Parlamentskorrespondenz Nr. 537 vom 19.05.2016

Förderung der Alpinen Ski WM in Schladming bleibt in der Kritik

Nationalrat befasst sich mit Prüfberichten des Rechnungshofs

Wien (PK) – Das Pilotprojekt e-Medikation, die Beschaffung des Truppenfunkdienstes CONRAD, die Alpine Ski Weltmeisterschaft 2013 in Schladming und Wohnungsverkäufe des Integrationsfonds standen im Mittelpunkt des ersten Diskussionsblocks im Nationalrat über Prüfberichte des Rechnungshofs. Das Prüforgan des Parlaments hat in allen vier Bereichen zum Teil erhebliche Mängel festgestellt, die in der Debatte immer wieder aufgegriffen wurden. Vor allem an der intransparenten Fördervergabe rund um die Ski WM in Schladming hagelte es seitens der Opposition massive Kritik. Keine Mehrheit fand ein Antrag der FPÖ, der darauf abzielt, die Prüfkompetenz des Rechnungshofs auf Förderungsempfänger auszuweiten, die direkt von der EU Fördergelder erhalten. Die zur Diskussion stehenden Prüfberichte des Rechnungshofs (III-53 d.B., III-179 d.B., III-219 d.B.) wurden vom Nationalrat einstimmig zur Kenntnis genommen.

Thema in der Debatte war auch die bevorstehende Wahl des neuen Rechnungshofpräsidenten, wobei SPÖ-Rechnungshofsprecher Elmar Mayer an die Abgeordneten appellierte, sich intensiv mit den KandidatInnen zu beschäftigen und sich nichts "von oben aufs Auge drücken" zu lassen. Dazu sei das Amt zu bedeutend.

Ski WM in Schladming: SPÖ und ÖVP ziehen positive Bilanz

Mit der Ski WM in Schladming setzte sich unter anderem FPÖ-Abgeordneter Wolfgang Zanger auseinander. Er wies darauf hin, dass laut dem Bericht des Rechnungshofs keiner der beteiligten Fördergeber einen Gesamtüberblick über das Projekt und die investierten Mittel gehabt habe. Ebenso hätten die Rechnungshofprüfer ein angemessenes Projektmanagement vermisst. Zanger forderte, Lehren aus dem Bericht zu ziehen und es das nächste Mal besser zu machen, zumal die steirische Landesregierung zum Zeitpunkt der gewährten Förderungen den Steirerinnen und Steirern ein Sparpaket verordnet habe.

Grün-Abgeordneter Dieter Brosz schilderte, dass ihm der Österreichische Skiverband aufgrund seiner Kritik an der Fördervergabe mit einer Klage gedroht habe. Für ihn ist es unverständlich, dass sich der ÖSV weigert, die Finanzen rund um die Ski WM offenzulegen. Seiner Meinung nach kann es nicht sein, dass die öffentliche Hand die Kosten für die Infrastruktur von sportlichen Großereignissen trägt, etwaige Gewinne aber ausschließlich beim jeweiligen Sportverband verbleiben. Künftig sollten Förderungen von transparenten Finanzen abhängig gemacht werden, forderte Brosz.

Von einem vernichtenden Urteil des Rechnungshofs sprach auch FPÖ-Sportsprecherin Petra Steger. Sie hob hervor, dass die FPÖ seit Jahren Doppel- und Mehrfachförderungen von Sportgroßveranstaltungen und Intransparenz bei der Fördervergabe kritisiere. Der Rechnungshofbericht lese sich streckenweise tatsächlich wie ein Krimi, schloss sich NEOS-Abgeordnete Claudia Gamon der Kritik an.

Eine positive Bilanz der Ski WM zog hingegen ÖVP-Abgeordneter Andreas Hanger. Er machte geltend, dass durch dieses Sportgroßereignis massive Investitionen ausgelöst wurden, die auch nachhaltig wirken. Auch was die Besucherzahlen und die Wertschöpfung betrifft, ist die WM in Schladming seiner Ansicht nach eine der erfolgreichsten Schiweltmeisterschaften, wenn nicht die erfolgreichste gewesen. Durch die WM seien viele neue Märkte erschlossen worden.

Auch die SPÖ-Abgeordneten Nurten Yilmaz und Karin Greiner wollten die massive Kritik der Opposition nicht teilen. So wies Yilmaz etwa auf die steigende Zahl der Nächtigungen in der Region hin. Karin Greiner hob die erfolgreiche Nachnutzung des Medienzentrums in Schladming hervor. Es habe Koordinationsmängel gegeben, räumte Yilmaz ein, sowohl der ehemalige Sportminister Gerald Klug als auch sein Nachfolger Hans Peter Doskozil würden die Kritik und die Empfehlungen des Rechnungshofs aber sehr ernst nehmen.

Bezweifelt wurde das von FPÖ-Abgeordneter Steger. Dass die Ski WM aus sportlicher Sicht ein Erfolg gewesen ist, darf ihrer Meinung nach nicht dazu verleiten, bei der Fördervergabe alles beim Alten zu belassen und Missstände zu bestreiten.

"Pleiten, Pech und Pannen" bei Beschaffung von Truppenfunk CONRAD

Scharfe Kritik an der Beschaffung des Truppenfunksystems CONRAD durch das Bundesheer übten Norbert Sieber (V) und Christian Lausch (F). Der Bericht des Rechnungshofs zeige eine einzige Aneinanderreihung von Pleiten, Pech und Pannen auf, hielt Sieber fest. Das Verteidigungsministerium habe keinen Überblick über den Gesamtaufwand des Funksystems gehabt, auch habe ein Gesamtkonzept gefehlt. Lausch kritisierte in diesem Zusammenhang die Verschwendung von Steuergeld und äußerte die Hoffnung, dass man aus den aufgezeigten Missständen für künftige Beschaffungen etwas gelernt hat.

Breite Kritik an Wohnungsverkäufen des Integrationsfonds

Konsequenzen aus den Ergebnisses der Prüfberichte des Rechnungshofs forderte auch Grün-Abgeordnete Gabriela Moser, wobei sie sich besonders über den Verkauf von 270 Wohnungen durch den Integrationsfonds weit unter dem Marktwert empört zeigte. Moser zufolge sind die SteuerzahlerInnen um 6 Mio. € geschädigt worden. Für sie ist die vom Rechnungshof aufgezeigte Misswirtschaft "himmelschreiend".

Der Kritik schlossen sich neben den Abgeordneten Zanger (F) und Gamon (N) auch Marianne Gusenbauer-Jäger (S) und Johann Singer (V) an. So wertete Gusenbauer-Jäger die Vorgänge im Fonds als "skandalös". Immobilienmanagement gehöre in professionelle Hand, zieht sie ihre Schlüsse aus dem Prüfbericht. Singer wies darauf hin, dass die Empfehlungen des Rechnungshofs mittlerweile umgesetzt wurden.

e-Medikation: Unterschiedliche Beurteilung des Pilotprojekts

Auf das Pilotprojekt e-Medikation gingen unter anderem die Abgeordneten Hermann Gahr (V) und Ruth Becher (S) ein. Gahr wies darauf hin, dass relativ wenig ÄrztInnen und Apotheken an dem Projekt teilgenommen haben und es zu einer Überschreitung der Projektkosten gekommen sei. Grundsätzlich hätte ein überwiegender Teil der Beteiligten das Projekt aber positiv bewertet. Auch für Becher ist der Erfolg des Projekts unbestritten, viele Empfehlungen des Rechnungshofs sind ihr zufolge bereits umgesetzt worden.

Kritischer bewertete hingegen der fraktionslose Abgeordnete Marcus Franz die Ergebnisse des Projekts, das seiner Ansicht nach insgesamt schief gegangen ist. Es habe sich gezeigt, dass die Nebenwirkungsrate von verschriebenen Medikamenten sehr gering sei, hielt er fest. Allgemein warnte Franz vor dem gläsernen Patienten durch den zunehmenden Einsatz elektronischer Systeme, seiner Meinung nach bräuchten ÄrztInnen stattdessen mehr Zeit für die PatientInnen.

Mit der Frage von Universitätslaufbahnen setzte sich Sigrid Maurer (G) auseinander. Sie bedauerte, dass nur ein Drittel der Laufbahnstellen an Frauen geht, wie der Rechnungshof aufzeigt. Kritik übte sie außerdem an prekären Arbeitsverhältnissen von Lektorinnen und Lektoren.

Opposition fordert Ausweitung der Prüfkompetenzen des Rechnungshofs

Der Antrag von FPÖ-Abgeordnetem Zanger, die Prüftätigkeit des Rechnungshofs auf EU-Direktförderungen auszuweiten, wurde von Gabriela Moser (G), Martina Schenk (T) und Gerhard Schmid (o.F.) unterstützt. Es gehe schließlich um die Vergabe von einer Milliarde Euro Steuergeld an Private, gab Moser zu bedenken. Das Argument, dass der Rechnungshof nur für die Prüfung öffentlicher Stellen und Unternehmen, nicht aber von Privaten zuständig ist, lässt sie nicht gelten, schließlich handle es sich um Steuergeld. Schmid macht geltend, dass immer wieder Fördergelder für fragwürdige Projekte ausgegeben würden.

Die Opposition sieht aber auch in etlichen anderen Bereichen Kontrolllücken. Zanger und Schenk begrüßten in diesem Sinn die Zusage von SPÖ-Rechnungshofsprecher Elmar Mayer, in einer eigenen Arbeitssitzung über sämtliche am Tisch liegenden Vorschläge zur Ausweitung der Prüfbefugnisse des Rechnungshofs zu reden. Bei den Gesprächen muss es Schenk zufolge auch um die finanzielle Unterdotierung des Rechnungshofs gehen.

Mayer selbst setzte sich jedenfalls für einen starken Rechnungshof und eine Beseitigung etwaiger Schwachstellen in der Kontrolltätigkeit ein. Die Prüftätigkeit des parlamentarischen Kontrollorgans bewirke sehr viel, machte er geltend. Es gebe immer wieder eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Rechnungshof und den Ministerien.

Wahl des Rechnungshofpräsidenten: Mayer hofft auf selbstbewusste Abgeordnete

Thema in der Debatte war auch die bevorstehende Wahl eines neuen Rechnungshofpräsidenten, wobei Mayer einen eindringlichen Appell an die Abgeordneten richtete, sich intensiv mit der Kandidatenauswahl zu beschäftigen. "Lassen wir uns das nicht von oben aufs Auge drücken", dazu sei die Person des Rechnungshofpräsidenten zu wichtig, meinte er. Auf offene Ohren stieß Mayer damit bei Grün-Abgeordneter Gabriela Moser. Gamon warb für den von den NEOS nominierten Kandidaten Wolfram Proksch. Dem scheidenden Rechnungshofpräsidenten Josef Moser spendete Gamon ausdrückliches Lob. Ernüchternd ist für sie, dass viele Empfehlungen des Rechnungshofs nicht umgesetzt würden.

Nationalratspräsidentin Doris Bures nutzte die Debatte, um sich bei der langjährigen Leiterin des Stenographendienstes Brigitte Gradischnik-Schanner zu bedanken, die demnächst in den Ruhestand wechselt. Gradischnik-Schanner sei 43 Jahre im Zentrum der Innenpolitik tätig gewesen und versehe heute den letzten Dienst am Stenographen-Tisch des Hohen Hauses, hob Bures hervor. (Fortsetzung Nationalrat) gs