Parlamentskorrespondenz Nr. 1070 vom 13.10.2016

Budget: Diskussion über Pensionserhöhung, Mindestsicherung und Flüchtlinge

Nationalrat setzt Erste Lesung über Bundesfinanzgesetz 2017 fort

Wien (PK) – Nach der Generaldebatte im Nationalrat über den Budgetentwurf für 2017 wandten sich die Abgeordneten einzelnen Budgetbereichen zu, wobei es in den ersten beiden Debattenböcken um Soziales und Innere Sicherheit ging. Neben der vorgesehenen Budgetaufstockung für das Innenressort wurden unter anderem die Themen Pensionen, Arbeitsmarkt, Zuwanderung, Flüchtlinge und Cyberkriminalität zur Sprache gebracht. Die ÖVP drängte erneut auf Kürzungen bei der Mindestsicherung, FPÖ und Team Stronach äußerten Zweifel daran, dass die versprochene Personalaufstockung bei der Exekutive tatsächlich umgesetzt wird.

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch bekannte sich dazu, mehr Mittel für die Polizei und das Bundesheer zur Verfügung zu stellen. Ein genauso wichtiger Bereich sei für ihn aber die soziale Sicherheit, wo es ein wenig an Entschlossenheit mangle. So verteidigte er auch die Forderung von Bundeskanzler Christian Kern, allen PensionistInnen zusätzlich 100 € zukommen zu lassen. Außerdem müsse die Ausgleichszulage für Menschen, die mindestens 30 Jahre gearbeitet haben, auf 1.000 € angehoben werden, forderte Muchitsch.

ÖVP-Mandatar August Wöginger wies darauf hin, dass mehr als 51% des Budgets für die Bereiche Arbeit, Soziales, Pensionen, Gesundheit und Familien aufgewendet werden. Österreich gehöre damit zu den Ländern mit den weltweit höchsten sozialen Standards; darauf sollte man auch stolz sein. Um dieses gute System im Sinne der nächsten Generationen nachhaltig abzusichern, müsse man, so wie vom Finanzminister eingemahnt, die Entwicklung des Zuschusses zu den Pensionen im Auge behalten. Was die Mindestsicherung betrifft, so zielten die ÖVP-Vorschläge darauf ab, dass es einen klaren Unterschied zwischen Erwerbseinkommen und Sozialleistungen gibt, betonte Wöginger.

Die "unverantwortliche Willkommenspolitik" der Bundesregierung habe massive Auswirkungen auf das Gesamtbudget, und dabei vor allem auf den Bereich Soziales, konstatierte FPÖ-Vertreter Herbert Kickl. Trotz Mehrausgaben in diesem Kapitel gebe es immer mehr Arbeitslose und eine steigende Armutsgefährdung vor allem bei der Gruppe der PensionistInnen; all diese Menschen hätten nichts vom "statistischen Wohlstand". Gleichzeitig schütte man Gelder für Personen aus, die noch keinen einzigen Tag gearbeitet und auch keinen Cent einbezahlt haben. Kickl forderte die Regierung auf, zunächst einmal an ihre eigenen StaatsbürgerInnen zu denken und im Hinblick auf die Pensionen, die Sozialleistungen und den Arbeitsmarkt entsprechend für sie zu sorgen.

Es gebe eine Reihe von Herausforderungen für das Sozialsystem, räumte Judith Schwentner von den Grünen ein. Diese sollten aber sachlich und ohne Angstmacherei angegangen werden. Sie machte z.B. darauf aufmerksam, dass in den nächsten 30 Jahren eine Million Menschen in Pension gehen werde; dafür müsse man natürlich rechtzeitig vorsorgen. Wenig hielt Schwentner vom Pensionshunderter-Vorschlag der SPÖ, dies wäre nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Gefragt sei vielmehr ein gerechtes und nachhaltiges Konzept "mit gleichen Beiträgen, gleichen Regeln und gleichen Leistungen".

Bei den Pensionen gehe es in Summe um 20 Mrd. €, mehr als jeder vierte Budget-Euro fließe in diesen Bereich, zeigte Gerald Loacker von den NEOS auf. Dies sei viel zu viel. Wenig abgewinnen konnte er auch der vermeintlichen Jubelmeldung, wonach der tatsächliche Pensionszuschuss im Jahr 2017 niedriger ausfallen wird als im Jahr 2016. Der Grund dafür liege nämlich im "dreckigen Bank-Austria-Pensionsdeal", der dazu führt, dass im Jahr 2017 Millionen in die Pensionsversicherung fließen werden. Auch durch die Tatsache, dass Gelder aus der Arbeitslosenversicherung in das Pensionsbudget gestopft werden, würden die Zahlen geschönt, urteilte Loacker. Dringenden Handlungsbedarf sah er auch bei der Notstandshilfe, bei der eine massive Zunahme an BezieherInnen feststellbar ist. Er schlug diesbezüglich eine Zusammenführung mit der Mindestsicherung vor.

Zu einem sehr negativen Urteil bezüglich der Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung in den letzten Jahren kam Waltraud Dietrich vom Team Stronach. Sie stimmte mit Finanzminister Schelling darin überein, dass zwar immer mehr Geld in das System hineingepumpt wurde, der Output aber immer schlechter werde. Einen dringenden Reformbedarf ortete Dietrich bei den Pensionen, wo es derzeit viele Ungerechtigkeiten gebe. Das Team Stronach will ein faires System, das alle ÖsterreicherInnen gleich behandelt und in dem es keine Privilegien mehr für einzelne Gruppen gibt.

Budget des Innenressorts wird um 440 Mio. € aufgestockt

Angela Lueger von der SPÖ betonte, dass innere und soziale Sicherheit die Basis für sozialen Frieden seien. In diesem Sinn begrüßte sie auch die Budgetaufstockung für das Innenressort. Im kommenden Jahr stehen ihr zufolge insgesamt 3,47 Mrd. € zur Verfügung, um 440 Mio. € mehr als heuer. Das Geld werde unter anderem in die Terrorismusbekämpfung, mehr Personal für die Polizei und das Bundesamt für Fremdenwesen und in eine bessere Ausrüstung der Exekutive fließen.

Kritik an den hohen Ausgaben für Flüchtlinge wies Lueger zurück. Österreich habe und hatte eine große Herausforderung durch die außergewöhnliche Flüchtlingsbewegung: "Das hat sich niemand ausgesucht." Die SPÖ stehe aber zu einem geordneten Ablauf von Asylverfahren und der Einhaltung von Grund- und Menschenrechten.

"Wir investieren wirklich viel in die innere Sicherheit und wir tun das rechtzeitig", bekräftigte ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon. Durch die Budgetaufstockung werde Vorsorge dafür getroffen, dass Österreich eines der sichersten Länder der Welt bleibe.

Was die Aussage seiner Vorrednerin betrifft, wonach innere und soziale Sicherheit Garant für den sozialen Frieden seien, meinte Amon, man müsse aufpassen, dass die Akzeptanz der Bevölkerung nicht verloren gehe. Die Menschen verstünden nicht, dass jemand, der sein ganzes Leben gearbeitet habe, die gleiche Mindestsicherung bekomme, wie jemand, der gerade Asylstatus erhalten hat. Das sei wirklicher Sprengstoff für den sozialen Frieden, warb Amon für Einschränkungen bei der Mindestsicherung und einen Deckel.

Walter Rosenkranz (F) bemängelte, dass die Regierung zu wenig gegen illegale Zuwanderung unternehme. Er hält die Zahl der außer Landes gebrachten Personen für ein "Armutszeugnis". "Wenn jemand da ist, dann bleibt er da", kritisierte er. Rosenkranz wies überdies darauf hin, dass die FPÖ schon lange vor Innenminister Sobotka darauf hingewiesen habe, dass Asylwerber im Asylverfahren oft lügen.

Eine Schimäre ist nach Meinung von Rosenkranz die zugesagte Personalaufstockung bei der Exekutive. Da es zu wenig PolizistInnen in Ausbildung gebe, gehe sich das schlicht und einfach nicht aus, erklärte er. Empört ist Rosenkranz darüber, dass man einer arbeitslosen Frau einen Job als Putzfrau in einem Asylheim angeboten hat, während die Flüchtlinge dort untätig herumsäßen.

Für verstärkte Integrationsbemühungen warb Grün-Abgeordnete Alev Korun. Die Integration von Flüchtlingen sei bisher gut gelungen, meinte sie mit Hinweis auf Beispiele wie den Bundespräsidentschafts-Kandidaten Alexander Van der Bellen und einen jungen Start-Up-Gründer. Man müsse auch in Zukunft jegliche Anstrengung unternehmen, damit Flüchtlinge ihr Potential nutzen können. In diesem Sinn wertete Korun auch die zusätzlichen Mittel für Integrations- und Deutschkurse als positiv.

Nikolaus Alm (N) machte darauf aufmerksam, dass jene 440 Mio. €, die das Innenministerium im nächsten Jahr zusätzlich bekommt, in etwa dem gesamten Kulturbudget entsprechen und rund dreimal so viel sind, wie die Regierung für das Start-Up-Paket zur Verfügung stellt. Man müsse sich auch fragen, wofür diese Zusatzmittel verwendet werden, sagte er. Ein Beitrag zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe könnte schließlich auch sein, dem Boulevard Inseratengelder zu entziehen. Bedauert wurde von Alm, dass die Mittel für den wichtigen Bereich der Bekämpfung der Cyberkriminalität im Budget nicht extra ausgewiesen werden.

Seitens des Team Stronach äußerte Christoph Hagen Zweifel daran, dass die innere Sicherheit durch die Budgetaufstockung für das Innenressort erhöht wird. Bei der Polizei gebe es "eine schwarze Null", die 440 Mio. € würden zur Gänze in Bereiche fließen, die Flüchtlingen zugutekommen. Hagen kritisierte in diesem Zusammenhang die mangelhafte Ausrüstung der Polizei und nannte als Beispiel fehlende Laptops zur Abnahme von Fingerabdrücken. Ein Problem sieht Hagen auch darin, dass viele BeamtInnen kündigen, weil sie den beruflichen Stress nicht aushalten, während Nachwuchs fehle. (Fortsetzung Nationalrat) sue/gs