Parlamentskorrespondenz Nr. 681 vom 16.06.2016

Fragestunde: Von Brustkrebs-Screening bis Primärversorgung

Oberhauser kündigt Ausbau der Kinderrehabilitation ab 2017 an

Wien (PK) – Die Eckpunkte der Gesundheitsreform, die Behandlungsengpässe in der Kindermedizin und bei psychischen Erkrankungen, die unterschiedlichen Leistungen der Krankenkassen sowie die aktullen Schwerpunkte im Bereich Prävention standen im Mittelpunkt der heutigen Fragestunde im Nationalrat, die sich an die zuständige Ministerin Sabine Oberhauser richtete. Bei der Umsetzung der Primärversorgungszentren müsse noch Überzeugungsarbeit geleistet werden, räumte die Ressortchefin ein. Sie war jedoch überzeugt davon, dass viele MedizinerInnen gerne in Teams arbeiten würden, wenn einmal die entsprechenden Rahmenbedingungen und die gesetzlichen Grundlagen geschaffen sind.

Primary Health Care: Entlastung der Ambulanzen, erweiterte Öffnungszeiten, bessere Versorgung am Land

Die Primärversorgungszentren sind ein Eckpfeiler der Gesundheitsreform, weil damit die Zusammenarbeit von ÄrztInnen und VertreterInnen verschiedenster Gesundheitsberufe ermöglicht wird, erklärte Oberhauser. Sie pflichtete Abgeordnetem Erwin Spindelberger (S) bei, dass es von allen Seiten große Erwartungen gibt, weil das Primary Health Care-Modell (PHC) u.a. für längere Öffnungszeiten, eine Entlastung der Ambulanzen, eine bessere Gesundheitsversorgung am Land sowie für einen ganzheitlicheren Zugang zur Medizin (Stichwort: chronische Krankheiten) sorgen soll. Ein positiver Nebeneffekt ergebe sich auch dadurch, dass die Gesundheits- und Krankenpflegeberufe attraktiver werden, weil auf sie neue Aufgaben zukommen werden. Durch die neue modulare Ausbildungsreform, die nun nach einem sehr langen und intensiven Verhandlungsprozess in Form eines Gesetzesentwurfs dem Parlament zugeleitet werden konnte, werde es zu weiteren Fortschritten kommen. So soll es u.a. eine einjährige Ausbildung geben, die sich vor allem an WiedereinsteigerInnen richtet.

Bezüglich der Organisationsform der PHC-Zentren konnte sich die Ministerin verschiedene Modelle (z.B. Gruppenpraxen, Vereine, Zusammenschlüsse etc.) vorstellen; es soll aber einen ärztlichen Gesamtvertrag geben, der alle Leistungen vom Bodensee bis zum Neusiedlersee abdeckt. Daneben sollen auch Einzelverträge möglich sein, um besser auf die unterschiedliche Anforderungen reagieren zu können, meinte Oberhauser.

Richtig sei, dass bei der Ärzteschaft noch Überzeugungsarbeit zu leisten ist, was die Vorteile des Primärversorgungskonzepts betrifft. Es werden intensive Gespräche geführt und man sei auch schon auf einem guten Weg, teilte Oberhauser der FPÖ-Mandatarin Dagmar Belakowitsch-Jenewein mit. Ein heikler Punkt sei noch die Frage der Vertragsgestaltungen; da müsse noch eine gemeinsame Lösung gefunden werden. Oberhauser räumte auch ein, dass ihr Ressort mit dem entsprechenden Gesetz ein wenig in Verzug sei; es sollte jedoch bald vorliegen.

Krankenkassen: Oberhauser strebt gleiche Beiträge für gleiche Leistungen an

Bundesministerin Sabine Oberhauser bezeichnete es als eines der größten Mankos des heimischen Gesundheitssystems, dass nicht alle Versicherten in Österreich die gleichen Leistungen erhalten, weil diese vom Wohnort sowie vom jeweiligen Träger abhängen. Die Unterschiede liegen dabei eher im Detail; eine optimale Grundversorgung und Behandlung im Ernstfall sei für alle ÖsterreicherInnen gewährleistet, betonte sie gegenüber NEOS-Mandatar Gerald Loacker. Da die Versichertengemeinschaft sehr unterschiedlich gestaltet ist, versuche man, einen Ausgleich zu schaffen, was aber sehr schwierig sei. Ihr Ziel wäre es, so Oberhauser, dass einmal das Prinzip "gleiche Beiträge für gleiche Leistungen" umgesetzt wird. Sie werde zudem gemeinsam mit Sozialminister Stöger eine Studie in Auftrag geben, in der die Vor- und Nachteile einer Zusammenlegung von Krankenkassen näher beleuchtet werden sollen. Es müsse auf jeden Fall verhindert werden, dass Mehrkosten - wie etwa in Deutschland, wo es eine Fusion der Kassen gegeben hat - entstehen.  

Engpässe in der Kindermedizin und bei der Behandlung von psychischen Erkrankungen

Angesprochen auf den Bereich psychische Gesundheit räumte Oberhauser ein, es sei ihr sehr wohl bewusst, dass es Engpässe vor allem bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen gibt. Da die Vergabe von Kassenverträgen nicht in ihren Zuständigkeitsbereich falle, könne sie als Ministerin nur immer wieder darauf drängen, dass in dieser Frage etwas weitergeht. Die Ressortchefin erinnerte daran, dass das Fach Psychiatrie in die Ausbildung für AllgemeinmedizinerInnen hineingenommen wurde, um das Interesse an diesem Beruf zu wecken. Außerdem soll durch die Einstufung der Kinder- und Jugendpsychiatrie als Mangelfach ermöglicht werden, dass es zu mehr Ausbildungen kommt. Aus Wien, Niederösterreich und Oberösterreich habe sie Signale bekommen, dass es im ambulanten Bereich zu Aufstockungen kommen wird.

Abgeordneter Martina Diesner-Wais (V), die sich nach dem Ausbau der stationären Kinderrehabilitation erkundigte, teilte Oberhauser mit, dass die Krankenkassen bereits jetzt Aufenthalte im Ausland bezahlen. Um auf nationaler Ebene die Versorgung zu verbessern habe sich der Hauptverband entschlossen, eine Ausschreibung zu machen. In drei Fällen habe es bereits einen Zuschlag gegeben, über weitere acht Projekte wird noch entschieden. Sie gehe aber davon aus, dass 2017 Leistungen in insgesamt elf Zentren angeboten werden können.

Prävention: Von Brustkrebs bis Schlaganfall

Als Gesundheitsministerin lege sie einen großen Schwerpunkt auf die Prävention, führte Oberhauser weiter aus, die auf zahlreiche Projekte und Maßnahmen in diesem Bereich verwies. Da Fehl- und Überernährung Mitverursacher von heute sehr häufigen Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs oder Diabetes sind, wolle man etwa gemeinsam mit der Industrie innovative und gleichzeitig kostengünstige Lebensmittel entwickeln. Derzeit arbeiten ihre MitarbeiterInnen an einer neuen Ernährungspyramide für Schwangere und Stillende sowie an Richtlinien für 4- bis 10-Jährige.  

Sehr positiv entwickle sich das neue Brustkrebs-Screening-Programm, teilte die Ministerin mit, seit dessen Einführung haben sich 726.035 Frauen (Stichtag 31.3.2016) einer Untersuchung unterzogen. Ein weiteres wichtiges Präventionsprogramm mit dem Titel "Frühe Hilfen" wurde im Jahr 2015 gestartet, das in Form von regionalen Netzwerken ein Angebot für Familien in belasteten Lebenssituationen und für psychisch gefährdete Kinder darstellt.

Was das Thema Glyphosat, das von der WHO als "wahrscheinlich krebserregend für den Menschen" eingestuft wurde, angeht, so teilte Oberhauser Abgeordnetem Wolfgang Pirklhuber (G) mit, dass sie für ein Verbot optieren würde, wenn es nur den leisesten Zweifel hinsichtlich einer möglichen Gesundheitsgefährdung gibt. Ihr Ressort habe im Zeitraum 2010 bis 2014 insgesamt 852 Lebensmittel untersucht, wobei in 14 Proben Glyphosatrückstände (v.a. in Leinsamen und Linsen) gefunden wurden. Eine Vereinbarung mit dem für diesen Bereich zuständigen Landwirtschaftsminister bezüglich der Position Österreichs auf EU-Ebene gebe es noch nicht.

Freiheitliche erkundigen sich nach Gesundheitsausgaben für Flüchtlinge

Von FPÖ-Seite kam noch die Frage, wie hoch die Mehrkosten für AsylwerberInnen in der Bundesbetreuung im Jahr 2015 waren, zumal die Ausgaben durch den monatlichen Pauschalbetrag von 77,73 € offenbar nicht abgedeckt werden konnten. Oberhauser pflichtete Abgeordneter Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) bei, dass man aufgrund der Angaben der Sozialversicherung aus dem Jahr 2014 eine Aufstockung auf etwa 115 € anstrebe. Der genaue Betrag soll jetzt in einer Arbeitsgruppe ermittelt werden. Es werde jedenfalls zu budgetären Nachverhandlungen kommen müssen, da die Ausgaben nicht auf die Krankenkassen übergewälzt werden sollen. (Fortsetzung Nationalrat) sue