Parlamentskorrespondenz Nr. 378 vom 18.04.2016

Nationalratsdebatte über Panama-Papiere und politische Konsequenzen

Dringlicher Antrag der Grünen, Schelling weist Kritik zurück

Wien (PK) - Fehlende Aktivität der Bundesregierung bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerbetrug in Österreich sowie in der EU und auf internationaler Ebene lautete der Vorwurf der Grünen in der heutigen NR-Sondersitzung über politische Konsequenzen aus den "Panama Papers" an die Bundesregierung. Die Enthüllung hunderttausender Briefkastenfirmen bei der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca in Panama durch investigative Journalisten habe für Österreich ein "historisches Fenster" geöffnet, um gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung vorzugehen, sagte Klubobfrau Eva Glawischnig und legte seitens ihrer Fraktion dazu einen " Dringliche Antrag " vor. Die Grünen wollen alle Geschäftsbeziehungen österreichischer Banken zu Kanzleien wie Mossack Fonseca erheben und die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften prüfen. Ein Verbot verdeckter Treuhandschaften soll Umgehungsgeschäfte ausschließen und künftig  verhindern, dass die Begünstigten illegaler Transaktionen im Dunklen bleiben. Zudem verlangen die AntragstellerInnen auch Informationen über Begünstigte in Privatstiftungen und die Veröffentlichung von Jahresabschlüssen im Firmenbuch. Vorsätzliche Steuerdelikte sollen künftig als "Vortat zur Geldwäsche" bestraft werden. Wer Steuerhinterziehung selbst anzeigt, soll nur noch mit einer Strafmilderung, aber nicht mehr mit einer Strafbefreiung rechnen können. Ein offenes nationales Firmenregister soll auch über Trusts und ähnliche Konstrukte Auskunft geben. Für den Kapitalverkehr mit Ländern, die nicht am automatischen Informationsaustausch teilnehmen, wollen die Antragsteller eine besondere Meldepflicht einführen.

Über Multis in der EU sollen ab einem Jahresumsatz von 40 Mio. € länderweise Steuertransparenz-Berichte vorgelegt werden und Steuerdeals und Sonderabsprachen mit Finanzbehörden an die EU-Kommission gemeldet werden müssen. Dem Steuerdumping in der EU wollen die Grünen mit einem Mindeststeuersatz und harmonisierten Bemessungsgrundlagen für Körperschaften entgegenwirken. Auch weltweit schlagen die Grünen ein öffentliches Register der wirtschaftlich Letztbegünstigten von Unternehmen, Trusts und Stiftungen vor. Länder, die sich nicht an europäische oder globale Vereinbarungen zum automatischen Austausch von Konto-, Steuer- und Unternehmensdaten halten, sollen mit Kapitalverkehrsbeschränkungen oder Handelsverboten belegt werden, beantragten die Grünen.

Glawischnig: 5.800 Mrd. € Offshore-Gelder fehlen Staaten für Investitionen

Die Klubobfrau der Grünen, Eva Glawischnig-Piesczek, leitete ihre Rede mit dem Dank an die Journalisten ein, die zur Aufdeckung der "globalen Verdunkelungsindustrie" und deren legalen, aber auch illegalen Methoden beigetragen haben, mit denen Gelder aus  Steuerhinterziehung und Steuerbetrug, aus der Drogenkriminalität und aus dem Menschenhandel weißgewaschen werden. Die ganze Welt, aber auch Österreich stehe vor gigantischen politischen Herausforderungen. Denn die Vermögen, die "offshore" geparkt sind, werden auf insgesamt 5.800 Mrd. € geschätzt, sagte Glawischnig. Dieses Geld fehle für Investitionen in den Sozial- und Wohlfahrtsstaat, für Investitionen in Bildung, Wirtschaft und Arbeitsmärkte. Während junge Menschen in manchen Ländern Europas unter Arbeitslosigkeit von bis zu 50% leiden, werden den Staaten Milliardenbeträge entzogen. Glawischnig versteht die politische Empörung bei KMU, Arbeitern und Angestellten, die Monat für Monat ihre Steuern entrichten, für nicht nachvollziehbar hält sie die Reaktion des Finanzministers, der sagte, er verstehe die ganze Aufregung nicht. Sie hätte sich Aktivitäten Schellings erwartet sagte Glawischnig und erinnerte dran, dass auch Politiker zu den Begünstigten der illegaler Transaktionen zählen, Putin oder Assad, der sich in seinem Krieg über Briefkastenfirmen mit Waffen und Benzin versorgt, mit dem er die Bomben füllt, die er gegen ZivilistInnen in Syrien einsetze.

Österreich habe sich in den letzten Jahren beim Kampf gegen das globale finanzielle Versteckspiel nicht ausgezeichnet, meinte Glawischnig, erinnerte an OECD-Kritik an Österreich und daran, dass Österreich gemeinsam mit Schweiz, Lichtenstein und Luxemburg lange Zeit zu jenen Ländern zählte, die den automatischen Informationsaustausch blockiert haben. Nach wie vor sei es möglich, verdeckte Treuhandschaften mündlich zu vereinbaren, womit dem Missbrauch Tür und Tor weit offen stehen. Obwohl sich Österreich etwa nicht an den "schwarzen Listen" der EU-Kommission beteilige, meint Finanzminister Schelling, Österreich habe das strengste Regime gegen die Geldwäsche in Europa, woran Glawischnig Zweifel anmeldet und ihre Ansicht mit Medienberichten untermauerte.

Der dringliche Antrag der Grünen richte sich daher darauf, Österreichs Hausaufgaben beim Kampf gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche zu erledigen und zugleich den Kampf gegen die Verdunkelungsindustrie auch in der EU sowie international und global voranzutreiben. Für die Verwendung des Ausdrucks "Schurkenstaat" erhielt die Klubobfrau der Grünen von Nationalrats Präsidentin Doris Bures einen Ordnungsruf.

Schelling: Österreich kämpft entschlossen gegen Steuerbetrug und Geldwäsche    

Finanzminister Hans-Jörg Schelling erinnerte dran, dass die Betrugsbekämpfung nicht erst seit Panama-Leaks ein relevantes Thema in Österreich ist. Über Konstrukte wie die in den Panama-Papers gezeigten "wissen wir alle seit Jahren" bescheid. Daher wird der Betrug bekämpft, auf internationaler Ebene vorangetrieben und sei Gegenstand einer Arbeitsgruppe von Finanzministerium, Justizministerium, Bundeskriminalamt und Finanzmarktaufsicht. Österreich verfüge über viele Regelungen Österreichs im Kampf gegen Steuervermeidung und – hinterziehung. Bank- und Steuerdaten werden international ausgetauscht, um missbräuchliche Gestaltungen in Steueroasen zu bekämpfen. Die Übermittlung von Bankdaten besteht seit 2009, der automatische Kontodatenaustausch für Neukonten kommt im  vierten Quartal 2016, für alle übrigen Konten 2017 und ab 2018 gilt der automatische Informationsaustausch über Bankdaten auch mit Drittstaaten, informierte der Finanzminister. Seit 2014 ist das Verwertungsverbot bei Geldwäscheverdacht in Finanzstrafsachen aufgehoben, sodass Geldwäscheverdacht auch zu steuerlichen und finanzstrafrechtlichen Konsequenzen führen kann. Die Revision der Doppelbesteuerungsabkommen dient der Erlangung steuerlich relevanter Informationen von Steueroasen, mit denen zuletzt spezielle Abkommen geschlossen wurden. Das Finanzstrafrecht wurde verschärft und die strafbefreiende Wirkung von Selbstanzeigen eingeschränkt, berichtete Schelling weiter, lehnte eine Beseitigung der strafbefreienden Wirkung von Selbstanzeigen aber ab, weil das Aufkommen reduziert würde. Im Detail erläuterte Schelling die Maßnahmen zur Einschränkung grenzüberschreitender steuerlicher Gestaltungen. Bei der Einschränkung der Abzugsfähigkeit gestaltungsanfälliger Zahlungen innerhalb von Konzernen, etwa von Zinsen und Lizenzgebühren, hat Österreich eine Vorreiterrolle inne. Seit 2009 sind Portfoliodividenden nicht befreit, wenn die ausschüttende Körperschaft nicht mit mindestens 15% besteuert wird - Österreich ist damit einer von wenigen Staaten mit einem vergleichbaren Mechanismus gegen Gewinnverschiebungen ins Ausland. Zur Identifizierung des wirtschaftlichen Eigentümers gelten bei jeder Kontoeröffnung Informations- und Identifikationsanforderungen.

Seit 2014 fordert Österreich die Errichtung von Trustregistern in EU-Mitgliedsstaaten, in denen Trusts errichtet werden können - in Österreich ist die Einrichtung eines Trusts nicht möglich. Zum Vorwurf, in Österreich fehlten transparente Register wirtschaftlich Begünstigter informierte Schelling über die weit gediehene Umsetzung der vierten Geldwäscherichtlinie, die Österreich ebenso implementiere wie alle bisherigen EU-Geldwäscherichtlinien samt Einführung eines zentralen Kontoregisters 2005 und Maßnahmen der Finanzmarktaufsicht zur Geldwäscheprävention. Schelling informierte auch über das Engagement Österreichs in der Financial Action Task Force (FATF), die Österreich mit begründete. Die rechtliche Prüfung eines Verbots verdeckter Treuhandschaften ist Thema einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit dem Bundesministerium für Justiz. 

Daten über Offshore-Finanzplätze und Briefkastenkonstruktionen prüft eine Task Force seines Ressorts seit 2013, berichtete Schelling. Nach diesem Muster sollen auch die Panama Leaks gemeinsam mit Experten des Justizressorts und des Bundeskriminalamts analysiert werden. Was fehle seien die Panama-Daten, die die Medien bislang nicht zur Verfügung stellten. Die FMA hat jedenfalls Vor-Ort-Prüfungen bei den Banken eingeleitet.

Am Register der wirtschaftlichen Eigentümer wird gemäß vierter Geldwäscherichtlinie intensiv gearbeitet. Es enthalte sensible Informationen und könne daher nicht öffentlich sein, teilte der Finanzminister mit.

Die Prüfkapazitäten des Finanzministeriums wurden durch 450 neue Planstellen sichergestellt und der Vortatenkatalog zur Geldwäsche wird bei der Umsetzung der vierten Geldwäscherichtlinie erweitert, sagte der Finanzminister.

Auf europäischer Ebene unterstützt sein Ressort die Umsetzung des angesprochenen Country by Country-Reportings im Frühjahr 2016 ebenso wie Sanktionen gegen Länder, die nicht den G20 Standards für Steuertransparenz entsprechen und das Bestreben der EU-Kommission zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken. Auf internationaler Ebene trete er für die Vernetzung der Register zur Analyse der wirtschaftlichen Eigentümer ein, wie sie die vierte Geldwäscherichtlinie vorsehe. Er fordert außerdem, einen schwarze Liste auf internationaler Ebene für Länder die sich nicht am internationalem Informationsaustausch beteiligen. Österreich beteilige sich auch an der Unterstützung von Steuer- und Zollverwaltungen beim Kampf gegen die Geldwäsche, führte Finanzminister Hans-Jörg Schelling abschließend aus. (Fortsetzung Nationalrat) fru