Parlamentskorrespondenz Nr. 53 vom 24.01.2017

ORF-Gebühren sorgen für Dissonanzen im Verfassungsausschuss

Abgeordnete debattieren über ORF-Jahresbericht 2015

Wien (PK) – "Der ORF hebt keine Zwangsgebühren ein, sondern finanziert sich wie jede öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt in Europa durch Beiträge", verteidigte Bundesminister Thomas Drozda heute im Verfassungsausschuss des Nationalrats die Gebührenpolitik des ORF und reagierte damit auf entsprechende Kritik aus den Reihen von FPÖ, NEOS und Team Stronach, deren VertreterInnen vor allem auch wenig Verständnis für die jüngsten Erhöhungen äußerten. Den Anknüpfungspunkt für die Diskussion lieferte der Jahresbericht 2015, der dem ORF attestiert, einmal mehr schwarze Zahlen geschrieben und alle Programmvorgaben sowie den öffentlich-rechtlichen Kernauftrag erfüllt zu haben.

Opposition kritisiert Gebührenerhöhung

Von "Zwangsgebühren" sprachen hingegen die Abgeordneten Günther Kumpitsch (F), Christoph Hagen (T) und Nikolaus Scherak (N), wobei der NEOS-Mandatar zu bedenken gab, die Gebührenerhöhung zeige wohl, dass der wirtschaftliche Erfolg nicht im gewünschten Ausmaß eingetreten sei. Kumpitsch wiederum warf dem ORF vor, die Prüfberichte des Rechnungshofs, insbesondere hinsichtlich der Landesstudios nicht ernstgenommen zu haben. Auch sei der Zukauf von US-Serien ein falscher Weg. Petra Steger (F) bemängelte, das Angebot an Sportübertragungen im ORF beschränke sich lediglich auf Fußball und Skirennen. Er sei froh, dass es den ORF gibt, sparte Christoph Hagen nicht mit Lob, fügte dem aber den Wunsch nach einer Beschränkung der politischen Einflussnahme an. Dieter Brosz (G) regte an, zukünftige ORF-Berichte gemeinsam mit Generaldirektor Wrabetz zu diskutieren. Seine Fraktionskollegin Helene Jarmer wandte in der Gebührenfrage ein, für behinderte Menschen stimme das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht, zumal nach wie vor zahlreiche Sendungen nicht barrierefrei zugänglich seien.

Drozda: Zwangsgebühren sind ein "politischer Kampfbegriff"

Nicht nur Bundesminister Thomas Drozda lehnte den Ausdruck Zwangsgebühren als "politischen Kampfbegriff" ab, auch Josef Cap (S) bekannte sich zu den ORF-Gebühren und sprach in diesem Zusammenhang von Beiträgen zu einer demokratischen Einrichtung, die Vielfalt und Pluralität sicherstellt. Der ORF sei  ein Herzeigeunternehmen, "ein Stück Österreich", steht für den SPÖ-Mediensprecher fest. ÖVP-Abgeordneter Wolfgang Gerstl schließlich empfahl dem ORF, den Bildungsanteil auf Ö1 zu erhöhen. Die GIS-Gebühren hält er angesichts des Internet-Angebots für veraltet.

Anträge der Opposition werden vertagt

Neben dem ORF-Jahresbericht, der mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS zur Kenntnis genommen wurde, lagen dem Ausschuss auch drei Anträge der Opposition vor. Grün-Abgeordneter Helene Jarmer geht es – im Sinne der Selbstvertretung behinderter Menschen – um die Entsendung einer behinderten Person in den ORF-Publikumsrat (1116/A(E)). Die NEOS wollen das Anhörungsrecht der Landeshauptleute bei der Bestellung von ORF-LandesdirektorInnen aus dem ORF-Gesetz streichen (1281/A(E)). Die FPÖ fordert eine Offenlegung der Einkünfte und Nebeneinkünfte von ORF-ModeratorInnen und programmgestaltenden MitarbeiterInnen von Nachrichten, Informationsangeboten und Magazinen, um mehr Transparenz in Bezug auf mögliche politische und kommerzielle Einflussnahmen zu schaffen (1284/A(E)). Diese Anträge wurden unter Hinweis auf eine geplante parlamentarische Enquete zum Thema ORF mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt. (Fortsetzung Verfassungsausschuss) hof