Parlamentskorrespondenz Nr. 532 vom 19.05.2016

Nationalrat: Stöger hält an Mindestsicherung fest

Opposition sorgt sich über Rekordarbeitslosigkeit und Absicherung der Pensionen

Wien (PK) – Die Themen Mindestsicherung, Arbeitslosigkeit, Pensionssystem und Pflege dominierten heute die Fragestunde im Nationalrat, die von Sozialminister Alois Stöger bestritten wurde. Klar auf seiner Linie blieb er bezüglich der bedarfsorientierten Mindestsicherung, die grundsätzlich eine Erfolgsgeschichte sei, da sie Obdachlosigkeit und das Entstehen von Slums verhindere. Ihre Hauptintention, nämlich die Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, soll aber noch weiter gestärkt werden. Klare Worte fand Stöger im Hinblick auf die mögliche Einführung von Bankomatgebühren. Die Banken haben bereits sehr viele Leistungen an Automaten ausgelagert, um Kosten zu sparen; für das Erfinden von Zusatzspesen habe er als Konsumentenschutzminister daher kein Verständnis.

Vorschläge zur Weiterentwicklung der Mindestsicherung

Es sei richtig, dass es verschiedene Meinungen zur Neugestaltung der Mindestsicherung gibt, räumte der Sozialminister ein, alle Bundesländer haben jedoch die grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, die 15a-Vereinbarung fortzuführen. Er kenne die vom ÖVP-Mandatar August Wöginger vorgebrachten Vorschläge - stärkere Umstellung auf Sachleistungen, Begrenzung der Geldleistung etc. – darüber müsse aber noch intensiv geredet werden. Bei der ganzen Diskussion sollte man sich jedoch einmal vor Augen halten, welche Zielsetzungen mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) verfolgt werden, mahnte Stöger ein, nämlich die Versorgung mit Nahrung, die Verhinderung von Obdachlosigkeit sowie das Vermeiden von Slums. Außerdem sollen die Menschen vom Rand der Gesellschaft in die Mitte geholt werden, um ihnen die Chance zu geben, wieder Arbeit zu finden und – wenn sie eine andere Kultur haben – sich zu integrieren.

Im Gegensatz zum FPÖ-Abgeordneten Hermann Brückl vertrat Stöger die Auffassung, dass viele Personen, die derzeit in der Mindestsicherung sind, gerne arbeiten gehen würden. Man dürfe auch nicht vergessen, dass zwei Drittel der BezieherInnen so genannte Aufstocker sind, also Menschen, die einen Job haben, aber zu wenig verdienen. Da die durchschnittliche Bezugsdauer acht Monate beträgt, erfülle die BMS ihren Zweck, betonte der Minister, nämlich als Sprungbrett in den Arbeitsmarkt zu wirken. Diese Funktion könne durch die Einführung eines Einsteigerbonus noch gestärkt werden. Gleichzeitig soll vermittelt werden, dass es eine Pflicht zur Arbeit gibt und es daher Kürzungen gibt, wenn die Personen nicht arbeitswillig sind. Außerdem wurde mit den Ländern vereinbart, dass Lehrabschlüsse auch nach dem 18. Lebensjahr noch nachgeholt werden können. Im Sinne einer Erhöhung der Transparenz und der Zielgenauigkeit wurde zudem gemeinsam mit ExpertInnen des Rechnungshofs eine neue BMS-Statistik erarbeitet; die Umstellung darauf soll im Jahr 2017 erfolgen.

Spracherwerb und Ausbildung vorrangig bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt

Als für den Bereich Beschäftigung zuständiger Minister war Stöger mit einer Reihe von Fragen und Kommentaren zum Thema Arbeitslosigkeit konfrontiert. Stöger teilte dabei nicht die Auffassung von Abgeordneter Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F), dass gerade innerhalb der Gruppe der AusländerInnen die Arbeitslosigkeit explodiere. Es gebe einen Druck auf alle Bereiche, zumal sehr viele Menschen auf den heimischen Arbeitsmarkt drängen. Bei der Gruppe der AsylwerberInnen stehe zunächst einmal der Spracherwerb im Vordergrund, dann müssen weitere Ausbildungsschritte folgen. Dem Abgeordneten Josef Schellhorn (N) pflichtete er bei, dass gerade unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Perspektiven brauchen; hier gehe es um Fragen wie die Zulassung zur Lehrlingsausbildung oder die Berücksichtigung im Rahmen der Ausbildungspflicht.

Abgeordneter Birgit Schatz (G) gab Stöger dahingehend Recht, dass die ÖsterreicherInnen die längste Wochenarbeitszeit im Vergleich zu den Beschäftigten in den anderen EU-Ländern aufweisen. Man werde sich daher intensiv mit den Themen Work-Life-Balance, Arbeitszeitverkürzung, sechste Urlaubswoche, All-in-Verträge,  Entwicklung von Freizeitoptionen und lebensphasenspezifischen Modelle, etc. auseinandersetzen müssen.

Positive Auswirkungen erwartet er sich auch durch das neue Lohn- und Sozialdumpingbekämfpungsgesetz, stellte Stöger gegenüber dem SPÖ-Abgeordneten Johann Hechtl (S) fest. Wichtig sei dabei die Ausdehnung der Auftraggeberhaftung sowie die Absicherung der zentralen ArbeitnehmerInnenansprüche (Entgelt, Urlaub, Arbeitszeit). Als nächster Schritt werde nun gemeinsam mit dem Finanzressort ein risiko-orientierter Kontrollplan erstellt. Generell plane man eine Reihe von arbeitsrechtlichen Verbesserungen, informierte Stöger, wie z.B. die Anpassung des Bauarbeiterurlaubs- und Abfertigungsgesetzes sowie des Hausangestelltengesetzes an EU-Vorgaben.

Stöger: Maßnahmenbündel zur langfristigen Absicherung des Pensionssystems

Auf Fragen bezüglich der Weiterentwicklung des heimischen Pensionssystems verwies Minister Stöger u.a. auf die zwischen den Koalitionsparteien vereinbarte Maßnahme "Wiedereingliederung nach langem Krankenstand", wodurch das Prinzip Rehabilitation weiter gestärkt und auch die Beschäftigungsquote älterer Menschen erhöht werden sollen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf werde voraussichtlich im Juli in die Begutachtung gehen, informierte er den SPÖ-Abgeordneten Erwin Spindelberger. Generell gehe man in die richtige Richtung, war der Ressortchef überzeugt, 2015 konnte das faktische Pensionsantrittsalter durch ein Bündel an Maßnahmen (z.B. Erhöhung der Mindestversicherungszeit bei der Korridorpension) deutlich angehoben werden. Um Altersarmut zu verhindern, habe man sich beim Pensionsgipfel auch überlegt, die Ausgleichszulage für Menschen, die lange in Teilzeit beschäftigt waren, auf 1.000 € zu erhöhen, merkte Stöger gegenüber Waltraud Dietrich (T) an. Dem NEOS-Mandatar Gerald Loacker teilte er noch mit, dass die durchschnittliche Nettoersatzrate für Alterspensionen im Jahr 2014 bei 80,6% lag, bei der Invaliditätspension betrug der Wert 74,5%.

Weiterführung des Pflegefonds über das Jahr 2018 hinaus ist gesichert

Das Finanzministerium habe im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen einen Kostendämpfungspfad für die Pflege vorgeschlagen, räumte Stöger gegenüber Judith Schwentner ein, dies treffe aber nur auf Sachleistungen zu. Die Bundesregierung habe sich jedenfalls eindeutig dazu bekannt, dass der Pflegefonds auch über das Jahr 2018 fortgesetzt wird. Es laufen derzeit intensive Gespräche über die genaue Ausgestaltung dieses wichtigen sozialpolitischen Instruments, wobei es u.a. um eine transparentere Darstellung und Stärkung der Pflegequalität  geht. Die vom Abgeordneten Franz-Joseph Huainigg (V) geforderte zentrale Anlaufstelle ("one-stop-service") für die Genehmigung von Hilfsmitteln und Heilbehelfen wurde im Bereich der Gebietskrankenkassen schon fast vollständig umgesetzt; weitere Schritte werden folgen. Ebenso wie Huainigg sprach sich der Minister für eine Ausdehnung der Maßnahme "Persönliche Assistenz" auf alle Lebensbereiche aus.

Schließlich wurde der Minister noch mit einem konsumentenschutzpolitischen Anliegen konfrontiert, nämlich der möglichen Einführung von Gebühren bei der Geldbehebung mit Bankomatkarten. Stöger teilte diesbezüglich FPÖ-Mandatar Peter Wurm (F) mit, dass er diese "erfundenen Zusatzgebühren für nicht statthaft hält". Die BankkundInnen hätten geltende Verträge mit den Instituten, die eine Abgeltung dieser Spesen beinhalten. (Fortsetzung Nationalrat) sue