Parlamentskorrespondenz Nr. 120 vom 11.02.2016

Bank Austria: Diskussion im Parlament über Pensionsüberleitung

FPÖ geht von abgekartetem Deal aus, Stöger hält Transfer für unzulässig

Wien (PK) – Ohne einen Gesetzesbeschluss ist eine Überleitung sämtlicher MitarbeiterInnen der Bank Austria in die allgemeine Pensionsversicherung gemäß ASVG nicht möglich. Das bekräftigte Sozialminister Alois Stöger heute im Parlament. Anlass dafür war eine Dringliche Anfrage der FPÖ im Bundesrat. Hans-Jörg Jenewein und seine FraktionskollegInnen werfen dem Management der UniCredit vor, Pensionslasten der Bank Austria im Zuge des im vergangenen Herbst geschnürten Sparpakets an die Allgemeinheit abwälzen zu wollen. Zudem hegen sie den Verdacht, dass die SPÖ Wien und Ex-Sozialminister Rudolf Hundstorfer von Beginn an in den Deal eingebunden waren. Auf die letztgenannten Vorwürfe ging Stöger in der Beantwortung der Anfrage nicht ein, das Vorhaben der Bank Austria hält er aber in jedem Fall für unzulässig.

Konkret geht es um die in Aussicht genommene Überleitung von MitarbeiterInnen der "Bank Austria" in das allgemeine Pensionssystem und damit in die Zuständigkeit der Pensionsversicherungsanstalt (PVA). Die FPÖ geht davon aus, dass dieser Pensionstransfer die Bank Austria bzw. die UniCredit – und damit indirekt auch die die Gemeinde Wien als Ausfallsbürge für nach wie vor bestehende Haftungen der Anteilsverwaltung Zentralsparkasse (AVZ) – um 700 Mio. € entlasten wird, wobei der genannte Betrag aus den Pensionsrückstellungen des Kreditinstituts und der Zahl der betroffenen Bank-Austria-Mitarbeiter errechnet wurde. Laut FPÖ hat demnach etwa ein Viertel der Belegschaft derzeit eine Anwartschaft auf eine so genannte Administrativpension der Bank Austria, künftig soll die PVA die Betroffenen übernehmen und dafür einen Einmalbetrag von geschätzten 300 Mio. € erhalten.

Umstritten ist, ob jener Passus im ASVG, auf den sich die Bank Austria beruft, eine ausreichende rechtliche Grundlage für den beabsichtigten Pensionstransfer bietet. Experten geben zu bedenken, dass der vor Jahrzehnten festgelegte Überweisungsbetrag von 7% der Bemessungsgrundlage, also vom Monatsentgelt, deutlich unter den aktuellen Pensionsbeiträgen liegt und damit eine verbotene Beihilfe gemäß EU-Recht vorliegen könnte, wie auch in der Begründung der Dringlichen Anfrage festgehalten wird. Schultern müsste die erwartete Differenz zwischen Beitragseinnahmen und Pensionszahlungen die PVA bzw. der Steuerzahler, was die Pensionsversicherungsanstalt laut FPÖ auch zu Widerstand gegen die vorgesehene Überleitung veranlasst hat.

Jenewein hält es nicht nur wegen der UniCredit-Pläne für notwendig, diese Gesetzeslücke zu schließen, er fürchtet auch mögliche Nachahmer. So könnte seiner Meinung nach auch die Gemeinde Wien auf die Idee kommen, ihre Bediensteten ins ASVG zu transferieren, um Schulden abzubauen.

Für die FPÖ ist die geplante Vorgangsweise aber nicht nur rechtlich bedenklich, Jenewein vermutet dahinter auch ein Politikum. Seiner Ansicht nach deutet vieles darauf hin, dass der "Pensionsdeal" ursprünglich noch unter Ex-Sozialminister Rudolf Hundstorfer über die Bühne gehen hätte sollen und "höchste SPÖ-Kreise der Stadt Wien" massiv dafür lobbyiert haben. Hundstorfer brauche für die Bundespräsidentenwahl die Unterstützung der Wiener SPÖ als stärkste Landesgruppe und habe wohl auch keine potentiellen Sponsoren vergrämen wollen, ist für ihn der Zusammenhang evident.

Stöger: Pensionstransfer ohne Gesetzesbeschluss nicht möglich

Auf diese Spekulationen ließ sich Stöger in der Beantwortung der insgesamt 84 Detailfragen der Dringlichen Anfrage erst gar nicht ein. Für ihn ist die Rechtslage klar: §311 ASVG kann im Falle der Bank Austria nicht angewendet werden. Dieser Paragraph regle, welchen Betrag ein Dienstgeber der PVA zu überweisen habe, wenn ein Beschäftigter aus einem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis ausscheide und in das ASVG übergeleitet werden solle. Das Kriterium des Ausscheidens treffe bei den Bank-Austria-MitarbeiterInnen aber nicht zu, verwies der Minister auf die Rechtsmeinung der zuständigen Experten des Sozialministeriums.

Auch der Verweis auf ähnliche frühere Fälle, etwa bei der Post, ist für Stöger nicht zulässig. In allen bisherigen Fällen habe der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung getroffen, machte er geltend. Ohne einen Gesetzesbeschluss ist für ihn damit auch eine kollektive Überleitung der Bank-Austria-MitarbeiterInnen in das allgemeine Pensionssystem nicht möglich. Ein solcher Beschluss müsste dem Prinzip der Beitragswahrheit entsprechen.

Was den Zeitpunkt der Einweihung des Sozialministeriums in die Pensionspläne der Bank Austria betrifft, teilte Stöger nur so viel mit, dass das Management der Bank Austria mittlerweile an das Ressort herangetreten sei und Unterlagen zur Verfügung gestellt habe, ohne dazu eine genaueres Datum zu nennen. Ihm zufolge sind demnach österreichweit ca. 3.300 MitarbeiterInnen der Bank Austria derzeit von der Vollversicherung des ASVG ausgenommen. Generell wandte sich Stöger gegen Versuche, das sensible Thema zu nutzen, um politisches Kleingeld zu wechseln.

FPÖ wirft Stöger Respektlosigkeit gegenüber Bundesrat vor

Unzufrieden mit der Antwort Stögers zeigten sich die beiden Wiener FPÖ-BundesrätInnen Monika Mühlwerth und Bernhard Rösch sowie ihr niederösterreichischer Fraktionskollege Werner Herbert. Stöger trete das Interpellationsrecht der BundesrätInnen mit Füßen, wenn er sie mit einer Rechtsmeinung abspeise, statt die gestellten Fragen zu beantworten, meinte Mühlwerth. Rösch sprach von Respektlosigkeit, er hält Stöger für rücktrittsreif. Die Berufung Stögers auf den Datenschutz wertete Herbert als unzulässig.

Kritisch sieht Mühlwerth aber auch die Sache selbst. Es könne nicht sein, dass sich die Gewinne der Bank-Austria-Aktionäre durch die Auflösung des Pensionsfonds erhöhen, während die Allgemeinheit die Kosten tragen müsse, bemängelte sie und bezeichnete die Vorgangsweise der Bank als "mehr als unappetitlich". Die FPÖ forderte sowohl einen umfassenden Bericht über die Vorkommnisse durch Sozialminister Stöger als auch eine rasche Gesetzesnovelle, konnte sich mit einem entsprechenden Entschließungsantrag aber nicht durchsetzen. In namentlicher Abstimmung stimmten lediglich 18 BundesrätInnen für die Initiative, 38 lehnten sie ab.

ÖVP und SPÖ gegen beabsichtigten Pensionstransfer

Bundesrätin Sandra Kern (V/N) dankte dem Sozialminister hingegen für seine Klarstellung. Eine Bank dürfe sich weder auf dem Rücken der MitarbeiterInnen noch auf dem Rücken der SteuerzahlerInnen sanieren, bekräftigte sie. Die BankmitarbeiterInnen dürften nicht diejenigen sein, die durch die Finger schauen. Kern zufolge will auch das Finanzministerium den geplanten Pensionstransfer genau prüfen.

Ausdrücklich gegen den geplanten "Deal" sprachen sich namens der Koalition auch der Vorarlberger ÖVP-Bundesrat Edgar Mayer und der niederösterreichische SPÖ-Bundesrat Rene Pfister aus. Es könne nicht sein, dass eine Bank Gewinne privatisiere und Verluste sozialisiere, bekräftigte Pfister in diesem Zusammenhang. Das Management der Bank Austria könne sich nicht aus seiner Verantwortung stehlen. Dass er dem Entschließungsantrag der FPÖ trotz inhaltlicher Übereinstimmung in etlichen Punkten nicht zustimmen werde, begründete Mayer damit, dass dieser über weite Strecken auf Spekulationen aufgebaut sei.

Die Wiener SPÖ-Bundesrätin Renate Anderl und ihr Fraktionskollege Pfister werteten insbesondere die Vorwürfe gegenüber Ex-Sozialminister Rudolf Hundstorfer als unfair. Schließlich könne sich dieser im Bundesrat nicht gegen Diffamierungen zur Wehr setzen, gaben sie zu bedenken. Anderl zufolge bringt es überdies nichts, die MitarbeiterInnen der Bank durch Spekulationen weiter zu verunsichern.

Grüne für höhere Abschlagszahlung

Sowohl Kritik an der FPÖ als auch an Sozialminister Stöger übte der oberösterreichische Bundesrat der Grünen David Stögmüller. Viele Fragen in der Dringlichen Anfrage seien von der FPÖ nur gestellt worden, um die eigene Verschwörungstheorie zu unterstützen, vermutet er. Andererseits habe sich Stöger die Beantwortung etwas zu einfach gemacht.

Was die Sache selbst betrifft, wies Stögmüller darauf hin, dass die Grünen für ein einheitliches Pensionsrecht für alle seien und daher die Überleitung aller Bank-Austria-MitarbeiterInnen in das ASVG grundsätzlich begrüßen würden, allerdings nicht zu den im Raum stehenden Konditionen. Der Übertragungsprozentsatz von 7% widerspricht nach Einschätzung Stögmüllers EU-Recht und muss angehoben werden. Unterstützung signalisierte Stögmüller in diesem Sinn auch für den Entschließungsantrag der FPÖ. (Fortsetzung Bundesrat) gs


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