Parlamentskorrespondenz Nr. 1245 vom 17.11.2016

Bundesrat sagt Altersarmut den Kampf an

Aktuelle Stunde mit Sozialminister Alois Stöger

Wien (PK) – "Altersarmut verhindern!" lautete heute in der Aktuellen Stunde des Bundesrats die Devise, auf die sich alle Fraktionen einigen konnten. Während die Regierungsparteien dabei vor allem auf die staatliche Pensionsversicherung setzen und ebenso wie Sozialminister Alois Stöger das jüngst beschlossene Pensionspaket mit der Erhöhung der Mindestpensionen auf 1.000 € begrüßen, sieht die Opposition noch weiteren Handlungsbedarf, wobei es FPÖ und Grünen vor allem um eine deutliche Anhebung des Mindestlohns sowie um eine Vereinheitlichung des Pensionssystems geht.

Stöger: Das Drei-Säulen-Modell funktioniert nicht

Wesentliche Verbesserungen erwartet sich Sozialminister Alois Stöger vom Pensionspaket der Bundesregierung. Die Erhöhung der Mindestpension auf 1.000 € nach 30 Beitragsjahren sei eine Maßnahme, die vor allem Frauen zugutekommen werde, die in Teilzeit gearbeitet haben. Große Bedeutung misst der Minister darüber hinaus auch der Ausweitung des freiwilligen Pensions-Splittings und den Verbesserungen bei der Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei. Wenn heute etwa in Deutschland das österreichische Pensionssystem als europäische Benchmark gesehen wird, dann sei dies auch eine Auszeichnung für die heimische Sozialpolitik, betonte er.

In Zukunft wird es nach den Worten Stögers aber auch darum gehen, niedrigere Löhne und brüchige Erwerbskarrieren zu verhindern sowie andere Antworten auf die Frage der Teilzeit zu finden. Thema ist für den Minister insgesamt eine gerechte Aufteilung der Arbeit. Zentrale Bedeutung hat für Stöger nach wie vor die staatliche Säule der Pensionsversicherung. "Das Drei-Säule-Modell funktioniert nicht".

In der Frage der Mindestsicherung forderte der Minister einmal mehr die Länder auf, ihrer in der Verfassung verankerten Verpflichtung im Bereich des Armenwesens nachzukommen, und sprach sich mit Nachdruck gegen eine Politik aus, die die Armen gegen die noch Ärmeren ausspielt.

SPÖ setzt auf staatliches Pensionssystem

Das umlagenfinanzierte Pensionssystem ist ein starker Schutzschirm im Kampf gegen Altersarmut, steht für SPÖ-Bundesrat Reinhard Todt (S/W) fest. Die Armutsgefährdung für ältere Menschen sei mit 13% in Österreich zwar niedriger als im EU-Durchschnitt, trotzdem bestehe weiterer Handlungsbedarf. Oberstes Bestreben muss es nach Meinung des Wiener Bundesrats sein, das System der staatlichen Pensionsversicherung gegen Angriffe zu verteidigen und durch nachhaltige Reformen wie die Verbreiterung der Finanzierungsgrundlage und die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe finanziell abzusichern. Todt wies ebenso wie sein Fraktionskollege Rene Pfister (S/N) auf das steigende Risiko von Frauen hin, von Altersarmut betroffen zu werden, und meinte, gerade deshalb sei es unumgänglich, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern, Kinderbetreuungsangebote zu verbessern und Erziehungszeiten stärker bei der Pension zu berücksichtigen. Beiden SPÖ-Bundesräten geht es zudem darum, die Einkommen im unteren Segment anzuheben.

ÖVP begrüßt Erhöhung der Mindestpensionen

Viel Lob für das von der Regierung akkordierte Pensionspaket fand auch ÖVP-Bundesrat Klaus Fürlinger (V/O), der vor allem die Anhebung der Mindestpensionen auf 1.000 € als richtig und wichtig begrüßte. Edgar Mayer (V/V) sah in der Reform vor allem entscheidende Schritte im Kampf gegen die Altersarmut von Frauen, wobei er insbesondere die Verbesserung der pensionsrechtlichen Absicherung und eine gerechte Verteilung der Lasten der Kindererziehung als positiv hervorhob. Fürlinger wiederum bezeichnete Österreich als soziales Musterland, werden doch 50% der Einnahmen für Soziales ausgegeben. Sozialpolitik muss seiner Meinung nach in erster Linie den Menschen helfen, auf eigenen Füßen zu stehen.

FPÖ will Mindestlohn anheben

Besorgt über die Zukunft der Pensionen zeigte sich FPÖ-Bundesrat Bernhard Rösch (F/W). Auf Grund der Zunahme von atypischen und prekären Beschäftigungsverhältnissen werde die staatliche Pensionsversicherung nicht ausreichen, das Risiko von Altersarmut abzudecken. Rösch sieht nun vor allem die Gewerkschaften am Zug, hier etwas zu tun, und pochte auf einen Mindestlohn von 1.500 €. Die Steuerreform habe jedenfalls die Lage der Armen nicht verbessern können, zumal im Gegenzug dazu Gebühren und Tarife angehoben wurden, gab er im Einklang mit seiner Fraktionskollegin Monika Mühlwert (F/W) zu bedenken. Die Wiener Bundesrätin forderte überdies eine regelmäßige Valorisierung der Pensionen und konnte zudem manchen Teilen des Pensionspakets nicht viel abgewinnen. Angesichts der Schwierigkeiten von Menschen über 40 einen Job zu finden, erübrige sich jede Diskussion über längeres Arbeiten nach Erreichen des Pensionsantrittsalter, meinte sie.

Grüne fordern Maßnahmen zugunsten der Frauen

David Stögmüller (G/O) begrüßte namens seiner Fraktion die Erhöhung der Mindestpensionen auf 1.000 €, plädierte aber für eine Reparatur des ASVG und des Einkommensteuergesetzes zugunsten der BezieherInnen von Ausgleichszulagen, zumal gerade diese Menschen keine Möglichkeit hätten, von der Steuerreform und der darin verankerten Negativsteuer zu profitieren. Ein einheitliches Pensionssystem mit gleichen Beiträgen, gleichen Berechnungsregeln und gleicher Leistung für alle ist dabei die Antwort der Grünen auf die Herausforderungen der Zukunft. Ewa Dziedzic (G/W) will dabei vor allem bei den Frauen ansetzen, deren Armutsgefährdung als Folge von atypischen Beschäftigungsverhältnissen und hoher Teilzeitquote besonders hoch sei. Sie forderte Gleichstellungsinstrumente und brach insbesondere eine Lanze für eine Umverteilung von unbezahlter und bezahlter Arbeit.

Zusätzliche Fahrt nahm die Debatte durch die kritischen Bemerkungen von David Stögmüller (G/O) zu den Vorschlägen der ÖVP in Sachen Mindestsicherung auf. Die angestrebten Kürzungen seien blanker Hohn gegenüber den sozial Schwachen. In Anspielung auf die ÖVP-Politiker Lopatka, Sobotka und Pühringer sprach er von einer "Achse der verbitterten Männer", was wiederum bei ÖVP-Bundesrat Edgar Mayer (V/V) auf heftigen Widerspruch stieß. (Fortsetzung Bundesrat) hof


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