Parlamentskorrespondenz Nr. 248 vom 11.03.2016

Parlament: TOP im Nationalrat am 17. März 2016

Haus der Geschichte, illegaler Kulturgüterhandel, Diskussion über Außenpolitik und Menschenrechte, Petitionen und Bürgerinitiativen

Wien (PK) – An diesem Sitzungstag geht es um kulturpolitische Fragen, insbesondere um das geplante Haus der Geschichte und die Eindämmung des illegalen Kulturgüterhandels. Die Bewältigung der Flüchtlings- und Migrationsströme sowie die Situation von Frauen und Kindern in Krisengebieten stehen im Mittelpunkt der Debatte über die Außenpolitik und um Menschenrechte. Dem Nationalrat liegt zudem wieder eine große Anzahl von Bürgeranliegen vor.

Fragestunde

In der Fragestunde haben die Abgeordneten die Gelegenheit, ihnen wichtige Themen mit dem Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien, Josef Ostermayer, zu erörtern.

Vorgehen gegen illegalen Kulturgüterhandel

Ostermayer vertritt vor dem Nationalrat auch das Kulturgüterrückgabegesetz, das eine bessere Handhabe gegen illegalen Handel von Kulturgütern bringen soll. Rückgabeansprüche sowie die Entscheidungen darüber werden demnach auf eine gesicherte Rechtsgrundlage gestellt. Neu ist dabei, dass die Regelung auch für Staaten gilt, die nicht der Europäischen Union angehören. Durch das Gesetz soll zudem die Kommunikation zwischen den Mitgliedstaaten verbessert werden. Für Kulturgüterschutz in Österreich zuständig ist das Bundesdenkmalamt, im Fall von Archivalien das Österreichische Staatsarchiv.

Gesetzliche Grundlage für "Haus der Geschichte"

Mit einer Änderung des Bundesmuseen-Gesetzes bekommt das von der Regierung geplante "Haus der Geschichte" in der Neuen Burg eine gesetzliche Grundlage. Organisatorisch wird es in die Zuständigkeit der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) fallen, die wissenschaftliche Leitung des Museums soll aber weisungsfrei gestellt sein und über ein eigenes Budget verfügen können. Dementsprechend wird die Basisabgeltung für die ÖNB ab 2016 sukzessive erhöht. 2016 werden es 24,19 Mio. €, 2017 24,89 Mio. € und 2018 insgesamt 26,69 Mio. € an finanziellen Mitteln sein. Für die Entstehung des Hauses der Geschichte kalkuliert die Regierung Baukosten von 12,5 Mio. € und Ausstattungskosten von rund 11,6 Mio. € (beides inklusive 25% Reserven aufgrund des frühen Projektstadiums). Dazu können noch zusätzliche 12,5 Mio. € für weitere Brandschutzmaßnahmen und Stiegenumbauten kommen, wie es in den Erläuterungen zum Gesetz heißt. Das "Haus der Geschichte" soll seine Tore ab 2018 öffnen, ab dann wird jährlich mit laufenden Kosten von rund 3,6 Mio. € gerechnet.

Hier setzt auch die Kritik der Opposition an. Nicht klar ist für FPÖ, Grüne, NEOS und Team Stronach nämlich, wie die veranschlagten Kosten für das Haus der Geschichte bedeckt werden können. Auch die Frage nach dem geeigneten Standort ist bei den Oppositionsfraktionen nach wie vor nicht durch, offen ist für sie zudem die inhaltliche Konzeption. Kulturminister Josef Ostermayer machte im Kulturausschuss klar, dass es im Gesetz um einen ersten organisatorischen Schritt geht, finanzielle Fragen seien dann eine Angelegenheit der Verhandlungen über den Bundesfinanzrahmen und in weiterer Folge der Budgetverhandlungen.

Neben dem "Haus der Geschichte" sind noch weitere Heldenplatz-Projekte wie ein Bücherspeicher oder ein "Haus der Zukunft" in Diskussion. In diesem Zusammenhang wurde im Kulturausschuss eine von den Koalitionsparteien vorgelegte Entschließung angenommen, in der die Regierung aufgefordert wird, eine zeitnahe Umsetzung zu ermöglichen, bei der Erstellung des Zeitplans jedoch das Ausweichquartier des Parlaments zu berücksichtigen und darauf zu achten, den Parlamentsablauf nicht zu beeinträchtigen. Hintergrund ist die Übersiedlung des Parlaments aufgrund der Sanierung in die Hofburg bzw. in Pavillons am Heldenplatz 2017.

Gutachten zu Vorabprüfung von Staatsverträgen durch den VfGH

Auf die Kulturdebatte folgt eine Diskussion über Verfassungsfragen. Auch wenn im Verfassungsausschuss der FPÖ-Antrag, Staatsverträge noch vor Abschluss des Ratifizierungsprozesses auf ihre Verfassungskonformität zu prüfen, mehrheitlich abgelehnt wurde, soll das Thema weiterhin auf der politischen Agenda bleiben. Kanzleramtsminister Josef Ostermayer soll ersucht werden, vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts ein Gutachten erstellen zu lassen. Die FPÖ argumentiert, dass mit einer derartigen Vorabprüfung die Gefahr einer divergierenden Rechtslage in der Außen- und Innenpolitik der Republik vermieden werden kann. SPÖ, ÖVP und NEOS konnten dem konkreten Antrag aus verfassungssystematischen Gründen nicht folgen. Außerdem, so ihre Argumentation, würde nach dem Wortlaut der FPÖ-Initiative neben jeder Landesregierung auch eine relativ kleine parlamentarische Minderheit – 20 Abgeordnete oder 7 Mitglieder des Bundesrats – einen Vorab-Prüfantrag beim Verfassungsgerichtshof stellen können.

Mindestsicherung – kein Konsens über Bundesrahmengesetz

Zweites Thema im Verfassungsblock ist die Regelung der Mindestsicherung. Nach Ansicht der Grünen ist der Versuch gescheitert, einheitliche Leistungen für MindestsicherungsbezieherInnen über eine Bund-Länder-Vereinbarung (15a-Verträge) zu erreichen. Sie fordern daher ein Bundesrahmengesetz. Die NEOS sprachen in Bezug auf die Bund-Länder-Vereinbarung im Ausschuss von einem "falsch verstandenen Föderalismus". Dem konnten sich die beiden Koalitionsparteien nicht anschließen und lehnten den Antrag ab. Das Instrument der 15a-Verträge habe sich bewährt, es sei gelungen, eine weitgehende Harmonisierung herbeizuführen, argumentierte man seitens der ÖVP. Eine Zentralisierung in diesem Bereich sei wenig sinnvoll, die Regelung sollte näher bei den BürgerInnen angesiedelt bleiben.

Die EU-Außenpolitik 2016

Beim Bericht über die EU-Außenpolitik für 2016 ist eine kontroverse Debatte über das geplante Flüchtlings-Abkommen mit der Türkei, die Schließung der Balkanroute und die damit einhergehende Lage an der griechisch-mazedonischen Grenze zu erwarten. Der Bericht unterstreicht vor allem die Notwendigkeit der europäischen Zusammenarbeit bei der Bewältigung des Migrationsdrucks und die Einbindung der Türkei, kündigt aber auch Strategien für die Herkunftsländer zur Eindämmung der Flüchtlingsströme und in Sachen Rückübernahmeabkommen an.

Einstellung von EZA-Zahlungen an Burundi angesichts des blutigen Konflikts

Der Außenpolitische Ausschuss hat auch weitere Materien plenumsreif gemacht. So soll laut einer Entschließung der Koalition die EU-Entwicklungshilfe an Burundi - zwischen 2014 und 2020 sind hier 430 Mio. € veranschlagt –, das sich in einem blutigen Konflikt befindet, ausgesetzt bzw. auf humanitäre Projekte beschränkt werden. Darüber hinaus soll Außenminister Sebastian Kurz in sämtlichen internationalen Gremien auf eine gewaltfreie Verhandlungslösung zwischen den burundischen Konfliktparteien drängen.

Südtirol: Autonomie muss gewahrt bleiben, aber kein Konsens bei Doppelstaatsbürgerschaft

Die Parlamentsdebatte über die Bürgerinitiative "Österreichische Staatsbürgerschaft für Süd-Tiroler", die in den vergangenen Jahren von einem eigens dafür eingesetzten Unterausschusses behandelt wurde, ist vorerst abgeschlossen. Ein Konsens über die Frage von Doppelstaatsbürgerschaften für SüdtirolerInnen konnte zwar nicht hergestellt werden, der Außenpolitische Ausschuss schickte aber eine Entschließung zur Erhaltung des Autonomiestatus Südtirols mit den Stimmen aller Fraktionen auf den Weg in den Nationalrat. Sollte es in Italien zur angesteuerten Verfassungsreform kommen, dürfen die Rechte der autonomen Provinzen nicht beschnitten werden, lautet der Auftrag an den Außenminister.

Asyl: Anreizsysteme für Rückübernahmeabkommen

Ein weiterer Diskussionspunkt in Sachen Asyl- und Migrationspolitik werden Rückübernahmeabkommen sein. Die FPÖ will die EZA-Gelder für Entwicklungsländer stoppen, wenn diese entweder keine Abkommen zur Rücknahme ihrer StaatsbürgerInnen nach den Wünschen Österreichs abschließen oder bei der Rücknahme nicht kooperativ sind. Der Vorschlag fand im Außenpolitischen Ausschuss keine Mehrheit, SPÖ, ÖVP, NEOS und das Team Stronach sprechen sich aber für Anreizsysteme und Sanktionsmechanismen in Bezug auf Rückübernahmen aus. Die Bundesregierung soll sich national und auf europäischer Ebene dafür einsetzen.

Iran: UN-Mandat zur Überwachung der Menschenrechtlage soll verlängert werden

Auf Basis einer Entschließung der Grünen hat sich der Außenpolitische Ausschuss dafür ausgesprochen, das Mandat für den UN-Sonderberichterstatter zur Menschenrechtslage im Iran zu verlängern. Auch dieser Auftrag geht an den Außenminister.

Schutz von Frauen und Kindern in Krisenregionen

Im inhaltlichen Zusammenhang mit einem Vorstoß der Grünen, der darauf abzielt, vehementer gegen sexuelle Gewalt in bewaffneten Konflikten vorzugehen, beschäftigt sich der Nationalrat mit einer ähnlich lautenden Entschließung von SPÖ und ÖVP. Der Außenminister soll sich demnach weiterhin aktiv für den Schutz von Frauen und Kindern in Krisenregionen einsetzen und sich in diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen um Verfolgung und eindeutige Benennung von Massenvergewaltigungen als Kriegsverbrechen bemühen.

Forderung nach nationalem Asyl-Aktionsplan

Die Forderung der NEOS nach einem nationalen Aktionsplan in Sachen Asyl fand im Menschenrechtsausschuss keine Zustimmung. Anstelle von Zeltlagern brauche es längerfristige Lösungsansätze für die Unterbringung, die Beschaffung finanzieller Mittel, die personelle Aufstockung sowie die Implementierung von Integrationsmaßnahmen, so die Position der Oppositonsfraktion.

Frauen auf der Flucht: Gemeinsamer Auftrag an die Bundesregierung

Die Frauensprecherinnen Gisela Wurm (S), Dorothea Schittenhelm (V), Carmen Schimanek (F), Berivan Aslan (G), Martina Schenk (T) sowie Claudia Gamon (N) fordern von der Bundesregierung, verstärkt für flüchtende Frauen und Kinder aktiv zu werden. So sollten etwa Frauen und Kinder, die Opfer von Menschenhandel oder anderen Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt und Missbrauch geworden sind, Zugang zu Schutz- und Hilfsmaßnahmen erhalten. Die Regierung bekommt damit von allen Fraktionen des Parlaments einen unmissverständlichen Auftrag.

Dialogplattform "Polizei.Macht.Menschen.Rechte" soll weiter in Richtung Zivilgesellschaft ausgebaut werden

2008 hat das Innenministerium das Projekt "Polizei.Macht.Medien.Rechte" ins Leben gerufen, um die heimischen ExekutivbeamtInnen noch mehr für den Schutz von Menschenrechten zu sensibilisieren. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen der Zivilgesellschaft sowie der Sicherheitsexekutive soll nun im Sinne echter Partizipation strukturiert und als strategisches Ziel in der Polizei weiterentwickelt werden, so der zweite menschenrechtsrelevante Auftrag an die Regierung, der auf der Tagesordnung des Nationalrats steht.

Antrag auf Volksbefragung zur Asyl- und Grenzschutzpolitik

Zu einer Volksbefragung, ob die Bürgerinnen und Bürger dafür sind, die gesetzlichen Grenzschutz- und Asylbestimmungen anzuwenden und zu vollziehen oder nicht, wird es aller Voraussicht nach nicht kommen. Bereits im Hauptausschuss des Nationalrats erhielt das Team Stronach lediglich die Unterstützung der Freiheitlichen für ihre diesbezügliche Forderung. Seitens des Team Stronach wirft man im Antrag vom November des Vorjahres der Regierung vor, in der Flüchtlingskrise die entsprechenden Bestimmungen massiv zu missachten. Darin ist auch von einem "permanenten Rechtsbruch" die Rede. Waltraud Dietrich (T) räumte im Ausschuss zwar ein, dass die Regierung ihre Politik nun geändert habe, hielt aber den Antrag aufrecht. Von Abgeordneten anderer Fraktionen kamen grundsätzliche Zweifel auf, ob es überhaupt zulässig sei zu fragen, ob ein Gesetz eingehalten werden soll oder nicht.

Petitionen und Bürgerinitiativen

Um die Rettung der österreichischen Traditionen und Bräuche, eine Aufhebung des Staatsschutzgesetzes oder die Abhaltung einer Parlamentarischen Enquete zur Mitgliedschaft Österreichs bei EURATOM wird es unter anderem im Diskussionsblock über Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern gehen. Diskutiert werden zudem einige umwelt- und naturschutzrechtliche Anliegen wie z.B. die geplante Deponie Marchfeldkogel, der Schutz des Hörndlwalds in Wien und der Hochwasserschutz in Wörgl. In den 21 Petitionen und Bürgerinitiativen, die der Nationalrat gemeinsam behandeln will, findet zudem auch die aktuelle Flüchtlingssituation ihren Niederschlag. Auf der einen Seite hegen darin BürgerInnen Bedenken gegenüber einem Erstaufnahmezentrum in Ossiach, auf der anderen treten zahlreiche BürgerInnen für einen humanitären und menschlichen Zugang in der Flüchtlingsfrage ein.

Immunität des Abgeordneten Gerhard Deimek

Den Abschluss der Plenardebatte bildet der Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Steyr, die Immunität von Abgeordnetem Deimek aufzuheben. Es geht um den Straftatbestand der Verhetzung, weil Deimek via Twitter einen islamfeindlichen Beitrag verbreitet hat. (Schluss) keg/jan