Parlamentskorrespondenz Nr. 39 vom 19.01.2017

RH-Kritik an verlustreichen Beteiligungen der KELAG Wärme

KELAG-Manager: Auslandsengagements zurückgefahren, RH-Empfehlungen umgesetzt

Wien (PK) – Nachdem der deutsche Energiekonzern RWE im Jahr 2001 49% der Kärntner Energieholding übernommen hatte, starteten die deutschen und Kärntner Syndikatspartner eine Expansionsstrategie, die bis 2009 zur Beteiligung der KELAG Wärme an sechs inländischen und 16 ausländischen Wärme– und Energieerzeugern führte. Die negativen Auswirkungen dieser Strategie dokumentiert ein überaus kritischer Rechnungshofbericht (III-245 d.B.) aus dem Jahr 2013, den die Mitglieder des Rechnungshofausschusses heute debattierten und einstimmig zur Kenntnis nahmen. Die Beteiligungen endeten teils in Konkursen, teils in außergerichtlichen Ausgleichsverfahren. Zwei inländische Unternehmen stellten nach anhaltenden Verlusten ihren Betrieb ein. 31,13 Mio. € hatte die KELAG Wärme an Kapital eingesetzt und darüber hinaus 1,7 Mio. € aufgewendet, aber nur 3,58 Mio. € an Rückflüssen erzielt. 13 ausländische Beteiligungen wurden verkauft oder liquidiert. Die aufgelaufenen Verluste bezifferte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker mit nahezu 14 Mio. €.

Im Mittelpunkt der lebhaften Debatte mit den KELAG Wärme-Geschäftsführern Günther Stückler und Adolf Melcher stand das übereinstimmende Interesse der Abgeordneten Wolfgang Zanger (F), Bruno Rossmann (G), Josef Lettenbichler (V), Johann Hell (S), Claudia Gamon (N) und Martina Schenk (T) an der Umsetzung der mehr als 50 Rechnungshofempfehlungen auf Beseitigung der vielen Mängel, die die PrüferInnen im Beteiligungsmanagement, im Controlling und bei Auftragsvergaben der KELAG Wärme festgestellt hatten.

Die KELAG-Manager teilten den Abgeordneten und Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker mit, die Erfahrungen und Erkenntnisse, die ihr Unternehmen mit Beteiligungen gemacht habe, hätten schon vor dem RH-Bericht dazu geführt, Auslandsbeteiligungen - mit zwei Ausnahmen im tschechischen und slowenischen Grenzgebiet - auf null zurückzufahren. Die Kritik des Rechnungshofes habe bei der KELAG zur Etablierung eines Risikomanagements, zur Erweiterung und Nachschärfung der Transparenzbestimmungen und zu einer Sensibilisierung in Vergabefragen geführt. Bruno Rossmanns (G) Vorwurf, bei Auftragsvergaben "getrickst" zu haben, wurde von Seiten der KELAG mit Hinweis auf das komplexe Vergabegesetz aber zurückgewiesen. Aktuell schreibe die KELAG alle größeren Vergaben grundsätzlich EU-weit aus, war zu erfahren. Auch die Vertragsschablonenverordnung werde eingehalten.

RH-Präsidentin Margit Kraker kündigte eine Follow-up-Überprüfung bei der KELAG Wärme an, deren Ergebnisse die Abgeordneten mit Spannung erwarten. Staatssekretär Harald Mahrer, der festhielt, dass sich der Eigentümer Bund bei Aktiengesellschaften, an denen er beteiligt sei, grundsätzlich nicht in das operative Geschäft einmische, sah für Auslandsbeteiligungen an Elektrizitätsunternehmen insofern Grenzen, als es sich beim Stromnetz um kritische Infrastruktur handelt. Beim Thema Transparenz stellte Mahrer in Aussicht, dass das Bundeskanzleramt zeitnahe einen Novellenentwurf zum Transparenzgesetz vorlegen wird.  

RH-Kritik an schlecht gemanagten Auslandsengagements der KELAG Wärme  

"Das Auslandsengagement der KELAG Wärme hatte einen zu großen Umfang". Dazu kommen Mängel im Beteiligungsmanagement und eine unzureichende, mit dem Mutterkonzern nicht abgestimmte Vorbereitung der Projekte als Ursachen für Verluste und Liquidationen, stellte der Rechnungshof fest. "Strategisches und operatives Controlling fehlte, kritisierte der Rechnungshof weiter. Bei der Vergabe von Bau– und Montagearbeiten sowie bei Rohrlieferungen wurden Transparenz- und Wettbewerbsregeln verletzt und unzulässiges Auftragssplitting betrieben, wobei das Einsparungspotenzial 3,31 Mio. € beträgt, heißt es im Bericht.

Dem KELAG Wärme-Aufsichtsrat empfahl der Rechnungshof, vor Genehmigung von Beteiligungen Investitionserfordernisse und finanzielle Verpflichtungen zu beachten. Ein operatives und strategisches Controlling sollte ein klares Bild über die Lage der Beteiligungsgesellschaften schaffen. Die Muttergesellschaft KELAG, an der der Verbund mit 35,17% beteiligt ist, und ihre Tochter KELAG Wärme sollten ihr Beteiligungsmanagement abstimmen und Doppelgleisigkeiten vermeiden, schreibt der Rechnungshof.

Beteiligungen sollten evaluiert und die gewonnenen Informationen zur Steuerung der Betriebe genutzt werden. Die Kosten vergebener Bau– und Montageleistungen seien zu prüfen und bei Verletzung des Vergaberechts Konsequenzen zu ziehen, lauten weitere RH-Empfehlungen. Auch bei Rahmenvereinbarungen seien Öffentlichkeitsprinzip und Wettbewerbsregeln einzuhalten. Auftragnehmer seien nach klaren Kriterien, vor allem nach der Plausibilität der Preiskalkulationen, auszuwählen und spekulative Angebote auszuschließen. In laufenden Vergabeverfahren sei auf Änderung der Angebotsbedingungen zu verzichten, verlangt der Rechnungshof und mahnte die vorschriftsgemäße Dokumentation aller Vergabevorgänge ein.

Angebotspositionen, die als Zuschlagskriterien gelten, und die Preisangemessenheit von Nachtragsleistungen seien vertieft zu prüfen. Die KELAG Wärme sollte alle ihre Pönale-Ansprüche einfordern und alle rechtlichen Möglichkeiten zur Minderung finanzieller Schäden nutzen.   

Der Rechnungshof rät zur Prüfung von Abrechnungen, insbesondere der Massenermittlungen, zur Sicherung vertragskonformer Vergütungen ohne Überzahlungen und zur Evaluierung der Leistungsverzeichnisse für Montagearbeiten. Preisbestimmende Faktoren der Angebote sollen lückenlos dokumentiert, nicht gerechtfertigte Entgeltansprüche zurückgewiesen und finanzielle Schäden gemindert werden.

Einen Bietersturz befürchtet der Rechnungshof bei noch nicht abgerufenen Leistungen der Rahmenvereinbarung zwischen Kärnten und Salzburg. Angesichts von Einsparungs– oder Erlöspotenzialen von 3,31 Mio. € sollten Regressansprüche geprüft und gegebenenfalls rechtliche Schritte gesetzt werden, liest man im Prüfbericht des Rechnungshofs.

Auch die KELAG Wärme mahnt der Rechnungshof, Beratungsleistungen gesetzeskonform zu vergeben und Verträge nach einheitlichen, verbindlichen Grundsätzen zu gestalten. Management-Positionen seien öffentlich auszuschreiben und ManagerInnenverträge sowie Pensionsregelungen unter Einhaltung der Vertragsschablonenverordnung des Bundes zu gestalten. Erfolgsbeteiligungen sind laut Rechnungshof nur nach Maßgabe überprüfbarer Kriterien zulässig. Biomasse-Lieferungen sollten nach der Trockenmasse verrechnet werden und finanzielle Schäden infolge vorzeitiger Auflösung eines Abwärme-Liefervertrags kompensiert werden.

Gegen Korruption bei Vergaben rät der Rechnungshof der KELAG zu einem Verhaltenscodex, der auch die Auftragnehmer bindet. Das Compliance–Handbuch sollte Regeln für Nebenbeschäftigungen, Transparenz und Korruptionsprävention enthalten. In Werkverträge sollten Vertragsstrafen eingearbeitet werden. Vertrauenspersonen, eine Untersuchungsgruppe und ein Entscheidungsausschuss sollten eingesetzt und Schulungen intensiviert werden, insbesondere in den korruptionssensiblen Bereichen "Vergabe" und "Bau". Die Compliance–Vorschriften der KELAG sollten auch einen Hinweis auf die Meldestelle für Korruption und Amtsdelikte des Bundesamts zur Korruptionsbekämpfung enthalten. Ein anonymes Hinweissystem, etwa im Internet, sollte MitarbeiterInnen und Externen die Möglichkeit bieten, Complianceverstöße zu melden, rät der Rechnungshof.

KELAG-Wärme-Geschäftsführung: RH-Empfehlungen weitgehend umgesetzt

Die KELAG-Wärme-Geschäftsführer Günther Stückler und Adolf Melcher informierten über die steigende wirtschaftliche Entwicklung ihres Unternehmens, das Rechnungshofempfehlungen umgesetzt und ein Risikomanagement etabliert habe - die Kritik im vorliegenden Bericht treffe nicht mehr zu. Den Vorwurf von "Tricksereien" bei Vergaben wies Stückler mit dem Hinweis auf das komplexe Bundesvergabegesetz zurück und hielt fest, dass alle großen Projekte seit 2013 EU-weit ausgeschrieben werden. Melcher berichtete über die Einrichtung eines internen Meldesystems, wie es der Rechnungshof empfiehlt, sowie über die massive Erweiterung und Nachschärfung der Transparenzbestimmungen und hielt an dieser Stelle fest, dass Entscheidungen der KELAG Wärme bereits in der Vergangenheit dokumentiert wurden. Von den vom Rechnungshof mit 3,3 Mio. € bezifferten Einsparungspotentialen sind nach einer eingehenden rechtlichen Prüfung nur 30.000 bis 40.000 € an Rückforderungen übriggeblieben, führte Melcher aus.

RH-Präsidentin Kraker: Das Vergaberecht sichert den Wettbewerb

Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker bezifferte die Verluste der KELAG Wärme aus Beteiligungen mit 14 Mio. €, listete in der Debatte die vielen Mängel bei Vergaben auf und betonte, wie wichtig es sei, das Vergaberecht einzuhalten, um Wettbewerb zu gewährleisten. Kraker bemängelte den Verzicht auf die Einforderung von Pönalezahlungen und problematisierte den Einsatz eines "gewichteten Billigstbieterprinzips" bei Vergabeentscheidungen der KELAG. Dieses Kriterium entspreche nicht dem Vergabegesetz, sagte die Rechnungshofpräsidentin und kündigte eine Nachfrageverfahren und eine Follow-up-Prüfung bei der KELAG Wärme an, was die Ausschussmitglieder mit Obfrau Gabriela Moser an der Spitze ausdrücklich begrüßte.

Zur Fristwahrung nahm der Rechnungshofausschuss die RH-Berichte III-322 d.B. und III-326 d.B. in Verhandlung und vertagte die Debatte darüber einstimmig. (Schluss) fru


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