Parlamentskorrespondenz Nr. 417 vom 27.04.2016

Nationalrat leitet endgültige Abwicklung des KRAZAF in die Wege

FPÖ macht gegen Mystery Shopping bei KassenärztInnen mobil

Wien (PK) – Der Nationalrat hat heute die endgültige Auflösung des Krankanstalten-Zusammenarbeitsfonds, kurz KRAZAF, beschlossen. Dieser ist seit der Einführung der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung 1997 nicht mehr aktiv, die Abwicklung soll nun Rechtssicherheit bringen und einer drohenden Insolvenz des Fonds vorbeugen. Eher skeptisch sehen das die Grünen und die NEOS, so sprach etwa Grünen-Gesundheitssprecherin von einer "dubiosen Angelegenheit".

Die FPÖ nutzte die letzte Debatte des heutigen Sitzungstags, um gegen das "Mystery Shopping" bei KassenärztInnen mobil zu machen. Abgeordneter Andreas Karlsböck konnte sich mit einem Entschließungsantrag, der auf eine Änderung der geltenden gesetzlichen Grundlagen für den Einsatz von TestpatientInnen in Arztpraxen durch die Sozialversicherung abzielte, jedoch nicht durchsetzen.

KRAZAF: Abgeordnete fürchten Klagen mit einem Streitwert bis zu 1,3 Mrd. €

Die Aufgaben des KRAZAF haben bereits seit längerem die Bundesgesundheitsagentur und die neun Landesgesundheitsfonds übernommen. Einer endgültigen Auflösung des Fonds standen bisher allerdings Rechtsstreitigkeiten entgegen, die laut den Erläuterungen zum Gesetzentwurf nach wie vor andauern (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 363/2016). Nun hat sich die Politik jedoch entschlossen, die Reißleine zu ziehen, um einer etwaigen Insolvenz des Fonds zuvorzukommen. SPÖ und ÖVP rechnen damit, dass letztendlich rund 800.000 € an Fondsmittel übrig bleiben werden. Sie sollen einer vom Nationalrat mehrheitlich gefassten Entschließung zufolge der Palliativ- und Hospizversorgung zugutekommen.

Skeptisch wurde die Vorgangsweise von den Grünen und den NEOS beurteilt. So sprach etwa Grünen-Gesundheitssprecherin Eva Mückstein von einer dubiosen Angelegenheit. Ihrer Meinung nach wäre es geboten, die letztgerichtliche Entscheidung abzuwarten.

Würde das, was die Regierung mache, ein Unternehmer machen, würde er zu Recht zur Verantwortung gezogen, hielt Abgeordneter Gerald Loacker (N) fest. Jetzt, wo sich abzeichne, dass die Klage einer Gemeinde erfolgreich sei, räume man den Fonds aus, bemängelte er. Den Schaden hätten jene Gemeinden, die die laufende Musterklage abwarten wollten.

Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser hielt dem entgegen, dass mit der Auflösung des KRAZAF ein 20 Jahre alter Rechtsstreit innerhalb der öffentlichen Hand gelöst werde. Würde man den KRAZAF nicht auflösen, drohten Klagen mit einem Streitwert von bis zu 1,3 Mrd. € zu Lasten der SteuerzahlerInnen, warnte Abgeordneter Wolfgang Knes (S). Es sei zu hoffen, dass mit dem Gesetz tatsächlich Rechtssicherheit geschaffen werde, hielt dazu der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler fest.

Gertrude Aubauer (V) zeigte sich vor allem darüber erfreut, dass die übrig bleibenden Fondsmittel in die Palliativ- und Hospizversorgung fließen sollen. Selbstverständlich sei es notwendig, die Finanzierung der Hospiz- und Palliativversorgung dauerhaft abzusichern, meinte sie. Jeder Euro, der schwer kranken Menschen zugutekomme, sei aber ein gewonnener Euro. Ähnlich argumentierte auch ihr Fraktionskollege Franz-Joseph Huainigg. In Bezug auf die langfristige finanzielle Absicherung dieses Bereichs setzen beide auf den Finanzausgleich.

Markus Franz (o.F.) nahm die Gelegenheit wahr, um für eine Zusammenlegung aller öffentlichen Spitäler zu einem österreichischen Krankenhausverbund (ÖKHV) zu werben. Der KRAZAF sei grundsätzlich eine sinnvolle Einrichtung zur nachhaltigen Finanzierung des Gesundheitssystem gewesen, betonte er. Ein gemeinsam von Franz und Team-Stronach-Abgeordneter Ulla Weigerstorfer eingebrachter Entschließungsantrag fand bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit.

FPÖ und Grüne kritisieren "Mystery-Shopping"

Heftige Kritik am "Mystery Shopping" bei KassenärztInnen übte FPÖ-Abgeordneter Andreas Karlsböck. Seiner Ansicht nach ist es eindeutig verfassungswidrig, "Lockspitzel" ohne irgendeinen Anfangsverdacht in Ordinationen zu schicken. Es gehe nicht an, dass die Sozialversicherung ÄrztInnen ausspioniere. Damit greife man in fundamentale Grundlagen des Rechtsstaates ein.

Auch Eva Mückstein (G) sieht das "Mystery Shopping" als problematisch an. Sie fürchtet wie Karlsböck eine nachhaltige Beschädigung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient. Den ÄrztInnen und VertreterInnen anderer Gesundheitsberufe stünden überdies keine Rechtsmittel zur Verfügung, um sich gegen ungerechtfertigte Anschuldigungen zu Wehr zu setzen. Gegen das Mystery-Shopping wandte sich auch der fraktionslose Mandatar Marcus Franz.

Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser ist hingegen überzeugt, dass die vorliegenden Richtlinien des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger rechtskonform sind.

Lungenfacharzt Rainer: Nationalrat gegen Interventionen

Thema der Debatte war schließlich auch die Nichtverlängerung des Vertrags des Wiener Lungenfacharztes Gernot Rainer, wobei sich die Mehrheit der Abgeordneten gegen eine Initiative der FPÖ aussprach und in diesem Sinn Interventionen von Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser bei der Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely ablehnte. Die Beurteilung des Sachverhalts obliege dem Arbeits- und Sozialgericht und nicht der Politik, hatte SPÖ-Abgeordneter Markus Vogl bereits bei einer früheren Diskussion festgehalten. Dem schloss sich auch Grünen-Gesundheitssprecherin Eva Mückstein an. Beide kritisierten außerdem die Diktion im FPÖ-Antrag. FPÖ-Abgeordneter Andreas Karlsböck ist überzeugt, dass Rainer nur deshalb gekündigt wurde, weil er eine eigene Gewerkschaft auf die Beine gestellt hat.

Eine weitere (124.) Nationalratssitzung diente formalen Mitteilungen und Zuweisungen, die in der Geschäftsordnung vorgesehen sind. (Schluss Nationalrat) gs/keg