Parlamentskorrespondenz Nr. 746 vom 28.06.2016

Ditz als letzte Auskunftsperson im Hypo-U-Ausschuss - Bures: Parlamentarische Kontrolle gestärkt

Nationalratspräsidentin: Längster U-Ausschuss seit zehn Jahren, Regelwerk hat sich bewährt - Basis für kommende U-Ausschüsse geschaffen

Wien (PK) - Im Hypo-Untersuchungsausschuss findet heute, Dienstag, in der 77. Sitzung mit der Auskunftsperson Johannes Ditz die planmäßig letzte Befragung statt. Nationalratspräsidentin und U-Ausschuss-Vorsitzende Doris Bures: "Es ist der längste Untersuchungsausschuss der letzten zehn Jahre. Nach 16 Monaten lässt sich sagen: Die Premiere für die neue Verfahrensordnung ist gelungen und der U-Ausschuss als wichtigstes Instrument der parlamentarischen Kontrolle wurde gestärkt. Das Regelwerk hat sich bewährt und wir haben eine stabile Basis für kommende U-Ausschüsse geschaffen."

Neue Verfahrensordnung mit Leben gefüllt

In dem am 25. Februar 2015 eingesetzten U-Ausschuss kam es bisher insgesamt zu 142 Befragungen von 124 Auskunftspersonen (mehrere Auskunftspersonen wurde zwei Mal befragt, der BMF-Mitarbeiter Alfred Lejsek wurde als einzige Auskunftsperson drei Mal befragt); die erste Befragung fand am 8. April 2015 statt. Verlangt wurde die Einsetzung des Ausschusses am 14. Jänner 2015 von FPÖ, Grünen und NEOS und am 28. Jänner 2016 wurde er von ebendiesen Parteien zum ersten Mal und am 20. Mai 2016 im Nationalrat einstimmig zum zweiten Mal verlängert.

Der Hypo-U-Ausschuss ist der erste Untersuchungsausschuss, der nach den neuen Regeln der im Dezember 2014 von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS beschlossenen Verfahrensordnung abgehalten wird und damit weitgehend auf Minderheitsrecht basiert. Weiters brachte das neue Regelwerk unter anderem die Änderungen, dass die Nationalratspräsidentin den Vorsitz führt, dass es nunmehr in U-Ausschüssen einen Verfahrensrichter gibt und dass bei unterschiedlichen Rechtspositionen und strittigen Fragen der Verfassungsgerichtshof (VfGH), das Bundesverwaltungsgericht oder die Mitglieder der Volksanwaltschaft (als Schiedsstelle) befasst werden können.

Herausforderungen bewältigt

So galt es für die Fraktionen, aber auch für den Vorsitz, den Verfahrensrichter und den Verfahrensanwalt, die neue Verfahrensordnung von Beginn an mit Leben zu füllen. Einige vom Ausschuss zu bewältigende Herausforderungen waren:

1.) Geschwärzte Akten: Die neue Verfahrensordnung intendiert im Zusammenspiel mit dem ebenfalls neuen Informationsordnungsgesetz klar, dass Akten, die Teil des Untersuchungsgegenstands sind, ohne Schwärzungen zu übermitteln sind. In dieser Frage gab es unter anderem zwischen dem Finanzministerium und dem Ausschuss unterschiedliche Rechtsauffassungen. Der VfGH stellte im Juni 2015 jedoch klar: Schwärzungen im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes sind unzulässig.

2.) Wartezeit auf Gerichtsentscheidungen: Es gab am Anfang die Sorge, dass ausständige Gerichtsentscheidungen die Aufklärungsarbeit aufhalten könnten. Die raschen Entscheidungen des VfGH und des Bundesverwaltungsgerichts haben sich aber als sehr kompatibel mit dem Ablauf des Ausschusses erwiesen. Der VfGH hat in den vergangenen Monaten gleich mehrere Entscheidungen zum Hypo-U-Ausschuss getroffen, nicht nur über die erwähnte Vorlage geschwärzter Akten durch das BMF, sondern etwa auch über die Vorlagepflicht von Unterlagen durch die Finanzmarktbeteiligung AG des Bundes oder die Kärntner Landesholding und über die Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen. Das Bundesverwaltungsgericht wiederum kam bereits zum Einsatz, indem es eine Beugestrafe wegen Nicht-Erscheinens einer Auskunftsperson verhängte.

3.) Medienöffentlichkeit: Die neue Regelung sieht vor, dass die ans Parlament übermittelten Akten in vier Stufen klassifiziert werden können (1 = eingeschränkt; 2 = vertraulich; 3 = geheim; 4 = streng geheim). Akten können aber auch ohne Klassifizierung vorgelegt werden. Nicht klassifizierte Akten und - unter bestimmten Voraussetzungen - auch Akten der Stufe 1 dürfen in medienöffentlicher Sitzung verwendet werden. Bei Akten einer höheren Stufe müssen die MedienvertreterInnen das Ausschusslokal verlassen. Zu Beginn des Ausschusses war es in der Öffentlichkeit zur Befürchtung gekommen, es drohe ein "Geheimhaltungsausschuss" unter weitgehendem Ausschluss der Medienöffentlichkeit. Bewahrheitet hat sich das nicht – der überwiegende Teil der Befragungen fand durchgehend medienöffentlich statt.

10.000 Seiten stenographisches Protokoll

Insgesamt finden sich aktuell im gesicherten EDV-System des Parlaments rund zwei Millionen zum Untersuchungsgegenstand übermittelte Dokumente, die ausgedruckt rund 16 Millionen A4-Seiten umfassen würden (circa 93,5 Prozent davon wurden ohne Klassifizierung vorgelegt; 6 Prozent in der Stufe 1 "eingeschränkt"; in Stufe 2 waren es 107.064 A4-Seiten; in Stufte 3 waren es 914 A4-Seiten und in Stufe 4 waren es 0 A4-Seiten). Zudem gibt es inklusive der heutigen Befragung von Ditz knapp mehr als 10.000 A4-Seiten stenographisches Protokoll zum Hypo-U-Ausschuss.

Am 12. Oktober im Nationalrat

Folgender Fahrplan ist nun noch geplant: Am 11. Juli findet eine Geschäftsordnungssitzung statt, in der das Ende der Beweisaufnahme für den Stichtag 9. August festgesetzt wird. Zwei Wochen später, am 23. August, übergibt Vorsitzende und Nationalratspräsidentin Doris Bures den vom Verfahrensrichter erstellten Entwurf des Abschlussberichts an die Fraktionen. 

Bis spätestens 6. September müssen die Fraktionen ihre etwaigen Fraktionsberichte dem Vorsitz übermitteln – danach widmet sich der Verfahrensrichter der Wahrung der Persönlichkeitsrechte der im Bericht erwähnten Personen. Am 10. Oktober übermittelt der U-Ausschuss im Rahmen einer letzten Geschäftsordnungssitzung den Abschlussbericht an die Nationalratspräsidentin und beendet damit seine Tätigkeit. Am 12. Oktober wird der Abschlussbericht planmäßig im Nationalrat behandelt.

Weitere Informationen finden sich auf der Homepage des Parlaments unter: www.parlament.gv.at. (Schluss) wz