Parlamentskorrespondenz Nr. 1421 vom 15.12.2016

Nationalrat stimmt Verlängerung des Pflegefonds bis 2021 zu

18 Mio. € pro Jahr für Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung

Wien (PK) – Der Bund wird sich auch in den nächsten Jahren an der Finanzierung der Pflege beteiligen, um die Länder und Gemeinden zu entlasten. Das wurde im Zuge der Verhandlungen über den neuen Finanzausgleich vereinbart. Nun hat der Nationalrat entsprechende gesetzliche Schritte gesetzt und mit breiter Mehrheit eine Verlängerung des Pflegefonds bis zum Jahr 2021 beschlossen. Gleichzeitig werden die Mittel schrittweise von 350 Mio. € auf 417 Mio. € erhöht. Auch zum Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung wird der Bund Zuschüsse leisten. Ebenfalls um fünf Jahre verlängert wird die Bund-Länder-Vereinbarung zur gemeinsamen Förderung der 24-Stunden-Betreuung.

Konkret sollen in den nächsten Jahren jeweils 18 Mio. € zusätzlich in die Hospiz- und Palliativversorgung fließen, wobei der Bund, die Länder und die Sozialversicherungsträger jeweils ein Drittel der Kosten übernehmen. Zum Pflegefonds steuert der Bund weiterhin zwei Drittel der Mittel bei. Begleitend zur Verlängerung des Pflegefonds werden außerdem zusätzliche Steuerungselemente im Pflegefondsgesetz verankert. Damit will man die Ausgabendynamik im Pflegebereich bremsen, bundesweit einheitliche Qualitätsstandards forcieren und für mehr Transparenz sorgen. Berücksichtigt bei der Abstimmung wurde auch ein Abänderungsantrag der Koalitionsparteien, der neben redaktionellen Anpassungen die Beibehaltung des Stichtags 30. September für Datenübermittlungen der Länder zur Erstellung von Pflegestatistiken enthält.

Nicht durchsetzen konnte sich die Opposition mit diversen Anträgen. Sowohl die Grünen als auch das Team Stronach hatten einen bundesweit einheitlichen Personalschlüssel für Alten- und Pflegeheime gefordert. Außerdem drängten die Grünen auf ein Grundsatzgesetz des Bundes zur Sicherstellung einer bundesweit einheitlichen Mindestsicherung und die Beibehaltung des Krankenversicherungsschutzes für MindestsicherungsbezieherInnen nach Auslaufen der geltenden Bund-Länder-Vereinbarung mit Ende dieses Jahres. Der FPÖ ist nicht zuletzt die jährliche automatische Anpassung des Pflegegelds an die Inflation und eine regelmäßige Valorisierung der Steuerfreibeträge für behinderte Menschen ein Anliegen.

NEOS vermissen nachhaltige Lösung für Finanzierung der Pflege

Gegen die Novelle zum Pflegefondsgesetz und die Verlängerung der Bund-Länder-Vereinbarung zur 24-Stunden-Betreuung stimmten lediglich die NEOS. Es fehle eine nachhaltige Lösung für die Finanzierung der Pflege, argumentierte Gerald Loacker, mit einer Verlängerung des Pflegefonds sei es nicht getan. Er machte zudem auf prekäre Beschäftigungsverhältnisse im Rahmen der 24-Stunden-Betreuung aufmerksam.

Seitens der Grünen begründete Judith Schwentner die Zustimmung zum Pflegefondsgesetz mit der Absicherung des Pflegefonds für die nächsten fünf Jahre. Auch die Bemühungen um eine bundesweite Vereinheitlichung der Qualitätsstandards wurden von ihr begrüßt. Insgesamt hält sie die gesetzten Schritte aber nicht für ausreichend, es gebe noch Luft nach oben. Besorgt äußerte sich Schwentner vor allem über den vereinbarten Kostendämpfungspfad, sie fürchtet, dass darunter die Qualität der Pflege leiden könnte.

Auch Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) begrüßte gemeinsam mit ihrer Fraktionskollegin Jessi Lintl die Verlängerung des Pflegefonds. Sie kritisierte aber sukzessive Verschlechterungen für pflegebedürftige Personen. So habe man den Zugang zu den Pflegestufen 1 und 2 zuletzt drastisch erschwert. Belakowitsch-Jenewein versteht zudem nicht, warum sich die Koalitionsparteien nach wie vor gegen eine jährliche Valorisierung des Pflegegelds sperren. Für alles sei Geld da, nur dafür nicht. Seit der Einführung habe das Pflegegeld dadurch 30% seines Wertes verloren. Dabei gehe es bei den BezieherInnen von Pflegegeld um die Ärmsten der Armen. Ausdrücklich begrüßt wurden von Lintl die zusätzlichen Mittel für die Hospiz- und Palliativversorgung.

Erheblicher Aufwand des Bundes zur Finanzierung von Pflege

Der Bund wende pro Jahr 2,5 Mrd. € für pflegebedürftige Menschen auf, wies Ulrike Königsberger-Ludwig (S) die Kritik von Belakowitsch-Jenewein zurück. Rund 5% aller Menschen in Österreich würden Pflegegeld erhalten. Zudem übernehme der Staat die Kranken- und Pensionsversicherung für pflegende Angehörige.

Ausdrücklich positiv bewerteten Königsberger-Ludwig und ihr Fraktionskollege Johann Hechtl auch den vorgesehenen Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung sowie die neuen Qualitätsvorgaben im Pflegefondsgesetz. Künftig müsse in Pflegeheimen auch in Nachtstunden qualifiziertes Pflegepersonal verfügbar sein, hoben sie hervor. Bedauert wurde von Königsberger-Ludwig, dass es im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen nicht gelungen ist, einen Inklusionsfonds für Menschen mit Behinderungen einzurichten. Zur 24-Stunden-Betreuung merkte Hechtl an, der Mittelbedarf steige wegen der hohen Inanspruchnahme.

Von einer frohen Botschaft in Zusammenhang mit dem Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung sprach ÖVP-Seniorensprecherin Gertrude Aubauer (V). Durch die Bereitstellung von zusätzlich 90 Mio. € in den nächsten fünf Jahren könne man bestehende Lücken in der Versorgung schließen und sich dem von der parlamentarischen Enquete-Kommission formulierten Ziel, niemanden am Endes seines Lebens alleinzulassen, nähern.

Für Franz-Joseph Huainigg (V) ist es ein großer Erfolg, dass der Pflegefonds weitergeführt und erhöht wird. Eine bundesweit einheitliche Regelung vermisst er hingegen bei der persönlichen Assistenz für behinderte Menschen. Er hofft auf ein Einwirken von Sozialminister Alois Stöger auf die dafür zuständigen Länder, diese würden künftig immerhin 300 Mio. € mehr aus dem Finanzausgleich erhalten.

Waltraud Dietrich vom Team Stronach ist überzeugt, dass der Pflegebereich eine der großen Herausforderungen der Zukunft ist. Angesichts des steigenden Pflegebedarfs hält sie es für wichtig, mehr Menschen zu motivieren, in den Pflegeberuf einzusteigen. Wichtig ist für Dietrich auch, dass Menschen zu Haus gepflegt werden können. Es brauche insgesamt ein breites Angebot, angefangen von Tagesbetreuungseinrichtungen bis hin zu mobiler Pflege.

Sozialminister Alois Stöger führt das hohe Niveau an Pflegeleistungen in Österreich nicht zuletzt auf die gute Kooperation zwischen dem Bund und den Ländern zurück. In der nächsten Finanzausgleichsperiode würden noch mehr Mittel als derzeit für den Pflegebereich bereitgestellt. Zudem habe man mit den Ländern eine qualitative Weiterentwicklung vereinbart. Allgemein viel Lob gab es für das Pflegepersonal, dem schloss sich auch der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler an.

Mindestsicherung: Grüne finden Diskussionsverlauf beschämend

Was die gescheiterten Verhandlungen über eine Nachfolgeregelung für die auslaufende Bund-Länder-Vereinbarung zur Mindestsicherung betrifft, sprach Grün-Abgeordnete Schwentner von "einem politischen Trauerspiel in mehreren Akten". Es sei beschämend, was passiert sei. Konkret kritisierte sie etwa die Deckelung der Mindestsicherung für Mehrkindfamilien auf 1.500 € in einigen Bundesländern. Neben Schwentner drängte auch NEOS-Abgeordneter Loacker auf eine bundeseinheitliche Mindestsicherung: Es dürfe in einer Notsituation keine Glücksfrage sein, in welchem Bundesland man zu Hause ist.

Wenig anfangen mit der Kritik Schwentners kann ÖVP-Abgeordneter Gabriel Obernosterer. Man müsse der Realität ins Auge schauen, meinte er mit Verweis auf das Finanzierbarkeitsproblem. Seit der Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung hätten sich die Voraussetzungen gravierend verändert. Damals habe es Vollbeschäftigung und weitaus weniger Flüchtlinge gegeben. "Wo zu helfen ist, ist zu helfen", sagte Obernosterer, man müsse aber auch auf jene Gruppe schauen, die das System finanziere. Österreich brauche sich im Übrigen für seine Sozialleistungen im Vergleich zu anderen Ländern nicht zu schämen.

Auf die gestiegene Zahl von MindestsicherungsbezieherInnen und Flüchtlingen in der Grundversorgung machte auch FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm aufmerksam. Er hält die Finanzierbarkeit des Systems für nicht mehr gegeben. Geht es nach Wurm, sollen künftig nur noch österreichische StaatsbürgerInnen Mindestsicherung erhalten, die anderen sollen in der Grundversorgung bleiben. Laut Wurm sind derzeit 50% der MindestsicherungsbezieherInnen NichtösterreicherInnen, 90% der AsylwerberInnen würden nach Anerkennung des Flüchtlingsstatus in der Mindestsicherung landen.

Sozialminister Alois Stöger wies darauf hin, dass sich der Bund trotz Auslaufen der Bund-Länder-Vereinbarung gemäß einer vom Hauptausschuss des Nationalrats genehmigten Verordnung weiter an der Finanzierung der Krankenversicherung für MindestsicherungsbezieherInnen beteiligt. (Fortsetzung Nationalrat) gs


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