Parlamentskorrespondenz Nr. 1119 vom 20.10.2016

Parteien und Medien - Großer Kontrollaufwand beim Rechnungshof

Transparenzziele: Rechtsgrundlagen der Kontrolle verbesserungswürdig

Wien (PK) – Einmal mehr debattierte der Rechnungshofausschuss heute über die Sonderaufgaben, die der Rechnungshof (RH) bei der Kontrolle der Parteienfinanzierung, der Medientransparenz und bei der Feststellung außergewöhnlicher Vermögenszuwächse bei Regierungsmitgliedern im Sinne des Unvereinbarkeits‒ und Transparenz‒Gesetzes wahrnimmt. Zwei Probleme wurden dabei für die Abgeordneten deutlich: Sonderaufgaben binden im Rechnungshof personelle Ressourcen – jährlich 500.000 € laut RH-Präsidentin Margit Kraker - , die für die Erfüllung von Kernaufgaben wie Gebarungsüberprüfungen und Beratung fehlen. Andererseits werden die Kontroll- und Transparenzziele nicht erreicht, weil die gesetzlichen Grundlagen für die Kontrolltätigkeit des Rechnungshofs mangelhaft sind, so der Tenor des – einstimmig zur Kenntnis genommenen - RH-Berichts an den Nationalrat (III-190 d.B.). Sollte der RH etwa die Kontrolle der Parteienfinanzierung weiter wahrnehmen sollen, rät er zu originären Einschau‒ und Prüfungsrechten und zur Bereitstellung der dafür erforderlichen personellen Ressourcen im Rechnungshof.

Dazu lag dem Ausschuss auch ein Entschließungsantrag mit konkreten Änderungsvorschlägen zum Parteiengesetz von Seiten der NEOS vor. Deren Sprecherin Claudia Gamon (N) will die Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen ausweiten und gegen verbotene Querfinanzierungen und das Umgehen des Spendenannahmeverbots vorgehen (1537/A(E)). Diesen Antrag lehnten die Regierungsparteien ab, weil sie die Verhandlungen über die auch von ihnen als notwendig angesehenen Verbesserungen nicht durch die Formulierungen des Ausschusses präjudizieren wollten. Die zentrale Frage bei der Transparenz der Parteienfinanzierung laute nämlich, so SPÖ-Abgeordneter Elmar Mayer, ob man wolle, dass ein staatliches Organ eine politische Parteien inhaltlich prüft.

Erste RH-Sonderaufgabe: Kontrolle der Parteienfinanzierung

Ausgangspunkt der Debatte über die RH-Kontrolle der politischen Parteien bildete der Umstand, dass der RH dort im Wesentlichen auf die formale Kontrolle und Veröffentlichung der in den Rechenschaftsberichten enthaltenen Informationen beschränkt ist. Mangels originärer Einschau‒ und Prüfungsrechte können die PrüferInnen die Vollständigkeit und Richtigkeit der Inhalte nicht beurteilen. Die Veröffentlichung der Rechenschaftsberichte sowie der Befragungsergebnisse zu Rechtsgeschäften mit Beteiligungsunternehmen der Parteien lassen eine inhaltliche Kontrolle durch den RH zwar vermuten, eine solche ist im Parteiengesetz aber weder vorgesehen noch möglich und das Ziel des Gesetzes - Transparenz bei der Finanzierung aller Parteien in Österreich – somit nicht erreicht, schreibt der Rechnungshof.

Nur wenige Parteien übermittelten für das Jahr 2013 einen Rechenschaftsbericht, kritisiert der RH-Bericht weiter. Außerdem fehle Transparenz bei den Vermögen der Parteien, beim tatsächlichen Aufwand für Wahlwerbungsausgaben sowie bei der Verwendung der Parteienförderung. Obwohl das Parteiengesetz detaillierte Regelungen über die im Rechenschaftsbericht auszuweisenden Inhalte enthält, war in den Rechenschaftsberichten die Zuordnung der Zahlungen der Parteien zu den gesetzlich vorgegebenen Einnahmen‒ und Ausgabenpositionen sowie die Darstellung der Spendeneinnahmen uneinheitlich und musste in vielen Fällen richtiggestellt werden.

Sollte er diese Aufgaben künftig weiter wahrnehmen sollen, verlangt der Rechnungshof originäre Einschau‒und Prüfungsrechte und die dafür erforderlichen personellen Ressourcen. Die Prüfungsverfahren seien effizienter zu gestalten und die Qualität der Rechenschaftsberichte sowie die vorgelagerte Kontrolle durch Wirtschaftsprüfer zu verbessern. Sanktionen bei Verstößen gegen das Parteiengesetz sollten ausgeweitet und Fördermittel gegebenenfalls eingefroren oder gelöscht werden können. Der Aufbau des Rechenschaftsberichts sollte durch gesetzliche Änderungen oder durch Richtlinien des Bundeskanzleramts geregelt werden. Detailvorschläge des Rechnungshofs richten sich dabei auf die Darstellung der Einnahmen und Ausgaben der Landes‒, Bezirks‒ und Gemeindeorganisationen, auf die Zuordnung konkreter Zahlungen der Parteien zu Einnahmen‒ und Ausgabenpositionen und auf eine präzisere Zweckwidmung der Parteienförderung im Sinne ihrer Mitwirkung an der politischen Willensbildung. Weitere Empfehlungen betreffen jeweils differenzierte Höchstgrenzen für Werbeausgaben bei Wahlen zu Nationalrat, Landtagen, Gemeinderäten und zum Europäischen Parlament. Präzisieren will der Rechnungshof auch die Kategorien der Wahlwerbungsausgaben. Beteiligungsunternehmen der Parteien sollten im Rechenschaftsbericht korrekt benannt und Begriffe wie "Rechtsgeschäft" und "Gesamtbetrag" inhaltlich präzisiert werden.

Abgeordnete und Minister Drozdar einig über Reformbedarf

In der Debatte registrierte Claudia Gamon (N) Einigkeit unter den Ausschussmitgliedern über notwendige Verbesserungen in den rechtlichen Voraussetzungen für die Kontrolle des Rechnungshofs bei Parteien. Denn trotz eines enormen Verwaltungsaufwands werde durch diese Kontrolle derzeit kein erkennbarer Gewinn an Transparenz gewonnen, klagte Claudia Gamon und appellierte an SPÖ und ÖVP sowie an den die Regierung vertretenden Bundesminister Thomas Drozda, das Parteiengesetz zu novellieren. Auch bei der Medientransparenz drängte Gamon auf konkrete Vorschläge von der Regierungsseite.

"Bei der Finanzierung der Parteien besteht Transparenz", hielt Hermann Gahr (V) gegenüber Gamon fest, räumte aber zugleich Optimierungsbedarf ein, insbesondere hinsichtlich des großen bürokratischen Aufwands beim Rechnungshof.

Martina Schenk (T) erinnerte an die wiederholten Debatten über die Sonderaufgaben des Rechnungshofs, unterstrich die Notwendigkeit von

Reformen und warnte davor, Berichte zu publizieren, auf denen Rechnungshof draufsteht, ohne dass der Rechnungshof tatsächlich prüfen konnte.

Nachjustieren will beim Parteiengesetz auch Elmar Mayer (S). Zu klären sei aber, ob ein staatliches Organ politische Parteien inhaltlich prüfen soll. Hinsichtlich der Tätigkeit der Wirtschaftsprüfer schloss sich Mayer den Vorschlägen des Rechnungshofs an und plädierte auch dafür, Klarstellungen zu treffen, die verhindern, dass bei der Medientransparenz Missverständnisse zwischen der KommAustria und den zu kontrollierenden Stellen entstehen.

Die Entlastung des Rechnungshofs und die Verminderung des bürokratischen Aufwands bei den "Sonderaufgaben" standen für Wolfgang Zanger (F) im Vordergrund.

Zustimmung zum Antrag der NEOS kündigte Werner Kogler (G) an. Er resümierte das Bemühen um mehr Transparenz bei den Parteien positiv. Die Offenlegung der Einnahmen und die Regelungen für die Spenden seien gut gelungen. Lücken und Überregulierungen ortete aber auch Kogler. Hinsichtlich der Ausgaben der Parteien führte er dies auf den Zeitdruck zurück, unter dem die Verhandlungen an dieser Stelle standen. Präzisierungen im Parteiengesetz seien daher notwendig, wobei Kogler forderte: "Wo Rechnungshof draufsteht, muss Rechnungshof drin sein". Konkret plädierte Kogler dafür, die Wahlwerbungskosten besser zu definieren und den Hilfeschrei des Rechnungshofs wegen des großen Personalaufwands bei den Sonderaufgaben ernst zu nehmen. Kogler (G) teilte auch die Kritik des Rechnungshofs bei den Themen Medientransparenz und Unvereinbarkeitsgesetz.

Kraker: Der Rechnungshof stellt Transparenz her, indem er prüft  

Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker formulierte das Generalproblem aus der Sicht des Prüforgans, indem sie feststellte, "Transparenz herstellen bedeutet für den Rechnungshof prüfen". Einen Bericht veröffentlichen könne auch eine andere Stelle als der Rechnungshof, der im Interesse seiner Reputation auf seiner Kernkompetenz bestehen müsse, zu prüfen statt nur zu plausibilisieren. Auch bei den Medien gehe es um die Aussagekraft der Meldungen, sagte Kraker und schlug vor, die Meldepflichten zu verbessern.

Ausschussobfrau Gabriela Moser (G) appellierte an Bundesminister Drozda, von Seiten der Regierung motivierend auf die Regierungsparteien einzuwirken. Drozda reagierte positiv auf diese Aufforderung und bekundete seine Bereitschaft, zur Konsensfindung zwischen den Parlamentsparteien beizutragen. Bei den Parteifinanzen bestehe viel Transparenz, weniger auf der Ausgabenseite, sagte Drozda und zeigte sich offen für eine Verbesserung des Parteiengesetzes. Einer Neuregelung würde er sich auch bei der Medientransparenz nicht verschließen, sagte der Minister, verteidigte aber vorweg die fortbestehenden Obergrenzen als sinnvoll.

Zweite RH-Sonderaufgabe: Kontrolle der Medientransparenz

Handlungsbedarf sieht der Rechnungshof auch beim Medientransparenzgesetz 2012, durch das der RH eine neue zusätzliche Sonderaufgabe erhalten hat. Das Ziel, mehr Transparenz bei Medienkooperationen, Werbeaufträgen und Förderungen zu erreichen, werde nicht erreicht, schreibt der Rechnungshof. Es mangle an der Vollständigkeit und sachlichen Richtigkeit der Meldungen. Die Verpflichtung, entgeltliche Werbeeinschaltungen zu kennzeichnen sowie das "Hinweis‒ und Kopfverbot" werden nicht eingehalten. Wegen der Bagatellgrenze sind bis zur Hälfte der Werbeaufträge nicht in den von der KommAustria veröffentlichten Listen enthalten. Die halbjährliche Aktualisierung der Liste über sämtliche dem RH bekannten und seiner Kontrolle unterliegenden Rechtsträger und deren Organe schränkt die Wahrnehmung der Kernaufgaben des RH stark ein.

Unterschiedliche Ansichten zwischen RH, KommAustria und Bundeskanzleramt zur Prüfungszuständigkeit des RH führen zu einem unklaren Gesetzesvollzug sowie zu Missverständnissen bei kontrollunterworfenen Rechtsträgern. Der Rechnungshof rät, die Höhe der Bagatellgrenze von 5.000 € pro Quartal und Medium zu überdenken, die Übermittlungs‒ und Meldepflichten gegenüber KommAustria und RH zu entflechten und die Meldung von Gründungen, Auflösungen sowie Veränderungen in der Eigentums‒ und Beteiligungsstruktur vorzuschreiben. Klarstellen will der RH seine Prüfungszuständigkeit bei Unternehmen der gesetzlichen Berufsvertretungen und für Fonds, die von den autonomen Universitäten verwaltet werden.

Dritte RH-Sonderaufgabe: Kontrolle der MinisterInnenvermögen

Das Ziel des Unvereinbarkeits‒ und Transparenz‒Gesetzes, außergewöhnliche Vermögenszuwächse bei Mitgliedern der Bundesregierung und der Landesregierungen festzustellen und die PräsidentInnen der jeweiligen Vertretungskörper darüber zu informieren, werde nur ungenügend erreicht, schreibt der Rechnungshof. Dies deshalb, weil die derzeitigen Regelungen keine umfassenden Offenlegungs‒ und Meldepflichten vorsehen. Die Wertbeträge von Liegenschaften, Unternehmen und Unternehmensanteilen, Kapitalvermögen und Verbindlichkeiten sind lediglich in einer Gesamtsumme darzustellen, wobei Kraftfahrzeuge, Kunstgegenstände und Sammlungen ausgenommen sind. Weiters fehle der RH-Präsidentin die Möglichkeit, die inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit der jeweiligen Meldungen zu prüfen. Außerdem sei der Begriff "außergewöhnlicher Vermögenszuwachs" nicht hinreichend definiert.

RH-Vorschläge zum Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz lauten auf eine bessere Qualität der Vermögensmeldungen durch eine gesetzliche Verpflichtung zur vollständigen und richtigen Meldung der Vermögenswerte. Bei Verstößen seien Sanktionen vorzusehen und klarzustellen, welche Schritte PräsidentInnen der jeweiligen Vertretungskörper angesichts eines außergewöhnlichen Vermögenszuwachses zu setzen haben.

Die Debatten über die Rechnungshofberichte III-303 d.B. sowie III-304 d.B., die der Ausschuss zur Fristwahrung aufnahm, wurden einhellig vertagt. (Schluss) fru