Parlamentskorrespondenz Nr. 409 vom 27.04.2016

Nationalrat: Klug kündigt Investitionspaket in der Höhe von 25 Mrd. Euro an

Regierungsparteien sehen Ausbau der Infrastruktur als Therapie gegen Wirtschaftskrise

Wien (PK) Gerade in schwierigen Zeiten ist das Infrastrukturressort einer der wichtigsten Motoren für das Wirtschaftswachstum, erklärte Bundesminister Gerald Klug in der Aktuellen Stunde, bis 2021 sollen insgesamt 25 Mrd. € in den Ausbau der Verkehrsnetze sowie des Breitbandinternets fließen. Mit dem von der SPÖ gewählten Thema "Investitionen in die Infrastruktur sichern Wachstum und Beschäftigung" startete heute der Nationalrat seine Beratungen. Die Freiheitlichen bezweifelten, dass mit den nun ausgerufenen "Allheilmittel Infrastrukturprojekte" alle Probleme gelöst werden können und fordern – ebenso wie das Team Stronach - bessere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft. Nach Auffassung der Grünen und der NEOS sollte der Fokus vielmehr auf dem Bildungssektor liegen. Statt in Autobahnen und Tunnels sollte in die Zukunft junger Menschen investiert werden.

Schieder: Zielgerichtete Investitionen in die Infrastruktur sind Therapiemaßnahmen gegen die Wirtschaftskrise

Auch wenn derzeit in erster Linie innenpolitische Fragen und internationale Krisen intensiv in den Medien behandelt werden, sollte ein genauso starker Fokus auf die Bereiche Wirtschaft, Wachstum, Arbeitsplätze und sozialer Zusammenhalt gerichtet werden, rechtfertigte SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder die heutige Themenwahl der Aktuellen Stunde. Österreich könne sich zwar glücklich schätzen, über eine sehr gute öffentliche Infrastruktur zu verfügen, diese sollte aber noch ausgebaut werden. Dadurch erhöhe man nämlich nicht nur die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes, sondern schaffe noch bessere Rahmenbedingungen für die heimischen Betriebe, die dann wiederum neue MitarbeiterInnen beschäftigen können. Schieder hob hervor, dass schon bisher jährlich etwa 5 Mrd. € in den Sektor Infrastruktur geflossen sind, wodurch tausende Arbeitsplätze gesichert werden konnten. Neben der Verbesserung der Straßen-, Bahn- und Energienetze müsse angesichts der digitalen Revolution vor allem der Breitbandausbau sowie die Stärkung der "creative industries" forciert werden, war Schieder überzeugt, um Österreich als Innovationsland zu positionieren. Schon jetzt seien 28 % des Wirtschaftswachstums auf die Erfolge der IKT-Branche (Informations- und Kommunikationstechnologien) zurückzuführen.

Klug: Infrastrukturressort ist größter öffentlicher Investor der Republik

    

In Zeiten, die von einer schwachen Konjunktur, steigenden Arbeitslosenzahlen und einer begrenzten Risikobereitschaft von Privatpersonen geprägt sind, ist die öffentliche Hand gefodert, Impulse durch intelligente und nachhaltige Investitionen in die Zukunft zu setzen, erklärte Bundesminister Gerald Klug. Diese Verantwortung nehme sein Ressort auch wahr, in den kommenden Jahren werden 25 Mrd. € in strategisch wichtige Netze (Straße, Schiene, Breitband) sowie in Forschung und Entwicklung fließen. Davon erwarte man sich nicht nur eine Verbesserung der Lebensqualität für die Bevölkerung, die von einem verlässlichen und leistbaren öffentlichen Verkehr sowie von einem schnellen Breitbandinternet sowohl in der Stadt als auch in den ländlichen Regionen profitieren wird, sondern auch positive Auswirkungen auf den Standortfaktor. Aus vielen Gesprächen mit hochrangigen VertreterInnen der Wirtschaft wisse er, dass es darum gehe, die einzelnen Bereiche perfekt aufeinander abzustimmen - der Güterverkehr auf der Schiene, das Straßennetz, aber auch die Luft- und Wasserwege müssen wie Zahnräder ineinandergreifen. Ein weiterer Schwerpunkt werde auf die Förderung der neuen Technologien gelegt, um die Wertschöpfung möglichst im Inland zu halten. Der Minister wies zudem darauf hin, dass allein 500 Mio. € in einen effektiven Hochwasserschutz investiert werden sollen. Das gesamte Investitionspaket seines Ressorts habe natürlich direkte und indirekte Beschäftigungseffekte, strich Klug hervor, damit können etwa 80.000 Arbeitsplätze gesichert bzw. neu geschaffen werden. Ebenso wie SPÖ-Klubobmann Schieder legte Klug ein Bekenntnis dazu ab, dass die strategisch wichtigen Netze wie Straße und Schiene in der Verantwortung der öffentlichen Hand verbleiben.

SPÖ: Leistungsfähige Infrastruktur ist Rückgrat der Wirtschaft und schafft Arbeitsplätze

SPÖ-Mandatar Anton Heinzl erinnerte an die gewaltigen Fortschritte, die in Bezug auf das öffentliche Verkehrsangebot bereits erzielt wurden. 2006 stammten etwa 80% des Schienennetzes noch aus der Ära der Monarchie, heute verfüge Österreich über eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur. Bis zum Jahr 2021 sollen weitere 14 Mrd. € in den Ausbau der Bahn gesteckt werden, wobei nicht nur die großen Achsen forciert werden, sondern auch eine Vielzahl kleinerer Projekte, wie z.B. die Modernisierung von über 100 Bahnhöfen, realisiert wird. Vom Ausbau des öffentlichen Verkehrs profitieren nicht nur die vielen Pendler, die z.B. nun von St. Pölten aus mit dem Zug in nur in nur 23 Minuten Wien erreichen, sondern auch die heimischen Betriebe. Überdies werde der Bund rund sieben Mrd. € in das hochrangige Straßennetz sowie eine Mrd. € in die Verbesserung des Breitbandangebots investieren. Weitere 5,6 Mrd. € werden für den Ausbau der Stromnetze aufgewendet, hob Wolfgang Katzian (S) hervor. Davon gehen wichtige Impulse für die wesentlichen Kernbereiche der Wirtschaft und somit für den Arbeitsmarkt aus. Durch die Stärkung des Industriestandorts Österreich könne auch gewährleistet werden, dass sich in Zukunft weiterhin viele Unternehmen im Inland ansiedeln werden.

ÖVP: Investitionen in die Infrastruktur im Sinne der Bevölkerung und der Wirtschaft

ÖVP-Abgeordneter Andreas Ottenschläger betonte den Nutzen, den die angesprochenen Investitionen für die Menschen haben und ging er zunächst auf wichtige Straßenprojekte, wie z.B. Bau des Lobautunnels ein, durch den die Lebensqualität von tausenden AnrainerInnen massiv verbessert werden könne. Ein wichtiges Anliegen war ihm die Förderung der Elektromobilität, die durch ein engmaschiges Netz an entsprechenden Tankstellen unterstützt werden müsse. Eine weitere Chance für Österreich sah Ottenschläger in der Entwicklung von automatisierten Fahrzeugen, dafür brauche man aber noch weitere Teststrecken. Seine Fraktionskollegin Elisabeth Pfurtscheller konzentrierte sich vor allem auf die Aktivitäten im Bereich des Breitbandausbaus, der gerade für die ländlichen Regionen von großer Bedeutung ist. Im Namen der Tiroler Bevölkerung setzte sie sich für die Umsetzung des Tschirgant-Tunnels sowie den zweigleisigen Ausbau der Oberlandstrecke ein. Ablehnend äußerte sie sich zur Einführung einer flächendeckenden Lkw-Maut, weil dies dem ländlichen Raum schaden würde.

FPÖ fordert intelligente Planung der Investitionen und fairen Zugang zum Breitband

Die Freiheitlichen können sich dem Titel der Aktuellen Stunde nur anschließen, meinte Gerhard Deimek, aber "das Bessere sei der Feind des Guten". Damit wollte er zum Ausdruck bringen, dass Investitionen in die Infrastruktur nur dann Sinn machen, wenn sie gut und intelligent geplant bzw. umgesetzt werden. Ein österreichisches Phänomen sei auch, dass Bauvorhaben – siehe Lobautunnel oder Westring - oft jahrelang verhindert werden, bevor man endlich mit den Arbeiten beginnt. Kritisch beurteilte Deimek zudem, dass einerseits hochrangige und teure Straßen gebaut werden, die dann von den Ländern nicht erhalten werden können. Als Lösung für dieses Problem schlug der FPÖ-Mandatar eine Zweckwidmung der Mineralölsteuer vor. Außerdem trat der FPÖ-Mandatar für Einbindung der Schifffahrt in den Generalverkehrsplan sowie für die Schaffung eines fairen Zugangs der alternativen Telekommunikationsanbieter zum Breitbandinternet ein. FPÖ-Vertreter Bernhard Themessl gab zu bedenken, dass Infrastrukturprojekte sehr lange Vorlaufzeiten haben und nur dann wirklich nutzen, wenn die generellen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft verbessert werden. Dazu gehöre etwa die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland. Österreich falle derzeit in fast allen Rankings massiv zurück, hier müssten die Alarmglocken läuten.

Grüne wollen kleinere Projekte und vor allem mehr Mittel für die Bildung

Für Georg Willi von den Grünen sollte der Schwerpunkt bei den Investitionen nicht auf Großvorhaben liegen, wo vor allem Maschinen zum Einsatz kommen, sondern auf Maßnahmen, wo sich kleine und mittlere Unternehmen einbringen können. Dazu zählen etwa Straßenrückbauprojekte, die Schaffung von Begegnungszonen, die Förderung der Barrierefreiheit oder der thermischen Sanierung. Dass dies auch aus wirtschaftlicher Sicht besser wäre, belegen Berechnungen des Wifo, gab Willi zu bedenken. Während im Autobahnbau pro investierter Milliarde 10.700 Jobs generiert werden, führen Investitionen in den öffentlichen Verkehr und den Wohnbau zu etwa 18.000 Arbeitsplätzen. Außerdem tragen kleinere Projekte viel mehr zur Verbesserung der Lebensqualität und dem Kampf gegen den Klimawandel bei, war der Redner überzeugt. Schließlich forderte er noch die Umsetzung der flächendeckenden Lkw-Maut, um die Gemeinde- und Landesstraßen, die sich derzeit in einem schlechten Zustand befinden, erhalten zu können. Harald Walser sprach von einer guten Themenwahl, bemängelte aber die vorgeschlagenen Maßnahmen. Der Fokus sollte seiner Meinung nach nämlich auf den Investitionen in das Bildungssystem liegen, weil dies das Wichtigste sei, was ein Staat den jungen Menschen mitgeben könne. Hier reichen oft viel kleinere Summen, die langfristig gesehen aber enorm positive Effekte für die Zukunft eines Landes hätten. Jeder Euro, der in die Kindergartenpädagogik investiert wird, hätte die achtfache Rendite, rechnet auch die Industriellenvereinigung vor.

NEOS: Mehr Geld für Bildung, Forschung und Entwicklung statt für Autobahnen

Da Österreich mit einem Schuldenberg zu kämpfen hat, müssen sich die politisch Verantwortlichen fragen, welche Investitionen absolute Priorität haben, zeigte NEOS-Vertreter Michael Pock auf. Ebenso wie die Grünen vertrete er die Ansicht, dass die einzige richtige Antwort nur lauten könne -  mehr Mittel für die Bildung, die Forschung und die Wissenschaft. Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur würde natürlich kurzfristig zu gewissen Beschäftigungseffekten führen, räumte er ein, aber gleichzeitig hieße das, in die Arbeitslosigkeit von morgen zu investieren. Außerdem hätte man in der Vergangenheit schon Maßnahmen setzen können, die nichts kosten, aber viel bringen, argumentierte Pock, der u.a. darauf drängte, mehr Wettbewerb auf der Schiene, im Busverkehr und im Telekommunikationssektor zuzulassen. Nicht Rahmenpläne, Schiene, Straßen oder Breitband schaffen Arbeitsplätze, sondern die Menschen, die Risikobereitschaft zeigen und Unternehmen gründen, unterstrich Nikolaus Alm. Dafür brauche es aber unternehmerfreundlichere Rahmenbedingungen, weniger Bürokratie, niedrigere Lohnnebenkosten, flexiblere Arbeitszeiten und die Bereitstellung von mehr Risikokapital.

Team Stronach: Wirtschaft soll belebt und nicht behindert werden

Christoph Hagen vom Team Stronach bezeichnete das Investitionspaket für die Infrastruktur als positiven Versuch der Bundesregierung, die Wirtschaft zu beleben, leider wurde dieser Faktor in der Vergangenheit aber viel zu sehr vernachlässigt. Massiven Handlungsbedarf sah er etwa hinsichtlich der Transportwege in Westösterreich, wo es große Probleme beim Schienen- und beim Straßennetz gibt. Leopold Steinbichler machte sich Sorgen um den Fortbestand der regionalen Wirtschaft, die vor allem durch zu viel Bürokratie behindert werde. Außerdem plädierte er dafür, dass gerade Österreich die Chancen, die sich durch die alternativen Energieträger bieten, viel mehr nutzen müsste.

Angesichts der schwierigen Lage am Arbeitsmarkt sei es dringend notwendig neue Jobs zu schaffen, meinte Abgeordneter Rupert Doppler (T), wobei vor allem die kleinen und mittleren Betriebe unterstützt werden müssten. Negative Auswirkungen haben natürlich auch die Sanktionen gegenüber Russland, die endlich beendet werden sollten.

(Fortsetzung Nationalrat) sue