Parlamentskorrespondenz Nr. 1134 vom 25.10.2016

Hammerschmid: Autonomiepaket ist kein Sparpaket

Bildungsministerin verteidigt im Bundesrat ihr Konzept zur Bildungsreform

Wien (PK) – Das geplante Gesetzespaket für die Erweiterung der Schulautonomie werde keine Einsparungen beinhalten, versicherte Bildungsministerin Sonja Hammerschmid bei der heutigen Bundesratssitzung. Vielmehr gehe es um einen optimierten Mitteleinsatz in einem modernen Bildungswesen. Standorte, die Schulautonomie bereits jetzt leben, sollten nach ihrem Plan andere Schulen in die neue Gestaltungsfreiheit mitnehmen; demnach würden bereits im nächsten Schuljahr die ersten Schulen mit der ausgeweiteten Autonomie starten.

Klassengröße: Personalausstattung bleibt gleich

Der erhöhte Gestaltungsspielraum, der SchulleiterInnen künftig zur Festlegung der Klassenschülerhöchstzahl zustehen soll, diene keineswegs der Budgetsanierung, reagierte Hammerschmid auf diesbezügliche Kritik von Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W). Zweck sei, schon im Sinne der LehrerInnen und der autonomen Unterrichtsgestaltung, möglichst schnell reagieren zu können. Der Bemessungsspielraum, also die Anzahl an LehrerInnen pro Schule, bleibe jedoch gleich, unterstrich die Bildungsministerin. Auch durch die Schaffung von Clustermanagern als LeiterInnen von Schulverbünden erspare man sich nichts, da die Ressourcen andernorts im Schulbetrieb eingesetzt werden. "Wir ziehen kein Geld aus dem System", hielt sie gegenüber Mühlwerths Parteikollegen Christoph Längle (F/V) fest.

Überdies sei die Sorge unbegründet, den Schulpartnern würden Mitbestimmungsrechte völlig entzogen,. Beispielsweise liege die Schwerpunktsetzung an Schulen weiterhin bei den Lehrer-, Schüler- und ElternvertreterInnen. Hinsichtlich Klassengröße habe zwar der Direktor bzw. die Direktorin die Letztverantwortung, er oder sie sei aber gut beraten, sich mit den Schulpartnern vor den Entscheidungen abzusprechen. Immerhin solle die Direktorenstelle mit fünf Jahren befristet sein.

Falls nicht ausreichend Lehrkräfte für einen Schulstandort gefunden werden, helfe die Behörde mit steuernder Funktion, beruhigte Hammerschmid, sodass alle Schulen über ausreichend LehrerInnen verfügen. Die Personalverwaltung bleibe ebenfalls bei der Behörde, weil sonst der Aufwand für die Schulen zu groß wäre. Ungeachtet dessen verändere sich das Berufsbild der SchulleiterInnen hin zu einer "echten Führungskraft", die neben personellen und pädagogischen Aufgaben auch zahlreiche Managementagenden übertragen bekommt. Zur qualitätsgesicherten, objektiven Auswahl der DirektorInnen kann sich Hammerschmid durchaus externe Kommissionsmitglieder vorstellen. Auf Ebene der Lehrkräfte werde die Weiterbildung künftig standortbezogen vorangetrieben.

Für Schülerparlamente auf Landes- und Bundesebene, wie sie Angela Stöckl-Wolkerstorfer (V/N) anregte, will Hammerschmid gemeinsam mit der Bundesschülervertretung ein gesamthaftes Konzept entwickeln. Derzeit gebe es innerhalb der Schülervertretung noch zu viele unterschiedliche Vorstellungen.

Schulautonomie: personelle, pädagogische, finanzielle Gestaltungsfreiheit

Bildungsvererbung entgegenzuwirken und das Minimieren von Risikogruppen bzw. der Ausbau von Spitzengruppen seien die großen Zielsetzungen der Bildungsreform, so Bundesministerin Hammerschmid. "Wir geben den Schulen die Freiheit, vor Ort personell, pädagogisch und finanziell zu gestalten", erläuterte sie die wesentlichen Punkte des am 18. Oktober vorgestellten Plans für das Autonomiepaket, den Sozialdemokratin Ana Blatnik (S/K) angesprochen hatte. Ein Eckpfeiler sei die Möglichkeit der Clusterbildung von bis zu acht Schulen. Mittels sinnvoller Ressourcenplanung werde dadurch der Erhalt von Klein- und Kleinstschulen gesichert. "Das Netzwerk, der Austausch zwischen PädagogInnen ist ein ganz wichtiger Punkt der Clusterbildung", betonte Hammerschmid, auch bei der Infrastruktur biete schulische Zusammenarbeit viele Chancen. Generell sollten die Verbünde aus den Bedürfnissen der Regionen erwachsen. Darüber hinaus könnten sich auch große Standorte zu einem Campus zusammenschließen, in dem die Übergänge zwischen den Bildungsinstitutionen erleichtert würden. Weiters stehe es einem Campus frei, verstärkt auf die Kooperation mit der Wirtschaft zu setzen.

In Bezug auf die Unterrichtsorganisation ziele das Reformpaket auf vermehrt themenspezifisches, projektorientiertes Unterrichten ab, um neue Skills wie Problemlösungskompetenz und Teamorientierung zu adressieren. So könne man beispielsweise das Thema Klimawandel von mehreren Fachbereichen, auch klassenübergreifend, beleuchten und dann in Kleingruppen weiter bearbeiten. Die Schulaufsicht werde künftig viel mehr eine beratende Rolle einnehmen, gleichzeitig würden zwecks Kompetenzmessung zusätzliche Controlling-Instrumente im Ministerium entwickelt, auch zur Anwendung seitens der Lehrkräfte.

Eine altersadäquate Bildungs- und Berufsorientierung vom Beginn bis zum Ende der Schulzeit werde im Rahmen der Bildungsreform sichergestellt, so die Ministerin an ÖVP-Mandatarin Sonja Zwazl (V/N) gerichtet. Um einen gelingenden Übergang vom Schul- ins Berufsleben zu sichern, habe man in der Sekundarstufe I flächendeckend Bildungs- und BerufsberaterInnen sowie Einheiten zur Berufsorientierung implementiert. Die "Schnuppertage" - fünf unterrichtsfreie Tage – ermöglichten den SchülerInnen zudem, direkt in Betrieben erste Erfahrungen zu sammeln. Nachholbedarf gebe es noch im AHS-Bereich, räumte Hammerschmid ein, derzeit liefen die Abstimmungsgespräche mit dem Koalitionspartner. Ebenso ist ihr die Digitalisierung im Unterricht ein großes Anliegen, weswegen derzeit Strategien dafür ausgearbeitet würden. Von Adelheid Ebner (S/N) nach den zentralen Herausforderungen dabei gefragt, sagte Hammerschmid, maßgeblich seien die Ausstattung an Schulen, inklusive geeigneter Lernmaterialien, und die Weiterbildung der PädagogInnen. Als "Riesenchance" der Digitalisierung sieht sie die Individualisierung des Unterrichts, aber auch das kritische Hinterfragen – "eine ethische Reflexion" - von Inhalten, die im Netz auftauchen.

Bildungsbudget: Anbindung der Länder an BRZ für mehr Mitteltransparenz

Hinsichtlich Finanzierung des Pflichtschulwesens sprach David Stögmüller (G/O) die laufenden Verhandlungen zum Finanzausgleich mit den Ländern an, und erfuhr von Hammerschmid, die Abstimmungen mit dem Finanzminister seien im Gange. Angeschnitten würden dabei Maßnahmen, die Mittelverwendung transparenter zu gestalten, unter anderem durch Anbindung der Länder an das Bundesrechenzentrum (BRZ), und Regelungsvereinfachungen, etwa bei der Landeslehrer-Controlling–Verordnung. Zwecks zielgerichteter Mittelverteilung an Schulstandorte sieht sie einen Chancenindex als gute Möglichkeit, das Geld gemäß Faktoren wie Bildungsstand und Einkommen der Eltern sowie Alltagssprache der SchülerInnen einzusetzen.

Zum Angebot an ganztägigen Schulformen in Österreich, von Renate Anderl (S/W) aufgegriffen, informierte Hammerschmid, die Auslastung gestalte sich je nach Bundesland sehr unterschiedlich,. Der Plan sei aber, österreichweit bis 2025 40% der SchülerInnen eine ganztägige Betreuungsmöglichkeit zu geben. Mit 750 Mio.€ wolle man die entsprechende räumliche und personelle Ausstattung der Standorte gewährleisten. Von den Regionen erwartet die Ministerin in diesem Zusammenhang Auskunft darüber, wo deren konkreter Bedarf ist.

Neues Lehrerdienstrecht: flankierenden Maßnahmen eingefordert

Im Zusammenhang mit dem 2013 beschlossenen neuen Lehrerdienstrecht hinterfragte Gregor Hammerl (V/St), inwieweit die damals vom Nationalrat einforderten begleitenden Maßnahmen umgesetzt sind. Zu diesen Forderungen gehören eine starke Individualisierung und Differenzierung sowie inhaltliche Weiterentwicklung im Unterrichtsangebot, der Einsatz von Unterstützungspersonal wie PsychologInnen, SozialarbeiterInnen und administrativen Kräften, Adaptierungen der schulischen Arbeitsplätze von LehrerInnen und die Erstellung einer LehrerInnen-Arbeitszeitstudie bis zum Jahr 2018. Bundesministerin Hammerschmid erläuterte am Beispiel Lehrerarbeitsplätze, bereits 2008 habe ihr Ressort damit begonnen, adäquate Arbeitsmöglichkeiten für Lehrkräfte an Schulen zu schaffen – die Arbeiten würden natürlich in Verbindung mit dem Autonomiepaket fortgesetzt. Unterstützungspersonal sollte den Schulen wahlfrei zur Verfügung stehen. (Fortsetzung Bundesrat) rei


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