") erstellt, dessen "Top action priorities" zügig umgesetzt werden sollen. Österreich unterstütze diese Umsetzung aktiv, denn aufgrund seiner starken internationalen Vernetzung in Wissenschaft und Wirtschaft entstehe aus einer gut funktionierenden transnationalen Zusammenarbeit ein hoher Mehrwert für unser Land, betont das Wissenschaftsministerium.

Vorgesehen ist seitens der EU im Jahr 2016 auch die Aktualisierung der Liste der vorrangigen europäischen Forschungsinfrastrukturprojekte (ESFRI Roadmap - Update 2016). Um die Rahmenbedingungen für Forschung und Innovation verbessern, sollen zudem Hemmnisse der herrschenden Gesetzeslage und notwendige Schritte für eine forschungs- und innovationsfreundliche zukünftige Gesetzgebung festgestellt werden. Der Rat will dazu seine Schlussfolgerungen im Mai annehmen.

Der Rat befasst sich auch mit dem Thema "Open Science", also Maßnahmen zur Erleichterung des Zugangs zur Wissenschaft bzw. zu Forschungsergebnissen und Daten ("Open Access") sowohl innerhalb der Wissenschaft als auch für die Öffentlichkeit. Auch dazu sollen im Mai Schlussfolgerungen angenommen werden.

Erfolgreicher Start von Horizon 2020

Zentrales Instrument der europäischen Forschungsförderung ist das Rahmenprogramm Horizon 2020. Wie der Jahresvorschau zu entnehmen ist, sind die ersten beiden Ausschreibungsrunden (2014/15) weitgehend abgeschlossen. Österreichs Wissenschaft und Wirtschaft konnte dabei das hohe Niveau an eingeworbenen Fördermitteln aus dem 7. Rahmenprogramm halten bzw. sogar noch ausbauen, hält der Wissenschaftsminister fest. Das sei insofern bemerkenswert, da der Wettbewerb stark gestiegen und dementsprechend die Erfolgsrate (Anteil der geförderten an den eingereichten Projekten) stark gesunken sei (von 21,7 % im 7. Rahmenprogramm auf 14 % bisher in Horizon 2020). Die Erfolgsrate der österreichischen Organisationen lag zuletzt bei 15,5 % und damit über dem europäischen Durchschnitt. Mit der Veröffentlichung der zweijährigen Arbeitsprogramme für 2016/17 starteten im Herbst 2015 die neuen Ausschreibungen. In den drei Säulen werden 2016/17 insgesamt rund 15 Mrd. € an Fördermitteln ausgeschrieben werden.

Ein gutes Ergebnis kann Österreich im Bereich der grundlagenorientierten Spitzenforschung vorweisen. 20 ERC Grants mit 35 Mio. € Fördergeld wurden seit Beginn von Horizon 2020 an exzellente Forschende und ihre Teams in Österreich vergeben. Auch die Wirtschaftsbeteiligung habe sich in Horizon 2020 positiv entwickelt, teilt der Wissenschaftsminister mit. Die verstärkte Innovationsorientierung des Programms zeige entsprechende Wirkung. Insbesondere sei die durchschnittliche Förderung je Unternehmensbeteiligung stark gestiegen und liegt aktuell bei knapp 300.000 €. Als Hinweis darauf, dass Horizon 2020 auch neue Unternehmen anspricht, führt der Bericht an, dass rund 30 % der erfolgreichen österreichischen Unternehmen in den vorangegangenen Rahmenprogrammen noch nicht aktiv waren.

BMWFW beaufsichtigt die Umsetzung von ERASMUS+

Das EU-Programm "Erasmus+" für Bildung, Jugend und Sport (2014-2020) ist mit insgesamt 14,77 Mrd. € dotiert. Zusätzlich werden 1,68 Mrd. € aus externen Instrumenten für internationale Aktionen im Hochschulbereich fließen. Die Schwerpunktsetzungen für die Umsetzung des Programms im Hochschulbereich obliegen dem BMWFW. Zu den nationalen Maßnahmen gehört die Weiterführung der "Anreizfinanzierung Austria Mundus+" aus Mitteln des BMWFW, um die Hochschuleinrichtungen bei der Vorbereitung und Entwicklung von Projektanträgen optimal zu unterstützen (Erasmus Mundus Joint Master Degree, Capacity Building in Higher Education, Wissensallianzen, Sector Skills Alliances). Damit soll eine möglichst hohe Genehmigungsrate österreichischer Anträge sowie hohe EU-Rückflüsse erreicht werden.

Die Förderung von Mobilität über ERASMUS+ im Bereich der Hochschulbildung erfolgt auch durch nationale Mittel, die vom BMWFW zur Verfügung gestellt werden. Die Österreichische Austauschdienst-GmbH ist vom BMBF und vom BMWFW mit der Durchführung des Programms ERASMUS+ beauftragt. Sie berät, begleitet und unterstützt die österreichischen Hochschuleinrichtungen, die an verschiedenen Aktionen des Programms ERASMUS+ teilnehmen. Außerdem werden durch die Leistungsvereinbarungen mit den Universitäten mobilitätsfördernde Maßnahmen gesetzt.

Durch die Förderung von Service- und Koordinationseinrichtungen für die Organisation von Auslandspraktika unterstützt das BMWFW die unbürokratische Inanspruchnahme. Davon profitieren insbesondere KMU. Unternehmen, deren Lehrlinge während der Lehrzeit ein berufsbezogenes Auslandspraktikum absolvieren, bekommen den auf den Zeitraum des Praktikums aliquot entfallenden Teil der Lehrlingsentschädigung im Rahmen der betrieblichen Lehrstellenförderung ersetzt. (Schluss) sox