Parlamentskorrespondenz Nr. 1439 vom 20.12.2016

EU-Ausschuss des Bundesrats begrüßt Pläne für eine neue Haushaltsordnung der Union

Balanceakt zwischen Vereinfachung und Kontrolle

Wien (PK) – Unter dem Titel Bürokratieabbau soll nun auch die Haushaltsordnung der Europäischen Union vereinfacht werden. Die zahlreichen unterschiedlichen Bestimmungen sollen angeglichen und aufeinander abgestimmt und damit anwendungsfreundlicher werden. Ziel ist es zudem, ergebnisorientierter zu handeln und Parallelstrukturen abzubauen. Der entsprechende Verordnungsvorschlag stand heute ebenfalls auf der Tagesordnung des EU-Ausschusses des Bundesrats.

Die Ländervertreterinnen und –vertreter begrüßten auch diesen Vorschlag. Es gebe viele Klagen wegen des "Papierkriegs" und außerdem zeige der Europäische Rechnungshof immer wieder auf, dass ein Großteil der Fehler den komplizierten Vorschriften zuzuschreiben sind, betonten Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) und SPÖ-Mandatar Stefan Schennach (S/W). Sie stimmten mit dem Vertreter des Finanzministeriums überein, dass die Balance zwischen Vereinfachung und notwendiger Kontrolle immer eine schwierige sein werde.

In der Haushaltsordnung sind die Grundsätze und Verfahren für die Aufstellung und den Vollzug des EU-Haushalts sowie für die Kontrolle der EU-Mittel festgelegt. Die dazugehörigen Anwendungsbestimmungen enthalten genauen Vorschriften zu ihrer Umsetzung. Die Regelungen wurden im Laufe der letzten 30 Jahren immer detaillierter und haben damit stark zugenommen. Außerdem sind neue sektorspezifische Finanzvorschriften hinzugekommen, wie etwa Regeln für die Beteiligung am Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, gemeinsame Bestimmungen über die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds und gemeinsame Anwendungsvorschriften für den Außenbereich. Das hat dazu geführt, dass aufgrund der programmspezifischen Konzeptionen und verschiedenen Kontrollebenen die Vorschriften uneinheitlich und komplex und damit die Handhabung langsamer, teurer und fehleranfälliger geworden sind, argumentiert die EU-Kommission.

Nach einem ersten Schritt zur Vereinfachung im Jahr 2012 hat die Kommission nun Mitte September 2016 einen Vorschlag für eine neue Haushaltsordnung vorgelegt, in dem die beiden Rechtsakte – Haushaltsordnung und Anwendungsbestimmungen – zu einem einzigen Gesetz zusammengefasst und, wie die Kommission betont, erheblich vereinfacht werden. Das betrifft vor allem Synergien zwischen den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) und anderen EU-Mitteln, etwa aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF), dem Kohäsionsfonds, dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und dem Solidaritätsfonds. Die Vereinfachungen betreffen auch die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), Sozialfragen, den Verkehr, Telekom und die Informationsgesellschaft. Auch die Flexibilität in der Handhabung soll dadurch insgesamt erhöht werden. Die Kommission plant ein Inkrafttreten mit 1.1.2018.

Als Eckpunkte der Reform listet der Verordnungsentwurf Vereinfachungen für die Empfänger von EU-Finanzhilfen, gegenseitige Anerkennung von Prüfungen, Bewertungen und Genehmigungen sowie eine Harmonisierung der Berichterstattungspflichten auf. Letztere soll auch ergebnisorientierter und gestraffter erfolgen. Ziel ist es zudem, diese für die Bürgerinnen und Bürger transparenter zu gestalten, indem die Berichte in zwei großen Paketen – Entwurf des Haushaltsplans und integrierte Finanzberichterstattung - vorgelegt werden. Bürgerinnen und Bürger werden in Hinkunft auch mehr Mitspracherecht erhalten, indem die Kommission, die Mitgliedstaaten sowie jede EU-Mittel ausführende Stelle die Möglichkeit haben sollen, die Bevölkerung zur Ausführung des Haushaltsplans der Union zu konsultieren, etwa welche Projekte gefördert werden sollen.

Durch Anwendung eines einheitlichen Regelwerks will man auch verhindern, dass verschiedene Vorschriften und Verfahren gleichzeitig Anwendung finden. Unter dem Begriff einer flexibleren Haushaltsverwaltung verbirgt sich unter anderem die Einrichtung eines "Flexibilitätspolsters" für einen unvorhergesehenen Bedarf sowie für aufkommende Krisen in der Mittelausstattung im Rahmen der Außenpolitik, ferner eine laut EU-Kommission effizientere Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds und des Fonds für die Anpassung an die Globalisierung, die Erweiterung der Treuhandfonds und die Schaffung einer EU-Krisenreserve, in die frei werdende Mittel zur Wiederverwendung eingestellt werden.

Im Interesse eines effizienteren Mitteleinsatzes sollen auch Umschichtungen innerhalb einer Institution – in der Kommission nur innerhalb der einzelnen Politikbereiche – erleichtert werden. Alles in allem sollen die Neuerungen auch zu einer schlankeren EU-Verwaltung führen.

Budgetschwerpunkt Migration

In der Diskussion wurden dann auch konkrete Probleme des EU-Haushalts angesprochen. So bedauerte Stefan Schennach (S/W), dass fünf EU-Länder nur weniger als die Hälfte der Mittel aus dem Kohäsionsfonds abgerufen haben, weil sie die die dafür notwendigen eigenen Gelder nicht aufbringen konnten. Das führe etwa dazu, dass Finanzmittel zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit nicht in jenen Ländern ankommen, wo diese am dringendsten gebraucht würden. Der im Ausschuss anwesende Experte des Finanzministeriums informierte in diesem Zusammenhang, dass man andenke, diese finanzielle Unterstützung in ein Finanzinstrument umzufunktionieren, um Projekte fördern zu können. In diesem Fall müssten die Länder selbst nichts dazuzahlen.

Den Bundesräten Christoph Längle (F/V) und Ferdinand Tiefnig (V/O) gegenüber bekräftigte er, dass das EU-Budget einen Schwerpunkt zur Bewältigung der Flüchtlingsbewegungen gesetzt hat. Man wolle vor allem die Fluchtgründe in den Herkunftsländern mindern. Das Problem sei, dass es mit diesen Ländern bisher in erster Linie bilaterale Verträge gebe. Viele EU-Staaten hätten aber ihre Zusagen nicht erfüllt. Dies aus dem EU-Budget zu begleichen, ist für Österreich problematisch, weil es seine Verpflichtungen erfüllt hat und nicht doppelt zahlen möchte.

Zu Differenzen komme es auch immer wieder wegen des hohen unterschiedlichen Lohnniveaus und der unterschiedlichen Sozialleistungen, was dazu führe, dass manche Länder die Hauptlast der Flüchtlingsströme zu bewältigen haben. Der Gedanke aber, gegenüber diesen Ländern einen Zahlungsstopp zu erwirken, sei nicht umzusetzen, so die Information aus dem Finanzressort. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) jan


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