Parlamentskorrespondenz Nr. 317 vom 31.03.2016

Bundesrat: Doskozil kündigt rasche Umsetzung der Bundesheerreform an

Länderkammer debattiert über Ausstattung des Militärs sowie über Flüchtlingsthematik

Wien (PK) – Viel Unterstützung von allen Seiten erfuhr Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, der heute im Bundesrat die Reformpläne für das österreichische Bundesheer präsentierte. Im Rahmen der Aktuellen Stunde zum Thema "Anpassung der Strukturen des Verteidigungsressorts an die Herausforderungen der Zukunft – Schnellere Abläufe, Erhöhung der Reaktionsfähigkeit der Truppe" kündigte der Minister rasche Maßnahmen ein, die bereits Anfang nächsten Jahres in Kraft treten sollen. Es werde in den nächsten Monaten einen offenen Diskussionsprozess über Aufgaben und Strukturen des Heeres geben, kündigte er an, erst danach können Fragen wie z.B. die Beibehaltung von Kasernen oder Modelle für die Fortführung der Militärmusik seriös beantwortet werden. Doskozil verteidigte zudem die geplante Verschärfung des Asylrechts, da eine europäische Lösung in der Flüchtlingsfrage noch immer nicht in Griffweite sei.

  

SPÖ und ÖVP unterstützen Reformpläne des Ministers

Die geänderte Bedrohungslage in Europa erfordere eine Anpassung der sicherheitspolitischen Strategien, war der steirische Bundesrat Martin Weber (S/St) überzeugt. Dies sei aber nur dann möglich, wenn die Mittel für das Bundesheer aufgestockt werden und den SoldatInnen eine vernünftige und effiziente Ausrüstung zur Verfügung gestellt wird. Wie man etwa in Spielfeld gesehen habe, könne die Grenzsicherungsfrage nie und nimmer durch die Polizei alleine bewältigt werden; der Assistenzeinsatz des Bundesheeres war unverzichtbar. Er sei daher froh darüber, dass alle sechs Parlamentsfraktionen am 26. November 2015 einen Entschließungsantrag einstimmig angenommen haben, in dem es aufgrund der aktuellen Entwicklungen (u.a. Destabilisierung des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordafrikas, Konflikte an der EU-Außengrenze, Terroranschläge, Flüchtlingsströme) um etwaige Änderungen bzw. Ergänzungen des Strukturpakets "Österreichisches Bundesheer 2018" geht. Sein Fraktionskollege Wolfgang Beer (S/W) sah vor allem Nachholbedarf bei der Ausrüstung der SoldatInnen und im Ausbildungsbereich.

Edgar Mayer (V/V) war der Meinung, dass das österreichische Bundesheer aufgrund diverser Einsparungsmaßnahmen derzeit nicht in der Lage ist, die für Inlandsaufgaben notwendige Einsatzstärke von 12.500 Mann zur Verfügung zu stellen. Große Probleme gebe es auch bei der Miliz sowie hinsichtlich der Fahrzeuginfrastruktur. Wenn das Strukturpaket 2018 wirklich voll umgesetzt würde, dann müsste man gröbere Leistungsverluste in Kauf nehmen, warnte Mayer. Die gestrige Ankündigung von Minister Doskozil, sofort 1.000 zusätzliche SoldatInnen aufzunehmen und das Strukturpaket zu stoppen, sei daher der richtige Weg. Überdies sollten die regionalen Interessen wieder stärker berücksichtigt und keine Kasernen mehr geschlossen bzw. verkauft werden. Bundesrat Armin Forstner (V/St) befasste sich vor allem mit der Ausrüstung der Luftstreitkräfte und appellierte an den Minister, sich nicht von seinem Reformweg abbringen zu lassen.

FPÖ fordert echte Reformen und ein Ende der Ankündigungspolitik

Die bisherigen Aussagen von Minister Doskozil lassen hoffen, dass den Worten nun endlich auch Taten folgen, erklärte der freiheitliche Bundesrat Christoph Längle (F/V). Die letzten Verteidigungsminister seien nämlich trotz einiger guter Ansätze (z.B. Attraktivierung des Grundwehrdienstes, Dienstgradereform, Modernisierung des Fuhrparks) kläglich gescheitert. Ein eindrückliches Beispiel für diese Misere sei, dass es derzeit nicht einmal genügend Kampfhelme für die SoldatInnen gibt. Die FPÖ begrüße daher die Pläne von Doskozil, die von Klug eingeleitete Reform "ÖBH 2018" vorerst auf Eis zu legen und etwa die Kasernenschließungen zu stoppen. Da ein gut funktionierendes Bundesheer für die Sicherheit der Bevölkerung unerlässlich ist, müsse die Ankündigungspolitik endlich einmal aufhören und konkrete Schritte gesetzt werden, forderte auch Gerhard Dörfler (F/K). Er kritisierte vor allem, dass die politisch Verantwortlichen in Österreich nicht rechtzeitig reagiert haben, zumal sich viele Krisenszenarien, wie z.B. die Migrationsströme, sich schon seit einigen Jahren abgezeichnet hätten.

Grüne: Lob für Reformpläne für das Bundesheer, aber Kritik an Verschärfung des Asylrechts

Auch die Grünen sprechen sich für eine bessere Ausstattung des Bundesheeres aus, betonte Nicole Schreyer (G/T), Basis dafür müsse aber eine weitreichende und stringente Reform sein und nicht nur ein Bündel an Einzelmaßnahmen. Die bis jetzt bekannten Vorschläge von Doskozil – Verschlankung des Verwaltungsapparats, Änderungen in der Struktur und bei den Kompetenzen etc. - gehen ihrer Ansicht nach in die richtige Richtung. Im Zuge dessen sollten vermehrt auch die Anregungen der Bundesheerreformkommission umgesetzt werden, schlug die Bundesrätin vor. Generell stehen die Grünen für eine Abschaffung der Wehrpflicht und die Einrichtung eines stehenden Heeres mit gut ausgebildeten SoldatInnen, wie dies bereits im Großteil der europäischen Staaten Realität ist. Schließlich ging Schreyer noch auf die geplante Verschärfung des Asylrechts ein, das ihrer Ansicht nach völlig unausgegoren und vor allem aus menschenrechtlicher Sicht bedenklich ist. Es könne nicht sein, dass Probleme einfach dorthin abgeschoben werden, wo man sie dann nicht mehr sieht, gab Schreyer zu bedenken.

Doskozil: Schlankere Strukturen, bessere Ausrüstung und Aufstockung der Truppen

Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport, Hans Peter Doskozil, ging zunächst ausführlich auf die Flüchtlingsproblematik ein und skizzierte die aktuellen geopolitischen Entwicklungen in diesem Bereich. Da die so genannte Balkanroute nun geschlossen ist, gebe es derzeit auch keine Migrationsbewegungen auf dieser Strecke. Dennoch werden täglich ca. 100 bis 120 Asylanträge in Österreich gestellt, da von den Menschen neue Flucht- und Schlepperrouten genutzt werden. Allein in der letzten Woche sind z.B. 5.000 Flüchtlinge in Sizilien angekommen, die Prognosen bezüglich der Migration übers Mittelmeer seien dramatisch. Intensiv beobachten müsse man die Situation in Libyen, erklärte der Minister, er erwarte sich diesbezüglich europäische Initiativen in den nächsten Wochen und Monaten. Veränderungen gebe es auch den EU-Außengrenzen, so werde derzeit etwa ein Zaun an lettischen Grenze gebaut, informierte der Ressortchef. Österreich habe immer eine europäische Lösung gefordert, bekräftigte Doskozil, diese sei aber noch immer nicht in Griffweite. Wenn alle europäischen Staaten so viele Flüchtlinge aufnehmen wie Österreich, würden sich die meisten Probleme gar nicht stellen. Da sie dies aber nicht machen, musste man auf nationaler Ebene Maßnahmen setzen, um Überbelastungen zu vermeiden. Dazu zähle auch der gestern präsentierte Vorschlag auf Änderung des Asylrechts, gab der Minister zu bedenken.

Vor diesem Hintergrund sei auch die Zukunft des österreichischen Bundesheers zu diskutieren, führte Doskozil weiter aus. Wenn man bedenke, dass von zehn Milizbataillonen momentan nur eines einsatzfähig ist, gleichzeitig aber die kritische Infrastruktur in Österreich kontrolliert werden soll, dann sei man wohl fahrlässig unterwegs, urteilte der Minister. Der Einsatz in Spielfeld habe gezeigt, dass die Handlungsfähigkeit nur bis zu einem gewissen Grad gewährleistet ist. Ohne den freiwilligen Einsatz von Milizpersonal hätte man dies nicht geschafft.  Gleichzeitig müsse man noch für Katastrophenfälle gerüstet sein und Auslandseinsätze bewältigen. Aus all diesen Gründen sei es erforderlich, die notwendige Strukturreform rasch und zügig durchzuführen. Er setze sich mit aller Kraft dafür ein, dass sie bereits am 1.1.2017 in Kraft treten kann. Dabei gebe es klare Zielvorgaben, erläuterte Doskozil, nämlich die Verschlankung der zentralen Strukturen, die Zusammenführung der Kommanden und eine Aufstockung der Truppen. Erst nach Abschluss des Diskussionsprozesses über die Aufgaben und Strukturen, könne man etwa sagen, wie viele Kasernen erhalten werden sollen. Positiv äußerte sich Doskozil zur Militärmusik, die eine lange Tradition habe, gleichzeitig soll aber auch auf die Kostenneutralität geachtet werden. Um die Reformpläne umsetzen zu können, müssen natürlich ausreichend Mittel bereitgestellt werden, räumte der Minister ein. Er hoffe daher, dass es diesbezüglich in den nächsten Wochen zu einer Lösung mit dem Finanzminister kommen wird. (Fortsetzung Bundesrat) sue


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