Parlamentskorrespondenz Nr. 1376 vom 06.12.2016

Landwirtschaftsausschuss: Opposition hinterfragt Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz

Anträge der Grünen und des Team Stronach vertagt

Wien (PK) – Mit dem Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz besitzt Österreich eine rechtliche Grundlage für außerordentliche Krisensituationen. Nun sprach sich der Landwirtschaftsausschuss mehrheitlich dafür aus, es ein weiteres Mal zu verlängern. Bis zur Plenarsitzung des Nationalrats kommende Woche will der Ausschuss noch Einigung über einzelne Formulierungen erzielen, um dem Gesetz die notwendige Verfassungsmehrheit zu sichern. Ein Vorstoß der Grünen zu einer Ausweitung des gesetzlichen Auftrags im Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz im Sinne einer Sicherung der bäuerlichen Produktion im Alpenraum wurde von der Ausschussmehrheit abgelehnt.

Zahlreiche Anträge der Grünen und des Team Stronach, die einen thematischen Bogen von der Forderung nach einer Bundeslandwirtschaftskammer bis zu Fragen der Lebensmittelkennzeichnung spannen, wurden mit der Stimmenmehrheit von SPÖ und ÖVP vertagt.

Gesetz über Lebensmittelbewirtschaftung soll um zehn Jahre verlängert werden

Wenn in außerordentlichen Krisensituation die Lebensmittel knapp werden und Marktmechanismen zur Behebung des Engpasses nicht ausreichen, ermöglicht das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz der Regierung Maßnahmen, um die Bevölkerung zu versorgen. Dieses Gesetz ist bis 31.12.2016 befristet und soll um weitere zehn Jahre verlängert werden. Die entsprechende Regierungsvorlage (1263 d.B. ) wurde heute mit der einfachen Mehrheit von SPÖ, ÖVP und NEOS beschlossen. Um die für das Gesetz vorgeschriebene verfassungsmäßige Zwei-Drittel-Mehrheit im Plenum des Nationalrats zu erreichen, zeigen sich die Regierungsparteien über einzelne Formulierungen des Gesetzes noch verhandlungsbereit. Kritik der FPÖ entzündet sich daran, dass im Gesetz gewisse hoheitliche Aufgaben für die Agrarmarkt Austria (AMA) festgeschrieben sind. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter signalisierte, dass er keine Bedenken gegen eine Übertragung dieser Aufgaben an sein Ressort hat. Ausschussobmann Jakob Auer (V) schlug vor, kommenden Dienstag eine weitere Sitzung des Landwirtschaftsausschusses einzuberufen, um über die notwendigen gesetzlichen Adaptierungen debattieren zu können.

Einen anderen Ansatz zum Gesetz und der Rolle der AMA bei der Sicherung der Nahrungssicherheit verfolgt hingegen der Agrarsprecher der Grünen, Wolfgang Pirklhuber. Er brachte einen Abänderungsantrag ein, in dem er neue Aufgaben für die AMA darin festschreiben will. Pirklhuber sieht bereits jetzt eine grundsätzliche Krise der landwirtschaftlichen Produktion im Alpenraum, die unter dem Druck des Weltmarkts steht. Im Sinne der langfristigen Krisenvorsorge müsse die Basis der Ernährungssouveränität gesichert werden, nämlich eine ökonomisch überlebensfähige Landwirtschaft, argumentiert er. Pirklhuber möchte daher die AMA beauftragen, aufbauend auf ihren Markt- und Preisbeobachtungen jährlich einen Analyse der Entwicklung der Preis- und Produktionskosten der Landwirtschaft vorzulegen. Aufgrund dieser Preisbeobachtung solle der Landwirtschaftsminister dann per Verordnung Anti-Dumping-Maßnahmen erlassen können.

Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter meinte, die Vorschläge Pirklhubers lägen teils außerhalb des Rahmens des Gesetzes, teils würden sie EU-Vorgaben zur Marktordnung widersprechen. Franz Eßl (V) meinte, die inhaltliche Anliegen des Antrags sei berechtigt, müsse aber über anderen gesetzlichen Regelungen erreicht werden. Vor allem brauche die Landwirtschaft einen Abbau der teilweise überbordenden bürokratischen Regelungen. Leopold Steinbichler (T) meinte hingegen, aufgrund der massiven Krise der heimischen Landwirtschaft, die durch massenhafte Billigimporte der Lebensmittelketten unter Druck gesetzt werde, sei der Lösungsansatz Pirklhubers richtig. Der Antrag erhielt schließlich nur die Zustimmung der Grünen, der NEOS und des Team Stronach und wurde somit abgelehnt.

Grüne drängen auf Bundeslandwirtschaftskammer

Mit Bezugnahme auf eine APA-Meldung, wonach Landwirtschaftsminister Rupprechter die Einrichtung einer Bundeslandwirtschaftskammer unterstützt, fordert Wolfgang Pirklhuber (G) in einem Entschließungsantrag (1929/A(E )) die Vorlage eines entsprechenden Gesetzesentwurfes. Das Gesetz solle jedenfalls Organisation, Aufgaben, Ausrichtung und Ziele der Kammer werden, schlägt er vor. Dieser Antrag wurde vertagt.

Grüne: Einheitswertesystem für landwirtschaftliche Betriebe wissenschaftlich evaluieren

Vor negativen Auswirkungen der aktualisierten Einheitswerte auf die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe warnt Wolfgang Pirklhuber (G). Die neue Berechnung führe dazu, dass kleine Betriebe bis 20 Hektar vor allem bei den Sozialversicherungsbeiträgen überproportional belastet werden, meint er und fordert in einem Entschließungsantrag (1873/A(E) ), der vertagt wurde, eine wissenschaftliche Evaluierung des Einheitswertesystems, um ein angepasstes und sozial ausgewogenes Berechnungsmodell der Beitragsgrundlagen der bäuerlichen Sozialversicherung zu implementieren.

Team Stronach und Grüne fordern Kennzeichnung für verarbeitete Eier

Wieder einmal vertagt wurden die Anträge, in denen die Abgeordneten Leopold Steinbichler (T) und Wolfgang Pirklhuber (G) darauf hinweisen, dass die Lebensmittelindustrie zum Teil billige Eier aus dem Ausland importiert, die von Legehennen aus Käfighaltung stammen. Steinbichler fordert in seiner Initiative (1606/A(E)) eine Kennzeichnungspflicht für verarbeitete Eier und Eiprodukte, die sowohl die Herkunft als auch die Haltungsform der Legehennen erfasst. Pirklhuber geht in seinem Antrag (1612/A(E)) noch einen Schritt weiter und drängt neben einer Kennzeichnungspflicht auch auf Maßnahmen auf EU-Ebene, um den Import von Eiern aus Haltungsformen, die nicht den EU-Standards entsprechen, zu unterbinden. Darüber hinaus appelliert er an die Bundesregierung, dafür Sorge zu tragen, dass Handelsabkommen wie TTIP oder CETA die europäischen Standards nicht unterlaufen. Seine Forderungen zum geplanten Freihandelsabkommen TTIP hat Pirklhuber in einem vom Landwirtschaftsausschuss bereits mehrfach vertagten Antrag formuliert, der auch diesmal vertagt wurde. Pirklhuber will volle Transparenz bei den Verhandlungen, eine Einbindung der nationalen Parlamente sowie der Ausklammerung der Verhandlungskapitel Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit (230/A(E) ).

Grüne: biologisch und gentechnikfrei als Leitbild für Österreichs Landwirtschaft

Erneut vertagt wurde auch ein Antrag von Wolfgang Pirklhuber (G), mit dem die Grünen ihre Vorstellungen von einer biologischen und gentechnikfreien Landwirtschaft untermauern (50/A). Sie fordern, den biologischen Landbau als agroökologisches Leitbild sowie den Verzicht auf die Verwendung von gentechnisch verändertem Saatgut im Landwirtschaftsgesetz festzuschreiben.

Team Stronach gegen irreführende Produktkennzeichnungen, für günstigen Agrardiesel

Leopold Steinbichler kritisiert die Produktkennzeichnung "geschützte geografische Angaben (g.g.A)" als irreführend und tritt erneut für ihre Abschaffung ein (1434/A(E)). Ein weiteres Mal befasste sich der Ausschuss außerdem mit dem ebenfalls schon mehrfach vertagten Antrag des Landwirtschaftssprechers des Team Stronach Leopold Steinbichler auf Wiedereinführung der Mineralölsteuerbefreiung bei Agrardiesel (1673/A(E)). Der Antrag wurde ebenfalls vertagt. (Fortsetzung Landwirtschaftsausschuss) sox