Parlamentskorrespondenz Nr. 339 vom 04.04.2016

Justizausschuss verabschiedet Grundlagen für Zugriff auf Kontenregister

Abgeordnete beschließen Änderungen der Strafprozessordnung

Wien (PK) – Staatsanwaltschaften können in Zukunft im Rahmen von Strafverfahren Einsicht in das Kontenregister nehmen. Der Justizausschuss beschloss heute entsprechende Anpassungen in der Strafprozessordnung, wodurch die Auskunft aus dem Kontenregister nunmehr als Ermittlungsmaßnahme Eingang in das gerichtliche Strafverfahren findet. Weitere Aspekte der Novelle, für die SPÖ, ÖVP, Grüne und in Teilbereichen auch die NEOS stimmten, sind eine Ausweitung des Opferschutzes sowie die Sicherstellung eines Rechtsbeistands für Beschuldigte im Strafprozess.  

StPO-Novelle: Kernpunkte Bankkontenöffnung und Rechte von Opfern und Beschuldigten

Die Änderungen in der Strafprozessordnung (StPO) (1058 d.B.) schaffen zunächst die rechtliche Basis für den Zugriff auf das im Zuge der Steuerreform eingeführte zentrale Kontenregister. Für die Einsicht in äußere Kontodaten wie Name des Inhabers, Wohnort oder Geburtsdatum reicht demnach eine staatsanwaltschaftliche Anordnung aus, Auskünfte über den Inhalt der Konten bedürfen hingegen einer gerichtlichen Bewilligung. Die Regelung sichere den unmittelbaren Zugriff durch die Staatsanwaltschaft und helfe im Verfahren, Zeit zu sparen, umriss Justizminister Wolfgang Brandstetter die Grundintention seines Ressorts.

Zielsetzung der Novelle ist darüber hinaus auch der Opferschutz, dies vor allem durch Stärkung der Rechte auf Information und Ausbau der Verfahrensrechte. Die einzelnen Bestimmungen setzen dabei eine entsprechende Richtlinie der EU um und betonen vor allem die besondere Schutzbedürftigkeit. Als besonders schutzbedürftig gelten dabei jedenfalls Minderjährige und Opfer von Sexualdelikten. Sie haben im Prozess etwa das Recht auf schonende Einvernahme und auf Beiziehung einer Vertrauensperson. Auch sollen Opfer auf Antrag über die Flucht eines in Untersuchungshaft befindlichen Täters verständigt werden. Was den Ausbau der Beschuldigtenrechte betrifft, bringt die Novelle in Entsprechung einer EU-Richtlinie schließlich Mindestnormen für das Recht auf Rechtsbeistand sowie das Recht auf Kontaktaufnahme bei einer Festnahme innerhalb der EU.

Breiter Konsens beim Opferschutz

Die Novelle sei ein weiterer Schritt, das bereits sehr hohe Niveau des Opferschutzes in Österreich anzuheben, stellten Beatrix Karl (V) und Gisela Wurm (S) übereinstimmend fest. Von der Regelung der Zulässigkeit der Auskunft aus dem Kontenregister erwartet sich Karl zudem Verbesserungen bei der Verfolgung von Wirtschaftsdelikten. Im Sinne einer raschen Vorgangsweise der Gerichte begrüßte sie es, dass für die Einsicht in die äußeren Kontodaten die bloße Anordnung durch die Staatsanwaltschaft ausreicht.

Auf positives Echos stieß die Vorlage auch bei Albert Steinhauser (G). Vorstellbar wäre für den Justizsprecher der Grünen allerdings die explizite Aufnahme der Opfer von Ausbeutung in den Kreis der besonders schutzbedürftigen Opfer. In diesem Punkt signalisierten Johannes Jarolim (S) und Michaela Steinacker (V) Gesprächsbereitschaft. Man werde noch detailliert prüfen, ob man die Gruppe der besonders schutzbedürftigen Opfer weiter präzisieren kann, versicherte der SPÖ-Justizsprecher.

In Sachen Kontenregister sprach sich Steinhauser gegen ein eigenes Rechtsmittelrecht der Banken aus und drängte in einem Entschließungsantrag (315/A(E)), der bei der Abstimmung in der Minderheit blieb, auf die Begrenzung des Rechtsmittelrechts bei Kontoöffnungen auf die jeweils betroffene verfügungsberechtigte Person. Es sollte einen Vorab-Rechtsschutz für die Kontoverfügungsberechtigten geben, pflichtete ihm auch Johannes Hübner (F) bei, der die Novelle unter Hinweis auf die grundsätzliche Kritik seiner Fraktion an der Kontoregister-Regelung jedoch ablehnte

Auch Nikolaus Scherak von den NEOS steht der Einschau in das Kontenregister ohne richterliche Bewilligung skeptisch gegenüber. Die Bestimmungen über den Ausbau des Opferschutzes begrüßte er allerdings ausdrücklich.

Videoaufzeichnung von Ersteinvernahmen: Keine Mehrheit für NEOS-Vorstoß

Nicht durchsetzen konnte sich Scherak mit seinem Vorschlag (1401/A(E)), in einem Modellprojekt die Videoaufzeichnung von Einvernahmen vor der Polizei zu erproben, wobei er argumentierte, dadurch wäre es möglich, den tatsächlichen Eindruck vor Ort für später zu konservieren. Justizminister Wolfgang Brandstetter sah die Initiative der NEOS zwar mit viel Sympathie, meinte aber, die Idee müsse noch in ein Gesamtkonzept eingebettet werden. (Fortsetzung Justizausschuss) hof