Parlamentskorrespondenz Nr. 380 vom 18.04.2016

Minister-Hearings: NEOS fordern mehr Transparenz bei Postenvergaben

Kurze Debatte im Nationalrat über Fristsetzungsantrag, trotz Befürwortung von fünf Fraktionen keine Mehrheit

Wien (PK) – Die NEOS fordern parlamentarische Hearings vor der Ernennung von neuen Regierungsmitgliedern. Ein entsprechender Antrag wurde im Dezember vorigen Jahres vom Verfassungsausschuss bereits vertagt bzw., wie es NEOS-Klubobmann Matthias Strolz bezeichnete, "eingelocht". In der heutigen Sondersitzung des Nationalrats hat die Oppositionspartei ihrer Forderung mit einem Fristsetzungsantrag zwar "aus aktuellem Anlass" Nachdruck verliehen und damit das Thema im Plenum auf die politische Agenda gehoben, das Verlangen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über die betreffende Initiative eine Frist bis zum 18. Mai 2016 zu setzen, fand trotz grundsätzlicher Zustimmung von allen Fraktionen außer der SPÖ aber dennoch keine Mehrheit.

Die Fristsetzungsdebatte stand zudem ganz im Zeichen der bevorstehenden Bundespräsidentschaftswahlen. Warf etwa Peter Wittmann (S) Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen aufgrund getätigter Aussagen "demokratiepolitischen Wahnsinn" bzw. Norbert Hofer "Allmachtsfantasien" vor, verbuchten Matthias Strolz (N) sowie Wolfgang Gerstl (V) den Vorschlag von Minister-Hearings auf das Forderungskonto von Irmgard Griss bzw. Andreas Khol. Daniela Musiol wiederum ortete bei Bundespräsidentschaftskandidat Rudolf Hundstorfer "undemokratische Äußerungen".

NEOS: Transparenz bei Postenvergaben "Gebot der Stunde"

Geht es nach der Oppositionspartei, sollen KandidatInnen für einen Ministerposten im Nationalrat auf ihre fachliche Kompetenz abgeklopft werden können, noch bevor sie vom Bundespräsidenten bzw. der Bundespräsidentin ernannt werden, wie NEOS-Klubobmann Matthias Strolz und sein Fraktionskollege Nikolaus Scherak klarmachten. "Unser Anliegen hat im Herzen die Transparenz", meinte Strolz. Jeder Jobsuchende bis hin zum Praktikanten bzw. bis hin zur Praktikantin müsse in Österreich Fragen nach der Berufserfahrung und Qualifikation beantworten, nicht nachvollziehen konnte demnach der NEOS-Chef, warum dasselbe nicht auch für AnwärterInnen auf öffentliche Ämter gilt. SPÖ und ÖVP würden Postenvergaben nach ihrem Parteibuch ausrichten, "Loch auf, Transparenz rein, Loch zu", das sei die Personalpolitik der Regierungsfraktionen, kritisierte Strolz. Die Hinterzimmer, in denen in Österreich Entscheidungen gefällt werden, müssten endlich für die Bevölkerung geöffnet werden, argumentierte auch Scherak, Transparenz ist für ihn "das Gebot der Stunde". Einmal mehr zeige sich Scherak zufolge aber, woran die Republik erkrankt sei: ÖVP und SPÖ seien dermaßen aneinandergekettet, dass es selbst Vorschläge, die von fünf Parlamentsparteien unterstützt werden, nicht zur Umsetzung bringen, bemängelte er.

Für die Möglichkeit auf Minister-Hearings sprachen sich prinzipiell alle Fraktionen außer der SPÖ aus. Sie würde laut Peter Wittmann (S) nämlich der österreichischen Verfassungssystematik widersprechen und den Bundespräsidenten de facto entmachten. Damit würde man die Entscheidung jener Mehrheit überlassen, die MinisterkandidatInnen ohnehin vorschlägt. Diskussionswürdig erachtet Wittmann allerdings die Idee, MinisterInnen durch den Nationalrat aufstellen zu lassen.

Den Einwand Wittmanns konnte ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl (V) nicht nachvollziehen. Ein parlamentarisches Hearing zur Prüfung der fachlichen Qualifikation schließt aus seiner Sicht die spätere Ernennung durch den Bundespräsidenten nicht aus.

Auch die Grüne Verfassungssprecherin Daniela Musiol relativierte Wittmanns Vorbehalte. Es stimme schlichtweg nicht, dass Minister-Hearings nicht mit der Verfassung konform gehen würden. Geht es nach den Grünen, sollte im Parlament nicht nur ein Hearing stattfinden, sondern dort auch über die Besetzung von MinisterInnen und andere politische Spitzenpositionen abgestimmt werden.

Von Seiten der FPÖ äußerte sich Philipp Schrangl (F) positiv gegenüber Minister-Hearings, die Oppositionsfraktion würde die Möglichkeit aber gerne auf ein Fragerecht für Abgeordnete im Nationalrat gegenüber EU-Kommissare ausgeweitet sehen.

Nach Meinung von Team-Stronach-Klubobmann Robert Lugar (T) hat das Parlament im Normalfall nicht die Aufgabe, bei der Besetzung von MinisterInnen mitzureden. Angesichts der jüngsten Ministerrochade rund um Wolfgang Sobotka, die der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll über die Köpfe der Bundesregierung sowie der gesamten Bevölkerung hinweg aus persönlichen Interessen angeordnet habe, spreche sich auch er für Minister-Hearings aus. Würde die Regierung das Personal nach objektiven Kriterien auswählen, bräuchte es Lugar zufolge aber grundsätzlich keine Hearings im Parlament. (Schluss Nationalrat) keg