Parlamentskorrespondenz Nr. 426 vom 28.04.2016

Nationalrat beschließt weisungsfreie Behörde für Wirtschaftsprüfer

Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz bekommt erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit

Wien (PK) – Eine unabhängige weisungsfreie Behörde soll in Zukunft mit der Aufsicht über die Wirtschaftsprüfer betraut werden. Ein so genanntes Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz, das die Vorgaben der Richtlinie der Europäischen Union über die Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen umsetzt, wurde in der heutigen Sitzung des Nationalrats beschlossen, nachdem im Wirtschaftsausschuss die für die darin enthaltenen Verfassungsbestimmungen erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit zuerst noch nicht gesichert war. Im Plenum stimmten neben den Regierungsparteien auch die Freiheitlichen zu, nachdem das Gesetz noch mittels eines umfassenden Abänderungsantrags von SPÖ, ÖVP und FPÖ in einigen Punkten abgeändert wurde.

Das Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz (APAG) schafft für die Abschlussprüferaufsicht eine eigene, letztverantwortliche und unabhängige Behörde und führt zusätzlich zu den für alle AbschlussprüferInnen und Prüfungsgesellschaften geltenden Qualitätssicherungsprüfungen auch Inspektionen für Unternehmen von öffentlichem Interesse ein. Die als weisungsfreie Organisationseinheit eingerichtete Abschlussprüferaufsichtsbehörde (APAB) übernimmt dabei die Funktionen des Arbeitsausschusses für Qualitätsprüfungen und der Qualitätskontrollbehörde, die bisher auf diesem Gebiet tätig waren. Mit dem Gesetz wird auch eine Qualitätsprüfungskommission (QPK) errichtet, die der APAB als Beirat in beratender Funktion zur Seite stehen soll. Die neue Behörde wird die QPK in Fragen der Qualitätssicherungsprüfung konsultieren und Stellungnahmen einholen.

Grüne drängen auf kürzere Rotationsfristen der Prüfenden

Die Form der Umsetzung der EU-Verordnung zur Sicherung der Qualität von Wirtschaftsprüfungen lasse zu wünschen übrig, kritisierte Ruperta Lichtenecker (G), da dem Plenum in letzter Minute ein umfassender Abänderungsantrag und ein Entschließungsantrag der SPÖ, ÖVP und FPÖ angekündigt werde. Zwar habe sich in einigen Punkten etwas bewegt, trotzdem bedauere sie, dass die Gelegenheit, gleichzeitig das thematisch dazu gehörende Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz (APRÄG) zu behandeln, nicht genützt wurde. Dort hätte man als Konsequenz aus den Wirtschaftsskandalen der letzten Jahren ein kürzeres Mandat für PrüferInnen festlegen können.

Ihr Fraktionskollege Werner Kogler führte das Anliegen der Grünen weiter aus und begründete es mit dem Fall Hypo Alpe-Adria. Dort habe sich die wichtige Rolle der Wirtschafts- und Bankprüfer und der Reformbedarf des gesamten Prüfsystems klar gezeigt. Die dort tätigen Bank- und Wirtschaftsprüfer wären entweder nicht fähig gewesen, die wahren Zahlen hinter den Bilanzen zu erkennen, oder es habe eine bewusste Mitwirkung an der Verschleierung gegeben. Dieser Zustand habe sich auch nach der Verstaatlichung fortgesetzt und sei nicht behoben worden. Daraus schließe er, dass kürzere Rotationsfristen dazu führen würden, dass solche Systeme der gegenseitigen Abhängigkeit von Prüfenden und Geprüften rascher durchbrochen werden können. Die Grünen halten daher eine Rotationsfrist von PrüferInnen von höchstens sechs Jahren für vernünftig. Er habe kein Verständnis, warum man seitens der Regierungsparteien weiterhin keine Interesse zeige, dieses Anliegen zu berücksichtigen. Sich hier auf den Standpunkt zurückzuziehen, wonach die EU-Richtlinie eine längere Rotation erlaube, sei aus seiner Sicht nicht zulässig, und eine strengere Umsetzung der Richtlinie auf nationaler Ebene gerechtfertigt.

Team Stronach und NEOS nicht überzeugt von Umsetzung der EU-Richtlinie

Leopold Steinbichler (T) sagte, das Team Stronach sei nicht überzeugt, dass die neue Behörde den Forderungen von Transparenz und schlanker Bürokratie entspreche. Daher werde man diesmal nicht zustimmen. Josef Schellhorn (N) sagte, einige der Regelungen seien zweifellos begrüßenswert, doch sei es geradezu peinlich, unter welchen Umständen in letzter Minute ein umfassender Abänderungsantrag eingebracht werde. Das Vorgehen lasse ihn an Problemlösungsfähigkeit der Regierungsparteien zweifeln.

ÖVP: Praktikables Gesetz von und für ExpertInnen

Werner Groiß (V) betonte, mit dem Gesetz wolle man Probleme, wie es sie bei der Hypo gegeben habe, künftig verhindern. Dabei schaffe man aber keine zusätzliche Bürokratie, sondern führe eine bisher bestehende Behörde in eine neue Einrichtung über. Groiß zeigte sich auch zufrieden, dass die Aufsichtstätigkeit der Behörde auf das von der EU-Richtlinie als notwendig bezeichnete Ausmaß reduziert wurde und damit eine schlanke Organisation geschaffen werden konnte. PrüferInnen, die Stiftungen, Vereine und Landesgesellschaften kontrollieren, bleiben deshalb ausgeklammert. Ein Anliegen war es ihm auch, praktikable Übergangsregelungen zu beschließen, diese sind nun sichergestellt. Groiß betonte auch, dass die Qualitätsprüfungskommission nur mit ExpertInnen beschickt wird.

Peter Haubner (V) brachte den angekündigten Abänderungsantrag von SPÖ, ÖVP und FPÖ ein und hielt fest, es sei in intensiven Verhandlungen von ExpertInnen gelungen, letztlich ein sehr praktikables Gesetz zu schaffen. Der Abänderungsantrag sei das Ergebnis von Verhandlungen, zu denen alle Fraktionen eingeladen waren, betonte er. Den Unwillen der Grünen verstehe er daher nicht.

Eine strenge Überprüfung, ob jemand den Anforderungen als Abschlussprüfer entspreche, sei nach den Erfahrungen, die man mit der Hypo gemacht habe, zweifellos wichtig, unterstrich auch Gabriele Tamandl (V). Sie stimmte Kogler zu, was die Sinnhaftigkeit einer kürzeren Rotationsfrist betrifft. "Verschwörungstheorien", wonach sich die Republik als Eigentümerin der Hypo mit den Wirtschafts- und Bankprüfern in irgendeiner Weise verständigt habe und die korrekten Zahlen deshalb nicht offengelegt wurden, wies sie zurück. Die Untersuchungen zeigten ein Versagen der Aufsicht und der zuständigen Organe der Bank, die entgegen allen Ankündigungen ihr Risikomanagement auch nach der Verstaatlichung nicht verbessert hätten.

Hätte man ein solches Gesetz vor zwanzig Jahren gehabt, hätte man sich einige Wirtschaftsskandale erspart, meinte auch Hermann Schultes (V). "Kreative Abschlussgestaltung" habe gelegentlich dazu geführt, dass Bilanzen oft nicht aussagekräftig waren. Darauf haben man gesetzlich reagiert, denn es sei wichtig, dass Unternehmen von öffentlicher Bedeutung korrekt geprüft werden und die Ergebnisse haltbar sind. Nun werde sichergestellt, dass befähigte PrüferInnen verlässliche Bilanzen liefern und Entscheidungen auf verlässlichen Zahlen aufbauen.

SPÖ: Strengere Prüfung für Unternehmen von öffentlichem Interesse

Christoph Matznetter (S) hielt der Kritik von Grünen und NEOS an der kurzfristigen Vorlage des Abänderungsantrags entgegen, dieser sei im Ausschuss deutlich angekündigt worden, da es sich um eine komplexe Materie handle, die unter Zeitdruck umzusetzen war. Die neue Behörde müsse nämlich bereits im Juni ihre Arbeit aufnehmen. Mit dem Gesetz reagiere man auf die Notwendigkeit, Unternehmen, die von öffentlicher Bedeutung sind, wie etwa börsennotierte Unternehmen, besonders streng zu prüfen, unterstrich auch er. Die Erfahrungen der Hypo haben aus seiner Sicht gezeigt, wie notwendig es war, das System des Umgangs mit Wirtschaftsprüfungen neu aufzustellen. Cornelia Ecker (S) wies auf die große Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008 hin, die die wichtige Rolle von Wirtschaftsprüfungsagenturen gezeigt haben. Die EU habe daraufhin mit Überlegungen zur Verbesserung von Prüfungen reagiert, diese setze man heute auf nationaler Ebene um.

FPÖ: "Unsinnigkeiten" der Regierungsvorlage wurden beseitigt

Nachdem einige "Unsinnigkeiten" der ursprünglichen Regierungsvorlage beseitigt werden konnten, werde die FPÖ nun dem Gesetz zustimmen, sagte Hubert Fuchs (F). So sei etwa die Aufblähung der Qualitätsprüfungskommission und eine Beschickung mit fachunkundigen Personen verhindert worden.

Verfassungsrechtlich bedenklich sei aber, dass die neue Behörde nur zum Teil vom Bund und zu 80% von der Wirtschaft finanziert werden solle. Damit sei ihre Unabhängigkeit nicht völlig gesichert, erklärte Fuchs. Ein Entschließungsantrag, der von SPÖ, ÖVP und FPÖ gemeinsam eingebracht werde, fordere daher die Regierung auf, die Bestimmungen zur Finanzierung der APAB nochmals zu überprüfen. Dieser Antrag wurde vom Plenum mehrheitlich angenommen. (Fortsetzung Nationalrat) sox


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