Parlamentskorrespondenz Nr. 429 vom 28.04.2016

LKW-Maut: Kosten aus Luftverschmutzung und Lärmbelastung werden künftig einberechnet

Nationalrat stimmt mehrheitlich für Berechnungsänderung von LKW-Mauttarifen; Mehreinnahmen gehen an die ASFINAG

Wien (PK) - Externe Kosten aus Luftverschmutzung und Lärmbelastungen werden ab 1.1.2017 in die Berechnung von LKW-Mauttarifen einfließen. Die entsprechenden Änderungen im Bundesstraßen-Mautgesetz und im ASFINAG-Gesetz wurden heute im Nationalrat mehrheitlich beschlossen. Die daraus von der ASFINAG lukrierten Mehreinnahmen gehen an den Bund zur nachhaltigen Gestaltung des Verkehrs. Außerdem nimmt die Novellierung Mautprellerei ins Visier. Die Benützung von Sondermautstrecken ohne ordnungsgemäße Entrichtung des Entgelts wird nämlich zur Verwaltungsübertretung erklärt. Mit den Änderungen macht die Regierung von der Wegekostenrichtlinie der EU Gebrauch, um die Kostenwahrheit im Straßenverkehr zu erhöhen.

Klug: Historischer Schritt in Richtung Ökologisierung

Verkehrsminister Gerald Klug sprach in diesem Zusammenhang von einem "historischen Schritt in Richtung Ökologisierung, Kostenwahrheit und Transparenz". Kostenwahrheit im Verkehr werde auch dazu beitragen, dass Österreich Bahnland Nummer 1 bleibt. In diesem Sinne äußerte sich auch Johann Hell (S). Michael Pock von den NEOS begrüßte ebenfalls die Maßnahmen grundsätzlich, da er es für wichtig und richtig hält, die externen Effekte so zu bepreisen, dass die Spediteure auch spüren, wenn sie in Österreich fahren. Er hat auch keine Einwände gegen die Zweckbindung der Einnahmen, vermisst aber die nötige Transparenz. Der Fraktionslose Abgeordnete Gerhard Schmid kritisierte hingegen das Vorhaben als drastische Steuererhöhung. Er warnte davor, Verkehrswege flächendeckend zu bemauten, denn die ÖBB sei nicht in der Lage, die entsprechenden Kapazitäten zur Verfügung zu stellen.

Heftige Kritik der Grünen und heftige Kritik an den Grünen

Emotional wurde die Debatte nach der Wortmeldung des Grün-Abgeordneten Georg Willi. Willi befürwortete zwar die Einrechnung externer Kosten, wandte sich aber vehement gegen den Berechnungsmodus, da seiner Meinung nach die Tarifspreizung zwischen alten umweltbelastenden LKW und neuen Euro-6 LKW nicht mehr angewendet werde. Damit würden ältere LKW relativ besser gestellt, moderne müssten eine Verteuerung hinnehmen. Die Botschaft laute, jeder LKW zahle gleich viel, egal ob alt oder neu. Willi brachte diese Sicht seiner Dinge in Zusammenhang mit der Weigerung des Finanzministers gegenüber den Landesfinanzreferenten, das Dieselprivileg abzuschaffen. Schelling argumentiere mit dem Hinweis auf die höheren Steuereinnahmen durch die Mineralölsteuer, die der Tanktourismus bringe. Damit verabschiede sich der Minister von allen Klimazielen, kritisierte Willi.

Daraufhin gingen einige Abgeordnete mit dem Grünen Verkehrssprecher scharf in Gericht, wobei immer wieder der Vorwurf geäußert wurde, den Grünen gehe es nur um Belastungen. Vor allem Gerhard Deimek (F) wiedersprach Willi heftig und meinte, Grüne Politik würde nie Anreize schaffen, sie habe nur Bestrafung im Blick. Der Tanktourismus entstehe auch deshalb, weil viele österreichische Firmen ihre LKW im Ausland aufgrund der niedrigeren Gebühren anmelden, so Deimek. Auch Christoph Hagen (T) griff die Grünen heftig an und stellte fest, die Grünen würden mit ihren Forderungen die österreichische Transportwirtschaft kaputt machen.

Weniger emotional konterten die Redner von SPÖ und ÖVP auf die Ausführungen Willis. Johann Hell (S) betonte, dass die Tarifspreizung bleibe, da im Wege der Anrechnung der externen Kosten schadstoffarme Fahrzeuge weiterhin tariflich begünstigt bleiben. Andreas Ottenschläger (V) wies darauf hin, dass die Fahrleistung der Euro Klasse 5 und 6 circa 85% ausmachen. Der Anteil der Euro-6 sei weiter im Steigen, weil das für die Unternehmen betriebswirtschaftlich sinnvoller ist. Daher würden die Fahrleistungen der neuen LKW-Klasse auch weiterhin in die Höhe gehen sagte er. Er warnte davor, die kleinen regionalen Betriebe mit alten LKW, die 15% der Fahrleistung ausmachen, zu belasten, denn diese könnten sich die teuren, modernen LKW nicht leisten.

Auch Verkehrsminister Gerald Klug wiedersprach den Ausführungen Willis heftig. Dessen Berechnungen seien falsch, denn der Anteil im "Stinkerbereich" sei von 2014 mit 20,4% bis 2016 auf 6% gefallen. Das heißt, man rede von einem Prozentsatz von 5%, wo man einen anderen Tarif in Rechnung stellen könne. Ende 2016 umfasse das umweltschonende Verkehrsaufkommen im LKW Bereich bereits 45%, argumentierte der Minister. Die EU Richtlinie enthalte die Vorgabe, bei den Tarifen zu spreizen, konterte daraufhin Georg Willi (G), der Gesetzesentwurf wende aber eine kleine Kann-Bestimmung an, womit Österreich "auf die Schnauze fallen" werde, zeigte er sich überzeugt. Man müsse doch alles nutzen, die LKW-Flotte zu ökologisieren.

Mit seiner Argumentation konnte Willi jedoch andere Abgeordnete nicht überzeugen. Auch Michael Pock (N) meinte, den Belastungsvorschlägen der Grünen fehle immer ein entlastendes Gegengewicht. Er hält es auch für falsch, etwa die Abschaffung des Dieselprivilegs oder die Forderung nach einer flächendeckende Maut mit dem vorliegenden Gesetz zu verknüpfen, denn die Vorschläge der EU zur Umsetzung des Klimaabkommens und zu den dafür notwendigen nationalen Maßnahmen kämen erst im Sommer, und dann werde man konkrete Gespräche führen müssen.

Besonders ins Visier nahm Christoph Hagen (T) die Grünen im Zusammenhang mit den Geschwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen. Die 100 km/h Beschränkung auf Basis des Immissionsschutzgesetzes-Luft (IG-Luft) würde von den Grünen LandesrätInnen permanent erlassen, obwohl das Gesetz die Beschränkung nur für besonders hohe Belastungen vorsieht. Hagen schloss daraus, dass es den Grünen nur ums Abkassieren gehe und sprach sich dafür aus, die Kompetenz für die Umsetzung des Gesetzes dem Bund zu übertragen. Leopold Steinbichler (T) griff die Wortmeldung seines Klubkollegen Hagen auf und meinte, bevor man über eine zusätzliche LKW-Maut und über Geschwindigkeitsbeschränkungen diskutiere, sollte man über die vielen sinnlosen Transporte - etwa von Lebendtieren, Fleisch und Gemüse - sprechen. Er kritisierte auch die Verwendung von Biodiesel, der zur Abholzung des Regenwalds führe.

Auf einen anderen Aspekt wollte Fritz Grillitsch (V) den Blick werfen. Er trat dafür ein, das Grundübel an der Wurzel zu packen und erinnerte an die Prinzipien einer ökosozialen Marktwirtschaft, mit der man jene entlastet, die viel leisten, und jene belastet, die sorglos mit Ressourcen umgehen. Eine flächendeckende Maut hält er nicht für der Weisheit letzten Schluss, da sie der Wirtschaft in den Regionen schade. (Fortsetzung Nationalrat) jan