Parlamentskorrespondenz Nr. 529 vom 19.05.2016

Nationalrat erteilt Gentechnik im Landbau eine Absage

Außerdem: Grüne verlangen RH-Prüfung zu verdächtigen Aktiendeals

Wien (PK) – Am Ende eines Sitzungstages mit teils heftigen Auseinandersetzungen über Budget- und Arbeitsmarktpolitik fanden die Abgeordneten doch noch einen gemeinsamen Nenner: den gentechnikfreien Landbau. Einhellig gab der Nationalrat heute der Bundesregierung den Auftrag, im Fall einer EU-Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen (GVO) deren Anbau in Österreich mit den bestehenden gesetzlichen Mitteln zu verhindern. Grundlage dieses Appells gegen Gentechnik in der Landwirtschaft war ein Antrag der Freiheitlichen, der auf ein Verbot der genmodifizierten Maissorte 1507 abzielte. Diese Initiative erhielt allerdings wie schon im Umweltausschuss auch im Plenum keine Mehrheit. Die im Vorjahr verabschieden Anti-GVO-Regelungen – das Gentechnikgesetz und das Gentechnikanbauverbots-Rahmengesetz – untersagten genmodifizierten Anbau in Österreich bereits, erklärte Umweltminister Andrä Rupprechter. Man setze damit das Selbstbestimmungsrecht der EU-Mitgliedsstaaten, ob gentechnikveränderte Organismen auf einem Staatsgebiet angebaut werden, um.  

Zusätzlich legten die Grünen in der Diskussion zur gentechnikfreien Lebensmittelerzeugung einen Antrag zum Thema Futtermittel vor. Ihre Forderung, Produkte von Tieren, die GVO-Futter erhalten hatten, zu kennzeichnen, fand aber nicht ausreichend Zustimmung im Plenum.

Keine Abstimmung erforderlich war für das anschließend eingelangte, ausreichend unterstützte Verlangen der Grünen, Fälle von illegaler Steuerrückerstattung bei sogenannten Cum/Ex-Aktiengeschäften vom Rechnungshof prüfen zu lassen.

Rupprechter sichert GVO-Freiheit in Österreich zu

Als wichtigen Rückhalt für Selbstbestimmungsrecht der Mitgliedsstaaten zum Gentechnikanbauverbot würdigte Umweltminister Andrä Rupprechter den parteiübergreifenden Aufruf der Abgeordneten. Immerhin sei diesem Recht der Mitgliedsländer eine intensive Diskussionen auf EU-Ebene vorangegangen, wie auch SPÖ-Mandatar Rudolf Plessl bestätigte. Rupprechter versicherte, er werde alle Schritte setzte, das Anbauverbot zu gewährleisten – nicht zuletzt weil es Österreich auch ein Alleinstellungsmerkmal biete, das gerade im Export von Bedeutung sei. Johannes Rauch (V) erkennt in hochqualitativen Produkte auch für den Tourismus einen außerordentlichen Mehrwert. Sein freiheitlicher Namensvetter Walter Rauch zeigte sich wiederum besorgt, vor allem auch im Hinblick auf TTIP erhalte Gentechnik Auftrieb. Er befürchtet, dass Genmais dann erlaubt werden könnte. Die gleiche Befürchtung sprach der fraktionslose Abgeordnete Gerhard Schmid aus. Auch Ulrike Weigerstorfer (T) wies darauf hin, dass sich eine österreichische Interessensvertretung, die Wirtschaftskammer, für die Gentechnik auf EU-Ebene ausgesprochen hat. Sie hält die gemeinsame Initiative daher für wichtig.

Seitens der ÖVP ersuchte Johann Höfinger (V), das Thema nicht mit TTIP zu verknüpfen, zumal es in Österreich ein Gentechnikgesetz gibt. Dennoch sei es notwendig, immer wieder auf die Gentechnikfreiheit in Österreich parteiübergreifend zu drängen, da in der EU Anträge auf Zulassung vorliegen. In den Augen von Wolfgang Pirklhuber (G) hingegen hat Gentechnik sehr wohl etwas mit TTIP zu tun. Außerdem kritisierte er, dass beim AMA-Gütesiegel nicht bei allen Produkten gentechnikfrei gefüttert werden muss. Er brachte folglich einen Entschließungsantrag ein, wonach auch Produkte von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermittel gefüttert wurden, zu kennzeichnen sind, stieß damit aber auf mehrheitliche Ablehnung.

Die Zukunft von Österreichs Bäuerinnen und Bauern liege in deren hochwertigen Produkten, fassten Johann Höfinger, Georg Strasser und Johannes Rauch (V) mit Verweis auf die aktuellen Herausforderungen zusammen. Produktion auf höchstem Qualitätsniveau sei ein Gebot der Stunde, schon um das Vertrauen der KonsumentInnen zu erhalten, hob Strasser hervor. Abgeordnete Martina Diesner-Wais (V) bekräftigte, "Österreich ist gentechnikfrei im Ackerbau, und das soll es auch bleiben!"

Die SozialdemokratInnen Erwin Preiner, Dietmar Keck, Hannes Weninger, Klaus Uwe Feichtinger, Karin Greiner und Harry Buchmayr bekannten sich ebenso vollinhaltlich zum 6-Parteien-Antrag gegen GVO-Saatgut wie Michael Pock von den NEOS. "Bei uns herrscht Anbauverbot für die Zulassung gentechnisch veränderter Produkte", bekräftigte Keck und brach für die Sicherstellung dieses Verbots eine Lanze. Greiner und Buchmayr setzen abgesehen von gesetzlichen Vorkehrungen auch auf die Bewusstseinsbildung bei VerbraucherInnen, um den Wert gentechnikfreier Nahrungsmittel zu verdeutlichen. Sie warben etwa dafür, den Informationsaustausch darüber auf internationaler Ebene zu verstärken, beispielsweise mittels einheitlicher Kennzeichnungsvorschriften und Standards. Feichtinger nutzte den Debattenteil für seine letzte Wortmeldung als Abgeordneter des Nationalrats, da er morgen aus dem Plenum ausscheiden wird. Bei allen Kontroversen gestand er sämtlichen MandatarInnen des Hohen Hauses die Grundeinstellung zu, im Sinne der österreichischen Bevölkerung arbeiten zu wollen.

Grüne stoßen Rechnungshofprüfung zu Steuerdiebstahl bei Aktiengeschäften an

Zum Schluss der Sitzung informierte Nationalratspräsidentin Doris Bures über das eingelangte Verlangen der Grünen, den Rechnungshof mit einer Prüfung von Steuerbetrug bei Aktiengeschäften – konkret den illegalen Cum/Ex-Deals - seit dem Jahr 2000 zu beauftragen. Laut AntragstellerInnen Bruno Rossmann und Gabriela Moser laufen derzeit in Deutschland Erhebungen zu Aktiendeals, bei denen die Kapitalertragssteuer unrechtmäßig rückerstattet worden ist,; Österreich sei aber genauso betroffen. Da der Antrag auf Verlangen von 20 Abgeordneten unterstützt wird, ist kein Beschluss des Nationalrats für die Gebarensüberprüfung durch den Rechnungshof notwendig.

Zuletzt wurde noch Abgeordnete Alev Korun (G) als neue Schriftführerin einstimmig gewählt, nachdem Daniela Musiol ihr Amt zurückgelegt hatte. Eine weitere (129.) Sitzung des Nationalrats diente formalen Zuweisungen und Mitteilungen gemäß der Geschäftsordnung des Nationalrats. (Schluss Nationalrat) rei/jan