Parlamentskorrespondenz Nr. 401 vom 25.04.2016

Kirgisisches Parlament will kirgisische Volksanwaltschaft stärken

Austausch mit Österreich über Bürger- und Menschenrechte

Wien (PK) – Kirgisistan ist eine noch junge parlamentarische Demokratie. Im Bemühen der Stärkung der demokratischen Institutionen unternimmt das zentralasiatische Land derzeit eine Justizreform und setzt dabei unter anderem auf österreichische Expertise. Der Austausch, der sich dazu auf verschiedenen Ebenen entwickelt hat, fand heute mit einem weiteren Treffen kirgisischer Delegierter mit österreichischen Parlamentariern eine Fortsetzung. Diesmal standen bei dem Treffen im Hohen Haus die Möglichkeiten der Volksanwaltschaft bei der Wahrung der Rechte der BürgerInnen und der Menschenrechte im Allgemeinen im Mittelpunkt.

Die Leiterin der kirgisischen Delegation, Abgeordnete Irina Skripkina, sowie der kirgisische Ombudsmann Kubat Otorbaev erklärten, dass in der derzeitigen Diskussion vor allem das Zusammenwirken zwischen Parlament und Volksanwaltschaft für sie von Interesse ist. Die Ombudsstelle, die vom kirgisischen Parlament eingerichtet wurde, werde immer wieder auch mit Fragen wie Überschreitung von Haftzeiten und Foltervorwürfen konfrontiert. Die Delegation interessierte sich dafür, welche Rolle die österreichische Volksanwaltschaft spielt, wenn es um Fragen der Rechtsstaatlichkeit und der Wahrung der Menschenrechte geht.

Die Nationalratsabgeordneten der ÖVP Wolfgang Gerstl und Norbert Sieber unterstrichen gegenüber den Gästen die gut funktionierende Zusammenarbeit des Parlaments mit der Volksanwaltschaft. Gerstl erläuterte, dass die Volksanwaltschaft in erster Linie die Verwaltung kontrolliere, sie überprüfe ihr Funktionieren nach rechtsstaatlichen Prinzipien. Zur Rechtsstaatlichkeit gehöre auch, dass gegen einen Bescheid ein Rechtsmittel eingelegt und der Instanzenweg beschritten werden kann. Wenn sich eine Bürgerin oder ein Bürger nach Durchlaufen des Instanzenzugs noch immer ungerecht behandelt fühle, könne er sich an die Volksanwaltschaft wenden, erklärte Gerstl. Diese könne auch Empfehlungen zur Änderung von Gesetzen abgeben. Die Gesetzgebung sei an diese zwar nicht gebunden, tue aber seiner Erfahrung nach gut daran, sie aufzunehmen, unterstrich Gerstl. Er betonte in diesem Zusammenhang nachdrücklich die Bedeutung der Prinzipen der Rechtsstaatlichkeit und der Gewaltenteilung. Damit werde es unmöglich, etwa von Seiten der Verwaltung Einfluss auf Haftstrafen zu nehmen. Die Volksanwalt könne allerdings Haftbedingungen überprüfen.

FPÖ-Abgeordneter Christian Lausch fügte hinzu, dass über Beschwerden betreffend Haftlängen in Österreich von einem unabhängigen Senat entschieden wird. Abgeordneter Sieber stellte fest, die Volksanwaltschaft habe das Recht, die Bedingungen in allen Institutionen, in denen Menschen angehalten werden, auf Menschenrechtskonformität zu überprüfen. Er hielt fest, dass Österreich in der Frage der Wahrung der Menschenrechte im allgemeinen ein gutes Zeugnis ausgestellt werde. Ihm sei auch kein Fall bekannt, in dem sich die Volksanwaltschaft mit Foltervorwürfen auseinandersetzen habe müssen.

NEOS-Abgeordneter Nikolaus Alm fragte, wie es in Kirgisien um Gleichberechtigung und den Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung bestellt sei. Seines Wissen sei nämlich LGBT-Aktivismus gesetzlich verboten. Er hoffe, dass hier noch ein weiterer Diskussions- und Nachdenkprozess stattfindet und es zu Änderungen kommt. Skripkina betonte, dass in ihrem Land selbstverständlich alle Menschen vor dem Gesetz gleichgestellt seien. Die von Alm angesprochene Frage werde diskutiert, allerdings überwiege die Auffassung, dass der gesetzliche Schutz der traditionellen Familienwerte vorrangig sei. Otorbaev unterstrich, dass in der Frage der Gleichberechtigung von Mann und Frau große Fortschritte erzielt wurden, derzeit liege der Frauenanteil im Parlament bei 30 Prozent. (Schluss) sox