Parlamentskorrespondenz Nr. 361 vom 13.04.2016

Schockbilder auf Zigarettenpackungen sollen vom Rauchen abhalten

Gesundheitsausschuss stimmt Tabakgesetz-Novelle mit S-V-G-Mehrheit zu

Wien (PK) – Die vom Gesundheitsministerium vorgelegte Novelle zum Tabakgesetz hat heute mit geringfügigen Änderungen den Gesundheitsausschuss des Nationalrats passiert. Neben den Koalitionsparteien stimmten auch die Grünen dafür, Zigarettenpackungen künftig mit Schockbildern und deutlicheren Warnhinweisen versehen. "Rauchen ist tödlich – hören Sie jetzt auf", muss es künftig auf jeder Packung heißen. Mit der Novelle werden außerdem Zigaretten und Tabak mit charakteristischen Aromen und bestimmten Zusatzstoffen wie Menthol und Vitaminen sowie der Verkauf von Kautabak verboten und ein Zulassungsverfahren für neuartige Tabakerzeugnisse eingeführt. Vom Verbot des Versandhandels sind ausdrücklich auch E-Zigaretten und Liquids umfasst. Scharfe Kritik an der Novelle kam von der FPÖ, auch die NEOS orten bei der Umsetzung der EU-Richtlinie erhebliche Mängel.

Geringfügige Änderungen wurden vom Ausschuss bei den Übergangsfristen vorgenommen. Alte Zigarettenpackungen dürfen demnach nun doch noch bis zum 31. August 2016 von den Großhändlern an Trafiken ausgeliefert werden. An der endgültigen Deadline für den Verkauf – 20. Mai 2017 – ändert sich allerdings nichts. Darüber hinaus wurden die Bestimmungen betreffend die von den TrafikantInnen zu leistenden jährlichen Kontrollgebühren präzisiert und die Einbindung der Wirtschaftskammer vor Erlassung der Gebührenverordnung gesetzlich normiert.

In Form einer Entschließung spricht sich der Gesundheitsausschuss dafür aus, bei den kombinierten Warnhinweisen auf den Packungen künftig darauf zu achten, dass es zu keiner Diskriminierung behinderter Menschen kommt. Außerdem drängen die Abgeordneten auf klare Rückverfolgbarkeitsregelungen für Tabakprodukte auf einer einheitlichen europäischen Basis.

FPÖ und NEOS hinterfragen Versandhandelsverbot für E-Zigaretten

In der Debatte bekräftigte FPÖ-Mandatar Peter Wurm seine Kritik an der Novelle zum Tabakgesetz. Diese stellt seiner Ansicht nach nicht nur einen weiteren Schritt in Richtung totaler Verbotskultur dar, sie sei auch wirtschaftsfeindlich und ein "Bürokratiemonster". Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern gehe man in Österreich weit über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinaus, was überhaupt nicht notwendig gewesen wäre.

Besonders negativ beurteilte Wurm das Verbot des Internethandels mit E-Zigaretten sowie die generelle Einbeziehung von Kautabak und E-Zigaretten in das Gesetz. Es existiere keine wissenschaftliche Studie, die die schädliche Wirkung von E-Zigaretten belege, argumentierte er. Wurm bezweifelt außerdem, dass die verpflichtenden Schockbilder auf den Packungen jemanden vom Rauchen abhalten werden. Fragwürdig ist für ihn auch, dass im Gegenzug keine Angaben mehr über den Nikotin- und Teergehalt gemacht werden dürfen. Die Freiheitlichen hätten nie bestritten, dass Rauchen der Gesundheit nicht zuträglich ist und dass Kinder und Jugendliche davor geschützt werden müssen, betonte Wurm. Wenn jedoch ein Drittel der Österreicher gelegentlich Tabak konsumiere, dann sollte man ihnen auch die Wahlfreiheit lassen, ob sie das tun wollen oder nicht.

Unzufrieden zeigte sich auch NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker. Ohne Frage sei die EU-Richtlinie umzusetzen, meinte er. Die Umsetzungsqualität bewertete er insgesamt aber als mangelhaft. Unter anderem bemängelte Loacker zu kurze Übergangsfristen, weitgehende Verordnungsermächtigungen für die Gesundheitsministerin, die Benachteiligung kleiner Unternehmen sowie die Vermischung von E-Zigaretten mit neuartigen Tabakerzeugnissen. Überdies hält er das Versandhandelsverbot für E-Zigaretten für vollkommen verfehlt. Loacker ist überzeugt, dass die KonsumentInnen ins Ausland ausweichen werden, was nicht kontrollierbar sein werde.

Rauchen soll unattraktiv werden

Zustimmend zur Gesetzesnovelle äußerten sich hingegen die Grünen. Es habe unter dem Blickwinkel der Prävention viel Sinn, Maßnahmen zu setzen, um Kinder und Jugendliche vom Rauchen abzuhalten, erklärte Gesundheitssprecherin Eva Mückstein. Zudem begrüßte sie es ausdrücklich, dass das Gesetz nicht nur Regelungen für Zigaretten enthält, sondern auch verwandte Produkte einbezieht.

Mehr Tempo hätte sich Mückstein allerdings bei der Umsetzung des bereits beschlossenen vollständigen Rauchverbots in öffentlich zugänglichen Räumen gewünscht. Es wäre ihrer Meinung nach ein wichtiger Beitrag zum Schutz vor Passivrauch und zur Gesundheitsförderung, würde das Rauchverbot in Räumen für Unterrichts- und Fortbildungszwecke sowie für schulsportliche Betätigung nicht erst am 1. Mai 2018, sondern schon am 1. September 2016 in Kraft treten. Ein entsprechender Abänderungsantrag der Grünen fand bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit.

Seitens der Regierungsparteien wies Abgeordneter Erwin Spindelberger (S) auf die Aufgabe der Politik hin, lenkend einzugreifen und darauf aufmerksam zu machen, wie schädlich manche Genussmittel sind. Ihm zufolge ist es außerdem nachgewiesen, dass auch der Gebrauch von E-Zigaretten zu chronischen Erkrankungen und in Folge zu Krebserkrankungen führt. Auch Kautabak könne Mundhöhlenkrebs und Zwölffingerdarmkrebs auslösen.

ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger ist zuversichtlich, dass die vorliegende Novelle Wirkung zeigen wird. Man müsse etwas tun, um 14.000 vorzeitige Tode durch Zigarettenkonsum in Österreich zu verhindern. Neben dem Nichtrauchschutz gehe es vor allem darum, Jugendliche vor dem Einstieg ins Rauchen zu bewahren. Rasinger ortet generell eine hohe Suchtbereitschaft unter den österreichischen Jugendlichen, auch was Alkohol, Canabis oder Internet-Sucht betrifft.

Es gehe darum, Rauchen unattraktiv zu machen, betonte Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser. Rauchen schade nicht nur der betreffenden Person, sondern verursache auch hohe Kosten für die Allgemeinheit. Die von Abgeordnetem Loacker geäußerten Bedenken hält sie für nicht gerechtfertigt, die meisten im Begutachtungsverfahren vorgebrachten Einwände seien bereits in der dem Parlament vorgelegten Gesetzesvorlage berücksichtigt worden. So habe man die Verordnungsermächtigungen deutlich eingeschränkt. Das Verbot des Versandhandels von E-Zigaretten begründete Oberhauser damit, dass sonst die Einhaltung des Jugendschutzes nicht überprüfbar gewesen wäre.

Seitens des Team Stronach konnte kein Abgeordneter bzw. keine Abgeordnete an der Ausschusssitzung teilnehmen. 

Abschreckende Bilder und Warnhinweise auf Zigarettenpackungen

Mit der Novelle zum Tabakgesetz (1056 d.B.) setzt Österreich eine EU-Richtlinie um, wobei der vom Ausschuss gebilligte Entwurf des Gesundheitsministeriums in einzelnen Punkten über die Unionsvorgaben hinausgeht. Ziel der neuen Warnhinweise auf Zigarettenpackungen ist es, Jugendliche vom Einstieg ins Rauchen abzuhalten und die Zahl der RaucherInnen insgesamt zu reduzieren. Dafür sollen unter anderem abschreckende Fotos von Krebsgeschwüren und Raucherlungen sowie Botschaften wie "Tabakrauch enthält über 70 Stoffe, die erwiesenermaßen krebserregend sind", sorgen. Außerdem ist die Nummer des "Rauchfrei Telefons" verpflichtend auf den Packungen anzugeben. Die aus Text und Bild bestehenden gesundheitsbezogenen Warnhinweise müssen 65% der Vorder- und Rückseite von Verpackungen bedecken und bestimmte Layout-Vorgaben erfüllen.

Auch für E-Zigaretten, E-Shishas und Nachfüllbehälter sind künftig bestimmte Warnhinweise vorgeschrieben, selbst wenn die Liquids kein Nikotin enthalten. Außerdem werden diese Produkte ausdrücklich in das für Tabakerzeugnisse geltende Werbe- und Sponsoringverbot sowie in das Versandhandelsverbot miteinbezogen, wobei sowohl der nationale als auch der grenzüberschreitende Versandhandel umfasst ist. Über ein geplantes Inverkehrbringen neuer Produkte ist das Gesundheitsministerium sechs Monate im Voraus zu informieren.

Die Gesetzesnovelle enthält darüber hinaus Regelungen über erlaubte Inhaltsstoffe, Emissionshöchstwerte, Kontrollen durch die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) sowie die Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse durch das Gesundheitsministerium. Zudem werden zum Schutz vor Fälschungen Kriterien für die Rückverfolgbarkeit und Sicherheitsmerkmale festgelegt. Bei Verstößen gegen die gesetzlichen Bestimmungen drohen Verwaltungsstrafen bis zu 7.500 € bzw. bis zu 15.000 € im Wiederholungsfall. In Kraft treten sollen die Bestimmungen mit 20. Mai 2016, wobei Trafiken Zigarettenpackungen ohne die neuen Warnhinweise noch bis zum 20. Mai 2017 verkaufen dürfen, wenn sie vor dem 1. September 2016 von den Großhändlern ausgeliefert wurden.

Das Tabakgesetz erhält auch einen neuen Namen: Es wird künftig Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz heißen. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) gs