Parlamentskorrespondenz Nr. 669 vom 15.06.2016

Nationalrat unterstreicht Bedeutung der Tourismuswirtschaft als Konjunkturmotor

Abgeordnete für Bürokratieabbau und Nachhaltigkeitskonzepte

Wien (PK) – Dass der Tourismus einen Konjunkturmotor auch in wirtschaftlichen Krisenzeiten darstellt und die Nachrichten aus der Branche durchaus erfreulich sind, darüber war man sich heute im Nationalrat einig. Laut Bericht zur Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich im Jahr 2015, der mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS zur Kenntnis genommen wurde, erreichten Österreichs Hoteliers und Gastronomen im Vorjahr bei sonst lauer Konjunktur mit 135,2 Millionen Nächtigungen und einem Umsatz von 38,4 Mrd. € bei ausländischen TouristInnen neue Rekorde. Auch der österreichische Anteil am europäischen Tourismusmarkt und die Zahl der Beschäftigten im Tourismus stieg, und zwar um 2,6% auf 202.943 Menschen, 58% sind davon Frauen. 7% des heimischen BIP gehen derzeit auf touristische Nachfrageeffekte zurück. Der Dank der Rednerinnen und Redner galt in diesem Zusammenhang insbesondere den in den Betrieben tätigen Menschen, durch deren Leistung und Engagement diese positive Bilanz erst ermöglicht wird.

Abgeordnete drängen auf Bürokratieabbau

Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner schloss sich dem an, meinte aber, dass die Steuerreform und die Österreichwerbung ebenfalls ihren Beitrag zu der guten Entwicklung geleistet haben. Die Marktanteile gehen wieder nach oben, die Gäste geben wieder mehr aus und es wird wieder mehr investiert, informierte der Ressortchef. Als nicht zu unterschätzenden Faktor nannte er in Übereinstimmung mit den Abgeordneten aber auch die gute Sicherheitslage in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern.

Die Opposition ortet jedoch auch viele Probleme, etwa wenn es um die hohen Lohnnebenkosten, die Registrierkassenpflicht und unterdurchschnittliche Ertragslagen in den Betrieben geht. Klagen über bürokratische Belastungen gab es nicht nur seitens der Opposition, sondern auch von Rednern der Regierungsparteien. So sahen beispielsweise Gabriel Obernosterer (V) und Maximilian Unterrainer (S) in dieser Hinsicht noch einiges zu tun. Geht es nach Obernosterer, so könnte man durchaus auf ein Drittel der Vorschriften verzichten, ohne damit Qualitätsverluste zu verursachen. Er begrüßte in diesem Sinne die vom Minister eingerichtete Arbeitsgruppe. Betriebsübernahmen von Kindern seien fast nicht mehr finanzierbar, warf der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler kritisch ein.

Eine Debatte ergab sich über die "Urheberrechte" hinsichtlich der Lösung des Problems bei der Mithilfe von Familienangehörigen in den Betrieben. Seitens der Freiheitlichen beklagte sich Gerald Hauser, dass die Regierung das Problem trotz Drängens der FPÖ auf die lange Bank geschoben habe, und gab dabei vor allem der SPÖ schuld. Sowohl ÖVP-Abgeordneter Obernosterer als auch Minister Mitterlehner räumten ein, dass die Regelung lange gedauert hat. Man habe aber nun einen völlig unkomplizierten Weg gefunden, sagte Obernosterer. Sein Klubkollege Andreas Hanger ergänzte, es seien vor allem die Familienbetriebe, die dafür sorgen, dass der Tourismus so funktioniert wie er funktioniert.  

Zankapfel Registrierkassenpflicht

Die Registrierkassenpflicht wurde von der FPÖ (Gerald Hauser, Peter Wurm) sowie vom Team Stronach (Leopold Steinbichler) abermals einer heftigen Kritik unterzogen. Wurm hält die Regelung sogar für fahrlässig, weil viele Betriebe aufgeben und damit zahlreiche Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren. Dazu komme das Rauchverbot, das zu einem weiteren Gästerückgang führen könne. Steinbichler appellierte in diesem Zusammenhang, hier mit mehr Hausverstand zu agieren und beklagte die Schließung vieler Almbetriebe aufgrund der Registrierkassenpflicht.

Dem gegenüber verteidigte der Vizekanzler die Regelung, da sich in der Vergangenheit im Vergleich zu anderen Ländern die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer unterdurchschnittlich entwickelt haben. Führende Unternehmen würden schon lange mit dem System arbeiten, es gehe auch um eine Gleichbehandlung. Mitterlehner räumte jedoch Probleme ein, man werde diese aber abstellen, versicherte er.

Der Wirtschaftsminister kündigte auch die Lösung im Zusammenhang mit den Buchungsplattformen an, die Bestpreisklausel soll demnach gekippt werden. Derzeit dürfen Hoteliers ihre Zimmer zwar auf anderen Plattformen oder am Telefon billiger anbieten. Auf der eigenen Homepage ist ihnen dies aber untersagt. Das sei eine Einschränkung der unternehmerischen Freiheit und bedeute in der Praxis eine Schieflage zugunsten von Buchungsplattformen, hatte Mitterlehner dazu beim Ministerrat am Vortag erklärt.

Zudem stellte er gegenüber den Kritikern fest, dass die Senkung der Lohnnebenkosten um einen Prozentpunkt bereits beschlossen worden sei. Das bringe einem Viersternebetrieb durchschnittlich 7.000 € im Jahr. Man werde sich auch die Gewerbeordnung genau anschauen, sagte er zu, nachdem Josef Schellhorn (N) die diesbezüglichen Bestimmungen kritisch angesprochen hatte.

Keine Mehrheit für die Anträge von FPÖ, NEOS und Team Stronach

Ein weiteres Problem orten Axel Kassegger (F) und Josef Schellhorn (N) im § 113 Abs. 5 Gewerbeordnung. Dort werden die Sperrstunden geregelt und es ist den Gemeinden möglich, diese aufgrund von Lärmbelästigung zu verlängern oder zu verkürzen. Die darin verwendeten Begriffe seien sehr unbestimmt, kritisierte Kassegger und würden zu Rechtsunsicherheit führen. Sein Antrag wurde jedoch mit den Stimmen der Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP abgelehnt. Schellhorn zielte in seiner Initiative darauf ab, hinsichtlich der unzumutbaren Belästigung der Nachbarn die Schienenverkehrslärm – Immissionsschutzverordnung heranzuziehen, blieb aber mit seinem Antrag allein.

Abgelehnt wurde schließlich auch der Antrag von Leopold Steinbichler (T), eine Qualitätspartnerschaft für heimische Gastronomiebetriebe einzuführen. Er wurde nur von den Abgeordneten seiner Fraktion sowie von den Grünen und Freiheitlichen unterstützt. Dennoch setzte sich auch Nikolaus Prinz (V) dafür ein, dass Gastronomiebetriebe heimische Produkte verwenden. Das sei besonders für den ländlichen Raum von Bedeutung, der im Tourismus eine große Rolle spiele.

Ohne bäuerliche Familien würde es im Tourismus anders ausschauen, betonte Prinz und meinte damit vor allem den Erhalt der Kulturlandschaft. In diesem Sinne zeigte er sich erfreut darüber, dass im nächsten Tourismusbericht auch ein Kapitel dem Urlaub auf dem Bauernhof gewidmet sein wird, da bäuerliche Betriebe mit 113.000 Betten ca. 11% des Angebots zur Verfügung stellen.

Schließlich warnte der Grün-Abgeordnete Georg Willi vor Grenzkontrollen, denn diese könnten einen Wachstumseinbruch zur Folge haben. Er appellierte daher an den Vizekanzler, den Scharfmachern in seiner Partei Einhalt zu gebieten.

Diskussion über die Situation der ArbeitnehmerInnen in der Tourismusbranche

Einige RednerInnen thematisierten auch die Situation der ArbeitnehmerInnen in der Tourismusbranche, vor allem jene der Frauen. Die Situation sei oft prekär, sagte Andrea Gessl-Ranftl (S), in Spitzenpositionen finde man kaum Frauen. Mangels Betriebskindergärten und familienfreundlicher Arbeitszeiten sei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schwierig, ebenso der Wiedereinstieg nach der Geburt eines Kindes. Hier sei noch viel zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zur Herstellung der Chancengleichheit zu tun. Für bedenklich hielt Jürgen Schabhüttl (S) den Vormarsch der geringfügig Beschäftigten.

Maximilian Unterrainer (S) unterstrich die Notwendigkeit, Kurs zu halten, damit UnternehmerInnen weiter Erfolg haben und ArbeitnehmerInnen auch ein Stück vom Kuchen erhalten. "Wir brauchen glückliche Gäste, die von glücklichen Menschen gut betreut werden", brachte es Georg Willi von den Grünen auf den Punkt, denn Gäste seien auch die Botschafter Österreichs und motivieren neue Gäste.  

Positiv bewerteten die beiden SPÖ-Abgeordneten Walter Bacher und Konrad Antoni die Schaffung des neuen Lehrberufs Hotelkaufmann bzw. Hotelkauffrau. Bereits 100 Jugendliche befänden sich in diesem Ausbildungszweig, merkte Anton an, und Bacher forderte insgesamt eine bessere Entlohnung, damit die Betriebe wieder mehr qualifiziertes Personal bekommen. Begrüßt wurde zudem von Antoni das Lehrlings-Coaching und das Lehrlingsbetriebs-Coaching, das im Bedarfsfall eine Begleitung anbietet. Andreas Hanger (V) machte in weiterer Folge auf die angespannte Arbeitsmarktsituation im Tourismus aufmerksam, obwohl viele Kräfte nachgefragt werden.

Tourismus muss auf Klimawandel Antwort finden

Damit der heimische Tourismus weiter auf Erfolgskurs bleibt, sei es wichtig innovativ zu bleiben, meinten Walter Bacher (S), Maximilian Unterrainer (S), Georg Willi (G) und Josef Schellhorn (N). Es wäre wichtig, ein Bild zu zeichnen, wohin es in Anbetracht des Klimawandels und der sich verändernden Arbeitswelt hingehen sollte, gab Schellhorn zu bedenken. Unterrainer hält es für höchste Zeit, sich mit Nachhaltigkeit im Tourismus auseinanderzusetzen, denn das Wachstum könne nicht unendlich sein, zumal auch die Ressourcen der Alpen nicht unendlich sind.

Georg Willi (G) spielte auf die Renaissance der Sommerfrische an und ortet hier ein großes Wachstumspotential. In diesem Zusammenhang forderte er einmal mehr, das Angebot für RadfahrerInnen und MontainbaikerInnen auszuweiten. Schellhorn zufolge muss es auch gelingen, in der Vermarktung neue und moderne Strukturen zu finden, angefangen vom Hotelier bis zur Tourismuswerbung. (Fortsetzung Nationalrat) jan