Parlamentskorrespondenz Nr. 1409 vom 14.12.2016

Nationalrat fordert Digitalisierungsoffensive an den Schulen ein

Vierte Kulturtechnik neben Lesen, Schreiben und Rechnen als Zukunftschance

Wien (PK) – Der Nationalrat spricht sich mit großer Mehrheit für eine Digitalisierungsoffensive an den Schulen aus. Eine entsprechende Entschließung, die der Unterrichtsausschuss dem Plenum vorgelegt hat, passierte heute das Plenum. Grundlage für den Vorstoß von SPÖ, ÖVP und NEOS war ein ursprünglicher Antrag der NEOS.

Die geforderte Digitalisierungsinitiative soll prinzipiell den Erwerb und die Festigung digitaler Kompetenzen fördern und den Ausbau der technischen Infrastruktur intensivieren. Die Maßnahmen sollen altersgerecht, den Anforderungen am jeweiligen Schulstandort und den Aufgaben der jeweiligen Schulart entsprechend und erforderlichenfalls in Abstimmung mit den Eltern umgesetzt werden.

Konkret fordern die Abgeordneten die Bereitstellung bzw. Ausweitung der technischen/digitalen Infrastruktur an Schulen wie etwa eine leistungsstarke Internetanbindung und entsprechende Endgeräte für SchülerInnen und LehrerInnen. Digitale Kompetenzen seien umfassend in der Aus-, Fort- und Weiterbildung der PädagogInnen einzubauen, digitale Bildung über alle Schul- und Altersgruppen hinweg altersadäquat im schulischen Alltag und in den Lehrplänen zu verankern, so die Leitlinien, die die Abgeordneten vorgeben. Es gehe um die Vermittlung von informatischem Basiswissen (Coding, Computational Thinking) und die Förderung eines spielerischen Zugangs zur Technik ab der Grundschule. Im Einklang mit den Aufgaben der jeweiligen Schulart entsprechend soll gegebenenfalls das Unterrichtsfach "Digitale Kompetenzen" eingeführt werden. Ferner fordern die Abgeordneten eine schrittweise Bereitstellung offen und einfach zugänglicher, digitaler Unterrichtsmittel für den Regelunterricht und den Ausbau von Online-Plattformen an Schulen.

FPÖ: Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen haben Vorrang

Die Freiheitlichen halten es angesichts der schlechten PISA-Ergebnisse für den falschen Weg, ein neues Unterrichtsfach für diese vierte Kulturtechnik einzuführen, auch wenn sie selbstverständlich die Notwendigkeit digitaler Bildung angesichts des technologischen Wandels sehen, wie Gerald Hauser (F) in der Debatte betonte. Man müsse bei den traditionellen Kulturtechniken ansetzen und auf diese primär den Focus legen, deren Beherrschung sei die Voraussetzung dafür, dem digitalen Unterricht folgen zu können, sagte er. Hauser hält es auch für verfrüht, mit dem digitalen Unterricht an den Grundschulen zu beginnen.

Außerdem fehlen laut Hauser an den Schulen die notwendigen technischen Voraussetzungen. Um den Nachholbedarf im Infrastrukturbereich zu verdeutlichen, wies er darauf hin, dass nur 13,2% der Bundesschulen und 15,7% der Pflichtschulen über einen Breitbandinternetanschluss verfügen; schätzungsweise gibt es nur für jeden sechsten Schüler einen Computerplatz. Gerald Hauser und Walter Rosenkranz traten daher in einer eigenen Entschließung dafür ein, die Voraussetzungen zu schaffen, damit neben dem Schwerpunkt des Erlernens der grundlegenden Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen auch der Umgang mit und die Nutzung von digitalen Werkzeugen im Bildungssystem Niederschlag findet. Der Antrag fand jedoch keine ausreichende Unterstützung.

SPÖ, ÖVP, Grüne und NEOS: Digitalisierung eröffnet große Zukunftschancen

Anders die RednerInnen von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS – sie alle zeigten sich überzeugt davon, dass der Einzug der Digitalisierung im Unterricht notwendig ist, um den jungen Menschen die Chancen für die Zukunft nicht zu versperren. Der Umfang müsse jedoch weit über das technische Know-how hinausgehen. Es könne keine Rede davon sein, dass Digitalisierung in Konkurrenz zu den drei herkömmlichen Kulturtechniken tritt, beteuerten alle, diese seien nach wie vor unverzichtbar.

Ein sinnvoller Umgang mit Computer und Smartphones würden es ermöglichen, den Unterricht zu individualisieren und diesen auf Kinder persönlich zuzuschneiden, zeigte sich Harald Walser (G) überzeugt. Auf diese Weise könnte die Schule auch atmosphärisch verändert werden. Walser unterstützte in diesem Sinne die Initiative vollinhaltlich, warnte aber davor, dass Konzerne monopolartig in Schulen das große Geschäft machen. Hier müsse genau kontrolliert werden, forderte er. Die digitale Welt ist unsere Realität, auch jene der Kinder, warb auch Claudia Angela Gamon (N) für die Initiative. In der Zukunft werde man immer mehr Fachkräfte in diesem Bereich benötigen, warf sie einen Blick in die zukünftige Arbeitswelt, um die Wichtigkeit des digitalen Unterrichts zu unterstreichen. Sie stimmte mit Walser auch darin überein, dass mit der Digitalisierung die Möglichkeiten eines individuellen Unterrichts besser genützt werden können.

Ebenfalls als enorme Chance sahen Eva-Maria Himmelbauer (V) und Andrea Gessl-Ranftl (S) die Digitalisierung. Wir brauchen digitale Kompetenzen und wir brauchen Menschen, die sich für IT, IKT und MINT-Fächer interessieren, sagte Himmelbauer. Das derzeitige Unterrichtsprinzip sei zu sehr "anwendungslastig", kritisierte sie, vielmehr müsse es darum gehen, das Verständnis zu schärfen, wie die technologische Welt funktioniert. Ein digitaler Unterricht müsse daher umfassend sein und Medien und Wissensnavigation ebenso vermitteln wie IT-Sicherheit und Datenschutz, Ethik und Humanismus. Programmieren sei ein vielfältiges Feld und schule auch logisches und analytisches Denken. Himmelbauer räumte ein, dass man im Bereich Infrastruktur noch viel aufzuholen habe.

Der digitale Unterricht müsse bereits im Kindergartenalter beginnen, forderte Gessl-Ranftl angesichts kommender Herausforderungen. Die besten Ergebnisse würden erzielt, wenn man digitale Bildung mit analoger Bildung verbindet. Großen Wert legte die Rednerin auf die Aus- und Weiterbildung der LehrerInnen sowie darauf, dass diese vermehrt fächerübergreifend digitale Kompetenzen vermitteln. Ähnlich die Wortmeldung von Erwin Preiner (S), der die Vorbildfunktion seines Bundeslandes Burgenland bei der Digitalisierung hervorhob. Notwendig ist es seiner Meinung nach, die Inhalte altersadäquat aufgrund moderner Unterrichtsmethoden zu vermitteln und vor allem den kritischen Umgang mit der digitalen Welt zu schulen. (Fortsetzung Nationalrat) jan


Themen