Parlamentskorrespondenz Nr. 626 vom 07.06.2016

Novelle zum Vermessungsgesetz vereinfacht Grenzkataster-Verfahren

Änderung passiert Wirtschaftsausschuss einstimmig, Oppositionsanträge vertagt

Wien (PK) – Verfahren, die die Grenzziehung von Liegenschaften betreffen, sollen künftig rascher, bürgernäher und mit größerer Rechtssicherheit abgewickelt werden können. Dafür plädierte der Wirtschaftsausschuss einstimmig und machte einen Regierungsentwurf für eine Novelle zum Vermessungsgesetz plenumsreif. Breiten Raum nahm in der Sitzung die Debatte über eine Reihe von Anträgen ein, in denen die Oppositionsparteien u.a. Investitionsanreize, aber auch Erleichterungen und Bürokratieabbau für die Unternehmen forderten. Diese Initiativen wurden durchwegs vertagt.

Vereinfachungen bei Grenzkataster-Verfahren

Die vom Ausschuss mit den Stimmen aller Fraktionen einhellig empfohlene Novelle des Vermessungsgesetzes (1115 d.B.) vereinfacht die Festlegung von Grundstücken im Grenzkataster. Im Agrarverfahren wird die Übernahme von Grundstücken in den Kataster auch für Teile einer Gemeinde ermöglicht. Zugelassen wird auch die Abschreibung von Trennstücken aus dem Grenzkataster oder die Verkürzung der Frist für Grenzwiederherstellungen von zwei Jahren auf ein Jahr.

NEOS wollen Power-to-Gas-Anlagen forcieren

Den Reigen an Oppositionsanträgen eröffneten die NEOS mit ihrer Forderung nach einem Power-to-Gas-Konzept (1299/A/(E)), um so die Umwandlung von überschüssigem Ökostrom in synthetisches Methan zu ermöglichen. Wirtschaftssprecher Josef Schellhorn sieht darin ein zukunftsträchtiges Mittel, Energieengpässen nachhaltig vorzubeugen und schlägt Bestimmungen im Gaswirtschaftsgesetz vor, die es erlauben, synthetisches Methan und Biogas in das Erdgasnetz einzuspeisen. Ein Abänderungsantrag, den Josef Schellhorn gemeinsam mit Christiane Brunner (G) vorlegte, ergänzte den Antrag um den Vorschlag, Power-to-Gas-Konzepte zur Lösung des Energie-Speicherproblems in die Energiestrategie einzubeziehen. Christiane Brunner stellte diesen Vorschlag ausdrücklich in den Zusammenhang mit der Umsetzung des Weltklimavertrags von Paris. Die Vertagung erfolgte auf Antrag von Josef Lettenbichler (V), der Skepsis gegenüber Quersubventionierungen äußerte.

Team Stronach und FPÖ fordern Investitionsanreize

Auf Investitionsanreize zielten weitere Initiativen der Opposition ab. Ziel eines Antrags der Team Stronach-Abgeordneten Waltraud Dietrich ist die steuerliche Begünstigung von Betriebsgründungen im ländlichen Raum, um der Abwanderung entgegenwirken. Die Initiative (961/A(E)) wurde mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit vertagt, nachdem

Christoph Matznetter (S) meinte, die Erleichterung von Betriebsgründungen im ländlichen Raum dürfe nicht zu einer Ungleichbehandlung der Wirtschaft in Stadt und Land führen. Leopold Steinbichler (T) sah hingegen keinen Anlass, weitere Zeit verstreichen zu lassen – es gelte das Überleben von Start-ups im ländlichen Raum zu sichern. 

Bernhard Themessl (F) wiederum verwies auf die latente Investitionsschwäche heimischer Unternehmen und drängte mit dem FPÖ-Antrag 1712/A(E) auf Investitionsanreize, etwa eine vorzeitige Abschreibung für Abnützung im Ausmaß von 50% im ersten Jahr nach der Anschaffung oder einen Beteiligungsfreibetrag für private Investitionen von 100.000 €. Themessl machte drauf aufmerksam, dass  dieser Antrag einem Schreiben des Wirtschaftskammerpräsidiums entspreche, während Josef Schellhorn verlangte, insbesondere die Abschreibungsdauer von Investitionen im Tourismus zu verkürzen. Bundesminister Reinhold Mitterlehner berichtete hingegen über positive Auswirkungen der Steuerreform und neue optimistische Prognosen der Wirtschaftsforscher über steigende Investitionen. Zudem kündigte Mitterlehner unter dem Stichwort "New Deal" Vorschläge der Bundesregierung zur Entbürokratisierung der Wirtschaft an. Die Priorität der Regierungspolitik für Wachstum stimmte auch Werner Groiß (V) optimistisch, dessen Vertagungsantrag eine Mehrheit der Regierungsparteien erhielt.

Opposition pocht auf Erleichterungen und bürokratische Entlastungen für Unternehmen

Ein Zuviel an Reglementierungen würde Wachstum und Innovation behindern und die unternehmerische Tätigkeit einschränken, klagte Josef Schellhorn von den NEOS und forderte in einem Entschließungsantrag seiner Fraktion (450/A(E)) die Streichung diverser Veröffentlichungspflichten in Printmedien aus dem Unternehmergesetzbuch. Die Grünen unterstützten den Antrag grundsätzlich, problematisierten aber Einschränkungen, die Publikationspflichten im Internet betreffen. Die Vertagung erfolgte mit SPÖ-ÖVP-Grünen-Mehrheit auf Vorschlag des Abgeordneten Harald Troch (S).

Mehr Tempo wollen die Grünen bei der Einrichtung von One-Stop Shops für die Genehmigung von Betriebsanlagen. Wirtschaftssprecherin Ruperta Lichtenecker forderte in ihrer Initiative (1567/A(E)) die Etablierung einer serviceorientierten Einrichtung über die Behördengrenzen hinweg nach dem Motto "Eine neue Betriebsanlage – ein Ansprechpartner" und  drängte zugleich auf einheitliche Transparenzkriterien, Kontrollkonzentration und zeitnahe Fristen für Gewerbetreibende und Stakeholder wie AnrainerInnen im Genehmigungsverfahren. Da zu diesem Thema bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet wurde, wie von Regierungsseite zu hören war, vertagten SPÖ und ÖVP auch diesen Antrag.

In einem gemeinsamen Vorstoß (1723/A(E)) brachten FPÖ, NEOS und Team Stronach das Spannungsfeld von Lärmbelastung und Sperrstunde aufs Tapet. Bernhard Themessl (F), Josef Schellhorn (N) und Leopold Steinbichler (T) vermissen klare Normen für die Entscheidung der Behörde, ob Gastronomiebetrieben nun aufgrund des von ihnen ausgehenden Lärms eine frühere Sperrstunde vorgeschrieben werden könne. Das Wirtschaftsressort sollte ihrer Meinung nach eine Studie in Auftrag geben, mit der standortbezogene Parameter für die Lärmemissionen von Lokalen und Schanigärten ermittelt werden, und auf dieser Basis dann die Sperrstundenregelung der Gewerbeordnung anpassen. Handlungsbedarf sehen die Antragsteller vor allem in Hinblick auf das 2018 in Kraft tretende Rauchverbot, durch das viele (rauchende) Gäste auf den Eingangsbereich der Lokale ausweichen werden.

In der Debatte traten Gabriel Obernosterer (V) und Christoph Matznetter (S) für eine Vertagung ein, um im Rahmen der geplanten Gewerbeordnungsnovelle eine Lösung auszuarbeiten, mit der Gewerbetreibende und Anrainer gleichermaßen leben können. Christiane Brunner (G) hielt das Thema für sensibel und schlug ein Expertenhearing dazu vor. Die Vertagung erfolgte mit der Mehrheit von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS.

Weitere Anliegen: Senkung der Grundumlage, Gründung ohne Notariatsakt, flexiblere Arbeitszeiten

Kritik an der derzeitigen Gestaltung der Wirtschaftskammerumlage äußerten die Grünen: Matthias Köchl zeigte sich irritiert darüber, dass die Umlage je nach Branche einzeln bestimmt und zudem in den Bundesländern unterschiedlich berechnet wird. Das Abstellen bei der Berechnung auf die Lohnsumme sei überdies unternehmensfeindlich, zumal es erfolgreiche Betriebe, die viele MitarbeiterInnen einstellen, bestrafe. In einem Entschließungsantrag (1626/A(E)) verlangte er nun eine bundeseinheitliche Berechnung und eine Deckelung mit 100 € pro Unternehmen und Jahr.

Für das vom Antragsteller vertretene Anliegen riet Andreas Hanger (V) zu einem breiteren Lösungsansatz im Zusammenhang mit der von der Regierung angekündigten Gewerbeordnungsreform. Christoph Matznetter (S) verteidigte die Autonomie der Wirtschaftskammer in Entscheidungen ihres Wirkungsbereichs, während Josef Schellhorn (N) auf die großen Rücklagen der Kammer aufmerksam machte. Antragsteller Matthias Köchl warnte davor, weiterhin "Strafabgaben" für die Erhaltung von Arbeitsplätzen bei den Betrieben einzuheben.

Für Unternehmensgründungen ohne (teuren) Notariatsakt, sprechen sich die NEOS aus. Nach dem Vorschlag (1516/A(E)) von Nikolaus Alm sollte demnach bei GmbH-Gründungen die notarielle Beglaubigung durch eine Handysignatur ersetzt werden.

In der Debatte erinnerte Josef Schellhorn den Wirtschaftsminister an dessen Aussage, er wolle das Gründen von Unternehmen erleichtern und kritisierte die Fortsetzung einer Klientelpolitik für Notare. Dietmar Keck (S) riet auch an dieser Stelle dazu, die Ergebnisse der eingesetzten Arbeitsgruppe abzuwarten. Matthias Köchl (G) empfahl die Zulassung "kleiner Aktiengesellschaften" anstelle von GmbH nach dem Vorbild der USA.

Schließlich griffen die NEOS das Thema Arbeitszeitflexibilisierung auf. Josef Schellhorn forderte in einem Entschließungsantrag (1399/A(E)) flexible Kollektivverträge, die Stärkung von Betriebsvereinbarungen und eine Tageshöchstarbeitszeit von zwölf Stunden. Darüber hinaus sollten Jahresarbeitszeitmodelle geschaffen und der Durchrechnungszeitraum für Überstunden auf ein Jahr ausgedehnt werden. Schellhorn verspricht sich davon bessere Wettbewerbsfähigkeit, mehr Beschäftigung sowie höhere Löhne und Gehälter.

Die Ansicht von Josef Schellhorn (N), eine weitergehende Flexibilisierung der Arbeitszeit würde es erleichtern, neue Jobs zu schaffen, stieß auf Kritik von Matthias Köchl (G) und Walter Schopf (S), die auf längst bestehende Flexibilisierungsmöglichkeiten hinwiesen. "Arbeitszeitflexibilisierung schafft keine neuen Arbeitsplätze", sagte Schopf und warnte davor, Überstundenzuschläge zu senken und die Interessenvertretungen der ArbeitnehmerInnen zu schwächen. Die Mehrheit für den Vertagungsbeschluss bestand aus ÖVP- und SPÖ-Mandataren. (Schluss) hof/fru


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