Parlamentskorrespondenz Nr. 716 vom 22.06.2016

Kanzleramtsminister Drozda will mehr Geld für Presseförderung

Öffentliches Hearing vor ORF-Wahl könnte im Publikumsrat stattfinden

Wien (PK) – Kanzleramtsminister Thomas Drozda sprach sich heute neuerlich dafür aus, die Presseförderung zu erhöhen. Mit den derzeitigen Mitteln werde man nicht das Auslangen finden, wolle man Qualität stärker fördern, sagte er bei einer Aussprache mit den Mitgliedern des Verfassungsausschusses des Nationalrats. Es gehe um die Erhaltung einer breiten Medienlandschaft. Neue gesetzliche Regelungen will Drozda noch heuer vorlegen, er hat auch bereits erste Gespräche mit Finanzminister Hans Jörg Schelling geführt. Diese Frage werde ein wesentliches Thema bei den Budgetverhandlungen im Herbst sein, so der Kanzleramtsminister.

Was die bevorstehende Wahl des ORF-Generaldirektors betrifft, wies Drozda darauf hin, dass ein öffentliches Hearing im Stiftungsrat aus aktienrechtlichen Gründen nicht möglich ist, es sei denn, es würden die Gesetze geändert. Er kann sich aber ein öffentliches Hearing im Publikumsrat vorstellen. Eine grundlegende Änderung der Struktur des ORF hält der neue Kanzleramtsminister nicht für erforderlich, "die Struktur funktioniert". Anders als oft kolportiert werde im Stiftungsrat überparteilich gearbeitet, die entscheidenden Beschlüsse erfolgten einstimmig. "Der Stiftungsrat ist um Welten besser als sein Ruf", so Drozda.

Als Prioritäten für die nächsten Monate nannte Drozda neben der Reform der Presseförderung und dem neuen Informationsfreiheitsgesetz (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 713/2016) auch die Umsetzung neuer EU-Vorgaben im Bereich öffentlicher Auftragsvergaben. Die Verhandlungen sind derzeit im Laufen. Das Bundeskanzleramt werde in jedem Fall im Herbst eine Novelle zum Bundesvergabegesetz in Begutachtung schicken. Gesetzliche Änderungen zur Umsetzung des neuen EU-Datenschutzpakets sind im kommenden Jahr geplant.

Nicht rütteln will Drozda an der Einrichtung des Hauses der Geschichte. Vor weiteren Entscheidungen brauche es aber eine gesicherte Finanzierung, betonte er. Auch diese Frage will er im Herbst bei den Budgetverhandlungen klären.

Staatsekretärin Duzdar für Kultusfragen und Volksgruppen zuständig

Allgemein nannte der Kanzleramtsminister den sorgsamen und sorgfältigen Umgang mit der Verfassung als ein wesentliches Anliegen. Es sollten nur jene Punkte in die Verfassung kommen, die ausschließlich dort geregelt werden können. Er informierte die Abgeordnete zudem über eine geänderte Aufgabenverteilung im Bundeskanzleramt: Für die Bereiche Kultus und Volksgruppen ist demnach nun Staatssekretärin Muna Duzdar zuständig. Sie zeichnet außerdem für den öffentlichen Dienst und das Thema Digitalisierung verantwortlich.

Diese Bereiche würden auch insofern gut zusammenpassen, als es ihr im Sinne eines Diversitätsmanagements auch darum gehe, dass sich die gesellschaftliche Vielfalt in der Verwaltung widerspiegelt, betonte Duzdar im Ausschuss. In Zusammenhang mit den Digitalisierungsagenden ist ihr nicht nur der weitere Ausbau des E-Government wichtig, sie will sich auch der Bereiche Transparenz und Partizipation annehmen. Sie sehe sich als Vermittlerin zwischen Netzkultur und Verwaltungskultur.

Abgeordnete begrüßen Reform der Presseförderung

Thema der Diskussion der beiden Regierungsmitglieder mit den Abgeordneten war auch die Umsetzung des Islamgesetzes. So wollte FPÖ-Abgeordneter Harald Stefan wissen, ob Duzdar die nur neun Seiten umfassende Offenlegung der Glaubensgrundsätze durch die islamische Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) für ausreichend erachte. Nikolaus Scherak (N) erkundigte sich nach etwaigen Auswirkungen der "Unruhen" innerhalb der IGGiÖ. Auch ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl brachte dieses Thema zur Sprache.

Erfreut äußerte sich Gerstl über die geplanten Änderungen bei der Presseförderung. Man müsse weg von Quantität hin zu Qualität kommen, sagte er und äußerte in diesem Sinn die Hoffnung, dass Qualitätsmedien künftig stärker gefördert würden. Dabei könnte man seiner Meinung nach auch die Regierungsinserate einbeziehen. Auch NEOS-Abgeordneter Scherak regte an, das "unglaubliche Inseratenvolumen" der öffentlichen Hand in die Presseförderung umzulenken.

Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) hält die Regierung bei der Sicherung der Rechte der Volksgruppen für säumig und plädierte dafür, die Möglichkeit einer Verbandsklage für Volksgruppen einzuführen. Zudem erachtet er es für notwendig die Verwendung der Fördermittel durch die Volksgruppen genauer zu prüfen. Sein Fraktionskollege Albert Steinhauser sprach sich dafür aus, die personellen Ressourcen der Datenschutzbehörde aufzustocken.

Großes Lob für den ORF äußerte SPÖ-Abgeordneter Josef Cap. Die ORF-JournalistInnen seien noch nie so unabhängig gewesen. Auch die Mitglieder des Stiftungsrats wurden von ihm als "honorige Persönlichkeiten", die nach aktienrechtlichen Regelungen haften und auch einen Ruf zu verlieren hätten, verteidigt.

Kanzleramtsminister Drozda gab zu bedenken, dass das Inseratenvolumen der Regierung bei weitem nicht so hoch sei wie immer wieder suggeriert. Er kann sich jedoch eine bessere Koordination durch das Bundeskanzleramt vorstellen. Gelinge es, Mittel für die Presseförderung freizuschaufeln, wäre das seiner Meinung nach zu begrüßen. Zum Vorschlag von ÖVP-Verfassungssprecher Gerstl, anlässlich des bald bevorstehenden 100. Geburtstags der Bundesverfassung einen neuen Verfassungskonvent einzusetzen, meinte Drozda, er würde es für zielführender erachten, sich einmal die Ergebnisse des Konvents von 2005 anzuschauen.

IGGiÖ-Wahl: Kultusamt liegt weder Wahlanzeige noch Wahlanfechtung vor

Staatssekretärin Duzdar wies darauf hin, dass das Islamgesetz erst seit einem halben Jahr in Kraft und die Umsetzung noch im Gang sei. Es sei daher noch zu früh um zu sagen, ob sich das Gesetz bewährt habe. Man werde die Umsetzung weiter beobachten. Was die Wahl in der IGGiÖ betrifft, liege dem Kultusamt noch keine Wahlanzeige oder eine Wahlanfechtung vor. 

Eine Verbandsklage für Volksgruppen kann sich Duzdar durchaus vorstellen. Voraussetzung ist für sie aber ein gemeinsamer Wunsch der Volksgruppen. Bei der Volksgruppenförderung seien bislang keine Ungereimtheiten festgestellt worden. Auch Versäumnisse bei der Entwicklung einer Roma-Strategie, wie von Abgeordnetem Zinggl angesprochen, sieht Duzdar nicht. (Schluss Verfassungsausschuss) gs