Parlamentskorrespondenz Nr. 757 vom 28.06.2016

Sozialausschuss: Gesetzesnovelle bringt einige Neuerungen für Bauarbeiter

Anträge der Opposition vertagt bzw. abgelehnt

Wien (PK) – Auf BauarbeiterInnen und die Baubranche kommen einige Neuerungen zu. Der Sozialausschuss des Nationalrats hat heute einem entsprechenden Gesetzespaket von Sozialminister Alois Stöger seine Zustimmung erteilt. Unter anderem geht es darum, die rückwirkende Einbeziehung von Unternehmen in das System des Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes (BUAG) praktikabler zu gestalten, die Kosten für die ArbeitgeberInnen im Zusammenhang mit dem Urlaubszuschlag für Lehrlinge zu senken sowie gewerbliche Lehrlinge in das Schlechtwetterentschädigungssystem für BauarbeiterInnen einzubeziehen. Überdies sind Maßnahmen zur Verwaltungsvereinfachung sowie weitere Nachbesserungen beim Überbrückungsgeld vorgesehen. Die Zustimmung zum Gesetzespaket erfolgte einstimmig.

Thema in der Debatte waren auch die Forderungen der FPÖ, den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt in Teilbereichen auch für EU-BürgerInnen einzuschränken und Entsendungen durch ausländische Unternehmen zu begrenzen. Zudem ging es um die Frage der Integration von anerkannten Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt, die Verschärfung der geltenden Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose und die Anrechnung des Partnereinkommens auf die Notstandshilfe.

Neuerungen für Baufirmen und BauarbeiterInnen

Wie in den Erläuterungen zur Änderung des BUAG und weiterer einschlägiger Gesetze (1185 d.B.) festgehalten wird, erlangt die Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) durch die verstärkten Baustellenkontrollen vermehrt Kenntnis von Unternehmen, die, manchmal seit vielen Jahren, dem BUAG unterliegen, ihrer Meldepflicht jedoch nicht nachgekommen und damit nicht im System erfasst sind. Die betroffenen ArbeitnehmerInnen werden in solchen Fällen rückwirkend in die BUAK aufgenommen, was für weit zurückliegende Zeiten allerdings zu einem erheblichen administrativen Aufwand führt, zumal die Arbeitgeber zumeist schon Leistungen nach dem allgemeinen Urlaubsrecht und anderen gesetzlichen Vorgaben erbracht haben. In diesem Sinn wird die rückwirkende Einbeziehung nunmehr beschränkt, wobei für die einzelnen Bereiche wie Urlaubsregelung, Abfertigung, Winterfeiertagsregelung und Überbrückungsgeld unterschiedliche Fristen zwischen wenigen Monaten und sieben Jahren gelten. Ab dem Zeitpunkt der Einbeziehung sind vom Unternehmer die gesetzlich vorgesehenen Zuschläge zu entrichten. Gleichzeitig werden Schritte gesetzt, um die Umgehung der gesetzlichen Vorgaben hintanzuhalten.

Die geringeren Urlaubszuschläge für Lehrlinge beruhen laut den Erläuterungen auf einer Sozialpartnereinigung und sollen die Unternehmen um rund 5 Mio. € jährlich entlasten, konstatierte ÖVP-Abgeordneter Michael Hammer. Dem 20-prozentigen Urlaubszuschlag wird demnach künftig nicht mehr der allgemein für ArbeitnehmerInnen geltende kollektivvertragliche Stundenlohn, sondern der tatsächliche Stundenlohn der Lehrlinge zugrunde gelegt. Als Ausgleich für Einkommenseinbußen wurde in manchen Kollektivverträgen wie dem Dachdeckergewerbe und dem Bauhilfsgewerbe eine außertourliche Erhöhung der Lehrlingsentschädigung in zwei Etappen verankert, informierte SPÖ-Abgeordneter Josef Muchitsch. Von der Einbeziehung der gewerblichen Lehrlinge in das Schlechtwetterentschädigungssystem sind gemäß Regierungsvorlage 6.000 Lehrlinge betroffen.

Beim Überbrückungsgeld, das älteren BauarbeiterInnen zur Überbrückung von Zeiten bis zum Pensionsantritt zusteht, werden unter anderem Vorkehrungen für den Fall getroffen, dass der Arbeitnehmer trotz Zuerkennung der Leistung durch die BUAK mit dem Arbeitgeber eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses für einen gewissen Zeitraum vereinbart. Außerdem wird festgeschrieben, dass der Anspruch auf Überbrückungsabgeltung im Todesfall auf die Erben übergeht. Im Arbeiter-Abfertigungsgesetz wird klargestellt, dass auch für ArbeitnehmerInnen in Mischbetrieben Anspruch auf die "Abfertigung alt" besteht, wenn das Arbeitsverhältnis wegen der Zuerkennung von Überbrückungsgeld gekündigt wird.

NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker gab zu bedenken, dass sich das BUAG immer weiter von seinem ursprünglichen Zweck entferne und laufend Sonderregelungen für eine einzelne Branche beschlossen werden.

Abgeordneter Johann Hechtl (S) hob vor allem die Einbeziehung der gewerblichen Lehrlinge in das Schlechtwetterentschädigungssystem hervor, das zu mehr Gerechtigkeit führe.

Abgeordnete Birgt Schatz (G) konnte den Änderungen durchaus etwas abgewinnen. Angesichts der klimatischen Veränderungen sollte man sich grundsätzlich die Arbeitsbedingungen in manchen Branchen (wie z.B. Bäckereien) anschauen, wo die Beschäftigten unter den hohen Temperaturen leiden.

Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt: FPÖ lässt nicht locker

Mitverhandelt mit der Regierungsvorlage wurden zahlreiche Oppositionsanträge. So fordert die FPÖ nach wie vor Zugangsbeschränkungen zum österreichischen Arbeitsmarkt auch für EU-BürgerInnen, um die hohe Arbeitslosigkeit in manchen Branchen einzudämmen (1130/A(E)). Auch die Entsendung von ArbeitnehmerInnen durch ausländische Unternehmen soll nach Meinung der FPÖ temporär begrenzt werden können, etwa im Baubereich oder im Bereich der Montagetechnik (1505/A(E)).

Abgeordnete Gertrude Aubauer (V) lehnte die Vorschläge der Freiheitlichen mit dem Hinweis auf geltendes EU-Recht ab. Außerdem habe man vor kurzem ein Lohn- und Sozialdumpinggesetz beschlossen, dessen Auswirkungen erst einmal abgewartet werden sollten.

Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) zeigte auf, dass die Briten erst vor einigen Monaten Speziallösungen für ihr Land ausgehandelt haben. Es sei daher vieles möglich, war sie überzeugt, in Österreich fehle offenbar aber der politische Wille. Auch die Vertreterin des Team Stronach, Waltraud Dietrich, bezeichnete es als legitimes Anliegen, den heimischen Arbeitsmarkt schützen zu wollen.

Grüne fordern mehr Anstrengungen zur Integration von Flüchtlingen

Zur Frage der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt lag dem Sozialausschuss ein Antrag der Grünen (1398/A(E)) vor, in dem Abgeordnete Birgit Schatz eine Gesamtstrategie der Regierung einmahnt. Unter anderem geht es ihr um die Bereitstellung eines flächendeckenden, standardisierten Schulungspakets durch das Arbeitsmarktservice (AMS), die Anerkennung von im Heimatland erworbenen Qualifikationen und erleichterte Möglichkeiten zum Nachholen von Bildungsabschlüssen.

Grüne gegen Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe

Im Ausschuss erörtert wurde eine weitere von den Grünen beantragte Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (1366/A). Abgeordnete Judith Schwentner setzte sich mit Nachdruck dafür ein, dass das Partnereinkommen bei der Berechnung der Notstandshilfe nicht mehr angerechnet wird. Auch FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein unterstützte das Anliegen der Grünen und schlug zudem eine Ausweitung der Maßnahme auf den Pensionsbereich vor. 

SPÖ-Vertreterin Ulrike Königsberger-Ludwig gab zu bedenken, dass ihre Partei diesem Ansinnen positiv gegenüberstehe, es allerdings noch keine Einigung mit dem Koalitionspartner gebe.

Arbeitslose: NEOS für Lockerung des Kündigungsschutzes und für verschärfte Zumutbarkeitsbestimmungen

NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker war überzeugt davon, dass ältere Arbeitslose über 50 wieder leichter einen Job finden, wenn für sie kein erhöhter Kündigungsschutz gelten würde (1140/A). Außerdem trat er für verschärften Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose ein, was zu einer Belebung des österreichischen Arbeitsmarkts führen würde. Seiner Meinung nach wären unter anderem längere Wegzeiten für die Hin- und Rückfahrt zum Arbeitsplatz sowie Arbeitszeiten von mehr als 16 Stunden für Personen mit Betreuungspflichten durchaus zumutbar (1669/A). Dieses Ansinnen wurde von keiner Partei geteilt und daher abgelehnt. Alle anderen Anträge wurden mit S-V-Mehrheit vertagt. (Schluss) sue/gs